Blu-ray Review
OT: Book Club
Wie Fahrradfahren
Vier Damen im besten Alter „ölen noch mal ihre Fahrgestelle“.
Inhalt
Vivian, Diane, Carol und Sharon sind seit über 40 Jahren beste Freundinnen und folgen schon seit damals einer Tradition: Regelmäßig treffen sie sich zum gemeinsamen Lesen in ihrem „Book Club“. Dort geht’s natürlich nicht nur um die Inhalte der Lesungen, sondern auch um die privaten Problemchen und das Zwicken hier und da. Denn eins beklagen sie alle – ob geschieden, noch verheiratet oder verwitwet: Sie leiden unter chronischem Sex-Mangel ihrer vor Jahrzehnten „stillgelegten“ Vaginas. Doch dann kommt’s: Christian Grey. Der Bestseller, der verfilmt wurde. Vivian will ihn unbedingt lesen, während ihre Freundinnen sich schon schämen, es überhaupt in der Hand zu halten. Nicht etwa, weil sie prüde wären, sondern vielmehr, weil ihnen der Hype befremdlich vorkommt und sie ihren Geist in Gefahr sehen. Doch nachdem man Buch #1 gelesen hat, hat man Lust auf mehr. Gleichzeitig fühlen sich die Damen animiert, ihrem Leben mal wieder neuen Schwung zu geben. Gut, dass sich dazu sogar ein paar Männer finden …
Über die vergangenen Jahre hat sich eine Kino-Zielgruppe entwickelt, die lange Zeit unterschätzt wurde. Während die Jugend dem Kino nicht nur hierzulande immer mehr fernbleibt, gibt es immer mehr Futter für die Generation der „Best-Ager“. Filme wie Wie beim ersten Mal oder Song für Marion bieten ebenso anspruchsvolle wie lockere Unterhaltung. Und das Wunderbare daran: Auch wesentlich jüngere Menschen lassen sich von den Stories mitreißen – immerhin kann man ja vielleicht noch was fürs Leben lernen und bekommt außerdem Weisheiten auf dem Tablett serviert, die einen auf das vorbereiten, was noch kommt. Das Gleiche gilt auch für Bill Holdermans Regiedebüt, das mit seiner hochkarätigen Besetzung ebenso lockt wie mit der Dynamik zwischen Damen im besten Alter und einem Buch, das selbst die jüngeren Menschen unter uns oft nur heimlich gelesen haben. Dass es hier mitunter offener und frivoler zugeht wie in der dazugehörigen Verfilmung von Shades of Grey ist keine Kunst. Macht die Adaption der Bücher von E.L. James doch so ziemlich alles falsch, was man beim Thema BDSM falsch machen kann.
Aber natürlich geht es nicht nur um die vier Damen, deren Berührung mit dem Buch zu ungeahnten Reaktionen führt. Vielmehr wird ausgelassen geschildert, wie sie ihren zweiten (oder dritten) Frühling erleben und nach dem Großziehen von Kindern oder der Festigung im Job mal wieder etwas Neues kennen lernen – in Form von Männern, versteht sich.
In vielen Szenen wird lustvoll mit den Generationen-Dynamiken gespielt, wenn Dianes Töchter ihre Mutter mal eben bei der Generation 90+ parken, während sie durch die Shopping-Mall flanieren.
Gut, nicht jeder Gag sitzt und die Metaphern zwischen Katze und Sharon oder Motorrad und Frauen sind ein wenig flach. Aber abgesehen von einigen Ausnahmen ist es durchaus ein Vergnügen den vier tollen Schauspielerinnen und ihren männlichen Pendants zuzuschauen. Denen gebührt zwar nicht viel mehr, als als Randfiguren zu dienen, doch es gibt schlechtere Randfiguren als Don Johnson, Andy Garcia oder Craig T. Nelson.
Die Damen der Runde dominieren allerdings. Sie schaffen es, das Thema Sex im besten Alter zu kommunizieren, ohne groß peinlich zu wirken oder dümmliche Dialoge von sich geben zu müssen. Vor allem Mary Steenburgen als Carol ist großartig – spätestens, wenn sie zu Meat Loaf die Bühne steppt, rockt sie den Film.
Und wenn Sharon erste ungelenke Schritte in Sachen Online-Dating macht, ist das für Gleichaltrige durchaus amüsant. Selbst wenn hier alles viel zu rund läuft und die jüngere Generation dann doch nicht ganz abgeholt wird.
Was allerdings nicht nur ein bisschen fragwürdig ist, ist der propagierte Alkoholkonsum der Protagonistinnen. Klar ist so ein Gläschen Wein auch ein Zeichen von Gemütlichkeit und Genuss. Aber gerade zu Beginn ist die Häufigkeit schon sehr auffallend. Selbst beim Telefonieren ist ein Glas Roter und ein Whiskey zugegen. Book Club übertritt hier schon die Grenze zwischen „Ein Glas im Alter ist Lebensqualität“ und „Das Alter lässt sich scheinbar nur mit Alkohol ertragen“.
Bild- und Tonqualität
So ganz scheint man seinem Thema der Best-Ager nicht zu trauen. Oder man macht’s aus Tradition heraus. Ansonsten lässt sich schwer erklären, warum so manche Aufnahme der verdienten Darstellerinnen von einem Weichzeichner umgeben ist, der jedes vorhandenes Fältchen wegbügelt. Naja, so ein bisschen Golden-Girls-Look passt ja auch irgendwie. Ansonsten liefert Book Club recht prägnante Farben und ganz ansprechende Kontraste. Auf Hintergründen körnt es schon mal ein bisschen, was aber nicht allzu sehr ins Gewicht fällt. Dafür gefällt der Schwarzwert, der dunkle Haare oder weiß-karierte Hemden dynamisch erscheinen lässt.
Beim Ton gibt’s hin und wieder ein bisschen Natur-Umgebungsgeräusche, ansonsten konzentriert sich das Geschehen weitgehend auf die Front – und hier vor allem auf den Center. Lediglich während der Filmmusik erweitert sich das Ganze mal auf die Hauptlautsprecher und die Rears bekommen nur dann etwas zu tun, wenn die beiden frischen Turteltäubchen in der Einmotorigen gen Himmel starten und Paul Simon dazu seinen perkussiv dominierten „Late in the Evening“ schmettert. Die Tempelblocks kommen schön ortbar und differenziert aus den Surroundspeakern. Viel mehr gibt’s dann nicht zu vermelden. Aber was soll auch sein in einem vollkommen von Dialogen dominierten Film.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Book Club findet sich einzig knapp 13 Minuten an Interviews mit den Darstellerinnen und dem Regisseur.
Fazit
Die tiefgehende Qualität eines Wie beim ersten Mal erreicht Book Club zwar nicht, für die anvisierte Zielgruppe sind die 100 Minuten aber durchaus ein vergnügliches und charmantes Unterfangen.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 65%
Anbieter: EuroVideo Medien
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Bill Holderman
Darsteller: Diane Keaton, Jane Fonda, Candice Bergen, Mary Steenburgen, Andy Garcia, Craig T. Nelson, Don Johnson, Alicia Silverstone, Richard Dreyfuss,
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 104
Codec: AVC
FSK: 0
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter EuroVideo)