Dating Queen Extended Edition

Blu-ray Review

Dating Queen Extended Edition Blu-ray Review Cover
Universal Pictures, seit 21.01.2016

OT: Trainwreck

 


Eine unperfekte Frau

Judd Apatow hat wieder zugeschlagen – dieses Mal mit Hilfe von Amy Schumer.

Inhalt

„Monogamie ist unrealistisch“ – Die Worte, mit denen ihr Vater Amy und deren Schwester vor 23 Jahren bedachte, bevor er sich von der Mutter trennte, haben sich ins Hirn der Tochter eingebrannt und dazu geführt, dass sie sich grundsätzlich auf keinen Typen einlassen kann oder will und sich durch die Betten der attraktiven Kerle der Stadt vögelt. Beruflich ist die Redakteurin eines Männermagazins gerade mit einer wenig tollen Aufgabe bedacht worden. Während ihre Kollegin herausfinden soll, wie sich Knoblauch auf den Geschmack von Sperma auswirkt, soll Amy einen Sportchirurgen interviewen – und das, wo Sport und Amy praktisch wie Feuer und Wasser sind. Doch dann passiert etwas Unerwartetes: Amy lässt sich auf den seriösen (bis langweiligen) Typen ein und der bewirkt in ihr mit seinen romantischen Gefühlen doch tatsächlich so etwas wie Veränderung – bis sie sich das erste Mal streiten …

In der Kürze liegt die Würze – ein Sprichwort, das sich Judd Apatow durchaus mal zu Gemüte führen sollte. Die Komödien des New Yorker Regisseurs sprengen immer wieder den Rahmen. Schon Jungfrau (40), männlich, sucht … war mit 116 Minuten nicht gerade ein Kurzfilm. Von da an wurde es aber noch „schlimmer“. Beim ersten Mal kam auf 129 Minuten und Wie das Leben so spielt toppte das Ganze mit sagenhaften 146 Minuten. Wenngleich Letzterer auch dramatische Aspekte hatte, sind zweieinhalb Stunden einfach zu viel für eine Komödie mit begrenztem Inhalt. Dating Queen, das jüngste Werk des Regisseurs lief in der Kinofassung bereits 125 Minuten und kommt auf Blu-ray nun in einer nochmals erweiterten Fassung, die es auf 129 Minuten bringt. Bei aller Liebe zu schrägen Situation, entfesselten Hauptdarstellerinnen und absurden Lebensgeschichten – das sind im Falle des von Amy Schumer getragenen Films einfach xx Minuten zu viel. Dabei hat Dating Queen durchaus seine Momente – und die basieren gar auf autobiografischen Details. Denn Amy Schumer, die in den USA während der letzten Jahre eine kometenhaften Aufstieg als Stand-up-Comedian vollzogen hat, schrieb das Drehbuch selbst und integrierte bisweilen einige persönliche Momente. Abgesehen davon, dass auch ihre Filmrolle auf Amy hört, erkrankte auch ihr echter Vater an Multipler Sklerose und nach der Trennung der Eltern zog sie mit ihrer Mutter nach Long Island. Davon ab ist Apatows (der erstmals kein eigenes Drehbuch verfilmte) Film eine ziemliche Plattform für Schumer, die den Film dominiert. Das ist oft witzig (gerade in den situationskomischen Momenten), manchmal anrührend, oft aber auch belanglos. Beispielsweise wird wie so oft in Apatows Filmen Sex instrumentalisiert, um Humor zu transportieren und wie so oft in den vorherigen Werken ist das beim Regisseur ziemlich verklemmt und höchst konservativ. Charmant allerdings ist die Tatsache, dass weder Schumer noch ihr Pendant Aaron (gespielt von Bill Hader) den gängigen Schönheitsidealen entsprechen. Hader, der bisweilen in seiner werterhaltenden und piefigen Art brüllkomisch ist (bspw. wenn er beim ersten Date die Rechnung anfordert), geht neben Schumer glücklicherweise nicht unter und zeigt, dass man ihr durchaus Paroli bieten kann, wenn man über schauspielerisches Talent verfügt.

Oft sind es ohnehin die Nebenfiguren, die für Brüller sorgen: So ist Tilda Swinton (mit Langhaar-Pracht-Perücke) in der Rolle der Chefredakteurin Dianna großartig spaßbefreit – und gerade deshalb witzig. LeBron James, Basketball-Idol und Multimillionär, ist dermaßen selbstironisch-komisch, dass es kracht (vor allem, wenn er die Rechnung mit Aaron teilen will). Und auch Stevens (überraschend gut: Wrestler John Cena) Macho-Kompetenzgerangel mit dem Kino-Nebensitzer kommt ziemlich witzig rüber, wenn er erklärt, wie sein Körper im Verhältnis zu dem von Mark Wahlberg aussähe. Im direkten Nachgang wird aber klar, an welchen Stellen Dating Queen hätte gekürzt werden können, denn die Diskussion zwischen Steven und Amy gerät deutlich zu ausgewälzt. Außerdem muss man auch nicht fünf Minuten dafür aufwenden, wie Amy auf dem Laufband des Sportchirurgen verbringt – drei hätten es auch getan. Während gerade der schlüpfrige Humor nicht immer perfekt funktioniert, schafft es Apatow wirklich gut, den dramatischen Höhepunkt des Films zu meistern, ohne diesen mit unpassendem Witz oder vordergründiger Traurigkeit zu vermasseln. Danach allerdings verflacht Dating Queen zunehmend und man fragt sich auch, was die nächsten 35 Minuten nach Amys und Aarons Streit noch passieren soll, bevor der Abspann über die Leinwand gerollt ist. Tatsächlich sind die selbstmitleidigen Momente Amys und die Konfliktsituation zwischen ihr und Aaron die mit Abstand schwächsten Momente des Films. Sie ziehen und dehnen sich und enden in einer lächerlichen Sexszene mit ihrem Assistenten. Bis zu einem durchaus charmanten Finale muss man sich als Zuschauer dann schon mal 30 Minuten lang in Geduld üben.

Unterschied zwischen Kinofassung und Extended Edition

Von den knapp vier Minuten Laufzeitunterschied entfallen bereits gut anderthalb Minuten auf den Morgen nach dem Sex-Date auf Staten Island. Hier wird auch schon klar, dass die hinzugefügten Szenen tatsächlich überflüssig waren und den Film nur unnötig verlängern. Eine echte neue Szene ist jedenfalls nicht enthalten. Wenigstens lernen Amy und Aaron aber noch Realm, den etwas stillen Adoptivsohn eines bekannten Paares von Amys Schwester auf deren Babyparty kennen – eine absolut entbehrliche und grenzwertig diskriminierende Szene.

Bild- und Tonqualität

Dating Queen nutzt eine ähnliche Optik wie die bisherigen Filme von Apatow auch: Erdige Farben mit einem Hang zum orange-braunen bestimmen das Bild und es liegt ein beständiges und sichtbares Korn über dem Geschehen. Zudem variiert die Schärfe zuweilen stark – manchmal geraten Gesichter völlig aus dem Fokus. Im Großen und Ganzen geht die Auflösung aber in Ordnung und Randunschärfen bleiben glücklicherweise aus. In Sachen Kontrastumfang dürfte Dating Queen aber noch ein wenig mehr Dynamik besitzen. Apropos Dynamik: Die setzt beim Ton immer dann ein, wenn sich die Szenerie in eine gut besetztes Sportstadion oder in eine Disko begibt (94’30). Auch Außenaufnahmen gefallen durch eine authentische Großstadtatmosphäre und die Stimmen sind in beiden Sprachen harmonisch eingebettet. Der Unterschied zwischen Originalspur in dts-HD-Master und der Synchro in regulärem dts ist hauptsächlich in der Lautstärke und einem leichten Vorsprung in Sachen Dynamikumfang zugunsten der englischen Fassung zu suchen.

Bonusmaterial

Dating Queen hält neben unveröffentlichten und alternativen Szenen, einer Gag Reel sowie dem Audiokommentar mit Regisseur Apatow noch weitere Featurettes bereits. In „Trainwreck Comedy Tour“ begleiten wir die Darsteller und Filmemacher auf ihrer Promotour durch diverse Hotelzimmer und auf entsprechende Bühnen in Boston, Toronto, Chicago, Seattle und Los Angeles. In „Geheimnisse des Wu“ gibt’s eine Improvisation vom Set und in „Der Hundeausführer“ sehen wir den charmant-witzigen und zweideutigen Kurzfilm mit Daniel Radcliffe und Marisa Tomei, den Amy . Das Hinter-den-Kulissen-Feature ist dann das echte „Making-of“, das in mehrere Teile aufgeteilt knapp 90 Minuten läuft und von den Rehearsels über die Entwicklung der Geschichte bis hin zu vielen Bereichen der Produktion und hinter die Kamera begleitet – für eine Komödie ein äußerst umfassendes Hintergrundfeaturette.

Fazit

Dating Queen hat seine Momente – sogar ziemlich gute, bisweilen. Er ist aber auch gefühlt 30 Minuten zu lang. Gegen die etwas zähen Momente im letzten Viertel spielen vor allem die Nebenfiguren erfolgreich an und wenn Bill Hader gegen LeBron James Basketballs spielt, kann man Dating Queen fast schon nicht mehr böse sein, dass er nicht immer Tempo macht.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 70%
Film: 60%

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Judd Apatow
Darsteller: Amy Schumer, Bill Hader, Brie Larson, Colin Quinn, John Cena, Vanessa Bayer, Mike Birbiglia, Dave Attell, Tilda Swinton, James LeBron
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 125/129
Codec: AVC
FSK: 12

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