Der Buchladen der Florence Green

Blu-ray Review

buchladen der florence green blu-ray review cover
Capelight Pictures, 14.09.2018

OT: The Bookshop

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Old House of Books

Tolle Literaturverfilmung über Literatur.

Inhalt

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Florence liebt Bücher

Ein kleines Küstenörtchen in England am Ende der 50er Jahre: Florence Green hat ihren Ehemann viel zu früh verloren. Doch wie er es tat, so liebt auch sie das Lesen von Büchern. Eine tiefe Liebe dem geschriebenen Wort gegenüber. Und weil sie gleichzeitig eine zielstrebige Frau ist, zieht sie in ein altes, verlassenes Haus ein, das alle nur unter „Old House“ kennen. Dort möchte sie einen eigenen Buchladen eröffnen – ausgerechnet in einem Ort, der von Arbeitern bevölkert wird, denen Lesen einfach zu anstrengend ist. Doch schlimmer als die zunächst skeptischen Bürger der Gegend, ist Violet Gamart. Die High-Society-Dame der Stadt fürchtet, dass sie die Kontrolle über ihr Heimatdorf verliert und legt Florence jeden nur erdenklichen Stein in den Weg – zumal sie eine Art künstlerisches Begegnungszentrum in eben jenem Haus errichten wollte. Nach und nach allerdings begeistern sich die Bewohner sogar für kontroverse Literatur wie „Lolita“ oder „Fahrenheit 451“. Vor allem im zurückgezogen lebenden Misanthropen Edmund Brundish findet sie einen Befürworter. Brundish liebt Literatur, hasst aber jeden Personenkult. Sein Rat ist für Florence Gold wert. Und nach einem ersten Besuch bei ihm, kommt man sich auch privat näher …

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Violet Gamart „herrscht“ über das Dorf

Basierend auf dem 1978er Roman von Penelope Fitzgerald versammelt Regisseurin Isabel Coixet Emily Mortimer und Patricia Clarkson (die zuletzt schon in The Party gemeinsam auftraten) in den Hauptrollen ihrer Literatur-Adaption. Dazu gesellt sich Bill Nighy, den man in britischen Filmen natürlich immer wieder gerne sieht.
Was die Atmosphäre angeht, kann man Der Buchladen der Florence Green vielleicht am ehesten mit einem Chocolat vergleichen – nur etwas hemdsärmeliger und vielleicht ein bisschen spröder. Manchmal auch etwas theatratlischer, wenn sich ein Bill Nighy direkt zum Zuschauer wendet, um die eigens geschriebenen Briefe vorzulesen.
Ein bisschen schade ist der zunächst ziemlich zähe Erzählfluss. Die Szene auf Violets mondäner Party hätte um gute fünf Minuten gestrafft werden können und man hätte die Essenz dennoch vermittelt. Wirklich Schwung bekommt der Film nach gut einer halben Stunde. Dann hat Florence ihren Laden eröffnet und die Kommunikation mit Edmund Brundish beginnt. Sobald Nighy auf der Bildfläche erscheint, beginnt der Film zu leben – und das, wo er so zurückgenommen selten agierte. Die erste Begegnung zwischen seinem Edmund und Florence zeugt von der jahrelangen Zurückgezogenheit. Er wagt es kaum, seiner Gesprächspartnerin in die Augen zu schauen, während die beiden in ihren Worten einfach „mal eben“ die Konventionen der ausgehenden 50er in Großbritannien reflektieren.

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Edmund entdeckt gerade seinen neuen Lieblingsautor

Diese zehn Minuten Film sind ehrlicher, wahrhaftiger und fesselnder als so mancher Film über seine komplette Laufzeit. Kaum ein Geräusch, keine Filmmusik, keine Kameraeinstellung zuviel lenkt von den Lippen Nighys oder Mortimers ab – für solche Momente gnadenlos guten Schauspiels wurde Kino erfunden.
Denn natürlich geht es in Der Buchladen der Florence Green nicht nur um Bücher und um die Liebe zur Lyrik. Vielmehr ist es die Auseinandersetzung zwischen gängiger Konventionen, verbohrter Tradition und sanfter Moderne, die hier gleich auf mehreren Ebenen angesprochen wird – ob es um Politik, sexuelle Aufklärung oder die Kluft zwischen arm und reich geht.
Außerdem ist es aber auch ein Film über eine starke Frau. Eine Frau, die gutmütig (und vielleicht ein bisschen naiv) ihren Weg geht, bis zahlreiche Intrigen sie in die Knie zu zwingen scheinen. In Florence Green wohnt dabei eine spürbare Melancholie, die Isabel Coixet in behutsame Bilder verpackt. Zwar hofft man manchmal, das Leben würde Pralinen schenken. Doch oft sind es eben auch bittere Pillen, die man verdauen muss, wenn man gegen sämtliche Institutionen ankämpft.

Bild- und Tonqualität

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Zarte Annäherung zweier Außenseiter

Die Blu-ray von Der Buchladen der Florence Green hat in den Innenraumszenen bisweilen ein kontraststarkes und kräftiges, gleichzeitig sehr ruhiges Bild (14’00). Allerdings lässt diese Intensität in den Außenszenen spürbar nach. Dort fehlt es an Dynamik und Kontrast. Auch Farben sind dann weniger stark. Erfreulich hoch ist aber auch dann die Rauschfreiheit. In Close-ups geht die Schärfe in Ordnung, in Halbtotalen lässt es zwar etwas nach, bleibt aber immer noch im guten Rahmen.
Akustisch wird Florence Green erst dann räumlich, wenn auf der Party der Gamarts das Publikum von den Rears zu hören ist. Es raunt und lacht und erzählt aus den rückwärtigen Speakern. Ansonsten dominiert der Center mit (leider) recht dünnen deutschen Dialogen. Die Filmmusik hat ebenfalls nicht sonderlich viel Volumen und dürfte insgesamt präsenter sein. Gut gelungen ist die Ortbarkeit der Stimmen, wenn diese mal nicht aus der Mitte kommen, sondern aus anderen Bereichen hinter der Kamera. Schön luftig ist auch der Wind, der um Brundishs Haus weht, wenn Florence ihn besucht (48’30). Auch das leise Pfeifen, das durch die Gemäuer zischt, wird authentisch wiedergeben. Die englische Fassung hat die wesentlich wärmeren und präsenteren Dialoge.

Bonusmaterial

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Violet hat ganz andere Pläne für „Old House“

Das fast halbstündige Making-of im Bonusmaterial von Der Buchladen der Florence Green schildert anhand zahlreicher Interviews und Drehort-Einblicke, was die Beteiligten zur Geschichte sagen und wie viel Herzblut die Beteiligten reingesteckt haben. Obendrauf gibt’s noch das Musikvideo zu „Feeling Lonely“ von Alfonso de Villallonga und die beiden Originaltrailer.

Fazit

Der Buchladen der Florence Green ist keine einfache Kost. Dramatische und traurige Momente überwiegen die humoristischen Sequenzen. Doch das langsame Erzähltempo und die schweren Momente werden von grandiosen Darstellern gekonnt weggespielt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 75%

Anbieter: Capelight Pictures
Land/Jahr: USA 2017
Regie: Isabel Coixet
Darsteller: Emily Mortimer, Bill Nighy, Patricia Clarkson, Hunter Tremayne, Honor Kneafsey
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 113
Codec: AVC
FSK: 0

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Capelight Pictures)

Trailer zu Der Buchladen der Florence Green

Trailer DER BUCHLADEN DER FLORENCE GREEN (Deutsch)

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