The Demolisher – When He Finds You, Run.

Blu-ray Review

The Demolisher - When He finds you, run Blu-ray Review Cover
Meteor Film/AL!VE AG, seit 26.02.2016

OT: The Demolisher

 


Wut

Ein ziemlich außergewöhnlicher Rachefilm aus Kanada, der es wert ist, entdeckt zu werden.

Inhalt

Bruce ist seiner Frau ein liebender und kümmernder Ehemann – erst Recht seit sie bei einem Einsatz in ihrer Funktion als Polizistin von Gewalttätern brutal zusammengeschlagen wurde und nun nicht mal mehr gehen kann. Um seine Wut auf diesen Umstand loszuwerden und zu kanalisieren, schwingt sich Bruce immer wieder eine gepanzerte Montur und übt persönliche Rache an all jenen Halbstarken, die theoretisch für den Zustand seiner Frau verantwortlich sein könnten. Als er eines Tages vermutet, dass ihn eine junge Frau (selbst nicht frei von Problemen) erkannt haben könnte, hängt er sich an ihre Fersen, um sie als unliebsame Zeugin ebenfalls aus dem Weg zu räumen …

Die Kamera hat noch nicht aufgeblendet, da ist zumindest in Sachen Filmscore klar, an wem sich Regisseur Carrer orientiert hat. Schon der erste Ton lässt die Nähe zu John Carpenters Eigenkompositionen erkennen. Und obwohl Komponist Glen Nicholls durchaus eigenständige Kompositionen zustande bringt, bleiben Erinnerungen an einen Assault on Precinct 13 während des Films lebendig. Aber auch inszenatorisch ist The Demolisher außergewöhnlich geraten. Mit einer langen Einstellung der zusammengeschlagenen Samantha eröffnet der Rachethriller. Man weiß noch nicht, was geschehen ist, wohin es gehen wird und wie das alles zusammenhängt. Der Anblick des winselnden Opfers verfehlt seine Wirkung jedenfalls nicht und stimmt atmosphärisch ein auf ein Werk, das über lange, teils fiebrige, gerne aber auch zeitlupige Kameraeinstellungen oder meditativ ruhige Szenen fast ohne Sound vergleichweise wenig mainstreamartig daherkommt und wie ein Gewaltthriller für das Arthouse-Publikum wirkt. Oft wirken Einstellungen zunächst nicht zusammenhängend und man muss sich die Geschichte als Zuschauer ein wenig zusammenpuzzlen. Optisch erinnert The Demolisher während der Actionszenen ein wenig an Uwe Bolls Rampage, Regisseur Carrer hatte nach eigenen Aussagen aber auch einen Mad Max 2 oder natürlich Death Wish (Ein Mann sieht Rot) als Inspiration im Kopf. Trotz der fragmentarischen Inszenierung gibt es Momente, in denen ein hohes Maß an Suspense und Thrill erreicht wird – so beispielsweise, wenn Bruce in Maries Wohnung eindringt. Ohnehin vermischen sich spätestens dann die bisherigen Motive des Rachethrillers mit Elementen eines Stalkerfilms – stellvertretend für die Tatsache, dass Bruce mehr und mehr sämtliche Synapsen durchknallen. Das gipfelt zunächst in einer denkwürdigen Zeitlupen-Kampfsequenz zwischen den Beiden in einem Lagerraum und hält dann sogar noch etwas grafische Brutalität parat, wenn unser Protagonist einem der Mechaniker den Schädel zertrümmert (67’58). Allerdings bleibt diese Drastik glücklicherweise sehr kurz, denn allzu ausgiebige Gore-Einlagen hätten der Stimmung des Films eher geschadet. Darstellerisch ist The Demolisher trotz seiner weitgehend unbekannten Schauspieler (fast) ausnahmslos gelungen. Gerade Tianna Nori in der Rolle der Samantha leistet überzeugende Arbeit. Sie verkörpert ihre gehandicappte Figur glaubhaft und mit realistischen Bewegungs- und Emotionsfolgen. Ihr Gegenüber, Ryan Barrett, hat zwar die Statur eines brutalen Rache-Engels, überzeugt aber fast mehr in den sensiblen Szenen mit seiner Frau. Hin und wieder wirken seine Wutausbrüche etwas gekünstelt, wenngleich er sich speichelspuckend Mühe gibt, so weit aus sich rauszugehen, wie es ihm möglich ist.

Bild- und Tonqualität

Doppelkonturen während der Brutalo-Szenen, starkes Rauschen in dunklen Momenten und ein flaches, kontrastarmes Bild sind Merkmale von The Demolisher, der in Sachen Bildqualität nur bedingt überzeugen kann. Die Schärfe ist nur in wenigen Nahaufnahmen gut und Farben sind etwas reduziert-kühl geraten.
Während die atmosphärische Filmmusik räumlich und auch etwas dynamisch gerät, hin und wieder direktionale Sounds die rückwärtigen Lautsprecher bevölkern, ist die deutsche Synchronisation zwar stimmtechnisch gelungen aber viel zu dünn und leise. Manchmal wirken die Dialoge als fänden sie in einem Nebenraum und nicht vor der Kamera statt. Die englische Fassung macht es da schon besser und integriert die (wenigen) verbalen Kommunikationen stimmiger ins Gesamtbild. Da aufgrund der oft sehr leisen, fast geräuschlosen Szenen nur wenig los ist, bleibt auch nur entsprechend geringer Spielraum für ausufernde Effekte oder Dynamikattacken in The Demolisher.

Bonusmaterial

Das neunminütige Behind the Scenes im Bonusmaterial von The Demolisher bleibt weitgehend kommentarlos und liefert zu den elektronischen Klängen des Scores ein paar Einblicke von Proben und Dreharbeiten. Das Questions & Answers wird auf dem Toronto After Dark Filmfest abgehalten und lässt Filmemacher und Darsteller zu Wort kommen. Dazu gibt’s dann noch das Musikvideo zu Super Hero von La Garconne. Die Zwei-Disk-Steelbook-Edition enthält außerdem noch den Filmscore auf CD sowie ein paar Postkarten und ein Poster.

Fazit

The Demolisher ist ein Mix aus Drama, Psychothriller und Racheactioner mit hypnotischer Wirkung und treibendem Elektroscore, der Genre-Vielsehern aufgrund seiner experimentellen Art sicher nicht gefallen wird. Das aber mit voller Absicht, denn Carrers Werk will entdeckt und erobert, nicht konsumiert werden – hat das Zeug zum Kultfilm bei aufgeschlossenen Cineasten.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 55%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 70%

Anbieter: Meteor Film/AL!VE AG
Land/Jahr: CA 2015
Regie: Gabriel Carrer
Darsteller: Ryan Barrett, Tianna Nori, Jessica Vano, Duncan McLellan, Gerrit Sepers, Bruce Turner
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 86
Codec: AVC
FSK: 18 (uncut)

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen!