Das Morgan Projekt 4K UHD

Blu-ray Review

OT: Morgan

Das Morgan Projekt 4K UHD Blu-ray Review Cover
20th Century Fox, 13.04.2017
Das Morgan Projekt Blu-ray Review Cover
20th Century Fox, 13.04.2017

 


Kein zweites Helsinki

Ridleys Sohn Luke mit seinem ersten abendfüllenden Spielfilm, der den Zuschauer mit einem im Reagenzglas erzeugten Menschen konfrontiert.

Inhalt

Vor Kurzem hat Morgan, ein im Labor erschaffenes Mädchen, das intern „L9-Prototyp“ genannt wird, eine Mitarbeiterin attackiert und schwer verletzt. Ihr Wachstum und ihre frühe Intelligenz überzeugten die Wissenschaftler zunächst, weshalb es nun ein Rätsel ist, warum Morgan spontan aggressiv wurde. Um der Sache auf den Grund zu gehen, schicken die Geldgeber des Projekts ihre Sicherheitsbeauftragte Lee Weathers in die Versuchseinrichtung. Lee, eine kühle Analytikerin, soll herausfinden, ob der L9-Prototyp weiterleben darf und die Forschung intensiviert werden soll, oder ob man der Sache den Riegel vorschiebt. Vor Ort trifft sie auf Wissenschaftler und Therapeuten, die elternähnliche Gefühle für ihr Geschöpf entwickelt haben und analytische Kritik an Morgan nicht zulassen wollen. Das ätherische Mädchen selbst zeigt Reue und wirkt verstört darüber, dass es die angeblich von ihr geschätzte Mitarbeiterin attackiert hat. Doch schon bei einer psychiatrischen Untersuchung wird Morgan erneut gewalttätig und bricht aus ihrem Raum aus. Kann Lee die Ereignisse aufhalten …?

Einer der bekanntesten Filme von Ridley Scott ist Blade Runner, weshalb einem im Falle des ersten Langfilms von dessen Sohn Luke der Spruch vom Apfel, der nicht weit vom Stammt fällt, recht schnell in den Sinn kommt. Denn der Filius nimmt sich ebenfalls des Themas künstlicher Mensch an und nutzt sein Morgan Projekt, um seinerseits philosophische Fragen in den Raum zu stellen. Dem Debütanten geht es vor allem um die Frage nach der Evolution. Wie wird diese weitergehen? Wohin führt der Weg, den die Wissenschaft mit der Humangenetik beschreitet? Fragen, die Das Morgan Projekt zwar nicht klärt, aber eben aufwirft und zum Nachdenken und Diskutieren in den Raum stellt. Unterstützt von einem kongenialen Filmscore (Max Richter, der zuletzt auch die Musik für die ebenfalls von Ridley Scott produzierte TV-Serie Taboo schrieb) nimmt sich der Film Zeit, seine Geschichte zu erzählen. Er ist zunächst kein hochgepaceter Science-Fictioner, sondern eher melancholisch gestimmt und Freund von langen Einstellungen. Damit liegt Scott am Ende näher an Ex Machina als am erwähnten Blade Runner, was aufgrund der eigentlich interessanten Grundfrage aber kein Problem ist. Allerdings bleibt Das Morgan Projekt viele Details schuldig. Warum man den L9-Prototyp überhaupt entwickelt hat wird ebenso wenig geklärt, wie die Frage, wer Morgan all die Dinge beigebracht hat, die es/sie im späteren Verlauf tut. Selbst die rasend schnelle Entwicklung der Fünfjährigen kann nicht logisch aufzeigen, warum stuntmäßiges Autofahren kein Problem zu sein scheint. Auch geht Lee der Frage nicht mal nach, wegen derer sie eigentlich dorthin geschickt wurde.

Warum das Wesen begangen hat, was es getan hat, wird also nicht aufgeschlüsselt. Stattdessen provoziert ein fahriger und übertrieben agierender Paul Giamatti das Geschöpf, um dessen animalische Instinkte auszulösen. Giamattis Gebrülle geht bald mächtig auf die Nerven und ist im Angesicht der vormals schon passierten Gewalttaten schlicht fahrlässig. Man bekommt den Eindruck, dass die von Scott angesprochenen philosophischen Fragen nach spätestens 45 Minuten über Bord geworfen werden, um eine simple Horrorgeschichte zu erzählen. Die allerdings ist immerhin höchst stylisch umgesetzt und trotz relativ niedrigen Budgets überzeugend ausgestattet. Dass mit Toby Jones, dem erwähnten Giamatti, Kate Mara sowie Jennifer Jason Leigh vier schauspielerische Hochkaräter mit von der Partie sind, adelt den Film und den Regisseur. Allerdings bleiben die Darsteller allesamt unter ihren Möglichkeiten, was in diesem Fall am nur leidlich spannenden Drehbuch liegt. Einzig für Anya Taylor-Joy in der Titelrolle bietet sich genügend Anlass für überzeugende Schauspielkunst. Die junge Akteurin, die 2015 und 2016 mit The Witch und Split groß rauskam, gibt die actionreichen und brutalen Szenen genauso überzeugend, wie die manipulativ erscheinenden emotionalen Sequenzen. Apropos brutal. Ziemlich ruppig geht’s während der letzten halben Stunde zu, in der Morgan keine Gefangenen macht und so roh vorgeht, wie es nur eine kalte synthetische Lebensform kann. Das lässt dann auch Platz für Fight-Szenen, die direkt aus Wer ist Hanna? stammen könnten – macht inhaltlich irgendwie keinen Sinn, sieht aber gut aus.

Bild- und Tonqualität BD

Der vollkommen digital gefilmte Das Morgan Projekt besticht geradezu mit sensationell realistischen Bildern und einem extrem hohen Kontrastumfang (3’27). Auflösung und Bildruhe sind exemplarisch hoch und lassen kaum Zweifel an Scotts Interesse an technisch hochentwickeltem Equipment. Außerdem passt es natürlich thematisch zum Film, dessen Inhalt je gerade auf modernste Technologie abzielt. Schärfe und Detailgrad sind derart gut, dass man nach gut fünf Minuten die Struktur der Blüten und die Hautporen und -falten von Kate Mara wie unter dem Mikroskop betrachtet ablesen kann (5’10). Der häufige Nutzen von geringer Schärfentiefe bei den verwendeten Objektiven intensiviert diese plastische Auflösung noch stärker. Ab und an geht die Farbauflösung in dunkleren Szenen etwas verloren – gerade, wenn Rot dominiert.
Während der ersten halben Stunde in Das Morgan Projekt stehen hauptsächlich die gut verständlichen Dialoge im Vordergrund und werden nur ab und an um atmosphärische Naturgeräusche ergänzt. Dazu begleitet der tolle elektronische Score sanft das Geschehen und erklingt dabei auch von den Rearspeakern. Das ruhige Geschehen wird nach etwas über einer halben Stunde jäh unterbrochen, wenn Morgan dem Reh krackend den Hals umdreht (34’10). Herausragend ist der Schuss, den sie/es nach knapp einer Stunde abfeuert und der klatschend im Schädel von Ted landet (59’44) – augenblicklich ist man hier wieder wach, wo einen zuvor der Score leise lallend umhüllt hatte. Glücklicherweise bleibt es im letzten Drittel dann so dynamisch. Der Score lebt auf und pumpt seine Beats trocken und bebend ins Heimkino, die abgefeuerten Schüsse landen direktional auf dem Sitzplatz und der Baum stellt sich dem silbernen Fahrzeug aus Untertürkheim ziemlich wuchtig in den Weg (70’48). Geradezu sensationelll ist der Widerhall des Gewehrschusses kurz vor dem Finale (77’15). Hier darf die Heimkinoanlage mal so richtig zeigen, was sie kann. Im Übrigen liegen dts-HD-Master des Originals und dts-only der deutschen Spur qualitativ so nahe beieinander, dass eine Differenzierung kaum möglich ist. Lediglich die zwei fehlenden Höheneffektkanäle der englischen 7.1-Fassung fehlen der hiesigen Tonspur.

Bild- und Tonqualität UHD

Das Morgan Projekt wurde zwar in 2.8K mit digitalen Kameras gefilmt, für das Kinomaster allerdings auf ein 2K-Digital-Intermediate runtergerechnet. Dies ist auch die Basis für die UHD, die demnach kein echtes 4K liefert. Das ist allerdings so schlimm nicht, wenn das Upscaling entsprechend aufwändig und gut gemacht wurde. In diesem Falle ist das so und sogar mit dem bloßen Auge aus einem Meter Sichtabstand erkennbar, wen man die entsprechenden Szenen dazu anwählt. Beispielsweise jene, die auf den beiden Bildern unten zu sehen ist und die relativ zu Beginn während der Einblendung des Filmtitels zu sehen ist. Die von oben äußerst effektvoll gefilmte Brücke ist geradezu ein Musterbeispiel für die Demonstration von Detailauflösung und -tiefe. Die UHD liefert hier im direkten Vergleich noch Struktur, wo die Blu-ray langsam zu vermatschen beginnt. Außerdem bleibt die 4K-Disk während des Schwenks über die Brücke stabiler und laufruhiger.

Bildvergleich Morgan Projekt BD vs UHD 2
Viel wurde schon gesagt und gemutmaßt über den vermeintlich nicht sichtbaren Auflösungsvorteil eines 2K-auf-4K-Upscales. Das Morgan Projekt zeigt, dass es durchaus sichtbar sein kann. Links im Bild die Blu-ray, die im unteren Bereich der zusammentreffenden Streben zunehmend vermatscht und ausreißt.
Bildvergleich Morgan Projekt BD vs UHD 1
Demgegenüber zeigt die UHD hier das sichtbar feiner aufgelöste Bild. Die Streben bleiben länger definiert und die Radien sind besser abgestuft.

 

Natürlich spendierte man der UHD auch eine höhere Bilddynamik (HDR) sowie einen erweiterten Farbraum im Rahmen von Rec.2020. Während die erhöhte Dynamik zwar in knackigerem Schwarz resultiert, wirkt im direkten Vergleich das Bild allerdings sichtbar dunkler. Zwar bleiben spitze Lichter gleich hell oder sind sogar etwas intensiviert, doch dafür sind dunkle Oberflächen teils so runtergeregelt, dass ihre Zeichnung mitunter schwerer zu erkennen ist. Harmonischer hingegen wirken die Farben, die aus einem leicht grünlichen Teint der Darsteller auf der Blu-ray eine etwas wärmere, bräunlichere Gesichtsfarbe machen.
Akustisch ändert sich bei der UHD nichts, sie enthält die gleichen Spuren wie die Blu-ray.

Bildvergleich Morgan Projekt BD vs UHD 3
Die Blu-ray hat einen sichtbar kühleren und grünlicheren Look, wirkt deshalb insgesamt kälter. Allerdings bewirkt das weniger starke Abdunkeln von Schwarz eine bessere Durchzeichnung der düsteren Bereiche
Bildvergleich Morgan Projekt BD vs UHD 4
Sieht auf dem Foto etwas drastischer aus als es im Live-Bild ist: Die Hauttöne wirken auf der UHD natürlicher und wärmer. Allerdings bewirkt die höhere Bilddynamik ein leichtes Versumpfen von Details auf dunklen Bereichen

 

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Das Morgan Projekt liegt (fast) komplett auf der Blu-ray vor, während die UHD ohne Extras auskommt. Einzig der Regiekommentar ist auch auf der 4K-Disk integriert worden. Enthalten sind auf der BD fünf entfallene, wahlweise von Luke Scott kommentierte Szenen, ein Audiokommentar von Scott sowie neben Trailern und einer Bildergalerie auch der Kurzfilm „Loom“. Letzterer wurde von Scott geschrieben und inszeniert – und zwar in Kooperation mit RED Digital Cameras und RED Studios, um deren neue Technologie vorzuführen. Thematisch ist er der Prototyp zu Morgen Projekt und hat mit Giovannie Ribisi ein echtes schauspielerisches Schwergewicht zu bieten. Kernfeature ist aber „Der modifizierte Organismus – Die Wissenschaft hinter Morgan“, in dem Wissenschaftler und Genom-Forscher zu Wort kommen. Sie berichten, dass in den letzten Jahren in der Erforschung der Genetik Fortschritte gemacht wurden, wie sie auf keinem anderen Gebiet vergleichbar erzielt worden sind. Es wird darüber spekuliert, ob es möglich sein wird, artifiziell Leben zu erschaffen. Luke Scott ist wichtig, dass er seinen Film nicht als Science-Fiction verstanden haben möchte, sondern eher als ein Drama, das evolutionäre Entwicklungen philosophisch betrachtet.

Fazit

Das Morgan Projekt ist ein stylisch ausgestattetes Sci-Fi-Drama mit tollem Score, sehr guter Besetzung und geradliniger Inszenierung. Leider kaschiert das nicht die Logiklöcher des schwachen Drehbuchs und einen Twist, der zu den lahmsten Überraschungen der letzten Jahre gehören dürfte. Immerhin sind die Kampfszenen wirklich spektakulär und in der letzten halben Stunde geht’s zudem recht deftig zur Sache.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität BD: 90%
Bildqualität UHD: 85%

Tonqualität BD (dt. Fassung): 80%
Tonqualität BD (Originalversion): 80%
Tonqualität UHD (dt. Fassung): 80%
Tonqualität UHD (Originalversion): 80%

Bonusmaterial: 60%
Film: 55%

Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Luke Scott
Darsteller: Kate Mara, Anya Taylor-Joy, Paul Giamatti, Toby Jones, Rose Leslie, Boyd Holbrook, Michelle Yeoh, Jennifer Jason Leigh
Tonformate BD: dts-HD-Master 5.1: de // dts-HD-Master 7.1: en
Tonformate UHD: dts-HD-Master 5.1: de // dts-HD-Master 7.1: en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 92
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Real 4K: Nein (2K DI)
FSK: 16

Trailer zu Das Morgan Projekt

Morgan | IBM Creates First Movie Trailer by AI [HD] | 20th Century FOX

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Martin Zopick

In einem Labor gibt es Probleme, nachdem man einen Androiden erschaffen hat. Das Wesen heißt Morgan (Anya Taylor-Joy) und ist weder männlich noch weiblich. Es ist ein Es. Im Gespräch mit Dr. Grieff (Jennifer Jason Leigh) ist Morgan ausgerastet und hat sie schwer verletzt. Die Fachfrau für Risiko-Management, Lee Weathers (Kate Mara) kann nicht verhindern, dass Morgan fast den gesamten Mitarbeiterstab eliminiert: u.a. Dr. Ziegler (Toby Jones) oder Dr. Shapiro (Paul Giamatti). Nur Amy (Rose Leslie) bleibt von ihr verschont. Der Schocker, dass hier die Titelfigur von einer zierlichen jungen Frau gespielt wird, verflacht nach zwei packenden Duellen mit Lee Weathers allerdings. Die Mädels holzen bis der Arzt kommt. Und Morgen mordet monstermäßig weiter. Lee Weathers macht ihr am Ende den Garaus, obwohl lanzendurchbohrt.
Im Gespräch mit den Wissenschaftlern hatte Morgan Gefühle wie Liebe und Einsamkeit gestanden. Auch dass sie keine Mutter hat, macht ihr zu schaffen. So muss am emotionalen Status von Morgan (Projekt Nr. 9) allerdings noch gearbeitet werden, sagen die Experten.
Brian Cox hat in seinem Cameo das letzte Wort: Rückkehr zu Projekt 4, aber die erfolgreiche Lee Weathers ist fast perfekt. (Was das auch immer heißen soll.)
Anya Taylor-Joy überzeugt mit handfesten Martial Arts Stunts, wobei sie zwischen Kindfrau und Killermaschine variiert. Das emotionslose blanke Gesicht mit den schwarzen Augen bleibt ebenso in Erinnerung wie ihr blutverschmierter Mund.
Der Film erweckt keine falschen Hoffnungen und erzählt gradlinig von A nach B und bietet brauchbare Unterhaltung.