Blu-ray Review
OT: The Dark Tower
Der Tod gewinnt immer
Was lange unverfilmbar galt, kommt nun doch – stellt die Adaption der erfolgreichen Roman-Reihe von Stephen King auch beinharte Fans zufrieden?
Inhalt
Seit einiger Zeit hat der junge Jake den immergleichen Traum: Er sieht, wie Kinder von einem Mann in Schwarz gezwungen werden, ihre Gedankenkraft zu vernetzen, um einen gigantischen Turm, der im Zentrum des Universums steht, zum Einsturz und damit das Gleichgewicht des Lebens aus dem Takt zu bringen. Während der Psychiater, der sich um Jake kümmert, dessen Träume als Verarbeitung des Todes des Vaters sieht, ist sich Jake sicher, dass er richtig liegt. Als er sich in einer Spezialklinik gewisser Untersuchungen unterziehen soll, erkennt er in den Angestellten die Menschen ohne Haut aus seinen Träumen und rennt weg. Seine Flucht führt ihn in ein altes, scheinbar verlassenes Haus, wo er das Tor zu eben jener anderen Dimension findet, von der er immer träumt: Mittwelt. Jake betritt das Portal und begegnet in dem Paralleluniversum dem Revolverhelden Roland Deschain. Dessen Aufgabe ist es, den Turm vor Walter, dem Mann in Schwarz zu beschützen. Dumm, dass Jake ausgerechnet zu den Kids gehört, deren Gabe das gigantische Bauwerk zum Einsturz bringen kann, weshalb er ins Visier Walters gerät. Der will ihn unbedingt einsetzen, um seinen Ziel, das Universum aus den Angeln zu heben, näher zu kommen …
1978 schuf Stephen King mit „Der dunkle Turm“ (damals noch mit dem Titel/Beititel „The Gunslinger“) die Grundlage für eine epische Buchreihe, die nunmehr acht Bände umfasst und für den Autor so etwas wie sein eigener „Herr der Ringe“ ist (von dem er sich übrigens durchaus beeinflusst fühlte). Allerdings wollte King seine Geschichte auch in der realen Welt verankern und addierte die Figur des Revolvermanns Roland Deschain hinzu. Für diesen hielt die Figur her, die Clint Eastwood in Zwei glorreiche Halunken gab. Sie diente Roland als Blaupause. King mischte das klassische Westerngenre mit jenem des Fantasyromans und fokussierte sich auf die drei Figuren Roland, Walter und Jake. Die Reihe galt als unverfilmbar und viele Produzenten scheiterten daran, es dennoch zu versuchen. Nun kam Akiva Goldsman als Produzent und Co-Drehbuchautor, engagierte den Dänen Nikolaj Arcel (Die Königin und der Leibarzt) als Regisseur und ging die Geschichte mit Screenwriter Anders Thomas Jensen komplett neu an. Damit schaffte er tatsächlich den Sprung auf die große Leinwand. Für Der dunkle Turm siedelte man die Grundzüge der Filmstory in der Mitte der Vorlage an, erzählt von dort aus aber eine Art Fortsetzung der bisherigen Geschichten. Auf diese Weise entging man dem Nimbus der Unverfilmbarkeit und bereitete gleichzeitig vor, dass man ein eigenes Franchise etablieren könnte.
Ob das letztlich gelingt, steht allerdings noch in den Sternen, denn mit 50 Mio. Dollar Einspiel in den USA blieb Der dunkle Turm doch ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Das liegt sicherlich auch daran, dass man die Kenner und Liebhaber des Buchs nicht wirklich abgeholt hat. Was nicht verwunderlich ist. Denn wer denkt, dass man in einem 94-minütigen Film eine knapp 5.500 Seiten umfassende Romanreihe (Basis: Taschenbuchausgabe) verfilmen könnte, der konnte nur enttäuscht werden. So richtet sich die Adaption eben doch vornehmlich an solche Cineasten, die die Vorlage eben nicht kennen, und für die bietet sich immerhin ein sehr atmosphärisches Szenario. Eins, das sich stilistisch irgendwo zwischen 1984, Herr der Ringe und den Western der 60er Jahre bewegt.
Darstellerisch hat man sich zwar im vorhersehbaren Rahmen bewegt, aber mit Idris Elba schon mal kurzerhand die Hautfarbe des Roland gewechselt, der in den Romanen als Weißer beschrieben wird. King selbst sagte darüber, dass die „Farbe des Revolvermanns ihn nicht interessiere“, sondern es ihm vielmehr darum gehe, wie schnell er „ziehen“ kann. Und Elba kann verdammt schnell ziehen. Die Szenen, in denen er seine Colts benutzt, sind absolut faszinierend inszeniert und machen einen Höllenspaß. Wenn er in Bewegung agierend die Magazine durch flinke Würfe in die Luft und das anschließende Auffangen mit dem Revolver vollzieht, sieht das nicht nur fantastisch aus, sondern unterstützt den Eindruck, dass Roland es wirklich ernst meint.
Ernst meint es aber auch Matthew McConaughey, der als Mann in Schwarz eine wunderbar launige Performance hinlegt. Wenn er seine Mitarbeiter anraunt, dass er in Sachen Geduld nicht gerade der Beste ist; einem Gegner, der ihn zur Hölle wünscht, entgegnet: „da war ich schon“ oder im Vorbeigehen ein süßes Kind New Yorks mit Hass erfüllt, dann sieht man ihm an, dass er Spaß an seinem Bösewicht hatte.
Idris Elba indes gibt den wortkargen und verkniffenen Revolverhelden ziemlich gut und wirkt zu keiner Zeit deplatziert, wie man es im Vorhinein befürchtete. Ganz im Gegenteil: Seine Präsenz ist erstaunlich und erfüllt die Leinwand stets mit einer gewissen Souveränität und Sicherheit. Sicherheit, die er seinem jungen Schützling Jake geben muss, der von Tom Taylor (Legends) überzeugend dargestellt wird. Vielleicht ist der junge Akteur ab und an etwas schroff und für einen Teenager eine Spur zu arrogant, aber im Zusammenspiel mit Elba funktioniert das gut. Wenn die Beiden sich bei den Schuss-Übungen mit den drei spirituellen Sätzen auf das Bevorstehende einschwören, dann hat das schon ein bisschen Gänsehaut-Feeling.
Inhaltlich ist die Verfilmung von Der schwarze Turm dann allerdings durchaus das, was Fans befürchtet haben: Ein routinierter Mix aus Western und Fantasy, der mit dem Buch (fast) nur die Grundidee und die Hauptfiguren gemein hat. Der vernarrte Anhänger der Vorlage wird hier definitiv enttäuscht, wenn er eine genau Adaption erhoffte. Vielmehr richtet sich der Film an solche, die mit der Buch-Reihe noch keine Berührung hatten, aber vielleicht das King’sche Universum an sich mögen. Ist das der Fall, kann man ohne Vorbehalte in die Verfilmung gehen und bekommt eine durchaus packende, wenngleich sehr konventionell erzählte Geschichte geboten, deren Stärken die Optik und Atmosphäre sind. Gerade Mittwelt wurde ziemlich stimmungsvoll in Szene gesetzt und die Masken der „Rattenköpfe“ wirken schön gruselig. Der Turm sieht sogar richtig klasse aus und wenn Roland zu seinen beiden Revolvern greift, muss man neidlos anerkennen, dass man Schusswechsel bisher nur selten dermaßen cool und stylish in Szene gesetzt hat. Dass es noch ein bisschen Culture-Clash-Humor gibt, wenn der Revolvermann auf „Keystone-Earth“ ankommt und weder sprachlich, noch vom Verhalten her zu den New Yorkern passt, schadet nicht. Auf diese Weise gibt’s sogar noch ein bisschen Konsumkritik und lustige Witzchen über Zuckerlimonade oder Hot Dogs. Was allerdings auch nicht verhindert, dass Der schwarze Turm aufgrund seiner kurzen Spielzeit, stets etwas hektisch von Highlight zu Highlight hetzt.
Bild- und Tonqualität BD
Der dunkle Turm ist trotz seiner volldigitalen Herkunft bewusst mit Korn versehen worden. Das nimmt in den dunkleren Szenen noch mal etwas zu, was die Atmosphäre düsterer werden lässt und sich somit besser dem Thema anpasst. Die Schärfe ist in Nahaufnahmen recht knackig und offenbart bspw. Idris Elbas Gesicht mit jeder Einzelheit der Haut und dem Bart. Exemplarisch gut erkennbar, wenn er im Finale mit blutigem Mundwinkel am Boden liegt und die Stimme Jakes in seinem Kopf hört.
Was den Kontrastumfang angeht, muss man hier mit deutlichen Stilmitteln rechnen. McConaugheys Gesicht bspw. zeigt häufig extrem harsche Kontraste mit übersteigerten Helligkeitsanteilen, die schon mal ausreißen. Dunkle Bereiche versumpfen dafür schon mal sichtbar. Als Stilmittel ist das sicherlich für einen bestimmten Look verantwortlich, aus technischer Sicht nur bedingt schön. Das betrifft vor allem Szenen in Mittwelt, während hell ausgeleuchtete Aufnahmen (wie jene bei Jakes Therapeut) eher für sehr kühle und helle Hautfarben sorgen.
Akustisch dürfen sich die Besitzer von Auro-Systemen freuen – zumindest wenn sie gleichzeitig auch Fans des Originaltons sind. Denn die englische Tonspur von Der dunkle Turm wartet mit einer Auro-3D-Abmischung auf (dts-HD-MA-Kern)*.
Der hiesige Heimkinofan muss dagegen (immerhin) mit dts-HD-MA in 5.1 vorlieb nehmen.
Diese liefert zunächst einmal bestechend gut verständliche Dialoge. Doch damit nicht genug. Von Beginn an sind sämtliche Lautsprecher aktiv im Geschehen. Ob das die Visionen von Jake sind, die Erdbeben in New York oder die Stimme des Manns in Schwarz, die von überall her zu kommen scheint – Effektqualität und -quantität, Bassdruck, Direktionalität sind fast perfekt. Sämtliche Parameter sind auf dem höchstmöglichen Level und sorgen für eine absolut eindrucksvolle Sound- und Surroundkulisse. Schon alleine die Gedankenexperimente mit den Kids und die sich daraufhin manifestierenden Beben lassen auch das Heimkino erzittern. Und wenn Roland das erste Mal seinen Revolver zückt, um die Illusionen zum Teufel zu schicken, zuckt man unwillkürlich zusammen (40’20). Der dunkle Turm liefert soundtechnisch durch die Bank absolut ab und leistet sich keinerlei Patzer.
*die Bewertung für die Auro-3D-Fassung muss entfallen, da kein Auro-System zur Verfügung steht. Die Erfahrung zeigt aber, dass die Qualität und 3D-Sound-Nutzung ähnlich jener der Atmos-Spur ist.
Bild- und Tonqualität UHD
Der dunkle Turm gehört zu den (bisher wenigen) Filmen, die nahezu eine vollständige 4K-Kette aufweisen. Nahezu alle Aufnahmen wurden mit Arri-Alexa-XT- und Alexa-65-Kameras in 6,5K gedreht (wenige Ausnahmen mit 3,4K), die VFX wurden allerdings (wie meist) in 2K eingefügt. Das Digital Intermediate erhielt ebenfalls eine 4K-Auflösung, weshalb die UHD mit einer doch spürbar besseren Plastizität punkten sollte. Und das tut sie in der Tat.
Muss sie aber auch, denn selten war der Unterschied einer BD zur UHD in Sachen Farbgebung und Kontrastumfang so gering – zumindest bei der Wiedergabe innerhalb einer regulären HDR10-Kette. Denn lt. Sony Pictures liefert die Disk auch Dolby Vision. Da Dolby Vision aber auf regulären HDR-10-System praktisch abwärtskompatibel ist, sollte sich hier durchaus auch ein Unterschied einstellen. Das gilt gleichermaßen auch für die Farbdarstellung, da der Farbraum im Rahmen von REC.2020 erweitert ist und gewisse Anteile kräftiger betonen sollte.
Allerdings bewirkt beides bei Der dunkle Turm nur bei sehr genauer Betrachtung wirkliche Unterschiede. Die UHD hat die etwas geringere Neigung zum Überstrahlen von hellen Hautpartien – aber selbst das fällt nicht so stark aus wie bei so manch anderem Titel. Insgesamt gelten dementsprechend für die Ultra-HD die gleichen Aspekte wie für die oben beschriebene Blu-ray. Das heißt, dass auch hier ab und an Details in dunklen Bereichen versumpfen und die Körnung je nach Szene mal mehr, mal weniger stark, aber immer sichtbar ist. Da Dolby Vision von mir nicht getestet/überprüft werden kann, bezieht sich die Bildbewertung rein auf HDR10.
Bei der Auflösung sieht man dann aber doch schnell, wozu die native 4K-Kette fähig ist. Selbst bei einer nicht wirklich wunderbar detaillierten Szene [wie dem Überblick über New York direkt zu Beginn (siehe Bild unten)] fällt schon bei einer geringen Ausschnittsvergrößerung auf, wie viel besser Umrisse und Details dargestellt werden. Die Hochhäuser grenzen sich dreidimensionaler vom Hintergrund ab und Fenster sind als solche zu erkennen, wirken nicht wie zugematscht. Aber auch grundsätzliche Close-ups und Halbtotale profitieren von der UHD, die durchweg plastischer, schärfer und knackiger erscheint. So sieht bspw. der Stoff des Polsters, auf dem Jake beim Psychiater sitzt, phänomenal aus und bildet jedes feine Härchen ab (7’11). Close-ups von Roland sind sensationell knackig und erreichen ganz neue Sphären in Sachen Auflösung. Und, ja: Das kann man auch schon auf TVs mit einer Größe von 55“ erkennen.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Der dunkle Turm setzt sich zusammen aus witzigen Patzen & Pannen mit viel rausgestreckten Zungen. Dazu gesellen sich vier entfallene Szenen und insgesamt sechs Featurettes, wobei das Letzte von diesen noch einmal in drei Teile untergliedert ist. In „Beim letzten Mal“ nimmt man sich neun Minuten Zeit, um Stephen King zu Wort kommen zu lassen. Er erzählt von seiner Herr-der-Ringe-Inspiration beim Schwarzen Turm und davon, wie man den Film aufbereitete, um diejenigen abzuholen, die das Buch nicht kennen. In „Inspirationen“ erzählt King fast das gleiche noch einmal. „Der Revolverheld in Aktion“ hingegen nimmt vor allem Bezug auf die Actionszenen und die vorzüglichen Revolver-Choreografien. „Der Mann in Schwarz“ kümmert sich natürlich um Walter, den Matthew McConaughey so cool spielt. „Die Welt dreht sich weiter“ kümmert sich um den Drehort Südafrika und das dreiteilige „Ein Blick durch das Schlüsselloch“ ist eine Hommage an das Buch selbst.
Fazit
Der dunkle Turm ist ein kurzweiliger, launiger und ebenso effektvoller wie atmosphärischer Mix aus Fantasy und Western – dennoch werden Fans der Roman-Reihe nur bedingt glücklich mit der Adaption. Was schade ist, denn eine Fortsetzung würde man sich durchaus wünschen. Schon alleine deshalb, weil die effektive Laufzeit (ohne Abspann) mit 87 Minuten ziemlich kurz geraten ist und den Film ein wenig gehetzt wirken lässt.
Diejenigen, die ohne Vorurteile an den Film gehen und sich einfach gut unterhalten lassen wollen, bekommen mit der UHD eine der schärfsten Disks überhaupt geliefert und satten 3D-Sound für die Originalfassung obendrauf. Da lässt es sich verschmerzen, dass der Kontrastumfang nicht immer sämtliche Details preisgibt.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 80%
Bildqualität UHD (bezogen auf HDR10): 85%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 90%
Tonqualität BD (Originalversion): 95% (bezogen auf die dts-HD-MA-Spur)
Tonqualität UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 95%
Tonqualität UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 75%
Tonqualität UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 50%
Film: 65%
Anbieter: Sony Pictures
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Nikolaj Arcel
Darsteller: Idris Elba, Matthew McConaughey, Tom Taylor, Katheryn Winnick, Anders Thomas Jensen, Abbey Lee, Jackie Earle Haley, Dennis Haysbert, Claudia Kim, Nicholas Hamilton, Alex McGregor, Fran Kranz
Tonformate BD: Auro 3D (dts-HD-MA-Kern): en // dts-HD-Master 5.1: de
Tonformate UHD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): en // dts-HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 94
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Real 4K: Jein (4K DI vom 3,4K und 6,5K-Master)
High Dynamic Range: HDR10, Dolby Vision
FSK: 12
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