Blu-ray Review
OT: Hacker
Nur fünf Minuten!
Hacker-Thriller, der sich ein bisschen im Deep Web verzettelt.
Inhalt
Alex kam als Kind mit seinen Eltern aus Osteuropa in die USA. Weil seine Mutter ständig arbeitete, um das Geld für die Haushypothek aufzubringen, beschäftigte sich der Junge früh mit dem Computer. Zunächst aus Langeweile, später, um damit sein College finanzieren zu können. Er entwickelte nach und nach außerordentliche Fähigkeiten im Umgang mit Programmen und dem Internet. Bald schon versteht er, dass man mit dem Druck auf die richtigen Hebel die (Finanz)Welt aus den Angeln hebeln kann. Und weil die Bank, in der seine Mutter angestellt war, ihr irgendwann kündigte, entwickelte er einen (nachvollziehbaren) Hass auf die Finanzinstitute. Doch bevor er es den Big Playern heimzahlen kann, braucht er ein bisschen mehr Geld und Zeit. Als er dem windigen Sye begegnet, tun sich ganz neue Dimensionen auf. Er kennt viele Leute an den entscheidenden Stellen. Und weil das mit dem Geldmachen irgendwann langweilig ist, nimmt man sich größere Dinge vor. Alex taucht als Hacker tief ein in das anonyme Web, um dort den Leuten zu schaden, die für ihren Erfolg über Leichen gehen. Doch das lockt auch die wirklichen kriminellen Typen hinter dem Ofen hervor und führt außerdem zu Spannungen mit Sye …
Internet-Hackerei und die Sicherheit im WWW sind ebenso brisante wie hochaktuelle Themen, die zuletzt schon Filme wie Who Am I hervorbrachten. In Dark Web – Kontrolle ist Illusion (leider erneut ein schwacher deutscher Titel für einen im Original schlicht Hacker genannten Film) vermischt Regisseur Akan Satayev nun Hacker-Themen mit Motiven der Anonymous-Gruppe, wenn er die Fähigkeiten seines Protagonisten zunächst zum Geldmachen, dann aber für Guerilla-Aktionen nutzt.
Dabei nimmt es der Film nicht wirklich genau mit den Einzelheiten. Das fängt schon beim deutschen Titel an, denn „Dark Web“ ist eine Fantasie-Zusammensetzung aus „Darknet“ und „Deep Web“, die es in Deutschland so nicht gibt. Die im Film gezeigte URL „dark-web.net“ führt natürlich nicht ins unindexierte Dunkelweb, sondern auf eine Seite für Film-Postproduktion. Kein Wunder, denn diese Firma war für die visuellen Effekte des Films verantwortlich – ein kleiner, versteckter Werbelink also. Außerdem war Dark Web auch nie eine Hackergruppe. Aber natürlich ist es auch nicht leicht, exakt recherchierte Filme dieser Art auch entsprechend zu publizieren. Immerhin begäbe man sich damit auf ganz dünnes (und im schlimmsten Fall illegales) Eis. Also akzeptieren wir einfach, dass der Rahmen irgendwo gesteckt wird und nicht alle Details stimmen. Immerhin werden kleinere Feinheiten durchaus authentisch wiedergegeben – wie beispielsweise das Prozedere günstiger Testkäufe mit den Daten von gestohlenen Kreditkarten, um zu checken, ob diese noch nicht gesperrt wurden. Auch „Bitcoins“ fällt im Laufe des Films mal und wird auch halbwegs korrekt erklärt. Leider dauert es schlicht zu lange, bis es inhaltlich spannend wird. Ganze 75 Minuten, um genau zu sein, bevor Alex den Ernst der Lage erkennt. Dazwischen gibt es aber immerhin ein paar bessere Momente, in denen Dark Web – Kontrolle ist Illusion mit Split-Screen-Bildern schildert, wie das Netzwerk der Hacker funktioniert und zahlreiche Kreditkartenbesitzer um ein paar Millionen Dollar erleichtert. Das steht allerdings den vielen redundanten Szenen gegenüber, die nur andauernd wiederholen, wie Alex, Keira und Sye eine Gaunerei nach der nächsten unternehmen. Hier tritt der Film auf der Stelle und kommt einfach nicht vorwärts. Er verliert sein Ziel aus den Augen, den Banken zu schaden, die Alex‘ Eltern ruiniert haben und opfert es einer wenig nachvollziehbaren Romanze. Die letzte Viertelstunde gerät dann tatsächlich spannend, bekommt aber die Kurve zum Rest nur noch bedingt.
Bild- und Tonqualität
Das Bild von Dark Web – Kontrolle ist eine Illusion liefert beständig sehr ruhige und rauscharme Eindrücke. Allerdings wirkt es gerade auf Gesichtern abgesoftet und erzeugt schon mal einen wachsartigen Look. Die Schärfe sitzt nur bedingt und der eher mittelprächtige Kontrastumfang trägt noch zusätzlich zum durchschnittlichen Eindruck bei. Dass dann in bestimmten Situationen noch brutales color banding auftritt, liegt an der ziemlich geringen Datenrate von (in diesem Momenten) gerade mal 3-6Mbps (9’20). Aber auch ansonsten stehen oft nur 13 bis 20 Mbps an, was für eine Blu-ray, die bis zu 35Mbps machen kann, eher unterdurchschnittlich bleibt und erklärt, warum man hier nicht ohne digitale Artefakte auskommt. Die Farbgebung ist durchweg ein wenig flau und auf Gesichtern gelblich. Das führt zu etwas kränklich wirkenden Protagonisten und steht dem technischen Film eher im Weg. Eine Blaufilterung hätte hier für mehr Authentizität gesorgt. Helle Bereiche überstrahlen noch dazu oftmals, sodass auf der Habenseite letztlich nur die eingangs erwähnte Bildruhe sowie eine homogen verteilte Schärfe stehen.
Beim Sound legt Dark Web deutlich ambitionierter los als beim Bild. Die Umgebungsgeräusche sind schon recht räumlich und wenn der coole Synthie-Soundtrack einsetzt, kommen die einzelnen Töne hörbar direktional aus den Rearspeakern (15’04). Leider sind die deutschen Dialoge spitz und hysterisch. Das tut bisweilen fast weh in den Ohren. Viel besser sind da die Musik-Momente in Nachtclubs oder auch der gewitterartige Donner nach einer Stunde (60’02).
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Dark Web – Kontrolle ist eine Illusion findet sich nur eine Bildergalerie nebst den Trailern zum Film.
Fazit
Dark Web – Kontrolle ist eine Illusion hat ein paar realistische Momente, in denen er gut funktioniert und spannend wird. Die Geschichte drumherum wird aber allzu fahrlässig ein paar Schauwerten und nicht ganz ausformulierten zwischenmenschlichen Beziehungen geopfert. Hier wäre mehr drin gewesen.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 55%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 10%
Film: 55%
Anbieter: Koch Films
Land/Jahr: USA/Thailand/Kasachstan/Hongkong/China 2016
Regie: Akan Satayev
Darsteller: Callan McAuliffe, Lorraine Nicholson, Daniel Eric Gold, Clifton Collins Jr., Zachary Bennett
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 96
Codec: AVC
FSK: 12