Cold in July

Blu-ray Review

Cold in July Blu-ray Review Cover
Universal Pictures, seit 05.03.2015

OT: Cold in July

 


Texas Red Bitch

Beinharter Redneck-Thriller mit Stil.

Inhalt

1989: Richard Dane wacht des Nächtens auf, da sich Geräusche im Haus den Weg ans Ohr gebahnt haben. Bewaffnet mit dem ollen Revolver des Vaters geht er die Treppe hinunter ins Wohnzimmer, erschrickt beim Geräusch der einsetzenden Wanduhr und schießt daraufhin versehentlich dem Eindringling die Rübe weg. Jezt war der Typ ein gesuchter Verbrecher und für die Polizei ist’s klar Notwehr. Also geht Richard heim, säubert die Wand, legt eine Decke über das blutverschmierte Sofa und gilt fortan unter den Bekannten in der Kleinstadt als kleiner Held. Er selbst ist nicht stolz auf seine Tat und hat bald allen Grund dazu, noch miesepetriger aus der Wäsche zu gucken. Zunächst ist’s zwar nur ein Anrufer, der keinen Ton sagt, doch bald ist klar: Der Vater des Getöteten war dessen Vorbild in Sachen Kriminalität und kaum verwunderlich findet der es auch gar nicht lustig, seinen Filius an einen Normalo wie den Bilderrahmenhändler Richard verloren zu haben. Also erwähnt der nun sohnlose Herr wie zufällig Danes nette Familie, taucht mal an der Schule von Richards Nachwuchs auf und installiert allmählich eine Stimmung der akuten Bedrohung. Ob der anberaunte und überraschend großzügige Polizeischutz echte Hilfe bietet? Oder geht es am Ende um etwas ganz Anderes?

Cold in July mag zwar etwas behäbig inszeniert sein, wechselt aber Motive, Täter und Hintergründe beinahe im Zehn-Minuten-Takt. Durchgängig atmosphärisch gestimmt und vor authentischer Südstaaten-Kulisse gefilmt, meint man für ungefähr 25 Minuten zu wissen, wo der Film hingeht, nur um dann von Regisseur Jim Mickl (We Are What We Are) permanent an der Nase herumgeführt zu werden. Die zugrundeliegende Geschichte basiert auf einem Roman von Joe R. Landsdale, dessen Kurzgeschichte Bubba Ho-Tep wohl dem einen oder anderen Bruce-Campbell-Fan ein Begriff sein dürfte. Landsdale verknüpft in seiner Story Elemente des White Trash mit Korruptionsmotiven, Snuff-Sequenzen und Kommentaren zur Dixie-Mafia und verwebt das Ganze zu einem dichten und harten Thriller. Mickl macht aus der Vorlage dann einen herrlich altmodischen, bisweilen zynischen Film, der von seiner Spannung und den außergewöhnlichen Figuren lebt.
Herausragend ist dann auch deren Casting: Michael C. Hall, immerhin jahrelanger Titelheld der ultraerfolgreichen Serie Dexter, ist mit Vokuhila und Tom-Selleck-Schenkelbürste kaum wiederzuerkennen und agiert praktisch wie eine Antithese zu seiner TV-Rolle. Sam Shepard gibt den wortkargen Redneck mit süffisanter Souveränität und Don Johnson war zuletzt vor zwanzig Jahren ähnlich gut wie hier in der Rolle des texanischen Ermittlers mit roten Cowboyboots und Stierhorn am Straßenkreuzer. Wenn er dem am Boden liegenden Delinquenten, der ihm gerade das Auto UND seinen Hut ramponiert hat, wild fluchend mit Leidenschaft einen Kick verpasst, nimmt man ihm seine gelackte Miami-Vice-Zeit gar nicht mehr übel.

Ebensowenig kann man dem beinharten Thriller seinen Spaß an Stereotypen übelnehmen, die er lustvoll überzeichnet. Da er seine Figuren und die Geschichte dennoch ernst nimmt, besteht zu keiner Zeit die Gefahr, dass Cold in July in billige B-Movie-Gefilde abdriftet. Es ist zwar nicht so richtig klar, warum das Ganze ausgerechnet Ende der 80er spielt, doch da das nun mal schon so ist, kann man es auch gleich konsequent machen. So sind nicht nur die Tapeten in Danes Haus furchtbar oldschool, es werden auch die Hosen bis unter die Achseln gezogen und die Filmmusik besteht wahlweise aus 80er-Jahre-Schweinerock oder Synthie-Klängen, die direkt von John Carpenter stammen könnten. Ohnehin scheint Mickle ein Fan des frühen Halloween-Dirigenten zu sein, denn optisch hat man beinahe das Gefühl, dessen langjähriger Kameramann hätte hier das Geschehen gefilmt. So glänzt vor allem das Finale mit sensationellen Fahrten rund um die Hauptfigur und tränkt die Bilder zwischendurch in ein tiefes blutrot. Dass hier überraschend der bis dato nur geringe Blutzoll erhöht wird, schadet Mickles Film kaum, denn der Regisseur hat ein sicheres Gespür für Licht und Schatten, steigert die Spannung bis zum Maximum an und zieht sein nüchtern-zynisches Element konsequent bis zum Ende durch.

Bild- und Tonqualität

Um dem 80er-Jahre-Look zu entsprechen wurde das Bild von Cold in July farblich etwas entsättigt. Die Kleidung der Protagonisten wirkt vor allem in der ersten Hälfte ziemlich ausgewaschen und Gesichter machen einen fahlen Eindruck. Im Gegenzug gefallen Schärfe und Bildtiefe sehr gut. Gerade das Konterfei von Don Johnson wirkt in Close-ups sehr plastisch, seine grauen Bartstoppeln scheinen aus dem Bildschirm herauszuwachsen. Immer dann, wenn Licht und Schatten in Innenräumen zur Geltung kommt, überzeugt der Kontrastumfang mit sehr guter Durchzeichnung. Die Bildruhe bleibt ebenfalls dauerhaft hervorragend.
Egal, ob der deutsche dts- oder das englische dts-HD-Pendant: So richtig effektvoll oder dynamisch wird’s in Cold in July nur sehr selten. Hauptsächlich spielt sich das Geschehen auf den vorderen Lautsprechern ab. Jedenfalls bis zu dem Moment, in dem der vorbeifahrende Zug beinahe für seine blutige Bestimmung sorgt (44’05). Dann scheppert’s durchaus kraftvoll durchs Heimkino. Auch wenn Russell mit Jim Bobs Knarre durch die Gegend feuert, gibt’s hübsche Hallgeräusche und Effekte von den Rears (78’20).

Bonusmaterial

Sieben unveröffentlichte Szenen mit einer Gesamtzeit von 14:30 Minuten locken im Bonusmaterial von Cold in July.

Fazit

Jim Mickles Cold in July ist ein außergewöhnlich cooler, stark besetzter und stylish gefilmter Thriller mit einem gnadenlos guten Don Johnson.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 20%
Film: 80%

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Jim Mickle
Darsteller: Michael C. Hall, Don Johnson, Sam Shepard, Vinessa Shaw, Nick Damici, Wyatt Russell, Lanny Flaherty
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 110
Codec: AVC
FSK: 18 (uncut)

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