Blu-ray Review
OT: Coldwater
Autoritätsproblem
In Coldwater – Nur das Überleben blicken wir hinter die Kulissen privater Boot-Camps.
Inhalt
“Wir bringen euch wieder in Ordnung” – die Worte von Colonel Reichert sind klar und deutlich, und sie implizieren, dass irgendwas nicht stimmt. Irgend etwas stimmt nicht mit Brad. Das zumindest denkt seine Mutter und lässt ihren Sohn, der ein wenig mit Drogen gedealt hat und auf seinen Stiefvater nicht gut zu sprechen ist, des Nächtens von der Exekutive eines Erziehungslagers abholen. Vor Ort stehen körperliche Züchtigung, harte Arbeit und Erniedrigungen auf dem Programm. Irgendwann bricht auch der härteste unter den Teenagern zusammen – körperlich und seelisch ohnehin. Für Brad bleibt nur der Gedanke an Flucht, doch dann kommt alles noch viel schlimmer …
Dass etwas mit dem amerikanischen Strafvollzug nicht stimmt, weiß man nicht erst seit der zigsten qualvollen oder ungerechtfertigt vollzogenen Todesstrafe. In Coldwater – Nur das Überleben zählt beleuchtet Regisseur Grashaw den Alltag in den privatisierten Boot Camps Amerikas. Dort geht man nicht nur einmal einen Schritt zu weit und züchtet eher noch mehr Hass als die “Insassen” re-integrationsfähig zu machen. Man kann dem Filmemacher gar nicht genug anrechnen, dass er nicht der Versuchung erliegt, mit billiger Effekthascherei populistische Stimmung zu machen. Vielmehr inszeniert er Coldwater als gut ausbalancierte Gratwanderung zwischen Drama und Thriller. Anstatt nur vordergründige Wut auf die Wärter zu schüren, gibt er seinen Hauptfiguren nachvollziehbare Geschichten an die Hand, die nachvollziehbar machen, warum jeder dort steckt, wo er gerade ist. Zwar bleibt nicht jedes Klischee aus (die Entwicklung des ersten Vertrauensmanns ist von der ersten Sekunde an absehbar), doch gerade Brads Hintergrund schnürt dem Zuschauer emotional die Kehle zu. Auch die wenigen Szenen des Camp-Arztes, der die Geschehnisse im Camp Coldwater mit ganz eigenen Mitteln erträgt, hinterlassen ein dumpfes Gefühl im Magen. Die ausnahmslos un- oder wenig bekannten Darsteller passen perfekt zu ihren Figuren und machen das Independent-Jugenddrama erst sehenswert. Apropos sehenswert: Es gibt einige Züchtigungs-, bzw. Folterszenen, die nur wenig magenfreundlich sind. Zarte Gemüter seien hiermit gewarnt.
Bild- und Tonqualität
Für ein günstig produziertes Drama wartet Coldwater mit einem bemerkenswert ruhigen und adäquat scharfen Bild auf. Die Farben bleiben dauerhaft natürlich, in schlecht ausgeleuchteten Szenen versumpfen Details auf der Schattenseite etwas. Dennoch nimmt auch dann die Unruhe nicht bedeutend zu und die Schärfe bleibt erhalten.
Beim Ton konzentriert sich Coldwater – Nur das Überleben zählt auf die gut verständlichen Dialoge und eine atmosphärische Darstellung der Naturgeräusche rund ums Camp. Die Zikaden zirpen räumlich aus den Rearspeakern und die bedrohliche Soundkulisse liegt schwelend im Raum.
Bonusmaterial
Außer dem Originaltrailer und einer Trailershow gibt’s bei Coldwater leider nichts weiter zu holen. Das ist schade, denn die Thematik hätte Hintergrundinfos durchaus verdient gehabt.
Fazit
Coldwater – Nur das Überleben zählt ist ein bitter-böses Knast- und Jugenddrama, das bis zum unvermeidlichen Ende auf ganzer Linie überzeugen kann – Starker Tobak, stark gespielt.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 10%
Film: 85%
Anbieter: MFA+/Ascot Elite
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Vincent Grashaw
Darsteller: P.J. Boudousqué, James C. Burns, Chris Petrovski, Octavius J. Johnson
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 100
Codec: AVC
FSK: 16