Borgman

Blu-ray Review

Borgman Blu-ray Review cover
Pandastorm, seit 17.02.2015

OT: Borgman

 


Ein neues Zuhause?

Arm gegen Reich mal ganz anders …

Inhalt

Drei Männer, einer davon der örtliche Pfarrer, begeben sich schwer bewaffnet in den Wald. Vor Ort stochern sie im Boden rum und scheuchen einen Obdachlosen auf. Camiel, wie er heißt, kann gerade noch flüchten und seine ebenfalls unterirdisch hausenden Kumpels warnen. Ein netter Kerl, wie es scheint. Doch der Eindruck trügt. Sein Versuch, im Haus einer gutsituierten Familie Einlass zu finden, um dort ein Bad zu nehmen, endet zunächst damit, dass Camiel vom Hausherren zusammengeschlagen wird. Das wiederum weckt Mitleid bei der Frau des Anwesens, die ihn Abends im Gartenhaus findet und hineinbittet. Ein wenig an die Nächstenliebe der Frau appellierend, gelingt es Camiel, sich für einige Tage dort einzunisten. Doch sein Plan ist ein ganz anderer: Mit hinterhältiger List erschleicht er sich das Vertrauen der Hausherrin, nutzt deren Einsamkeit aus und wird bald als Gärtner engagiert. Als solcher bereitet er insgeheim noch etwas viel Größeres vor …

Borgman erinnert in vielen Momenten an Michael Hanekes Funny Games, nutzt jedoch, gerade zu Beginn, verstärkt unterschwelligen Humor und Sarkasmus. Auf subtile Art und Weise vermittelt Regisseur Alex van Warmerdam (der hier auch als Richard selbst mit von der Partie ist), wie sich das Grauen langsam in Marinas Familie einschleicht, wie sein Protagonist höchst manipulativ und berechnend die Frau gegen ihren Mann aufhetzt und sogar die Kinder mit in seinen perfiden Plan einbezieht. Gerade das kleine Mädchen der Familie sorgt nach knapp 50 Minuten für einen Schockmoment, mit dem man so nicht rechnen konnte.
Borgman ist dazu inszenatorisch höchst wirkungsvoll durchchoreografiert. Bis zu dem Moment, da der Protagonist offiziell ins Haus einzieht (und da sind bereits 55 Minuten vergangen), gibt es keinerlei Filmmusik. Das Geschehen wird rein über die Bilder und Dialoge transportiert, um immer dann kurz durch die einsetzende Musik zu symbolisieren, dass Camiels Plan aufzugehen beginnt.

Dass das Konzept von Autor und Regisseur Warmerdam bis hierhin aufgeht, liegt vor allem an der gnadenlos guten Performance von Hauptdarsteller Jan Bijvoet. Der hagere Niederländer verkörpert in Borgman gleichzeitig das Unschuldslamm und den organisierten Kriminellen, der teilnahmslos zusieht, wie seine Komplizinnen den Hausgärtner und seine Frau ermorden. Zwar verliert er etwas von seinem Schrecken, sobald er frisch frisiert vor der Haustür steht, doch das alleine ist nicht der Grund, warum in der zweiten Hälfte der rote Faden etwas verloren geht. Zunehmend unlogische Verhaltensweisen und arg konstruierte „Zufälle“ übernehmen das Zepter. Camiels Rolle wird plötzlich in den Hintergrund gedrängt und während man in der ersten Stunde gespannt war, wohin das Ganze führt, schleichen sich einige Längen ein, die weniger den Horror heraufbeschwören, sondern eher Zähfluss erzeugen. Je mehr dann gegen Ende surreale Elemente hinzugefügt werden, desto bizarrer wird Borgman und gewinnt wieder an Fahrt. Bis hin zum Ende, das mehr Fragen übrig lässt als der Film über die Laufzeit beantwortet. Und das ist gut so, denn so wirkt der Film noch etwas nach und entfaltet eine mysteriös-merkwürdige Stimmung – allerdings vor allem für den Fan des abseitigen Kinos. Wer eher im Mainstream zu Hause ist, macht um Borgman besser einen Bogen.

Bild- und Tonqualität

Borgman hat ein durchweg sehr helles, eher kontrastarmes Bild, das teilweise mit Sepia-Tönen und später mit zartgelben Pastellfarben ausgestattet ist. Während die Bildruhe dauerhaft gut ist, könnte die Schärfe noch etwas besser sein. In kurzen Bewegungen der Protagonisten lassen sich bisweilen dezente Unruhen ausmachen. Akustisch findet Borgman praktisch gar nicht statt. Der Center gibt die Dialoge sauber wieder, ab und an sind ein paar Vögel zu vernehmen und die extrem spärlich eingesetzte Filmmusik darf dann auch mal die Hauptlautsprecher bedienen. Ansonsten ist’s ja auch mal ganz schön, nicht Gefahr zu laufen, dass der Nachbar ob der akustischen und dynamischen Eskapaden verärgert vor der Tür steht, denn das wird bei Borgmann definitiv nicht passieren.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Borgman liefert den Originaltrailer und sechs Minuten an entfernten Szenen. Schade, denn ein Making-of hätte dem außergewöhnlichen Werk gut gestanden.

Fazit

Borgman ist am Ende etwas zu konstruiert, um wirklich schockierend anders zu sein. Während die erste Stunde zum Besten und Außergewöhnlichsten gehört, was das europäische Kino der lezten Jahre zu bieten hatte, ist die zweite Hälfte „nur“ noch außergewöhnlich. Das lässt Borgman zwar immer noch aus der Masse herausragen, verschenkt aber auch ein wenig (böses) Potenzial. Wirklich schaurig sind die offenen Fragen und Motive, die Regisseur Warmerdam bewusst unbeantwortet lässt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 50%
Tonqualität (Originalversion): 50%
Bonusmaterial: 15%
Film: 70%

Anbieter: Pandastorm/Ascot Elite
Land/Jahr: NL/BE/DK 2013
Regie: Alex van Warmerdam
Darsteller: Jan Bijvoet, Hadewych Minis, Jeroen Perceval, Alex van Warmerdam, Sara Hjort Ditlevsen
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 113
Codec: AVC
FSK: 16

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