Blu-ray Review
OT: BuyBust
Drug Raid at 4 AM
in BuyBust geht es tief in die Drogenslums von Manila.
Inhalt
Die Philippinen versinken im Drogensumpf. Um der Kriminalität etwas entgegen zu setzen wird die philippinische Drogenpolizei PDEA mit umfangreichen Kompetenzen ausgestattet. Fortan heißt es: Erst schießen, dann Fragen stellen. Nina Manigan hat gerade die harte und umfangreiche Ausbildung abgeschlossen und stößt nun zu einer Elite-Einheit hinzu. In dieser geht es direkt auf eine gefährliche Mission. Denn man will unbedingt den berüchtigten Drogenboss Biggie Chen ausfindig machen. Der erscheint aufgrund seiner ständigen Aufenthaltsorte praktisch unauffindbar. Ein Vögelchen allerdings pfiff von den Dächern, wo er sich aktuell aufhalten könnte. Also geht’s für die Einheit direkt in die labyrinthartigen Straßen und Hinterhof-Gassen der Slums. Doch während Nina dem Plan des angeblich so erfahrenen Dela Cruz von Beginn an nicht traut, stellt sich bald heraus, dass sie in einen Hinterhalt geraten sind. Von nun an zählt nur das Überleben – und das werden sie sich blei- und bluthaltig erkämpfen müssen …
Seit im Jahr 2016 der neue Präsident der Philippinen, Rodrigo Duterte, offiziell den Kampf gegen die Drogenkriminalität ausgerufen hat, hätte es eigentlich bergauf gehen sollen auf den von Korruption und Kriminalität gebeutelten Inseln. Vor allem in der Hauptstadt Manila hat Dutertes unkonventionelle und nationalistisch angehauchte Art allerdings mehr für Chaos als für Ordnung gesorgt. Die Drogenbanden und deren Chefs operieren vornehmlich in den Slums. Dort sind sie weder verfolg- noch auffindbar, sodass Duterte sich bald dazu hinreißen ließ, faktisch Selbstjustiz auszuüben. Im Kampf gegen die Drogen wurden „normale“ Bürger plötzlich zu Hilfssheriffs deklariert und „durften“ sich freiwillig daran beteiligen, kriminelle Drogen-Dealer zu erledigen. Dass der Befolgung dieses Aufrufs auch kleinkriminelle Taschendiebe oder gar unbeteiligte Menschen zum Opfer fallen, die zwischen die Fronten geraten – Kollateralschäden. Bis zum Februar 2017 führte diese „Politik“ für insgesamt 2127 Menschen in den Tod – nur etwa die Hälfte davon wurde von Polizisten erschossen, die andere Hälfte geht auf das Konto von Zivilisten im Selbstjustiz-Wahn.
Der philippinische Regisseur Erik Matti, der schon mit On the Job ein eher unrühmliches Kapitel seines Landes zum Inhalt eines Films wählte, macht keinen Hehl aus seiner Abneigung der Regierung Dutertes gegenüber und füllt seinen jüngsten Actionfilm BuyBust mit bissiger Kritik an seinen Präsidenten an. Die Mitglieder der Einheit PDEA werden zwar in Situationen gezeigt, die eine Gewaltanwendung zwingend nötig machen, Matti schildert aber eben auch die proaktive Seite der Polizisten. Die töten Menschen – und das bisweilen über die Maßen brutal. Dadurch, dass er sich aber an seiner Hauptfigur Nina orientiert, die schon während der Ausbildung gerne mal Befehle missachtete, bekommt der Zuschauer eine moralische Instanz an die Seite gestellt. Sie misstraut dem Plan der Aktion, der vom hitzigen Dela Cruz kommt und sie gehört nicht zu denen, die ohne jedes Nachdenken auf jeden schießt, der theoretisch zu den Drogenbanden gehören könnte. Matti führt ihre Figur so ein, dass man merkt, Nina möchte etwas an der Situation im eigenen Land ändern. Allerdings will sie das eben nicht auf Teufel komm raus und unter Nutzung jedweder Maßnahme. In ihr ist das kritische Verhalten gegenüber der Regierung durchaus spürbar – ein Zwiespalt zwischen Pflichterfüllung und Wille zur Veränderung auf der einen und Skrupel bezüglich der Maßnahmen auf der anderen Seite.
Meisterlich baut Matti die Spannung dann nach knapp einer halben Stunde auf, wenn er seinen Lockvogel zum Übergabepunkt mit Chens Handlanger schickt. Dabei nutzt er die düstere Atmosphäre der Slums perfekt, um Stimmung aufzubauen. Man sieht die Bretterbuden, die Prostitution und lässt das Ganze auch noch in einem monsunartigen Regenguss stattfinden. Dass das so fesselnd gelingt, liegt gerade zu Beginn auch daran, dass der Filmemacher offensichtlich weiß, wie sich die Mitglieder der Spezialeinheit zu bewegen haben. Taktisch und sehr konzentriert gehen sie vor, wenn sie in Deckung sind. Jeder Schritt, jeder Handschlag scheint perfekt einstudiert – selten hat man das in Filmen so authentisch gesehen. Gut zehn Minuten dauert diese Szene, die voller Suspense ist, bevor sich die Spannung dann mit den ersten Schüssen entlädt. Von da an entwickelt sich dann das auf dem Titel suggerierte an The Raid erinnernde Spektakel, wenn die Einheit Ninas in einen Hinterhalt gerät und sich den Weg aus den Slums freischießen muss. Dass dabei die Choreografie nicht ganz so tänzerisch gelungen ist, lässt die Fights eher noch unmittelbarer wirken. Schade, dass die Geräusche der Faustschläge und Tritte oft nicht ganz synchron zum Bild passen. Ähnlich dürfte es auch dem einen oder anderen mit dem Soundtrack des Films gehen. Von klassischen Stücken über Country bis hin zu wildem Punkrock reicht die Bandbreite der genutzten Musik während der kämpferischen Auseinandersetzungen.
Doch selbst wenn die Nahkämpfe ab der Hälfte des Films etwas chaotisch und grobschlächtig wirken, muss man gerade Hauptdarstellerin Anne Curtis ein Kompliment machen. Die 33-jährige Halb-Australierin ist ansonsten eher auf romantische Rollen abonniert und wütet sich hier ohne Rücksicht auf jeden Verlust durch ein matschiges und blutiges Szenario sondergleichen. Und ihre Nina wird verändert aus dieser Nacht hervorgehen, wird ihre Prinzipien ein ums andere Mal brechen müssen – bis BuyBust unmissverständlich klar macht, dass das gegenseitige Misstrauen, das Dutertes Politik in die Menschen gepflanzt hat, nur Verlierer hervorbringt.
Bild- und Tonqualität
Analog zu vielen anderen in Asien produzierten Filmen (vor allem jenen aus Thailand) wartet BuyBust mit einem in Close-ups rattenscharfen Bild auf, das die Grenze zur Überschärfung bisweilen übertritt. Täte der Film das aber nicht, wäre man schon fast etwas enttäuscht, weil man es eigentlich erwartet. Da die Kamera viel mit wechselnder (und etwas wackelnder) Position arbeitet, geraten Objekte/Figuren schon mal aus dem Fokus, was aber bewusst eingesetztes Stilmittel ist. Typischerweise kommt auch noch eine gewisse Körnung hinzu, die während der Nachtszenen entsprechend gröber und sichtbarer wird. Allerdings bleibt das Bild dadurch auch eben recht scharf. Die leicht gelblichen Hauttöne passen gut zur fiebrigen Stimmung des Films sowie der schwülheißen Atmosphäre der Hauptstadt der Philippinen. Allerdings dürfte der Schwarzwert sowie die Durchzeichnung in den dunklen Szenen teilweise besser sein. Ansprechend und knackig gelingen diese nur dann, wenn viel Farbkontraste hinzu kommen. Während der rot beleuchteten Szenen in der Nacht sind Gesichter schon mal etwas matschig, weil überkontrastiert – ein generelles Problem von durchdringender roter Beleuchtung. Außerdem leiden schnelle Bewegungen etwas unter leichtem Nachwischen.
Der dts–HD-Master-Sound von BuyBust liefert zunächst einmal sehr gut verständliche Stimmen der hervorragenden Synchronisation. Während der Ausbildungs-Übung zeigt sich dann ein deutlicher Unterschied zwischen der deutschen Fassung und jener, die im philippinischen Tagalog gehalten ist. So hört man auf Letzterer die atmosphärischen Vogelgeräusche räumlicher über die Surrounds, während das Geschehen in der Synchro vordergründiger bleibt. Beiden gleich ist das etwas zu stark verhallte Geräusch der Fußschlurfereien sowie der Handgriffe. Das klingt ein bisschen, als hätte man die Szene innerhalb eines großen Plastikeimers aufgenommen.
Grundsätzlich bleibt der O-Ton räumlicher und auch etwas offener. Das „Huah“ der Rekruten bei 12’30 kommt wesentlich deutlicher über die Surrounds, auch die Filmmusik erklingt dort öfter. Recht nett drückt allerdings der Subwoofer in einigen Szenen des Filmscores sowie beim Diskosound später und lässt Freude bei der Tiefbassfan-Fraktion aufkommen (18’10, 34’04). Auch der Gewitter-Donner langt ordentlich zu (25’20) und wenn’s an die (zahlreichen) Schusswechsel geht, kommen diese trocken und mit direktionalen Effekten ans Ohr. Nur ist das alles über die Originalspur wesentlich räumlicher, lauter und auch dynamischer. Ein gutes Beispiel dafür ist der im Original durch sämtliche Lautsprecher wandernde Soundeffekt während der ersten Massenschlägerei, der über die Synchronfassung praktisch nur vorne stattfindet (48’35).
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von BuyBust enthält ein gut 30-minütiges Making-of, einen (sehr kurzen) Blick Hinter die Kulissen sowie einige Trailer. Im Making-of gibt Regisseur Erik Matti preis, dass der Film zunächst mehr als Popcorn-Movie geplant war und die sozialpolitischen Aspekte dann hinzu kamen, als 2016 die Regierung der Philippinen wechselte. Matti wollte als verantwortlicher Regisseur diese Ereignisse mit einfließen lassen. Das superschicke Mediabook liefert außerdem noch ein 24-seitiges Booklet, das mit Hintergrund-Informationen zum Film und der politischen Situation auf den Philippinen angefüllt ist
Mit an Bord im Mediabook ist auch die DVD des Films.
Fazit
Hart. Blutig. Realistisch. BuyBust ist exemplarisch wildes Kino von den Philippinen und fesselt atmosphärisch ebenso wie aufgrund seiner politischen Hintergründe. Dass nicht alles immer so glattgebügelt und perfekt getimt wirkt, verzeiht man Matti in Anbetracht seines Gespürs für dichte Atmosphäre sowie aufgrund eines Showdowns, der tatsächlich 60 Minuten dauerhafte und pausenlose Action zeigt, gerne. Zumal man bisher noch keine derart charmante Hommage an die legendäre Hammer-Szene aus Oldboy gesehen hat.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 60%
Film: 70%
Anbieter: Capelight Pictures
Land/Jahr: Philippinen 2018
Regie: Erik Matti
Darsteller: Anne Curtis, Brandon Vera, Nafa Hilario-Cruz
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, tagalog
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 127
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Capelight Pictures)