Capone

Blu-ray Review

Leonine Distribution, 26.03.2021

OT: Capone

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Famous Last Words: Grmmpfh

Wie das Biopic über das letzte Jahr im Leben Al Capones an Seh-, Hör- und Geschmacksnerven zerrt …

Inhalt

Al Capone hat seine Zeit im Knast abgesessen. Verhaftet und verurteilt aufgrund von Steuerhinterziehung sank sein Stern während der Inhaftierung auf Alcatraz. Und weil er eine sich irgendwann eingefangene Syphilis nicht auskurierte, steht es um seine Gesundheit nicht allzu gut. Einige Jahre nach seiner Freilassung lebt er zurückgezogen in Florida. Sein Erinnerungsvermögen lässt nach und er leidet immer wieder unter Alpträumen und Verfolgungswahn. Dass er hin und wieder nicht mal mehr mitbekommt, dass er seine Notdurft nicht dort verrichtet, wo das jeder gesunde Mensch macht, trägt ebenfalls nicht zur Aufhellung seiner Stimmung bei. Noch schwerer wiegt aber, dass es um seine Finanzen nicht allzu gut bestellt ist und er sich an ein Versteck, wo er noch zehn Mio. Dollar gebunkert hat, einfach nicht erinnern kann. Dieses Versteck wiederum würde auch das FBI interessieren, das immer noch Capones Anwesen verwanzt hat und ihn aus sicherer Distanz beobachtet. Oder sind das auch wieder nur Wahnvorstellungen eines kranken und labilen Ex-Gangsters …?

Al Capone – legendärer Mobster im Chicago der 20er und 30er Jahre und späterer Staatsfeind #1. Zunächst „erfolgreich“ mit illegalem Glückspiel, Prostitution und Schutzgelderpressung erlebte der Sohn italienischer Migranten den Aufschwung seiner Popularität während der Prohibition mit entsprechend illegalem Alkoholhandel. Capone, der sich vordergründig einen seriösen Anstrich als Antiquitätenhändler gab, war noch zu seiner Zeit in New York das erste Mal zum Mörder geworden – also mit gerade mal knapp 20 Jahren. Doch in der Bevölkerung, die der Prohibition sehr kritisch gegenüberstand, konnte sich Capone schnell einen Ruf erarbeiten, der bis heute unvergleichlich ist. Was nur wenigen bewusst sein dürfte: Capone wurde gerade einmal 48 Jahre alt. Und das nicht, weil er einem Bandenkrieg oder einer Racheaktion zum Opfer fiel, sondern schlicht, weil er gesundheitlich während seiner Haftzeit auf Alcatraz stark nachließ und in den acht Jahren, die ihm nach der Haft noch blieben, mehr und mehr der Demenz verfiel. Capone, die aktuellste Filmvariante von „Scarface“ behandelt das letzte Jahr im Leben des Ex-Mobsters. Wir bekommen KEINEN Film über sein kriminelles Leben. Wir werden NICHT Zeuge, wie Capone sich durchs Morden und die zahlreichen anderen Verbrechen Respekt erarbeitete. Das sollte man in jedem Fall wissen, bevor man sich John Tranks Film anschaut. Denn dieser Umstand führte vermutlich auch zu den weitgehend mittelmäßigen bis schlechten Kritiken, die Capone bisher eingesammelt hat. Außerdem schadet ein bisschen angelesenes Wissen über die Figur Al Capone nicht, um einige Zusammenhänge im Film zu verstehen.

Wer einen Film über glamouröses Gangsterleben erwartet; wer darauf hofft, dass man einen souverän durchs Leben wandelnden Al Capone sieht, der sieht sich konfrontiert mit einem von Neurosyphilis gezeichneten, rumrotzenden, grunzenden und sich (bald) an kaum noch etwas erinnernden Gangster, dessen große Zeit vorbei ist und der von niemandem mehr gefürchtet wird. Nicht mal mehr von den Kindern der Familie, mit denen er spielt als sei er selbst wieder zehn Jahre alt. Man schaut gut 100 Minuten zu, wie ein Mensch geistig und körperlich zerfällt. Wie er sich schon in den ersten zehn Minuten einpinkelt, weil er’s nicht mehr halten kann. Das Ganze wird ohne großes Tempo inszeniert. Regisseur Trank konzentriert sich auf seine Hauptfigur. Auf die Darstellung des Lebens, das er – bedingt durch seinen Reichtum – auf einem schicken Anwesen in Florida verbringen konnte, während er Zigarre quarzend eigentlich die meiste Zeit nur dasitzt und grunzt. Viel mehr bekommen wir nicht. Weder großartige Einblicke in die Psyche des Mobsters, noch Antworten auf die Fragen, warum sich immer noch so viele um ihn scheren, und schon gar keine Idee davon, was eigentlich die Intention dieses Films gewesen ist.

Sollte es so sein, dass man Tom Hardy die Bühne für eine One-Man-Show bieten wollte, dann ist es geglückt. Hardy fügt seiner an seltsamen Vögeln und außergewöhnlichen Figuren wahrlich nicht armen Karriere eine weitere sehr extrovertierte Performance hinzu. Allerdings changiert sie zwischen grandios und unfassbar lachhaft. Es gibt Szenen, in denen Hardy seine Figur der Lächerlichkeit preisgibt. Sicherlich eher ungewollt. Dazu kommt, dass er (vor allem im Original) mit einer Stimme spricht, die vermuten lässt, er wolle seinen Bane aus Dark Knight Rises imitieren – und das ohne die Maske, die Batmans Gegner 2012 trug. Selbst in der Synchro hat man versucht, diese gedrungenen und gequetschten Grunzlaute, die Hardy von sich gibt, entsprechend umzusetzen. Vordergründig wirkt das beeindruckend gespielt. Und hin und wieder gibt es Momente, in denen Hardy brilliert. Aber im Grunde wirkt sein Schauspiel wie eines, das mit Macht auf Nominierungen für Preise abzielt und dabei den entscheidenden Schritt zu weit geht. Und, das ist das Bittere an Capone: Hardys Leistung ist noch das Beste des Films. Denn die Inszenierung ist so behäbig und wirkt so ziellos, dass man ohne dessen Grunzerei oder Szenen, in denen er sein Bett vollkotet, keinerlei Höhepunkte ausmachen kann – wenn man ein Bett voller Exkremente als Höhepunkt bezeichnen kann. Dass der Film damit schockieren wollte, den Zuschauer aus der Reserve locken wollte – zumal es nicht lange dauert, bis wir mit versagenden Blasen- und anderen Schließmuskeln konfrontiert werden – scheint klar. Ob das aber ausreicht, um in die Psyche der Titelfigur einzudringen und sich dort neugierig umzuschauen?

Der Grad, auf dem Story und Hardys Darstellung von Capone wandeln, ist schmal. Das beginnt mit den kaum verständlichen Wortfetzen, die der Hauptdarsteller an der dauerhaft im Mund klebenden Zigarre vorbei raunzt, geht weiter über die Tatsache, dass man die Titelfigur fast ausschließlich im Morgenrock antrifft und hört damit auf, dass Capone zum Schluss anstelle des qualmenden Sargnagels eine Möhre im Mund hat und in Windeln auf die Kamera zuläuft. Das Gebrabbel, das ihm dann aus dem Mund kriecht, versteht man schon lange nicht mehr. Der geneigte Zuschauer möge selbst entscheiden, ob das hier die lächerliche und entwürdigende Karikatur eines berühmten Gangsters ist oder eine ernstzunehmende (wenngleich bittere) Charakterstudie.
Dabei hat Capone seine Momente. Und zwar immer dann, wenn Hardy den Menschen hinter der Fassade des Gangsters porträtiert. Wenn er mit Mae einen zärtlichen Tanz vollführt oder einen Song aus Der Zauberer von Oz mitsingt. Plötzlich ist man für einen Augenblick ganz bei Capone und nimmt ihn als jemanden wahr, der liebenswert ist. Schade, dass solche Szenen rar gesät sind und von grenzwertig albernen bis peinlichen Momenten torpediert werden. Weit entfernt beispielsweise vom (thematisch nicht unähnlichen) Biopic Bronson, in dem Hardy unter der Regie von Nicolas Windig Refn so fulminant agierte, dümpelt diese Studie eines verfallenden Menschen weitgehend vor sich hin, bis sie zum Ende hin unerwartet brutal wird (was wiederum auch nicht zum Ton des Films passen mag). Nein, so richtig will hier gar nichts zusammenfinden. Und Spannung bleibt für Capone trotz der eingestreuten und teils surrealen Wahnvorstellungen ebenso ein Fremdwort wie ein roter Faden. Was bleibt, ist ein unausgegorenes Werk mit (teils) guten Darstellern und einem alles dominierendem Tom Hardy. Leider trifft aber auch der in seiner Darstellung nicht immer den Punkt.

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Studio:
Format: Blu-ray
Spieldauer:
Erscheinungstermin: Fri, 26 Mar 2021
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Bild- und Tonqualität

Visuell sieht man Capone seine digitale Herkunft durchaus an. Das Bild ist glatt, sauber und vollkommen frei von jedwedem Rauschen oder Korn. Dazu gibt es einen hervorragenden Kontrastumfang, der Schwarz äußerst satt präsentiert, Farben lebhaft strahlen lässt und helle Bereiche dynamisch dagegen setzt. Hier und da gibt es leichte Überstrahlungen auf sonnendurchfluteten Flächen, was aber oft ein Problem von Blu-rays der letzten Jahre ist. Aber davon abgesehen ist das Bild wirklich hervorragend. Die Schärfe und Auflösung sind so gut, dass man mühelos das Alters-Make-up auf Hardys Gesicht erkennt und auch seine Narbe als Fake outen kann. Aber auch bei den natürlich geschminkten Gesichtern der anderen Darsteller ist die Auflösung hervorragend. Matt Dillon hat nun auch schon ein paar Jahre gelebt und zeigt genau wie Kyle MacLachlan die eine oder andere Falte im Gesicht – ohne einem von beiden zu nahe treten zu wollen.
Akustisch macht Capone durchaus Spaß. Nicht nur, weil die Dialoge sehr klar und deutlich aus dem Center kommen, gleichzeitig aber durchaus Volumen haben, sondern weil immer dann, wenn es räumlich werden kann, auch wirklich räumlich wird. Das beginnt bei den beiden Regenszenen innerhalb der ersten 15 Minuten und geht mit dem räumlichen Fliegengebrumme nach 19 Minuten weiter. Wird im späteren Verlauf mal geschossen, wird auch das räumlich und sogar mit etwas Nachdruck präsentiert. Was die Synchro angeht, darf man Hardys deutscher Stimme Respekt dafür zollen, dass sie den Tiefgang des Originals mitmacht und auch hier mit einem zünftigen Grollen über die Speaker kommt. Die DTS-HD-Master-Spuren geben sich hier keinerlei Blöße und überzeugen in puncto Dynamik ebenso wie bei der Feinzeichnung.

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Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Capone besteht lediglich aus Trailern und Programmtipps des Anbieters. Auch hier hätte man sich gewünscht, dass man ein Featurette über Hardys Verwandlung in den Gangster bekommen hätte. Oder eines über die fantastische Ausstattung des Films.

Fazit

Capone ist der Versuch, der Mobster-Legende mal auf eine ganz andere Art und Weise beizukommen. Filmisch gesehen bleibt es allerdings beim „Versuch“. Gelungen ist das nicht. Tom Hardy nutzt die Chance, seine bisher extrovertierteste und grenzwertigste Rolle zu spielen. Das jedoch muss man schon mögen, weil’s nicht immer den Ton trifft und die Grenze des guten Geschmacks einige Male übertritt. Wahrlich kein Film für den Mainstream-Freund.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 10%
Film: 50%

Anbieter: Leonine Distribution
Land/Jahr: Kanada/USA 2020
Regie: Josh Trank
Darsteller: Tom Hardy, Linda Cardellini, Matt Dillon, Al Sapienza, Kyle MacLachlan
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 103
Codec: AVC
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Leonine Distribution)
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Trailer zu Capone

Capone - Trailer (deutsch/german; FSK 16)


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