Blu-ray Review
OT: Cut Bank
Ein genialer Plan
Morde am kältesten Ort des Staates.
Inhalt
Cut Bank, Montana: In dem 3000-Seelen-Städtchen passiert in der Regel wenig bis gar nichts. Als Dwayne (der die Stadt am liebsten heute noch verlassen würde) mit seiner Freundin Cassandra ein kleines Bewerbungsfilmchen für die örtliche Miss-Wahl dreht, werden beide Zeuge eines Mordes – des ersten Mordes, den das Kaff je zu Gesicht bekommen hat. Selbst den alten Sheriff Vogel überkommt die Übelkeit, als er die Aufnahmen des Videos sieht, auf dem auch die Tat festgehalten wurde. Als der anderntags den Ort des Geschehens besucht, fehlt allerdings sowohl vom Opfer als auch von dessen Postfahrzeug jede Spur. Während Vogel also hinreichend überfordert ist, die Stadt ein wenig in Aufruhr gerät, und ein Ex-Nationalparkmitarbeiter eigene Nachforschungen in der Sache anstellt, um sein verlorenes Paket zu finden, taucht auch noch der Postinspektor auf, der dem Macher des Videos zur Belohnung 5.000 Dollar überreichen will. Dafür will er aber die Leiche des Postangestellten sehen, der alsbald nicht mehr der einzige Tote der Stadt sein wird …
Nicht nur ein Hauch, sondern eher ein starker Windzug von Fargo weht durch Cut Bank. Und das nicht nur wegen des einsamen Schauplatzes an einem kalten Ort nahe der kanadischen Grenze, sondern vor allem aufgrund der kühlen Stimmung, dem trockenen Humor und den zahlreichen Wendungen. Denn was (TV)-Regisseur Matt Shakman hier bereits innerhalb der ersten 25 Minuten offeriert, reicht manchen Filmen für die Überraschungsauflösung im Finale. Shakman, der noch dazu bereits zwei Folgen des Serienablegers von Fargo inszenierte, hat seine Hausaufgaben in Sachen Atmosphäre sichtbar gemacht. Zur ungewöhnlichen Story gesellen sich ein halbes Dutzend verschrobener und skurriler Figuren – vom totgeglaubten Einsiedler mit Ultrakurzsicht über einen stummen Indianer bis hin zum Sheriff mit schwachem Magen. Cut Bank – Kleine Morde unter Nachbarn konzentriert sich dabei völlig auf die Dynamik zwischen den Charakteren und auf das Miträtseln, welche Motive diese bewegen. Nach der ersten halben Stunde, die mit hohem erzählerischem Tempo und vielen Storyentwicklungen aufwartet, verflacht der Erzählfluss ein wenig, um dann zu einem durchaus ernsthaften Thriller mit überraschenden Gewalteruptionen zu werden. Das funktioniert dann wiederum deshalb so gut, weil Michael Stuhlbarg als Derby Milton eine großartig-böse Performance an den Tag legt. Liam Hemsworth und Teresa Palmer, die sich schon aus Love & Honour kennen, harmonieren auch hier, wenngleich der junge Bruder von Chris ein wenig lustlos wirkt. John Malkovich als Sheriff Vogel ist idealbesetzt – ebenso wie Billy Bob Thornton als miesmütiger Vater der Braut in spe. Leider hat Thornton hier nicht seine angestammte Synchronstimme, sondern ein ungewöhnlich unpassendes Organ. Schade, dass Drehbuchautor Roberto Patino im Verlaufe ein wenig der Mut für weitere innovative Ideen fehlt, denn Cut Bank hätte noch böser und zynischer ausfallen dürfen. Die finale Botschaft, dass das Leben/Verhalten der Dörfler am Ende auch etwas für sich hat, kommt jedenfalls etwas einfältig daher.
Bild- und Tonqualität
Cut Bank wurde auf 70mm-Filmmaterial gedreht, um den weiträumigen Aufnahmen der Naturkulisse eine möglichst beeindruckende Bühne zu verleihen. Das klappt in Sachen epischer Breite durchaus. Das vorhandene Korn lässt den Film nicht nur analoger wirken, sondern passt auch perfekt zum leicht melancholisch-düsteren Thema. Die Schärfe geht in Ordnung, der Kontrastumfang liegt im mittleren Bereich. Hin und wieder saufen Details etwas ab.
Akustisch bleibt das Geschehen in Cut Bank auffallend unauffällig. Mal abgesehen von den prägnant im Mittelpunkt stehenden Dialogen und ein paar Umgebungsgeräuschen gibt’s hier nur wenig Akzente. Selbst Filmmusik bleibt im Hintergrund und die Rearspeaker bleiben meist still. Das Nichvorhandensein von Effekten oder Dynamik bedeutet aber nicht, dass der Sound unterdurchschnittlich ist, denn das, was man hört, ist gut umgesetzt.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Cut Bank gibt’s tasächlich etwas zu entdecken: Neben einem Audiokommentar, 3,5 Minuten an deleted sowie zwei Minuten an extended Scenes gibt es noch fünf Interviews mit den Darstellern sowie das Feature „Bad Karma: Life in Cut Bank“. In Letzterem erzählen Regisseur und Drehbuchautor, wie sie zur Geschichte kamen und wie sich die fünf Jahre dauernde Realisierung des Films hinzog. Die Drehorte werden ebenfalls beleuchtet und natürlich die Darsteller.
Fazit
Cut Bank – Kleine Morde unter Nachbarn ist ungewöhnlich und sollte Freunden der Coen-Filme durchaus gefallen. Ein wenig mehr Mut, Tempo sowie gerne noch mehr abgefahrene Ideen und der Mix aus Fargo und No Country for old Men hätte noch besser funktioniert.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 40%
Film: 65%
Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Matt Shakman
Darsteller: Liam Hemsworth, Teresa Palmer, John Malkovich, Billy Bob Thornton, Bruce Dern, Oliver Platt
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 93
Codec: AVC
FSK: 16