Dario Argentos Dracula 3D

Blu-ray Review

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Koch Media, seit 28.08.2014

OT: Dracula 3D

 


Blutsaugender Graf

Wenn sich eine italienische Horrorlegende des klassischen Draculastoffes annimmt, kann doch gar nichts schief gehen, oder?

Inhalt

Jonathan Harker reist von England nach Transsylvanien, um dort einem gewissen Grafen Dracula bei der Katalogisierung dessen umfangreicher Bibliothek behilflich zu sein. Was Harker nicht weiß: Dracula will keine Hilfe, sondern Jonathans hübsche Frau Mina – oder besser: deren Blut. Denn der Graf ist ein Vampir und als solcher vor Urzeiten von seiner Frau getrennt worden, die Mina verblüffend ähnlich sah. Als Mina den Braten riecht, sucht sie Hilfe im Dorf, doch das führt nicht zum Erfolg, da Graf Dracula zum einen Angst und Schrecken verbreitet, zum anderen als großer Wohltäter und Spender in Erscheinung tritt. Erst Vampirjäger Dr. Van Helsing scheint zu wissen, wie man dem Vampir begegnet …

Dario Argento – bei dem Namen horchen alle Horrorfans augenblicklich auf. Der Italiener, der einer der prägenden Regisseure des Giallo gewesen ist, genießt in Genrekreisen Kultstatus. Wenngleich seine Filme der letzten zehn Jahre etwas unentschlossen zwischen blutigen Gewaltexzessen und visueller Spielereien schwankten, freuen sich Horrorfans dennoch, wenn er mal wieder auf dem Regiestuhl Platz nimmt. Bereits 2012 entstand seine mit Thomas Kretschmann in der Hauptrolle prominent besetzte Version des Bram-Stoker-Klassikers. In der herrscht vor allem eines: klassisch-altbackene Atmosphäre. Dario Argentos Dracula ist unzweifelhaft ein echter Film des Italieners. Von den etwas billig wirkenden Klamotten der Filmfiguren über verspielte Kameraeinstellungen und -fahrten bis hin zu den kruden Blut- und Make-up-Effekten.

Der Italiener nimmt jede Gelegenheit wahr, klassische Gruselatmosphäre mit Klischees zu vereinen, lässt den Knoblauch schon in der ersten Szene prominent an der Tür baumeln und sein erstes (weibliches) Opfer selbstverständlich auf der Flucht vor dem Vampir über ihre eigenen Beine stolpern. Warum das hier nicht billig ist? Weil Argento es darf. Der Regisseur huldigt dem Trash und keiner inszeniert filmischen „Abfall“ so stilvoll wie er. Allerdings muss man schon Fan dieser Art Filme sein, denn ein guter Film ist Dario Argentos Dracula mitnichten. Die Schauspieler agieren entweder blass und unbeholfen (Unax Ugalde als Jonathan Harker), wie dilettantische Knallchargen (Thomas Kretschmann) oder schlicht gelangweilt (Rutger Hauer). Schlimm wird’s gar in Szenen wie jener, in der Mina Lucy wäscht – man wird den Eindruck nicht los, dass dieser Moment nur existiert, weil der Herr Papa seine Tochter unbedingt nackt filmen wollte. Wäre der Film um diese Szene ärmer, wäre er mit 110 Minuten allerdings immer noch zu lang, da leider auch nur bedingt echter Grusel entsteht.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Dario Argentos Dracula 3D weiß mit knackigem Schwarz, einem hohen Kontrastumfang und vermeintlich guter Schärfe zunächst zu gefallen. Allerdings ist das, was zunächst krisp aussieht bei näherem Betrachten eher ein Überschärfen mit deutlichem Rauschen und Unruhen um Objekte und Köpfe herum. Selbst wenn es hin und wieder beeindruckend detailreich aussieht (Rutger Hauer im Close-up bei 79’55). Zur übertriebenen Schärfe gesellt sich bei Kamerafahrten und in Schwenks gerne mal ein Ruckeln.
Der Ton von Argentos Dracula nutzt die Effektlautsprecher für seine altmodisch-stimmungsvolle Musik und während der Wolf- und Vampirattacken hörbar. Allerdings fehlt dauerhaft die Unterstützung des Tieffrequenz-Kanals. Etwas mehr Wumms hätte das Geschehen im rumänischen Schloss durchaus verdient gehabt. Wer sich mal den Spaß macht und auf die englische Sprachfassung wechselt, kann eine wunderbare Mélange der unterschiedlichsten Dialekte wahrnehmen – von den deutlich italienischen Nuancen Asias über die spanischen Einschläge Unax Ugaldes bis hin zur harten Aussprache Kretschmanns und dem niederländischen Flair von Rutger Hauer.

3D-Effekt

Während die digital eingefügten 3D-Effekte (Titelschriftzüge zu Beginn, umhersirrende Fliege, Spinne in ihrem Netz usw.) in Dario Argentos Dracula furchtbares Schielen verursachen und ganz miserabel umgesetzt wurden, überzeugen die mit einer Dualkamera aufgenommenen Realszenen mit erstaunlicher Tiefe und sehr räumlicher Darstellung. Die Figuren sind jederzeit plastisch greifbar und nette Ideen wie das Filmen aus dem leeren Grab der Tanja heraus, das M.C. Escher-artig inszenierte Treppenhaus im Schloss oder der hinter Gittern sitzende Renfield wissen durchaus zu gefallen. Wenn da, wie gesagt, nicht die schlechten digitalen Effekte wären und einige Unschärfen bei Nahaufnahmen wären …

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Dario Argentos Dracula 3D findet sich ein Musikvideo vom Simonetti Projekt, ein Behind the Scenes, das mit 65 Minuten außerordentlich lang und aufschlussreich geraten und außerdem ebenfalls in 3D abspielbar ist, diverse Teaser und Trailer sowie ein halbstündiges Question-and-Answer mit dem Regisseur beim Slash-Filmfestival.

Fazit

Dario Argentos Dracula ist unverkennbar ein Argento – ein guter Film ist es nicht. Wer aber zu den Fans des Regisseurs gehört, wird sich an der typischen Optik des Regisseurs und seinen Stilmitteln erfreuen. Wem das noch nicht genug ist, der bekommt wenigstens etwas nackte Haut und ein paar hübsche 3D-Effekte zu sehen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 70%
Film: 40%
3D-Effekt: 60%

Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: IT/FR/SP 2012
Regie: Dario Argento
Darsteller: Asia Argento, Rutger Hauer, Thomas Kretschmann, Marta Gastini, Unax Ugalde
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: : 2,35:1
Real 3D: Ja
Laufzeit: 110
Codec: AVC/MVC
FSK: 18

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Sascha

Vom Vorspann bekommt man ein Schielen, weil man hier beim Mastering offensichtlich das Bild für das rechte und linke Auge vertauscht hat. Stellt man hier beim Beamer rechts/links um, dann sieht man den Vorspann, wie er eigentlich sein sollte, im besten 3D.