Crimson Peak

Blu-ray Review

Crimson Peak Blu-ray Review Cover
Universal Pictures, seit 25.02.2016

OT: Crimson Peak

 


Enola

Nach unzähligen Gruselfilmen als Produzent setzt sich Guillermo del Toro auch mal selbst auf den Regiestuhl bei einem Schauermärchen

Inhalt

Edith Cushing, Tochter aus reichem Unternehmerhause in Buffalo, schreibt gerade an ihrem jüngsten Roman, als ihr Vater vom Londoner Sir Thomas Sharpe besucht wird. Der möchte Cushing eine spezielle Maschine anbieten, mit der Bodenschätze effektiver zutage gefördert werden können. Sharpe macht Edith von Beginn an Avancen und schindet damit durchaus Eindruck. Ihr Vater indes hält rein gar nichts vom Engländer und findet in dessen Vergangenheit ein Geheimnis, das er als Druckmittel einsetzt, um die ungeliebten Gäster aus Amerika zu vertreiben. Doch am Tag vor Sharpes Abreise kommt Ediths Vater gewaltsam zu Tode und die Tochter nimmt den Heiratsantrag Thomas‘ an. Doch kaum sind die zwei frisch Vermählten im etwas runtergekommenen aber riesigen Anwesen der Sharpes angekommen, sieht Edith schaurige Gestalten und Geister. Auch Thomas‘ Schwester Lady Lucille verhält sich Edith gegenüber seltsam und spätestens als sie erfährt, dass man den Hügel auf dem das Haus steht auch „Crimson Peak“ nennt, weiß die junge Frau, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. War es doch der Geist ihrer Mutter, der Edith des Öfteren erschien und sie schon Jahre zuvor vor Crimson Peak warnte …

Da kommt ein neuer Guillermo-del-Toro-Genrefilm und alle Welt erwartet, dass es so richtig horrormäßig und gewälttätig zugeht – die Zuschauerkritiken zu Crimson Peak waren/sind bisweilen fast bösartig. Wenn man dann herausliest, dass viele sich (mal abgesehen von der extra erwähnte Brutalo-Szene nach 33 Minuten) zwei Stunden gelangweilt haben wollen, kann man sich nur fragen, ob nicht doch alle unter falschen Voraussetzungen in den Film gegangen sind. Denn Crimson Peak ist nichts weiter als eine absolut konsequente Fortsetzung dessen, was del Toro mit Hellboy begann, mit Pan’s Labyrinth perfektionierte und in seinen unzähligen Produktionen von ähnlichen Gruslern schon längst bewies: Eine konsequente Umsetzung seiner Vorliebe für fantastisches Kino. In diesem Fall ist es eine Gothic-Romanze, die er mit unglaublichen Setdesigns garnieren und in exquisiten Bildern von seinem Kameramann Dan Lautsen einfangen ließ. Dass hier hauptsächlich geredet wird und nur etwas seltener in die (Geister)Trickkiste gegriffen oder gar blutig gemordet wird, ist dann (um es mal mit den Worten eines ehemaligen Bürgermeisters unserer Hauptstadt) zu sagen: „auch gut so“. Wer sich von Crimson Peak also einen Horrorschocker erwartet, der ist schief gewickelt und sollte einen großen Bogen um den Film machen. Atmosphäre ist hier Trumpf und die erschafft keiner dermaßen stimmungsvoll wie del Toro. Mit Beginn des zweiten Akts und dem Wechsel ins Anwesen von Sharpe und seiner Schwester fühlt man sich vom Haus und seinen langen Fluren gefangen genommen. Man merkt, dass dieses uralte Gemäuer ein Eigenleben hat und irgendwie zu pulsieren scheint.

Dass del Toro sein Talent für Grusel nicht verloren hat, beweist er trotz Konzentration auf Atmosphäre in sämtlichen Szenen mit den (fantastisch maskierten und animierten) Geistern. Wer bei der ersten Annäherung der Erscheinung an Edith keinen Schauer auf Rücken und Nacken bekommt, sollte vielleicht mal seinen eigenen Puls fühlen und kontrollieren, ob der noch vorhanden ist. Zum stimmigen Gesamtbild passen die famosen Kostüme und das unglaublich detailverliebt gestaltete Anwesen. Man mag kaum glauben, dass dieses extra für den Film in Klein- und Kleinstarbeit auf einer Soundstage gebaut wurde und nicht exakt so irgendwo steht. Praktisch jede Einstellung wirkt absolut authentisch und echt. Die Differenzierung in den lebhaften Part zu Buffalo und den in sich zerfallenden Teil am Crimson Peak macht erzählerisch Sinn und symbolisiert, wie sich Tod und Krankheit langsam in Ediths Leben und Körper einschleichen. Crimson Peak ist noch dazu vortrefflich besetzt: Mia Wasikowska als Edith hat diese ätherische Zerbrechlichkeit, die zu ihrer sensiblen Rolle passt. Tom Hiddleston ist perfekt für die Figur des vornehmen Engländers mit geheimnisvoller Vergangenheit und Jessica Chastain setzt dem Ganzen als intrigante und jähzornige Lady Lucille die Krone auf. Dass die finale Auflösung keine Überraschung von ultimativem Format bereithält, ist angesichts der formalen und stilistischen Stärke des Films überhaupt kein Beinbruch.

Bild- und Tonqualität

Gold, Gelb und Braun sind die vorherrschenden Farbtöne während der Szenen in Buffalo. Dies vermittelt einen sehr angenehmen und warmen Eindruck in Crimson Peak. Die Laufruhe ist von Beginn an extrem hoch, Körnung oder Rauschen ist absolut unsichtbar und die Detailauflösung ist derart gut, dass man ein einzelnes Haar noch vor hellem Hintergrund auf dem Flanelljacket von Unternehmer Cushing erkennen kann (10’20). Auch das Muster der Anzüge, die Oberfläche der Hemden und die Auflösung der zeitgenössischen Bärte ist phänomenal. Aufgrund der starken Braun-Gelb-Färbung bleibt der Kontrastumfang ein wenig eingeschränkt und die schwierigen Lichtspiele auf Ediths Samtmantel wirken mitunter etwas künstlich. Ebenso versumpfen Details in dunklen Szenen etwas (25’23). Mit dem Wechsel nach Allerdale Hall verändern sich auch die Farben und die Gesamtstimmung. Kühle Töne einer blauen und grauen Farbpalette ersetzen Gelb, Braun und Gold. Unverändert indes bleiben die gute Schärfe sowie der stabile Bildstand.

Neues Tonformat dts:X

Crimson Peak ist einer der ersten Filme, die mit dem 3D-Sound vom Auro- und Dolby-Atmos-Konkurrenten dts:X ausgestattet ist. Dabei ist auch dieses nicht lautsprecherbasiert, sondern objektbasiert. Laut dts kann man die Speaker demnach frei im Raum verteilen. Ob das mit einem entsprechenden System wirklich so „einfach“ möglich ist, lässt sich aktuell schwer beurteilen, da Hardware noch Mangelware ist. Die Kodierung soll allerdings auch auf regulären 5.1- bzw. 7.1-Systemen für eine Klangverbesserung bspw. beim Übergang der Sounds zwischen den Lautsprechern sorgen. Einzigartig ist dem dts:X-System die sogenannte „Dialog Control“, die es ermöglicht, den Pegel der Stimmen/Dialoge isoliert im Pegel anzuheben oder abzusenken – ein unbestreitbarer Vorteil bei Filmen, deren Dialoge nicht homogen ins Gesamtgeschehen eingebettet sind. Wer jetzt (noch) keinen dts:X-fähigen Receiver hat, der muss keine Angst haben, denn es ist (wie Auro 3D auch) abwärtskompatibel und lässt sich dementsprechend über „ältere“ Receiver wiedergeben. Leider, und da nimmt Universal Pictures in diesem Fall keine Ausnahmestellung ein, ist erneut nur die Originalfassung mit dem neuen Soundformat abgelegt, während man für die deutsche Version mit einer „normalen“ dts-Spur vorlieb nehmen muss. Unabhängig von dieser ärgerlichen Tatsache klingt die deutsche dts-only-Fassung dennoch ganz vorzüglich. Schon während des ersten Auftritts des Geistes von Ediths Mutter, bekommt man es mit der sprichwörtlichen Angst zu tun, weil das Geflirre der Erscheinung von überall zu kommen scheint (3’00). Auch die Akusting auf dem Marktplatz von Buffalo ist äußerst räumlich und versetzt den Zuschauer mitten ins Geschehen. Ähnlich geht’s beim Gewitter und vor allem im gruseligen Moment als sich die Tür von Geisterhand öffnet (13’40) – wie sich das Quietschen des Zylinders im Heimkino verteilt: sensationell. Und wenn Edith im neuen Heim das Wasser für ihr Bad anstellt, kann man dessen Weg durch die morschen Rohre akustisch derart gut nachvollziehen, dass man sich selbst in dem System wähnt (44’55).
Der englische 7.1-dts:X-Sound erfährt auf einem nicht-dts:X-fähigen Receiver einen Downmix auf 7.1 dts-HD-Master und klingt als solcher noch ein Quäntchen feiner und direkter. Gerade die Dialoge sind etwas homogener eingebettet und klingen etwas voluminöser.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Crimson Peak enthält neben fünf entfernten Szenen und einem Audiokommentar von Guillermo del Toro insgesamt sieben Featurettes. Das vierteilige „Ich erinnere mich …“ lässt den Regisseur erzählen, dass er immer wieder Elemente in seine Filme einbaut, vor denen er sich selbst als Kind gefürchtet hat. Außerdem geht es um vier der wichtigsten Hauptschauplätze. „Grundlage für Schauerromane“ klärt über die Beginne und Motive von Gothic-Romanen auf. „Licht und Dunkelheit“ kümmert sich um die beiden Abschnitte, in denen Crimson Peak spielt. Zum einen ist das Buffalo, das mit höchst akkuratem Set-Design umgesetzt wurde und zum anderen England, in dem das Leben, das in Buffalo noch beobachtet werden konnte, praktisch aufhört und alles zu zerfallen beginnt. „Handgenähte Gotik“ erzählt, das erklärt sich von selbst, vom aufwändigen Kostümdesign des Films. In „Ein lebendiges Wesen“ geht es dann um das wunderschöne Haus, das einerseits wie „eine Familie“ aber auch wie ein Lebewesen wirken sollte. Das Design des Bauwerks ist dabei absolut herausragend geraten und wurde inklusive mehrstöckiger Sets vollständig im Studio neu gebaut. „Vorsicht vor Crimson Peak“ ist eine kleine Set-Tour durch das Haus, geführt von Tom Hiddleston und „Phantome von Crimson Peak“ letztlich klärt über die Kombination physischer und digitaler Effekte auf. Liebevoll gemacht ist die Tatsache, dass vor jedem Featurette ein kleiner Spruch von del Toro gestellt wurde, der selbst das Bonusmaterial atmosphärisch werden lässt. Allen gleich ist auch, dass die Szenen hinter den Kulissen sehr intim und aufschlussreich geraten sind. Die Gesamtlaufzeit der Featurettes beträgt zirka 70 Minuten.

Fazit

Crimson Peak ist ein waschechter Guillermo del Toro, der seine Stärken in Sachen Atmosphäre und Grusel voll ausspielt und ganz bewusst Abstand von vordergründigen Schockern hält. Wer das nicht schätzt, sollte hier erst gar nicht reinschauen. Der Mix aus Gothic, Romanze und Grusel mag nicht die tiefgründige Kraft eines Pan’s Labyrinth haben, überzeugt aber dafür visuell auf ganzer Linie und ist zum Ende hoffnungslos romantisch.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 85%
Tonqualität (dt. Fassung): 85%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 70%
Film: 80%

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Guillermo del Toro
Darsteller: Mia Wasikowska, Tom Hiddleston, Jessica Chastain, Charlie Hunnam, Jim Beaver, Leslie Hope
Tonformate: dtsX 7.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 119
Codec: AVC
FSK: 16

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