Der Babadook

Blu-ray Review

Der Babadook Blu-ray Review Cover
Capelight Pictures, seit 18.09.2015

OT: The Babadook

 


Lass mich rein!

Endllich mal wieder richtig spannendes Genrekino.

Inhalt

Sieben Jahre nachdem Amelia auf dem Weg zur Entbindung ihres Sohnes den Ehemann bei einem Autounfall verloren hat, ist sie immer noch nicht über das traumatische Ereignis hinweg und hat es aufgrunddessen auch nie geschafft, ihr Kind Samuel zu lieben. Was allerdings auch schwer fällt, denn Samuel ist stark verhaltensauffällig und offenbart immer wieder aggressives Verhalten. Als er sich eines Tages von seiner Mutter zum Schlafengehen ein gruseliges Bilderbuch vorlesen lässt, das von einem düsteren Mann namens Babadook handelt. Fortan träumt Samuel von dem schwarzen Mann und sieht in angeblich immer wieder. Während es Amelia immer schwerer fällt, Samuel zu beruhigen und in die Schranken zu weisen, häufen sich merkwürdige Vorkommnisse: Glassplitter in der Suppe, ein Schrank, der umfällt – Amelia vermutet, dass Samuel dahintersteckt, während der dem Babadook die Schuld gibt. Das Buch loszuwerden scheint nicht die Lösung zu sein, denn es kommt zurück – und mit ihm das Böse …

Viel Licht und Schatten – und das ausnahmsweise nicht aufgrund schwankender Qualität, sondern weil die australische Regisseurin Jennifer Kent in ihrem Langfilmdebüt geradezu virtuos mit der Beleuchtung spielt. Kennt, die ihr filmisches Wirken als Schauspielerin begann, bevor sie zu Beginn des neuen Jahrtausends ins Drehbuchfach wechselte, inszenierte 2005 mit Monster einen Kurzfilm, der Ansätze des Barbadook bereits vorwegnahm. So handelt dann auch ihr erster Feature Film von einer alleinerziehenden Mutter, deren Sohn Ungeheuer zu sehen glaubt. Was zunächst nicht originell klingen mag, lässt die Regisseurin, die ebenfalls das Drehbuch schrieb, zu einem höchst atmosphärischen Werk gedeihen. Und das nicht nur aufgrund der eingefügten Zitate, die starke Anleihen an die stilisierten Stummfilmklassiker eines Friedrich Murnau oder die Illusionen von Stop-Motion-Pionier Georges Méliès nehmen. Tatsächlich erschafft Babadook nicht nur eine höchst atmosphärische Stimmung, sondern hebt sich wohltuend und vor allem endlich mal wieder richtig gruselig vom schnöden US-Haunted-House-Einerlei ab. Babadook besinnt sich auf traditionelle Tugenden des Gruselfilms. Mit zahlreichen ungewöhnlichen Kameraeinstellungen, viel Schattengestalten sowie unangenehmen Geräuschen reicht es bisweilen schon, einfach eine Tür quietschend zu öffnen, um eine Gänsehaut zu erzeugen. Die titelgebende Schreckensgestalt sieht man nie wirklich, sondern meist nur schemenhaft und äußerst kurz. Dennoch reicht das Gesehene aus, um sich mal wieder anständig in die Hosen zu machen. Denn wer sich ernsthaft im Heimkino nicht gruselt, wenn der Babaook erstmalig erscheint und seinen Namen über sämtliche Lautsprecher röchelt, der sollte seinen Puls vielleicht mal auf Funktion überprüfen. Jetzt ist der Film sicherlich nicht Mainstream und für das entsprechende us-kino-affine Publikum vielleicht auch etwas zu sperrig, was ihn aber nicht weniger herausragend macht. Das gilt im Übrigen auch für die beiden Hauptdarsteller: Essie Davis als Amelia ist besser als jede weibliche Darstellerin eines Horrorfilms der letzten Jahre und überzeugt in ihrer Wandlung von der gestressten Mutter hin zur besessenen Furie zu jeder Sekunde. Eine Entdeckung ist dazu Noah Wiseman in der Rolle des jungen Samuel. So sehr, wie dessen Verhaltensprobleme zu Beginn anstrengen, so fantastisch ist seine Mimik im späteren Verlauf, wenn ihm der Schrecken ins Gesicht geschrieben steht. Vor allem im englischen Original ist das blendend, während seine deutsche Synchro nicht immer ganz den Ton findet. Für anspruchsvolle(re) Filmfans ist Babadook eine absolute Empfehlung und sowohl die Regisseurin als auch ihre beiden Protagonisten sollte man im Auge behalten.

Bild- und Tonqualität

Beim Bild von Babadook verzichtete Jennifer Kent auf knallige Farben und ließ Sets in gedeckten dunklen Tönen streichen. So herrschen vornehmlich graue, blaue oder braune Farben vor. Dazu sind die Kontraste harsch, was vor allem dem Licht- und Schattenspiel des Films zugute kommt. Die Schärfe gelingt in Nahaufnahmen prächtig, lässt auch während Szenen aus der Halbtotale kaum nach und sorgt für eine plastische Darstellung.
Akustisch hat Babadook seine Hausaufgaben gemacht: Der Film nutzt immer wieder überraschende Tiefbassattacken, um die Aktionen im Haus zu unterstützen. Während der Arzt Samuel untersucht, haben die Sounddesigner effektvolle Geräusche integriert, um den hypersensiblen Zustand des Jungen zu untermalen. Klopft es an der Tür, sind die Töne perfekt ortbar und wenn der Babadook höchstpersönlich um Einlass bittet, donnert es gar brutal ins Heimkino. Dazu kommt die heisere Stimme des Titelhelden, die krächzend über sämtliche Lautsprecher ächzt und ein fast minutenlanger Donnergroll, der im Finale das Wohnzimmer zum Epizentrum eines Erdbebens werden lässt.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial vom Babadook fällt erstaunlich reichhaltig aus. So gibt es neben zwei Interviews mit der Regisseurin und der Hauptdarstellerin noch je ein Featurettes über die Entstehung des 3D-Papier-Buches und das Set-Design. Obendrauf kommt der Kurzfilm „Monster“ und die zwei Hintergrundberichte „Die Geheimnisse des Babadook“ und „Die Albträume des Babadook“. In „Die Geheimnisse …“ erzählen die Darsteller vornehmlich über die Motivation ihrer Rollen und die Verbindung zwischen den Figuren. „Die Albträume“ ist mit 16 Minuten das längste Feature und stellt Regisseurin Jennifer Kent in den Fokus. Die fing seinerzeit als Schauspielerin an, fühlte sich davon jedoch bald schon gelangweilt. Sie arbeitete sich als Drehbuchautorin und Art-Director hoch und gab dann mit dem Babadook ihr Langfilmdebüt. Herausragend an ihren Schilderungen ist ihre authentische und intelligente Art. Ohne großes Gekünstel oder Stargehabe schildert sie, dass sie Horrorfilme nur dann gut findet, wenn man Klischees bricht und persönliche Geschichten erzählt. So hatte sie beim Dreh des Films nie das Publikum im Blick, sondern konzentrierte sich auf ihre Idee der Geschichte. Wenn das Publikum dieser dann folgt – umso besser. Sehr interessant ist auch der Bericht über das Set-Design, welches offenbart, dass die Räume komplett auf einer Soundstage nachgebaut wurden.

Fazit

Babadook ist erschreckender als jeder Exorzismusfilm und angsteinflößender als die letzten vier Paranormal Activities zusammen – im Englischen würde man sagen „it scared the shit out of me“ – frei übersetzt darf ich selbstbewusst behaupten, dass meine Haare schon lange nicht mehr so zu Berge standen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 50%
Film: 85%

Anbieter: Capelight Pictures
Land/Jahr: AUS/CA 2014
Regie: Jennifer Kent
Darsteller: Essie Davis, Noah Wiseman, Daniel Henshall, Hayley McElhinney, Barbara West, Benjamin Winspear, Tim Purcell
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 94
Codec: AVC
FSK: 16