Chase – Nichts hält ihn auf

Blu-ray Review

Leonine Distribution, 23.12.2022

OT: Last Seen Alive / Chase

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Acht Stunden

Gerard Butler macht’s mal wieder selbst.

Inhalt

Ein Bild aus glücklichen Tagen

Die letzte Zeit war nicht immer leicht für Will und Lisa. Nachdem Lisa vor einigen Monaten eine Affäre mit einem Typen namens Clint hatte, versucht Will ihr zwar zu verzeihen, doch Lisa braucht etwas Abstand und beschließt, für einige Zeit zu ihrer Mutter zu gehen. Auf der Fahrt dorthin hält Will noch einmal kurz an einer Tankstelle an, um seine Frau von ihrem Vorhaben abzubringen und mit ihm nach Hause zu fahren. Doch Lisa besteht auf ihrem Plan. Während Will den Tank noch einmal füllt, besorgt sich seine Frau etwas zu trinken aus dem Store. Auf dem Rückweg drängt sich ein LKW ins Sichtfeld zwischen Zapfsäulen und Tankstelle und Will verliert Lisa aus den Augen. Als der LKW weg ist, ist es Lisa auch. Zunehmend verzweifelt macht er sich auf die Suche und ruft bald die Polizei zur Hilfe, nachdem niemand das Verschwinden seiner Frau gesehen haben will. Der ermittelnde Detective kreuzt zwar alsbald auf, richtet seinen Verdacht aber schnell auf Will selbst. Der hat mittlerweile das Videoband der Tankstelle ergattern können und sieht darauf einen abgewrackten Typen, der Lisa vor der Tankstelle anspricht. Doch auch mit diesen Informationen werden die Ermittlungen der Polizei nicht zwingender und Will läuft die Zeit weg. Als Lisas Eltern ihm den entscheidenden Tipp zum Aufenthaltsort des Kerls von der Tankstelle geben, beschließt Will, auf eigene Faust zu arbeiten und das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen …

Lisa wollte nur Wasser in der Tankstelle holen

Ein bisschen tragisch ist’s schon, zu welcher Figur Gerard Butler in den letzten 15 Jahren wurde. Seit er 2006 als König Leonidas in Zack Snyders 300 einem größeren Publikum in Hauptrollen bekannt wurde, hatte er nicht immer Glück in seiner Rollenwahl. Während die … has Fallen-Reihe noch solide Actionkost lieferte, sah man ihn auch in inhaltlich hohlen Rohrkrepierern wie Gamer oder reaktionärem Mist wie Das Gesetz der Rache. Am Selbstjustiz-Thriller scheint Butler indes Gefallen gefunden zu haben. Denn in Chase geht’s um dasselbe Thema. Während er in Das Gesetz der Rache mit ansehen musste, wie seine Frau und seine Tochter ermordet wurden, was der Film zu einem Pamphlet über das Thema „lasche Justiz“ nutzt, wird’s hier etwas weniger global. Auch hier beginnt das selbstjustizidiale Verhalten aber, weil das Vertrauen In die Institutionen nicht vorhanden ist. Wer im Übrigen Ähnlichkeiten zum 88er Spoorloos/The Vanishing aus Holland sieht, der dürfte sich fragen zu Beginn, warum Chase nicht das Label „Remake“ trägt.

Will ist verzweifelt

Während George Sluizers Film jedoch von der reinen SUCHE nach der vermissten Frau erzählt, konzentriert sich Chase auf das Thema, die Exekutive und Judikative in die eigene Hand zu nehmen und Gegner aus dem Weg zu räumen. Das KANN man differenziert erzählen und mit starken Charakter-Psychogrammen anfüllen – bspw. wie es Dennis Villeneuve im bedrückenden Prisoners getan hat. Oder man kann es an der Oberfläche belassen, wie es hier der Fall ist. Ist die Eingangsszene noch emotional vereinnahmend gespielt und nimmt man Butler seine anfängliche Verzweiflung aufgrund der angedeuteten Vorgeschichte ab, rutscht das Ganze mehr und mehr ins Beliebige ab. Dabei versucht sich der Film sogar anfänglich an einem etwas anderen Ansatz – zumindest im Bezug auf seine Hauptfigur. Denn wer nur sehr oberflächlich die Prämisse des Films überflogen hat und weiß, dass Butler den Protagonisten spielt, der würde aufgrund vergangener Filme des Akteurs vermuten, dass dieser ein Ex-Special-Forces, -FBI-Agent, -Polizist oder -Soldat ist. Eben einer, dem man später abnimmt, dass er mit der Waffe in der Hand auch etwas anfangen kann. Doch hier darf Butler einfach mal ein ganz normaler Typ sein, ein Immobilienmakler mit Eheproblemen, über den das Unheil hereinbricht und der am Ende eher zufällig mit Schusswaffen hantiert.

Detective Paterson hat Fragen an Will

Leider macht das Drehbuch aus dieser Prämisse aber viel zu wenig. Schon die unmittelbare Intro-Szene (ein Flash Forward) ist ungeschickt gewählt, da sie viel zu viel verrät (dabei viel zu durchschaubar bleibt) und die später intendierte Spannung unterläuft. Die Verhörsituation zwischen Detective Paterson und Will gerät gar zum reinen Füllmaterial, da man ja als Zuschauer bereits weiß, was passieren wird und wer verantwortlich ist. Ohnehin werden in dieser Szene die absoluten Standard-Stereotypen aus dem Polizei-Ermittler-Handbuch für Auszubildende abgespult, die man sich als potenzieller Zuschauer schon ausmalen kann, wenn man in der Inhaltsangabe liest, dass Lisa eine Affäre hatte. Marc Frydman gelingt es überdies nur bedingt, mal etwas Tempo zu erzeugen. Trotz der eigentlich spannenden und emotionsgeladenen Ausgangssituation will sich einfach kein packendes Szenario entfachen – daran kann nicht mal ändern, dass der Film fast in Echtzeit spielt. Die Tatsache, dass Chase die Entwicklungen zwischen Will und Lisa vor der Entführung in immer wieder in Rückblenden erzählt, lähmt das Erzähltempo zusätzlich. So bleibt es an Butler, dem Film so etwas wie eine Note zu verleihen. Ihm nimmt man die emotionale Aufladung und das leidenschaftliche Spiel dann auch ab. Wenn er sich alsbald verschwitzt und völlig verdreckt durch den Hinterwald auf die Suche nach den Tätern macht, bahnen sich Wut, Verzweiflung und Entschlossenheit glaubwürdig ihren Weg – auch wenn’s ein fragwürdiger Weg ist, den Will da beschreitet. Ein Glück sind die Täter und deren Umfeld allesamt verabscheuungswürdige Hillbillys, deren Verlust niemanden kümmert. Da killt es sich in Selbstjustiz-Manier doch gleich mit leichterem Gewissen. Die Entscheidung von Detective Paterson am Ende des Films passt dazu, dass man sich hier um Gesetzgebung und Regeln einen feuchten Kehricht kümmert. Sieht man darüber hinweg, gibt’s eine relativ spannende Sequenz in einem Drogenlabor, während die erste Konfrontation mit Knuckles nach 40 Minuten das unbestreitbare Highlight des Films ist – zumal Knuckles die einzige interessante Figur neben Will bleibt.

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Bild- und Tonqualität

Will nimmt das Gesetz in die eigene Hand

Chase wurde digital gedreht. Zum Einsatz kamen RED-Kameras, die hochauflösend aufzeichnen. Im Prinzip gute Voraussetzungen für ein entsprechend hochwertiges Bild. Doch wer dachte, dass wir es ausschließlich mit einem artifiziell glatten Digitalbild zu tun haben, der irrt sich. Denn künstlerisch hat man hier sehr deutlich nachbearbeitet – und das nicht unbedingt zum Guten. Zum einen wirkt das Geschehen in den Tageslicht-Außenaufnahmen tatsächlich noch extrem glatt und digital. Selbst für einen Film, der mit REDs aufgezeichnet wurde, ist das visuell zu artifiziell und sieht hier und da nach Urlaubsvideo aus. Der künstliche Look wird auch dadurch noch verstärkt, dass das Bild zu hell ist und immer wieder zu Überstrahlungen neigt. Schwarzwerte sind zu gräulich und könnten satter sein. Beim Betrachten wirkt das alles sehr unharmonisch und wenig stimmig. Sobald es in dunklere Innenräume (bspw. bei Lisas Eltern) geht, gesellt sich dann aber ein leichtes Rauschen hinzu, das mitunter auch unschön farbig wird. Bei 38’19 gibt’s zudem Banding-Artefakte im Himmel – Indizien für die geringe Farbtiefe der Blu-ray, aber auch von einem etwas stärkeren Kompressionsverfahren im Encoding. Was wirklich gut gelingt, sind die Close-ups der Darsteller. Die Schärfe und Detailauflösung in Naheinstellungen kann sich absolut sehen lassen. Da werden Details auf Butlers Gesicht oder seinem Hemd zum fast dreidimensionalen Erlebnis.

Was weiß Knuckles über Lisas Verbleib?

Chase erhielt zwar keine Dolby-Atmos-Tonspur, dafür aber immerhin DTS HD-Master in 7.1, also mit einer Kodierung für zwei zusätzliche Rear-Effect-Speaker. Entgegen der Tonspur von Blacklight hat Leonine dieses Mal nicht die großen Dynamik-Fesseln angesetzt – jedenfalls nicht gegenüber der englischen Tonspur, die nahezu identisch klingt. Tatsächlich aber sind beide Sprachausgaben keine Muster an Laut-Leise-Differenz. Selbst in den (wenigen) Actionszenen bleiben Schüsse aus Pistole und Schrotflinte lediglich verhalten dynamisch. Da hätte man wirklich mehr erwarten dürfen. Da es davon aber ohnehin nicht allzu viel gibt, dauert es bis zur 81. Minute, bis man dann doch einen Unterschied zwischen beiden Sprachfassungen hört. Denn die Explosion nach 80’45 bekommt über die englische Fassung ein bisschen mehr hör- und spürbaren Bums. So richtig vehement ist das über den O-Ton aber auch nicht, dafür fehlt’s an echter und vor allem vehementer Tiefbassunterstützung. Da der Score eher verhalten und unterschwellig eingesetzt wird, kommt auch bei diesem nur sehr wenig Dynamik ins Spiel. Die Subs bleiben an dieser Stelle viel zu unterversorgt, als dass es gewisse Situationen erlauben würden. Denn, wenn visuell die Welt untergeht, darf’s das auch akustisch tun. Sehr gut funktionieren durchweg die Stimmen. Die Sprache kommt über beide Tonfassungen sehr präsent rüber. Ab und an ist die deutsche Fassung hier sogar etwas gegenwärtiger und hat mehr Volumen.

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Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Chase fällt dünn aus. Leider haben es keine Making-ofs, Hintergrundberichte oder entfernte Szenen auf die Disk geschafft. Lediglich der Trailer sowie ein paar Programmtipps wurden integriert. Zudem ist die Blu-ray ein weiteres Beispiel dafür, dass Leonine im Hauptmenü auch die Kapitelanwahl wegrationalisiert hat. Englische Untertitel für den Film gibt’s ebenfalls nicht.

Fazit

Chase hat genau einen Trumpf im Ärmel: Gerard Butler. Der schottische Darsteller legt Wut, Schweiß, Blut und Tränen in seine Rolle und tut das glaubwürdig. Davon ab badet der Film in sämtlichen nur erdenklichen Klischees. Vom (anfangs) ignoranten Cop über die degenerierten Hinterwäldler bis zum typischen Ende wird hier einfach jedes Stereotyp abgeklappert, welches das Subgenre des Selbstjustizfilms hergibt. Das ist insgesamt noch leidlich unterhaltsam, aber nur solange man keine innovative Geschichte erwartet. Das Bild leidet etwas unter den Stilisierungen und der zu hellen Einstellung/Überkontrastierung. Beim Ton fehlt’s durchweg an Dynamik, auch wenn der Effektreichtum in Ordnung geht und die Sprache gut verständlich ist.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 10%
Film: 50%

Anbieter: Leonine Distribution
Land/Jahr: USA 2022
Regie: Marc Frydman
Darsteller: Gerard Butler, Jaimie Alexander, Russell Hornsby, Ethan Embry, Michael Irby, Cindy Hogan
Tonformate: dts HD-Master 7.1: de, en
Untertitel: de
Bildformat: 2,00:1
Laufzeit: 96
Codec: AVC
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Leonine Distribution)
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Trailer zu Chase

Chase - Trailer (deutsch/german; FSK 12)


So testet Blu-ray-rezensionen.net

Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
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7 Kommentare
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Basti

Ich fand den Film echt durchschnittlich, vorallem die Explosion am Schluss wirkte wie aus einer billigen TV Produktion.
Wer den echt guten Thriller Breakdown mit Kurt Russell aus dem Jahr 1997 kennt, der wird sich bei Chase sicher die Augen reiben und sich fragen, warum nur?!

Arne

Wie immer sauber und gut geschriebenes Review. 🙂 Der Film heißt im Original allerdings „Last Seen Alive“. Und, wie bereits geschrieben, ist Gerard Butler Schotte (und seine Familie irischen Ursprungs).

Volker

Hi Timo,
In deinem Fazit hast du geschrieben: Der australische Darsteller….
Meines Wissens ist er ein schottischer Darsteller.

blooob

„Das Bild leidet etwas unter den Stilisierungen und der zu hellen Einstellung/Überkontrastierung. Beim Ton fehlt’s durchweg an Dynamik, auch wenn der Effektreichtum in Ordnung geht und die Sprache gut verständlich ist.“

…und da ist er wieder, der rote Faden bei Leonine …

Aber trotzdem Danke fürs Review, die 95 Minuten werde ich anders sinnvoller nutzen.

ondy

Hat mur noch der truck gefehlt aus ein echten klassiker.