Blackhat

Blu-ray Review

Blackhat Blu-ray Review Cover
Universal Pictures, seit 18.06.2015

OT: Blackhat

 


Von RATs und Blackhats

Banküberfälle waren gestern, heute wird Geld mit virtueller Kriminalität gemacht.

Inhalt

In China wurde ein Kernkraftwerk gehackt und dadurch eine mittlere Katastrophe ausgelöst. Fast gleichzeitig werden die internationalen Börsen angegriffen. Um Schlimmeres zu verhindern, reist Programmierer Chen Dawai in die USA, um dort Hilfe von einem alten Computerkollegen zu bekommen. Dumm, dass der gerade wegen zahlreicher Hacks in Bankensysteme für 15 Jahre im Knast sitzt. Aber da die Situation dringlich ist, bietet man die Freilassung im Gegenzug dazu an, dass Nick Hathaway die oder den Hacker ausfindig macht. Nicks Recherchen ergeben, dass die Täter mit dem Attentat auf die Börse erst geübt und noch etwas viel Größeres vorhaben. Um den Cyberterroristen das Handwerk zu legen, muss er fast die ganze Welt bereisen und ist eher in Lebensgefahr als er „Passwort“ sagen kann …

Michael Mann ist DER Stylist unter den Hollywood-Regisseuren. Das war schon in Heat der Fall und so ist es jetzt auch bei Blackhat. Schon der knapp fünfminütige Beginn, in dem er geschickt das mikroskopische Innere eines Rechensystems dem komplexen Vorgang eines Kernreaktors gegenüberstellt, zeigt seinen Hang zu optischen Spielereien. Immer, wenn die Hacker ein System angreifen, nutzt Mann dieses visuelle Gimmick, lässt irgendwo am Ende einer Platine ein winziges Lichtlein aufblinken, das nur auf das „Enter“ des Cyberkriminellen wartet. Unabhängig vom Film selbst, muss man dem Regisseur hierfür Respekt zollen, denn eindringlicher wurden die elektrischen Vorgänge im Inneren eines Rechners noch nicht dargestellt. Dazu setzt er den Zentralcomputer für die Börse in ein kleines Räumchen, das mit einer hübsch-blauen LED-Beleuchtung im Matrix-Stil besonders stylisch (und vermutlich ziemlich realitätsfremd) ist. Blackhat, so viel ist schon nach einer halben Stunde klar, ist erneut ganz dem Stile des Regisseurs verpflichtet, der gerne Optik vor Geschichte stellt. Zumal die Story sich vordergründig ziemlich kompliziert gibt, während es im Hintergrund doch „nur“ um ein klassisches „Whodunit“ geht. Ich habe deutlich zu wenig Hintergrundwissen, um zu beurteilen, ob das Hacker-Kauderwelsch Hand und Fuß hat oder nur albernes Gerede ist. Allerdings wirkten die entsprechenden Sequenzen in Who I Am – Kein System ist sicher irgendwie schlüssiger und authentischer. Mann verzettelt sich in der zum Ende etwas zähen Spielzeit von 133 Minuten auch schon mal in belanglosen Schilderungen einer Liasion, die arg aufgesetzt wirkt. Dazwischen ist er allerdings inszenatorisch absolut auf der Höhe und mit seiner (digitalen) Handkamera hautnah dabei, wenn Hathaway und seine internationalen Kollegen schwer bewaffnet durch die Straßenschluchten exotischer Kulissen rennen.

Das ist gerade während der Kanalisationsszene in Hong Kong höchst spannend, rasant und könnte dereinst eine ähnliche klassiche Sequenz werden wie die zehnminütige Schießerei in Heat. Ohnehin mag es Mann großkalibrig, wie auch der rohe und heftige Schusswechsel in Kapitel 14 eindrucksvoll beweist. Während dieser Szenen haut es nicht nur einem der Darsteller das Standbein förmlich weg, auch der Zuschauer schluckt das eine oder andere Mal heftig. Während man über ärgerliche Unlogiken wie die Tatsache, dass Nick als nicht ausgebildeter „Tourist“ immer an vorderster Front dabei ist, oder ein geschulter NSA-Agent auf eine ihm zugesendete, unbekannte PDF-Datei klickt, durchaus erbost sein kann, muss man Blackhat attestieren, dass er, lässt man sich auf das ganze Cybergefasel ein, durchaus packend geschildert ist. Die abwechselnd konzentriert-langsamen Szenen wechseln sich mit den Actionmomenten im richtigen Verhältnis ab, wobei Chris Hemsworth, der für Michael Mann seinen mythischen Hammer mal beiseite gelegt und einige Pfund Muskelmasse abgespeckt hat, vornehmlich im hemdsärmlichen Teil und weniger in der smarten Programmierwelt glaubwürdig funktioniert – natürlich abgesehen von dem zuvor angesprochenen Unfug, dass er während der Schießereien und im hochgegangenen Reaktor ganz vorne steht. Ein wenig schade ist dann aber doch, dass das intelligent ersonnene Szenario der Cyberkriminalität, deren Gefährlichkeit sich auch zum heutigen Zeitpunkt nur erahnen lässt, in Blackhat irgendwann zur Randnotiz verkommt und die Konflikte wieder offen ausgetragen werden. Fürs Auge ist das schön, in Sachen Story ist das nicht ganz konsequent.

Bild- und Tonqualität

Wer Michael Manns Filme kennt, der weiß, dass er seine visuellen Eigenheiten oftmals dadurch unterstützt, dass er nur bedingt künstliches Licht einsetzt – wenn überhaupt. Gerade die nächtlichen Aufnahmen der Schauplätze wirken auf diese Weise extrem artifiziell, befremdlich, unwirklich. Besonders stark ist das während der nächtlichen Hafenfahrt der chinesischen Metropole zu sehen (68’30). In Blackhat vermeidet er (gegenüber einem Collateral beispielsweise) allzu starkes Korn, spielt aber oft mit leichtem Delay. Immer wieder lässt er Bewegungen nachwischen, was optisch wirklich nicht schön aussieht. Dazu ist seine Kamera in den Kampfsequenzen ganz nahe dran, geht im Stile eines Youtube-Videos mit den Akteuren mit und vermittelt dann einen ziemlichen Videolook – Kunststück, hat Mann doch erneut auf Video gedreht. Je nach Schauplatz variieren die unterschiedlichen Farbfilter, tendieren mal zum bräunlich-warmen, mal zum bunten oder zum kühl-bläulichen. Einige Szenen (gerade jene mit Wei Tang) werden arg soft und leiden unter geringer Schärfe.
Wie so oft in den letzten Jahren, so kommt auch Blackhat von Universal Pictures ohne eine deutsche HD-Tonspur daher. Erneut muss man hierzulande mit einer regulären dts-Fassung vorliebnehmen. Das ist schon zu Beginn ein wenig schade, wenn Mann uns ins Innere von Leiterbahnen und Platinen schickt, dies von zahlreichen direktionalen Effekten und diversen Bass-Sweeps begleitet wird. Zwar klingt das auch durch die deutsche dts-Spur sehr lebhaft, wird aber noch mal druckvoller, wenn man den englischen Sound aktiviert. In Sachen direktionale Effekte und Actionsequenzen ragt die Schießerei in den Hong Konger Abwasserkanälen heraus, die mit unglaublichem Widerhall vertont ist und richtig knallig reinhaut (61’00). Alleine für diese Szene und den anschließenden Einsatz einer Splittergranate (63’20) lohnt sich beinahe schon die Anschaffung der Blu-ray.

Bonusmaterial.

Drei Featurettes warten im Bonusmaterial von Blackhat. In „Die Cyber-Gefahr“ vermischt sich der Hintergrund des Films mit Spekulationen über ähnliche Vorkommnisse in der realen Welt. Wir erfahren mehr über Hacking-Codes und wiessen am Ende, dass sich die Darsteller durchaus intensiv auf ihre Rolle vorbereitet haben. In  „Drehorte überall auf der Welt“ geht’s, der Name verrät es, um die unterschiedlichen Länder, in denen gedreht wurde. Gerade in Hong Kong fand Michael Mann ganz unglaubliche Plätze und Gegenden, die man so noch nie gesehen hat. Auch Malaysia wurde bereist. Dort spielte eine entscheidende Szene in einer verlassenen Gegend alter Zinnminen. „Realität erschaffen“, das letzte Featurette läuft mit gut 17 Minuten am längsten und nimmt sich die Figuren und ihre Hintergründe vor.

Fazit

Hätte Blackhat nicht die eine oder andere Storyschwäche, hätte der Cybethriller ein echter Meilenstein werden können. Aber auch so liefert Michael Manns erster Film seit fünf Jahren höchst spannendes, mit bisweilen herausragenden Actionszenen garniertes (Heim)kino. Optisch liegt er ohnehin ganz weit vorne – und das nicht nur wegen der zahlreichen Schauplätze, sondern aufgrund des tollen Auges, das der Regisseur immer wieder für die richtige Location beweist.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 85%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 40%
Film: 75%

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Michael Mann
Darsteller: Chris Hemsworth, Lee-Hom Wang, Wei Tang, Viola Davis, Holt McCallany, Andy On, Ritchie Coster, Christian Borle
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 133
Codec: AVC
FSK: 16

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