Boy 7 – Vertraue niemandem. Nicht einmal dir selbst.

Blu-ray Review

Boy 7 Vertraue niemanden nicht einmal dir selbst Blu-ray Review Cover
Koch Media, ab 25.02.2016

OT: –

 


’74-’75

„Ich bin du“ – dieser einfache Satz wir Sam in ein gefährliches Abenteuer stürzen.

Inhalt

Als der junge Mann aufwacht, ist er alleine in der Dunkelheit irgendwo in einem U-Bahn-Tunnel. Wie er dahin kam, was er dort macht, wer er ist – all das weiß er nicht mehr. Seine Recherchen in Sachen „Wer bin ich“ führt ihn in ein Restaurant. Auf dessen Toilette, die er offensichtlich schon mal frequentiert hat, findet er ein Notizbuch, das er, Samuel, an sich geschrieben hat und für den Fall dort deponiert hat, der jetzt exakt so eingetreten ist. Die Notizen führen ihn zurück in seine Vergangenheit und schlüsseln auf, dass er aufgrund von Datenfälschung zu einer zweimonatigen Maßnahme im Resozialisierungsprogramm der Kooperatin X verdonnert wurde. Kaum hat er ein paar Zeilen gelesen, taucht eine taffe junge Frau auf, die ebenso wie er keine Erinnerung hat und das gleiche Abzeichen in der linken Handfläche trägt. Eigentlich hatte sie sich von ihm Antworten erhofft, denn der Leiter von Kooperation X ist soeben ermordet worden und sie weiß nicht, ob sie oder Samuel damit etwas zu tun haben …

Etwas Bourne Identität, ein bisschen Das Experiment und eine Prise Einer flog über das KuckucksnestBoy 7 von Özgür Yildirim nimmt sich des gleichbetitelten holländischen Bestsellers von Mirjam Mous an, setzt einen der talentiertesten deutschen Schauspieler in die Hauptrolle und inszeniert praktisch gleichzeitig mit einer niederländischen Verfilmung des Buchs die Geschichte von Manipulation und . Visuell berauschend und äußerst kurzweilig in Szene gesetzt ist man als Zuschauer von Beginn an angestachelt und will unbedingt wissen, was hinter der Amnesie und hinter der Kooperation X steckt. Dass Stil hier absolut vor Tiefgründigkeit geht, mag dem Arthouse-Cineasten zwar ein Dorn im Auge sein, doch da sich Boy 7 ohnehin an eine jugendliche Zielgruppe wendet, die solche Gimmicks (Ego/PoV-perspektive, fest montierte Kamera auf den Protagonisten) schätzt, machen Kamera, Schnitt und Nachbearbeitung im Prinzip alles richtig – vor allem, um im Wettbewerb der zahlreichen aktuell in den Kinos und Heimkinos laufenden Zukunfts-Dystopien zeitgemäß mitzuspielen. Denn Boy 7 ist eben nicht nur ein deutscher Film, sondern vor allem ein Genrefilm abseits vom hierzulande üblichen Romantik-/Komödie- und Drama-Einerlei. Als solcher litt Yildirims Beitrag aber dennoch unter der typischen Flaute in den Kinos. Gerade mal 30.000 Besucher konnte Boy 7 mobilisieren, was dem durchweg spannenden und vor allem gut gespielten Film wirklich unrecht tut – zumal er im Finale noch einmal mit einer Storywendung für erhöhten Thrill sorgt. Freunde innovatier und Hackingtricks bekommen im Übrigen verhältnismäßig authentische Computerskills gezeigt – passend dazu öffnen sich die Türen in der Kooperation X mit dem Sound des Virenfunds eines bekannten Anti-Viren-Programms.

Bild- und Tonqualität

Das ebenso wie der Film selbst stilisierte Bild von Boy 7 weist gerade zu Beginn und während der Rückblenden an die Schule einen drastischen Weichzeichnerlook auf. Lichter und Reflexionen reißen deutlich aus, die Schärfe ist praktisch nur im mittleren Fokusbereich vorhanden. Spielt der Film in der Jetztzeit, wird dieses Stilelement nicht mehr genutzt und Farben kommen kräftig, Umrisse klar konturiert rüber. In dunklen Szenen dürfte die Durchzeichnung noch etwas besser geraten sein. Außerdem sind häufige Solarisationseffekte auf uniformen Hintergründen zu sehen. Die können zwar gewollt sein, wirken aber störend (Klowand 79’50)
Akustisch hätte man aus Boy7 zwar noch etwas mehr rausholen können, doch gerade das Finale ist durchweg dynamisch geraten und füllt das Heimkino mit druckvoll satten Bässen (gerade während des Songs im Abspann). Außerdem setzt auch direktionale Effekte, wenn die Protagonisten mit ihren modifizierten Air-Pistolen schießen. Dialoge und Stimmen hätten noch etwas mehr Präsenz vertragen, sind letztlich aber gut verständlich und recht homogen integriert.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Boy 7 findet sich zum einen der Audiokommentar von Özgür Yildirim, der direkt mal darüber aufklärt, dass es zwei Verfilmungen gab, die parallel inszeniert wurden. Auch gibt er preis, dass die holländische Fassung für den dortigen Markt produziert wurde, während man die Yildirims Film international vermarkten wolle. Dazu gibt’s drei Interviews (mit Yildirim, Kross und Schüle) und Facebook-Spots. Der Teamfilm zu den Dreharbeiten läuft knapp achteinhalb Minuten und zeigt Impressionen und ein paar Kommentare vom Dreh. Ein kurzes Plakat-Motiv-Shooting sowie kurze Teaser runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

Boy 7 ist rasantes und spannendes Genrekino aus Deutschland, das den internationalen Dystopien kaum nachsteht. Mit David Kross und Emilia Schüle passend besetzt sollte Yildirims Film im Heimkino mehr Erfolg haben als in den Lichtspielhäusern.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 70%

Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: Deutschland 2015
Regie: Özgür Yildirim
Darsteller: David Kross, Emilia Schüle, Ben Münchow, Jens Harzer, Jörg Hartmann, Liv Lisa Fries, Buddy Ogün, Anna von Haebler, Karin Johnson, Nina Petri
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 108
Codec: AVC
FSK: 12

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