Der Bodyguard – Sein letzter Auftrag

Blu-ray Review

Der Bodyguard - Sein letzter Auftrag Blu-ray Review Cover
Koch Media, seit 28.07.2016

OT: Maryland

 


Nur ein bisschen Babysitting …

Matthias Schoenaerts überzeugt als traumatisierter Personenschützer.

Inhalt

Vincent ist, oder vielmehr war, Elitesoldat, der aus Afghanistan traumatisiert zurückkam und nun vom Stabsarzt für nicht mehr tauglich befunden wurde – zu deutlich sind seine Hörprobleme und der psychische Zustand ist labil. Ziemlich deprimiert und ohne Perspektive findet er sich in der Wohnung seiner Mutter ein, die in einer der tristen Wohngegenden liegt. Nachdem er jedoch mit ein paar Ex-Kollegen einen Sicherheitsjob für den libanesischen Waffenhändler Whalid während dessen großer Party übernommen hat, bietet ihm sein Freund und Chef an, für 3000€ den persönlichen Beschützer der deutschen Frau Whalids zu spielen, da der Ehegatte für zwei Tage geschäftlich unterwegs ist. Vincent nimmt an – nicht nur, aber auch, weil er die Gattin durchaus attraktiv findet. Vor Ort deutet alles zunächst auf einen einfachen Job hin, doch Vincents Trauma verursacht leicht paranoide Zustände. So sieht er Bedrohungen, wo keine sind und reagiert unangemessen. Dann allerdings nutzen böse Buben einen günstigen Moment und Vincent kann mit Mühe und Not eine Entführung verhindern. Das war allerdings noch nicht der letzte Akt im Spiel mit den Fieslingen …

Wenn Frankreich einen Film inszeniert, der inhaltlich nicht ganz weit weg ist vom amerikanischen Pendant mit dem gleichen Namen, darf man erwarten, dass das Geschehen weniger oberflächlich bleibt und eine Romanze zwischen dem Personenschützer und seiner Klientin eher dezent im Hintergrund bleibt. Tatsächlich passiert in Der Bodyguard – Sein letzter Auftrag genau das, denn hier steht nicht die Action im Vordergrund, sondern die Psyche eines traumatisierten Soldaten. Die Konzentration auf Vincent [den Matthias Schoenaerts (Danish Girl) mit seiner ihm unachahmlichen Sprödigkeit gibt] ist so stark, dass die Kamera in der ersten halben Stunde fast ausschließlich ihm folgt. Der Zuschauer merkt, dass es in ihm brodelt, er aber gleichzeitig ein aufmerksamer und konzentrierter Beobachter ist. Bisweilen schildert der Film dies in sehr ruhigen und betont stillen Sequenzen, um zu verdeutlichen, dass Vincent zwischen Fokussierung und Paranoia schwankt. Dann wiederum sorgt die verstörende und für einen solchen Film ungewöhnliche Elektromusik während der spannungsgeladenen Szenen für Abwechslung. Diese erinnert eher an einen carpenter’schen Horrorstreifen, funktioniert aber erstaunlich gut, wenn man sich darauf einlässt. Action gibt es in Der Bodyguard zunächst überhaupt nicht, sieht man mal von der kurzen Sequenz der versuchten Entführung ab. Interessanterweise (solange man sich auf das Geschehen konzentriert) wirkt das nicht langweilig, sondern bewirkt eine sukzessive Steigerung der Atmosphäre – das auch deshalb, weil man (wie Jessie selbst auch) nie so richtig weiß, ob Vincent sich auf den Personenschutz beschränken wird, oder sein Kontrollzwang psychopathische Ausmaße annimmt. Störend wirken einzig die alkoholgeschwängerten Szenen mit Vincents Chef, der im späteren Verlauf (funktionslos) angefordert wird. Das lässt sich jedoch übersehen, wenn das Finale dann in einer Mischung aus Home-Invasion-Suspense mit schonungslosen Gewaltspitzen die Spannungsschraube fest anzieht. Die Auseinandersetzungen mit den Eindringlingen wurden ebenso brutal wie realistisch geschildert, ohne dass man hier fünf Minuten lang gegenseitig aufeinander eindrischt und trotzdem noch steht. Schoenaerts zeigt hier eindrucksvoll, dass er die Rolle des traumatisierten Veterans tief verinnerlicht hat und das Töten als notwendiges Übel ansieht, sich dabei aber sichtbar vor sich selbst ekelt. Schade, dass Winocour sich ausnahmslos auf die Hauptfigur konzentriert hat, während Diane Krugers Jessie unterentwickelt bleibt und die Beweggründe der Entführer/Bösewichte bis auf einen kleinen Hinweis vollkommen bedeutungslos bleiben.

Bild- und Tonqualität

Dem etwas deprimierenden Grundton von Der Bodyguard liegt ein etwas kontrastarmes Bild zugrunde, das mit etwas entsättigten Farben, überstrahlender Helligkeit und ausfransenden Umrissen aufwartet. Die Schärfe ist durchweg mittelprächtig und das Geschehen wirkt ziemlich weich. In den dunklen Szenen fehlt es zudem an Durchzeichnung und Schwarz dürfte kräftiger sein.
Bohrend und bassgewaltig bohrt sich der Filmscore von Der Bodyguard zu Beginn in Richtung des Zuschauers, während die Soldaten schwitzend über das Feld hetzen. Im Anschluss daran beschränkt sich der Ton des Films auf die Wiedergabe der (manchmal etwas muffigen) Dialoge sowie der unterstützenden Wirkung aller Lautsprecher, wenn sanfte Naturkulisse das Geschehen umgibt. Die wenigen abgefeuerten Schüsse wirken außerdem direktional auf den Zuschauer ein und klingen verhältnismäßig authentisch.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Der Bodyguard gibt’s lediglich die Originaltrailer und ein paar Programmtipps zu finden.

Fazit

Der Bodyguard – Sein letzter Auftrag ist anders als andere Filme dieses Subgenres und überzeugt mit seinem eher individualpsychologischen Ansatz. Getragen von einem herausragend guten Schoenaerts sollte man allerdings kein Actionfeuerwerk erwarten, sondern sich auf den langsamen Erzählfluss einlassen können. Dann jedoch entwickelt der Film eine Sogwirkung, die in einem intensiven Finale mündet.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 10%
Film: 70%

Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: Frankreich/Belgien 2015
Regie: Alice Winocour
Darsteller: Matthias Schoenaerts, Diane Kruger, Paul Hamy, Michaël Dauber, Chems Eddine Dahmani, Jean-Louis Coulloc’h
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 98
Codec: AVC
FSK: 16