Dark Glasses – Blinde Angst – Mediabook [Uncut]

Blu-ray Review

Pierrot Le Fou, 29.07.2022

OT: Occhiali neri

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Es wird Nacht in Rom

Dario Argento ist zurück! Aber kann er auch heute noch überzeugen?

Inhalt

Die Sonne verschwindet

Es ist Sommer in Rom. Und es geht ein Killer um. Einer, der seine Opfer unter den Callgirls der Stadt sucht. Zurück bleiben Frauen, deren Kehlen mit einer Cellosaite nahezu durchgeschnitten werden. Kein schöner Anblick. Und etwas, das die örtliche Polizei ebenso rätselnd wie schockiert zurück lässt. Diana ist ein exklusives Callgirl. Und natürlich bekommt auch sie mit, dass der Mörder ihresgleichen auflauert. Doch Geschäft ist Geschäft. Und ohne Auskommen kann Diana nicht leben. Als sie eines Abends von einem Kunden aus den Heimweg antritt, verfolgt sie ein Unbekannter in einem Lieferwagen. Immer aufdringlicher wird dessen Fahrverhalten. Und weil Diana sich nicht mehr auf den Weg konzentrieren kann, verliert sie die Kontrolle über das Auto. Bei dem daraufhin provozierten Unfall erlischt zudem ihr Augenlicht. Fortan ist sie ein noch einfacheres Opfer für etwaige Täter, weil sie sich selbst für die einfachsten Dinge in einer neuen, für sie völlig dunklen Welt nicht mehr zurecht findet. Doch das ist nicht alles. Denn sie plagt außerdem das Gewissen, da sie bei dem Zusammenprall mit einem anderen Auto die Eltern eines chinesischen Jungen getötet hat. Deshalb besucht sie den Kleinen im Waisenhaus. Zwar zeigt der sich ziemlich rebellisch und will von ihrem Entschuldigungsangebot zunächst nichts wissen. Doch im Waisenhaus fühlt er sich ebenfalls unwohl. Also entscheidet er sich kurzerhand zu flüchten und zu Diana zu türmen. Das ungleiche Paar ergänzt sich fortan. Während Diana für den kleinen Jungen sorgt, fungiert das Kind als ihr Augenlicht. Gemeinsam müssen sie aber immer noch den Zugriff des Killers fürchten …

Bei ihren Stammkunden ist Diana beliebt

Dario Argento. Der Grandseigneur des italienischen Horrorkinos. Der bekannteste Genrefilmemacher, den das Land neben Lucio Fulci zu bieten hat. 81 Jahre ist er mittlerweile auch schon alt. Und zehn Jahre ist es her, dass er zuletzt einen Film inszeniert hatte – man hätte bereits denken können, dass der gute Mann in Rente gegangen ist. Dario Argentos Dracula war das damals – ein fürchterlich schief gegangener Film, der nicht mal im Ansatz überzeugen konnte. Viele hätten vielleicht vermutet, dass er sich in dezenter Verbitterung zurückgezogen hat. Und der eine oder andere hätte sich vielleicht sogar gewünscht, dass er gar nicht mehr zurück kommt. Nun also wieder zurück zu den Wurzeln, zum Giallo-Film. Ursprünglich hatte man schon vor 20 Jahren die Idee zu Dark Glasses, doch der seinerzeit vorgesehene Produzent, Vittorio Cecchi Gori, ging mit seiner Firma in Konkurs. Das Drehbuch wurde vergessen und verschwand in irgendeiner Schublade, bis Dario Argentos Tochter Asia es wiederentdeckte. Offenbar hatte sie direkt einen kleinen Narren an der Story gefressen und der Herr Papa schrieb dann das Skript dazu. Ehrensache, dass er auch den Film inszenierte, den er selbst als italienischen Giallo sowie einen Kriminalfilm mit einem Hauch Horror bezeichnet. Wie schon in die Neunschwänzige Katze lässt er wieder ein ungleiches Team gemeinsam operieren. War’s im 1971er Film ein älterer, blinder Journalist, der mit seiner Nichte auf Tätersuche ging, ist es nun eine frisch erblindete Sexarbeiterin, die mit einem chinesischen Jungen gemeinsame Sache macht. Beide brauchen sich gegenseitig, weil sie beide alleine nicht zurechtkommen.

Ein neues Leben ohne Augenlicht

Was die Geschichte grundlegend eigentlich interessant macht, da eine Prostituierte, die das Augenlicht verliert und ohnehin ohne großes soziales Netz ist, ein anzunehmen einsamer Mensch ist. Außerdem ist sie mit dieser Einschränkung noch mehr als sonst mutmaßlich zudringlichen Freiern ausgeliefert. Sie kann nicht sehen, wenn ein Freier das hingelegte Geld wieder wegnimmt oder ob er auch wirklich die Summe hinlegt, die sie ihm sagt. sie kann auch nicht sehen, ob eine brenzlige Situation entsteht, weil ein Freier vielleicht aggressiv wird. Die Situation verlangt also von ihr, dass sie maximales Vertrauen in einem Job gegenüber Kunden hat, denen man eher skeptisch gegenüber sein sollte. Auf der anderen Seite ist ein Junge, der seine beiden Eltern verloren hat – und zwar in dem Unfall, den Diana provoziert hat – eine dynamische Kombination mit Sprengkraft. Aus der Argento allerdings nichts macht. Die Charakterentwicklungen sind kaum vorhanden und das arg hölzerne Schauspiel von Ilena Pastorelli verbessert die Sache auch nicht. Tatsächlich gibt es eine Szene, in der sie tut wie weiland Stevie Wonder am Klavier. Wenn es DAS ist, was man sich unter der Darstellung einer Blinden vorstellt …
Pastorelli ist aber nicht alleine. Eigentlich gibt es sogar nur wenige Ausnahmen bei den versammelten Darstellern und Darstellerinnen, die über ein Maß der Amateurhaftigkeit hinauskommen. Asia Argento, die Tochter des Regisseurs, gehört dazu. Sie hat eine Nebenrolle als Blindenbetreuerin Rita und ist sicher die versierteste Schauspielerin des Films.

Diana hat Angst, erneut Opfer des Manns im Lieferwagen zu werden

Was man Dark Glasses und seinem Regisseur zugute halten muss: Argento versteht es immer noch hochgradig bedeutungsschwangere Bilder zu liefern – auch wenn’s in der Introszene dann doch arg plakativ-symbolhaft ist. Da fährt unsere Protagonistin im Auto durch die Stadt und wundert sich ob der vielen Menschen, die in den Himmel schauen. Erst als sie aussteigt und die Blicke der anderen verfolgt, erkennt sie, dass sich gerade eine Sonnenfinsternis ereignet – eine deutlichere Analogie zum späteren Verlust ihres Augenlichts konnte Argento vorab jedenfalls nicht liefern. Trotz diesem etwas grob geschnitzten Zusammenhang ist diese Eingangssequenz dennoch toll gelungen. Weniger toll ist das unfassbar dumme Verhalten, dass man dem Polizistenduo (und anderen) auf den Leib geschrieben hat. Nach 43 Minuten sorgt das für eine dermaßen ärgerliche Sequenz, das man kopfschüttelnd vor TV oder Leinwand sitzt. So etwas, ganz ehrlich, muss ein Filmemacher anders machen können. Szenen wie diese reißen den Zuschauer aus der zuvor immer mal wieder aufgebauten Atmosphäre, die durch Argentos visuellen Stil und die Musik aufgebaut wird. Zwar hat der Regisseur weder mit seinem Stammkomponisten Claudio Simonetti noch mit dem von ihm angefragten Duo Daft Punk zusammengearbeitet, doch auch Arnaud Rebotinis Score passt sehr gut zum bevorzugten Stil Argentos. Die Synthieklänge sind mal enervierend disharmonisch, mal im treibenden Diskobeat und stets sehr präsent. Wer Argentos Œuvre mag, wird auch diesen Score umarmen. Ob man dann noch über die unfassbar konstruierten Zufälle hinwegsehen kann, die den Killer immer wieder auf Dianas Fährte bringen, sei mal dahingestellt.

Preis: 16,00 €
(Stand von: 2024/04/20 1:03 pm - Details
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7 neu von 16,00 €1 gebraucht von 26,97 €
Studio:
Format: Blu-ray
Spieldauer:
Erscheinungstermin: Fri, 29 Jul 2022
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Bild- und Tonqualität

Chin hat seltsame Anwandlungen

Wer seine Wurzeln im italienischen Kino der 70er Jahre hat, der weiß um seine Herkunft und Verpflichtung dem Genre gegenüber. Das körnige und mit steilen Kontrasten versehene Bild von Dark Glasses wirkt fast ein bisschen aus der Zeit gefallen. Und wenn Diana im Auto zu sehen ist, knallen ihre roten Lippen dermaßen zum Betrachter, dass man sich fragt, ob ein kompletter Lippenstift dabei draufgegangen ist. Natürlich ist das Stilmittel und in dieser Szene komplett gewollt. Geht es in Innenräume, werden die Farben fast noch kräftiger. Hauttöne sind beinahe ungesund gebräunt. Das ist rein technisch gesehen nicht so richtig schön anzuschauen, dient aber dem gewollten Look. Dazu gesellen sich mitunter drastische Randunschärfen aufgrund der verwendeten Objektive. Zum Teil versinkt gut ein Viertel des Bildinhalts an den Seiten in deutlicher Unschärfe. Das muss man dann schon mögen, um’s gut zu finden. In den zahlreichen dunklen Szenen versumpfen außerdem Details. Die stilistischen Elemente wirken, wie gesagt, aber gewollt. Das jedoch kann man für die Banding-Artefakte nicht sagen, die sich bei 18’30 plötzlich vor dem Betrachter entfalten. Der elektronische Synthie-Score von Dark Glasses ist das, was vom 5.1-DTS-HD-Master-Sound zunächst am auffälligsten wiedergegeben wird. Allerdings heißt auffällig nicht gleich dynamisch. Selbst der Autounfall nach 17 Minuten klingt ein bisschen nach 80er-Jahre-Videotheken-Film und der Bass vom Synthie-Score lässt die Subwoofer verhältnismäßig kalt. Die Surroundspeaker bekommen nur selten etwas zu tun – selbst Soundeffekte während eines Alptraums werden vornehmlich frontal abgeliefert. Die Stimmen sind derweil gut verständlich, allerdings ist die Kanaltrennung manchmal etwas drastisch, wenn sich eine Person aus der Mitte bewegt.

Preis: 16,00 €
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Bonusmaterial

Total Eclipse of the Sun

Das Bonusmaterial des Mediabooks von Dark Glasses  besteht aus dem 24-seitigen Booklet, das von Stefan Jung geschrieben wurde. Neben einer Aufarbeitung des Films gibt’s auch ein verschriftliches Interview mit Argento, in dem er nicht nur zum Film selbst Stellung bezieht, sondern auch ein paar allgemeine Informationen preisgibt. Dazu wurde ein Filmposter gelegt. Auf der Disk selbst findet sich eine kurze Videobotschaft von Argento, der von seiner Schaffenspause erzählt und berichtet, wie wichtig ihm der Film ist. Das Behind the Scenes läuft etwas unter sechs Minuten und lässt die beiden Argentos, also Tochter und Vater zu Wort kommen. Es geht um die Ursprünge des Drehbuchs, um die Besetzung und darum, wie Dario die Figuren sieht. Zu guter Letzt hat sich Filmwissenschaftler Dr. Marcus Stiglegger für einen Audiokommentar zur Verfügung gestellt. Eine gute Kombination, da Stiglegger bereits ein Buch über Argento geschrieben hat und im Genrefilm zu Hause ist wie kaum ein anderer. Was er an Informationen zum Sub-Genre des Giallo zum Besten geben kann, wird vielen Fans noch neu sein – interessant ist es in jedem Fall.

Fazit

Dark Glasses lässt hin und wieder das unbestreitbare Talent Argentos aufblitzen. Vor allem die visuelle Gestaltung einiger Szenen ist klasse. Allerdings ärgert man sich derweil über das dümmliche Drehbuch, die amateurhaft agierenden Darsteller und das dämliche Verhalten der Figuren – ein zweischneidiges Erlebnis, vermutlich selbst für Fans des Regisseurs. Die Kills immerhin sind blutig, wie man es von ihm gewohnt ist. Die Blu-ray liefert ein authentisch-analoges Bild, kann beim Ton aber nur bedingt überzeugen. Das Bonusmaterial des Mediabooks ist vor allem aufgrund des tollen Booklets wirklich empfehlenswert.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 70%
Film: 40%

Anbieter: Pierrot Le Fou // ALAMODE FILMDISTRIBUTION oHG
Land/Jahr: Italien/Frankreich 2022
Regie: Dario Argento
Darsteller: Ilenia Pastorelli, Andrea Gherpelli, Asia Argento, Mario Pirrello, Andrea Zhang
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, it
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 86
Codec: AVC
FSK: 18 (uncut)

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Pierrot Le Fou)
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Trailer zu Dark Glasses

DARK GLASSES | Trailer deutsch | Ab 16.06. im Kino!


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Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
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