Conjuring 2

Blu-ray Review

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Warner Home, ab 20.10.2016

OT: The Conjuring 2

 


Das ist mein Haus!

Die Fortsetzung des Horrorhits The Conjuring ist eins der Herbst-Highlights im Heimkino-Bereich.

Inhalt

Nach den Geschehnissen in Amytiville wollte Lorraine der Hölle nie mehr so nahe kommen. Da man ihr und ihrem Partner Ed auch noch Mediengeilheit vorwirft und sie der Lüge bezichtigt, will Lorraine für eine Zeit aufhören und nur noch Vorträge halten. Doch dann tritt die Kirche an die beiden heran. Der Geistliche erzählt von einem Fall aus England. In einem nördlichen Londoner Vorort wird eine alleinerziehende Mutter von vier Kindern seit Kurzem von gespenstischen Erscheinungen, verrückenden Möbelstücken und Manifestationen eines alten Mannes heimgesucht. Während die örtliche Presse es als Sensationsgeschichte ausschlachtet, wird vor allem Tochter Janet tief in die Geschichte hineingezogen und scheint von einem Dämon besessen zu sein. Lorraine allerdings ist voller Furcht, da sie in einer Vorahnung Eds Tod vorausgesehen hat und fürchtet, dass dies mit dem Fall zu tun haben könnte. Vor Ort ist zunächst auch die Skepsis der Warrens groß. Täuscht Janet die Dinge nur vor, oder hat hier ein Geist von außerordentlicher Boshaftigkeit seine Finger im Spiel?

Kaum einer versteht es derzeit so gut, auf der Klaviatur der Angst zu spielen wie SAW-Regisseur James Wan. Wo Kollegen wie Darren Lynn Bousman (Abattoir) sich ein wenig abmühen, um Spannung zu erzeugen, scheint Wan Suspense aus dem Ärmel zu schütteln, als ob es nichts wäre. Das bewies er schon 2013 mit Conjuring und perfektioniert es nun mit der Fortsetzung, die sich einen echten und sehr bekannten Fall aus Brimsdown, Enfield herangezogen hat. Obwohl sein Film für einen Spukhaus-Grusler mit zweieinhalb Stunden außergewöhnlich lange dauert, ist keine Minute davon zu viel oder gar langweilig. Während andere Haunted-House-Filme die Szenen der Heimsuchungen beispielsweise auf wenige Momente beschränken (müssen), kostet James Wan die Anspannung seiner Zuschauer voll aus und lässt die zweite große Sequenz nach einer knappen halben Stunde mal eben satte zehn Minuten andauern. Wer hier nicht gebannt vor der Leinwand sitzt, ist vermutlich just verstorben. Weil sich Conjuring 2 vor allem auch um die Charaktere selbst kümmert, sie mit emotionaler Tiefe ausstattet, ragt er auch hier aus dem Einerlei heraus. So ist Tochter Janet traumatisiert vom Auszug des Vaters und bietet deshalb die beste Angriffsfläche für den Geist. Auch Billy, der jüngste Spross der Familie, der durch sein Stottern zum Außenseiter verdammt ist, bietet eine herausragende Identifikationsfläche für den Zuschauer. Wenn er der Figur aus einem Kinderreim gegenübersteht, dürfte sich wohl jeder an Alpträume aus der eigenen Kindheit erinnert fühlen und Gänsehaut bekommen. Der (Tapeten)Wechsel ins London der 70er Jahre tut Conjuring 2 zusätzlich gut: Rotzige Punknummern auf dem Soundtrack, typische britische Vorstadthäuser und Schuluniformen bilden den Hintergrund für eine vortreffliche Atmosphäre, die von den Set- und Kostümdesignern sensationell erzeugt wurde.

Ab und an gibt’s auch mal ein paar auflockernde Gags, die vornehmlich von Patrick Wilson transportiert werden. So zum Beispiel, wenn er eine neue Kamera zur Aufnahme der Geister als Leichtgewicht bezeichnet. Wilson ist ohnehin in beiden Conjuring-Filmen hervorragend aufgelegt und ein grundsympathischer Kerl. Vera Farmiga an seiner Seite agiert als verletzliche Seite der Beiden, was im Team zusammen einfach gut funktioniert. Hinzu kommen mit zwei herausragenden Kinderdarstellern in den Rollen von Janet und Billy. Madison Wolfe spielt die Besessene, ohne unangenehm hysterisch zu sein und Billy agiert in seinem ersten abendfüllenden Spielfilm gar professioneller als so mancher erwachsene Schauspieler. Ungewöhnlich und überraschend besetzt ist Franka Potente, die in der Rolle Psychologie-Professorin und Skeptikerin Anita Gregory aber durchaus überzeugt. Wenn man Conjuring 2 in Sachen Darstellern und Figurenzeichnung etwas vorwerfen möchte, dann, dass Johnny, Kind #4 bis zur 95 Minute völlig blass und unterbelichtet bleibt, um dann plötzlich den Helden zu spielen. Doch solche kleinen Mankos pustet das Herzschlagfinale locker weg. In dem sieht der Zuschauer immer wieder genauso wenig, wie der gehandicapte Ed Warren, was in Sachen Spannung nur noch von den echten Tonaufnahmen des Enfield-Falles übertrumpft wird, die während des Abspanns laufen und einen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen – selbst wenn man heute den größten Teil dieser Ereignisse kritisch widerlegt hat.

Bild- und Tonqualität

Conjuring 2 nutzt eine warme Farbpalette während der Szenen in Amerika und relativ kühle Farben fürs kalt-nasse England. Beides funktioniert hervorragend im Dienste der Geschichte und der Zeit, in der der Film spielt. Die Bildruhe ist bis auf ein leichtes Korn in dunkleren Szenen sehr gut und die Schärfe ist vor allem in Close-ups vorbildlich. Und das, obwohl ein leichter Weichzeichner Umrisse etwas absoftet, um das 70er-Jahre-Flair wiederzugeben. Farben wirken ein wenig blasser als sonst – hin und wieder gibt’s außerdem leichte Farbverfälschungen auf Gesichtern.
In letzter Zeit gab es oftmals Kritik an großen Majors für minderwertige deutsche Tonspuren. Conjuring 2 bildet hier eine wohltuende Ausnahme und liefert für die deutsche und englische Fassung eine Dolby-Atmos-Spur (mit True-HD-Kern). Und der legt schon nach zweieinhalb Minuten mit einem höchst präzisen Schuss und überall im Raum verteilten Geisterstimmen los. Gerade Horror-/Gruselfilme profitieren maßgeblich von gut gesetzten Soundeffekten, und wie man diese setzt, weiß Wan ganz genau. Manchmal muss man nicht mal hinschauen, sondern gruselt sich schon mit geschlossenen Augen. Herrlich losgelöst in seinen Ebenen präsentiert sich dabei der Dolby-Atmos-Sound. Aber auch der True-HD-Kern überzeugt und sollte bei Nicht-Besitzern eines Atmos-Systems große Freude entfachen. Selbst wenn es für einige Momente vornehmlich still ist und nur das leise Barfußgeräusch des Jungen auf dem Holzboden zu vernehmen ist, leistet der Ton die bestmögliche Unterstützung. Gerade diese ganz leisen Geräusche gelingen derart atmosphärisch, dass man voller Anspannung und Erwartungshaltung auf den nächsten Schockeffekt ist. Der kündigt sich dann mitunter durch einen anschwellenden Score an, der ebenfalls extrem gelungen eingebettet ist. Und wenn nach gut 80 Minuten die Kruzifixe ein Eigenleben entwickeln, dann gehört das zu den großartigsten Soundeffekten der letzten Monate. Müßig zu erwähnen, dass polternde Geräusche an Türen vehement und mit tatkräftiger Unterstützung des Subwoofers ins Heimkino gelangen. Verteilt auf die 135 Minuten Laufzeit ist es zwar hin und wieder auch ein wenig zurückhaltend, doch wenn der Sound gefordert wird, ist er da – und das ganz außergewöhnlich gut.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Conjuring 2 warten insgesamt fünf Featurettes. Im ersten erklärt James Wan als sichtlicher Fan alter Horrorfilme, dass er das Studioflair dieser Klassiker mit Conjuring aufleben lassen möchte. In „Die wahre Geschichte“ erfahren wir, welche Grundlage die Geschichte des Films hat. Die heute erwachsenen Kinder des Hauses kommen tatsächlich zu Wort. Ob man ihren Geschichten Glauben schenkt, mag aber jeder für sich beantworten. „Der krumme Mann“ kümmert sich um die Realisierung des langbeinigen Kerls, der in einem berühmten US-Kinderreim (und im Film) vorkommt. In „Das heimgesuchte Set“ geht’s um ein altes Hollywood-Set von Warner, das angeblich von Geistern besucht wird und auf dem man Conjuring 2 drehte. „Der Sound der Angst“ beschäftigt sich, dem Namen entsprechend, mit dem Filmscore des Horrorhits. Ein Orchester mit über 60 Instrumentalisten kam hier zum Einsatz. Ergänzend kommen noch vier entfernte Szenen hinzu.

Fazit

Conjuring 2 ist ein außergewöhnlich guter Gruselschocker von einem außergewöhnlich guten Regisseur geworden. James Wan zeigte bei Fast & Furious 7 zwar, dass er auch Action kann, doch seine Wurzeln liegen beim Horror. Für Freunde des Spukhaus-Horrors jedenfalls ist der Film eine Sternstunde.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 85%
Tonqualität (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 60%
Film: 85%

Anbieter: Warner Home
Land/Jahr: USA 2016
Regie: James Wan
Darsteller: Vera Farmiga, Patrick Wilson, Frances O’Connor, Franka Potente, Simon McBurney, Madison Wolfe, Benjamin Haigh, Lauren Esposito, Patrick McAuley
Tonformate: Dolby Atmos (True-HD-7.1-Kern): de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 134
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Conjuring 2

The Conjuring 2 - Main Trailer [HD]

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ondy

Ich habe den neu und ich hatte schon jahrelang nicht mehr so viel angst bei ein horrorfilm. Ganz ganz großes kino