Blu-ray Review
OT: The House with a Clock in its Walls
Eine Familie schwarzer Schwäne
Eli Roth wagt sich an einen familientauglichen Gruselfilm.
Inhalt
Das Jahr 1955: Lewis ist zehn Jahre alt, als seine Eltern sterben. Daraufhin zieht er zu seinem Onkel Jonathan nach Michigan. Sein ständiger Wegbegleiter ist eine Wahrsagungs-Kugel, die er stets befragt, wenn er sich mal etwas unsicher fühlt. Gleichzeitig liebt er Wörterbücher. Denn neue Wörter gefallen ihm. Als Onkel Jonathan dann vor ihm steht, hat er nicht nur seltsame Klamotten an, sondern fährt auch ein seltsames Auto und wohnt in einem seltsamen Haus. Dessen Eingangsbereich wird das ganze Jahr über von riesigen Kürbissen geziert, die man sonst nur an Halloween sieht und schon in der Eingangshalle erwarten Lewis hunderte von Uhren. Als sei das noch nicht absonderlich genug, tritt aus einer großen Wanduhr auch noch Jonathans Nachbarin, Mrs. Florence Zimmerman, heraus. Offenbar kümmert sich die resolute Dame um den Zustand der Uhrwerke. Und sie backt Kekse. Ziemlich gute sogar. Mehr und mehr wird Lewis bewusst, dass es im Haus nicht ganz mit rechten Dingen zugeht. Sein neuer Schulfreund meint gar, dass dort mal Morde passiert seien. Und als Lewis seinen Onkel nachts beobachtet, wie er versucht, eine Wand einzuschlagen, packt er seine Koffer und will verschwinden. Doch das Haus lässt ihn nicht. Denn es mag den kleinen Jungen. Als ihm Jonathan dann eröffnet, dass er Hexenmeister ist und eine grausame Uhr in den Wänden finden will, beginnt ein gruseliges Abenteuer für Lewis …
Green Inferno, Hostel, Hostel II, Cabin Fever – Regisseur Eli Roth mochte es bisher stets blutig, brutal und ziemlich offensiv. Selbst sein letzter Film, das Remake von Death Wish, war nicht frei von heftigen Gewaltattacken. Vom Erwachsenen-Horror wendet er sich nun aber unerwartet ab und zum Familiengrusel hin. Denn es ist in der Tat derselbe Eli Roth, der hier John Bellairs 1973er Romanvorlage zu Das Haus der geheimnisvollen Uhren in ein ebenso effektvolles wie buntes Schauermärchen verwandelt, dass sogar Kids ab sechs Jahren schon sehen dürfen. Um den atmosphärischen und durchaus düster-gruseligen Bildern etwas die „Gewalt“ zu nehmen, integriert er zudem einen beständigen Humor und einige niedliche CGI-Effekte. Beispielsweise, wenn Lewis von einem alten Sessel und einer Ritterrüstung am Verlassen des Hauses gehindert wird und diese ihm charmant zuwinken.
Von der Atmosphäre her beginnt Roth mit skurrilen Bildern, die etwas Steampunk einfließen lassen und in den düsteren Momenten schon mal an einen Tim Burton oder ein Lemony Snicket erinnern. Allerdings zieht er das nicht konsequent durch und softet den Gothic-Look sehr bald familientauglich ab. Dennoch kommt in dem alten Haus durchaus Stimmung auf – alleine für die Ausstattung haben die Verantwortlichen ein dickes Lob verdient. Immerhin wollen derart viele Uhren auch erst einmal besorgt und aufgebaut werden. Außerdem passt das 50er-Jahre-Flair sensationell gut zum Film. Wenn unser Protagonistentrio einen lokalen Eis- und Süßigkeiten
Wirklich großartig ist das Zusammenspiel der drei Hauptdarsteller. Während Jack Black ansonsten schon mal häufiger nerven kann, nimmt er sich hier ein wenig zurück. Was nicht heißt, dass er nicht extrovertiert agiert. Aber es passt hervorragend zur Rolle und im Zusammenspiel mit dem jungen Lewis (erstaunlich erwachsen: Owen Vaccaro) entwickelt er gar Vater-Qualitäten und Verantwortungsbewusstsein – wer hätte das gedacht. Wirklich klasse aber ist er, wenn er und Cate Blanchett sich die größten Gemeinheiten an den Kopf werfen – stets im Spaß, versteht sich. „Alte Hexe“, „Wattestäbchen“ „Riesenschädel“ oder lila „Hutzelskelett“ sind nur ein paar der Titulierungen, mit denen sich die Zwei bedenken. Blanchett fühlt sich sichtlich wohl in dieser auch mimisch äußerst mitteilsamen Rolle – fernab von der ätherischen Spiritualität einer Galadriel. Man kann einfach nicht anders als sie zu mögen, wenn sie Jonathan ein „ich bin klüger als du, weil ich klüger bin als du“ entgegen schmettert. Owen Vaccaro, der schon in den beiden Daddy’s Home sein Talent bewies, versteht es ebenso, den magischen Verhältnissen im Haus gegenüber erstaunt zu begegnen, wie er später glaubwürdig erscheint, wenn er als angehender Zauberer mehr und mehr Selbstbewusstsein entwickelt.
Jetzt kann man Roth und seinen Film ein bisschen vorwerfen, dass er mit unglaublich vielen Gruselfilm-Klischees arbeitet – was stimmt.
Man kann ihm auch vorwerfen, dass bei all der wirklich gelungenen Tricktechnik etwas die Seele der Figuren untergeht – was ebenfalls stimmt.
Was man ihm aber durchweg zu Gute halten muss, ist sein durchaus vorhandenes Talent, mal einen kompletten Richtungswechsel zu wagen und Kino für die jungen Zuschauer zu inszenieren. Selbst wenn er im schaurigen Metier bleibt, ist Das Haus der geheimnisvollen Uhren für einen bisher eher grobschlächtigen Regisseur ziemlich ausgewogen geworden. Und weil er durchweg witzig, spannend und unterhaltsam inszeniert ist, kann man über die angesprochen Schwachpunkte meistens generös hinwegsehen.
Eltern sollten sich allerdings überlegen, wie weit ihre Sechsjährigen sind. Denn es gibt (trotz des auflockernden Humors) immer wieder ziemlich intensive Szenen. So gerät jene mit den zum Leben erweckten Kürbissen durchaus gruselig und der zombiehafte Isaac ist auch nicht der nette Onkel von Nebenan.
Bild- und Tonqualität
Das Haus der geheimnisvollen Uhren beginnt mit dem uralten Amblin-Schriftzug, der ein bisschen Angst macht, der Film könne später auch so verrauscht aussehen. Tut er nicht. Natürlich nicht. Denn als komplett digital gefilmtes Werk gehört er eher zu den besonders kornfreien Filmen der letzten Zeit. Zwar sieht man ganz dezente Unruhen, sobald es in die düsteren Szenen geht, doch das ist alles in allem nicht sonderlich störend. Farblich ist die Stimmung bewusst warm gehalten. Gerade im Inneren des riesigen Anwesens dominieren Brauntöne. Dennoch kommen auch andere Farben kräftig zur Geltung. Das lila Kleid von Mrs. Zimmerman zu Beginn oder auch rote Details kommen wirklich prächtig rüber. Die Auflösung ist in den Close-ups sehr gut und offenbart viele Einzelheiten. Etwas schwächer wird es dann bei Halbtotalen, in denen das Bild nicht mehr ganz so plastisch erscheint. Dennoch bleiben Oberflächen und Texturen wunderbar plastisch und dreidimensional – und Texturen gibt’s schon alleine auf den alten Zauberbüchern eine ganze Menge. Insgesamt ein hervoragendes, plastisches Bild mit bisweilen famosen Schwarzwerten.
Mindestens ebenso gut wie das Bild schlägt sich auch der Ton. Schon die Eröffnung ist wirklich sensationell gut gelungen. Das Ticken der Uhren verteilt sich über sämtliche Lautsprecher und nimmt den Zuschauer wunderbar in seine Mitte. Wenn dann die Stunde schlägt, gesellt sich der Subwoofer hinzu und drückt auch ein bisschen Tiefbass ins Heimkino. Trotz „nur“ datenreduzierter dts-HD-High-Resolution-Spur (2.0Mbps). Erneut geschieht dies beim Ertönen der Kirchturm-Ohr. Ohnehin werden die inhaltlich dominierenden Uhren auch akustisch entsprechend offensiv dargestellt. Bricht dann die erste Nacht über Lewis herein, gibt es erneut grummelnde Töne aus dem Sub und ein paar Schock-Effekte. Lediglich die Stimmen sind etwas zu leise eingebettet. Vielleicht fehlt es etwas an dynamischer Spreizung, doch das wird von den extrem lebhaften Surroundspeakern wieder egalisiert. Es ist schon erstaunlich, wie viel Grusel alleine durch ein gutes Sounddesign erzeugt werden kann.
Das gute Sounddesign gilt natürlich auch für die englische Tonspur, die schon auf der regulären Ebene lauter, druckvoller und durchweg dynamischer ist. Die Dolby-Atmos-Fassung liefert das noch mal kräftigere Gesamtpaket und fügt die Höhen-Ebene noch hinzu.
Und was man hier zu hören bekommt, vereinnahmt den Zuschauer teilweise komplett. Schon während der Eröffnung hört man das Ticken der Uhrwerke von überall und hat das Gefühl, inmitten der Zahnräder und Mechanismen zu sitzen. Das Gleiche gilt für die Uhren in Jonathans Haus oder das Poltern, das Florence in der großen Standuhr verursacht. Während der spannenden und lauteren Schockmomente gesellt sich zudem die Filmmusik auch von oben hinzu, was eine schöne Räumlichkeit erzeugt.
Immer wieder werden sämtliche Lautsprecher aktiv, wenn im Haus alles drunter und drüber geht: Knarzen, poltern, das Ticken der Zeitmesser – schon nach 20 Minuten gehört Das Haus der geheimnisvollen Uhren zu den aktivsten Atmos-Spuren der letzten Monate. Großartig auch die drei tiefen Schläge der Uhr nach knapp 40 Minuten, die von großem Unheil verkünden (39’00). Auch hört man Florences Stimme direkt aus den Heights, wenn sie ein Stockwerk über den anderen unterwegs ist. Und in Eli Roths selbstironischem Gastauftritt als Genosse Iwan funktionieren die Höhen-Speaker als schrammelige Wiedergabequelle in alter Grammophon-Manier (40’50). Das nächste Highlight folgt, wenn Lewis von Büchern und Krähen angegriffen wird und man als Zuschauer vor den versammelten Geräuschen aus den oberen Speakern in Deckung geht (64’00). Im Finale ist dann ohnehin Dauerfeuer aus den Heights angesagt.
Selbst wenn man durchaus immer wieder drüber diskutieren darf, wenn schlicht vom Himmel fallender Regen auf den Heights zu hören ist (was nach 54 Minuten der Fall ist), bleibt das nur ein kleines Manko eines ansonsten rundum effektvollen und teils referenzwürdig direktionalen englischen Tonsektors.
Das einzige Manko beider Sprachfassungen: Die actionreichen Szenen hätten mehr Differenzierung in der Dynamik haben dürfen. Ab und an wirkt die Lautstärke trotz Druck vom Sub und einer Fülle an Surroundeffekten etwas komprimiert.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Das Haus der geheimnisvollen Uhren warten neben 9 unveröffentlichten Szenen noch ein alternativer Anfang und ein alternatives Ende. Dazu gibt’s eine Gag Reel sowie zehn Featurettes und den gemeinsamen Audiokommentar von Eli Roth und Jack Black. In den Featurettes werden uns nach und nach alle Darsteller vorgestellt. Dazu gesellen sich Kurzberichte über das Schreiben am Drehbuch, die Tricks oder die Maske, die man Kyle MacLachlan verpasste. Dazu gibt’s noch Drehtagebücher von Eli Roth, die uns ein wenig auf die Sets führen. Insgesamt sind die verschiedenen Featurettes zwar nicht ausgedehnt lang, sie vermitteln aber sehr gut den Spaß, denn alle beim Dreh hatten.
Fazit
Das Haus der geheimnisvollen Uhren verbindet tricktechnisch gelungene Optik mit viel Humor und einem tollen Darsteller-Trio. Zwar hätten die Figuren – und hier vor allem Lewis‘ Außenseiter-Dasein – mehr Tiefe verdient gehabt, aber für einen unterhaltsamen Familien-Grusel-Nachmittag ist hier durchweg gesorgt.
Heimkinofans freuen sich über ein äußerst lebhaftes und plastisches Bild sowie über einen höchst direktionalen Sound mit weiträumiger Surround-Atmosphäre. Freunde von Original-Tonspuren bekommen zudem eine der besten Atmos-Spuren der letzten Monate.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 85%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 85%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 80%
Film: 70%
Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Eli Roth
Darsteller: Jack Black, Owen Vaccaro, Cate Blanchett, Kyle MacLachlan, Colleen Camp, Lorenza Izzo, Sunny Suljic, Renée Elise Goldsberry
Tonformate: Dolby Atmos (True-HD-Kern): en // dts HD-High Resolution 7.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 105
Codec: AVC
FSK: 12
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Universal Pictures)
@Rene: Es ist KEINE 5.1 DTS Spur im Deutschen, sondern eine dts HD-High Resolution 7.1 Spur, welche nicht sooo schlecht ist für
eine deutsche Synchro! Zwar ist die Atmos Spur „besser“ aber ich hab schon schlechtere deutsche Synchros gehört.
Die Rezis von Timo Wolters sind FIRST CLASS. Gruss
Hi, weißt du, ob der Film im Kino in 3D gelaufen ist?
Hallo Trixi.
Soweit ich weiß, gibt es von dem Film keine 3D-Fassung, nein.
Moin.
Schade das Universal hier mal völlig untypisch uns nur eine DTS Spur anbietet und nicht, wie eigentlich fast bei jedem Film eine Atmos/DTSX Spur.
Da könnte man echt heulen wenn man Dein , mal wieder, famoses Review liest.
Fakt ist, den Film hatte ich vorher nicht auf dem Radar;-)