Der Fall Kalinka – Im Namen meiner Tochter

Blu-ray Review

OT: Au nom de ma fille

Der Fall Kalinka - Im Namen meiner Tochter Blu-ray Review Cover
Koch Media, 27.04.2017

 


Die Obsession eines Vaters

Spannendes Drama, das auf wahren Begebenheiten beruht.

Inhalt

1982: André Bamberski hört während des eigenen Urlaubs davon, dass seine 14-jährige Tochter Kalinka in den Ferien bei ihrer Mutter, die mit ihrem neuen Mann, dem deutschen Arzt Dieter Krombach, zusammenlebt, zu Tode gekommen sei. Allerdings glaubt er nicht an die öffentliche Version, dass es eine natürliche Ursache gegeben habe, zumal die Obduktion kein einwandfreies Ergebnis liefert. Bamberski lässt deshalb nicht locker. Er zieht eigene Experten hinzu und gibt immer wieder sein eigenes Geld aus, um mit Klageerzwingungsverfahren den Stiefvater nach Frankreich zu bekommen, wo man ihn vor Gericht stellen könnte. Dort wird er sogar in Abwesenheit verurteilt, was allerdings nicht viel bringt, solange er in Deutschland bleibt und nicht ausgeliefert wird. Als eine Exhumierung ergibt, dass die Genitalien seinerzeit entfernt wurden, ist für André klar, dass Dieter dies veranlasst hat und damit vertuschen wollte, dass er seine Tochter vergewaltigte. Doch Bamberski findet keinen Frieden – zumal nach dreißig Jahren auch in Frankreich eine mögliche Tat verjährt wäre. 25 Jahre nach den Ereignissen entschließt sich André zu einer drastischen Maßnahme …

1982 kam Kalinka Bamberski in Lindau am Bodensee ums Leben – in der Obhut ihrer französischen Mutter Danielle und des deutschen Stiefvaters Dieter Krombach. Da Kalinkas leiblicher Vater André die Geschichte des natürlichen Todes nie glauben wollte, bemühte er sich jahrzehntelang um eine Auslieferung des Stiefvaters an die französischen Behörden. Als er es 25 Jahre später mit Gewalt versucht, kann er Krombach zwar bis nach Paris verschleppen lassen, wird jedoch selbst festgenommen. Im Anschluss folgen Gerichtsprozesse gegen beide Männer. Vincent Garenq rekonstruiert in Der Fall Kalinka die damaligen Geschehnisse und beginnt 1974, als Kalinkas Mutter noch mit André Bamberski verheiratet ist und erst jüngst Dieter Krombach kennengelernt hat. Immer wieder switcht er daraufhin in der Zeit hin und her, stellt die Ereignisse in der Vergangenheit jenen der gegenwärtigen Situation gegenüber. Minutiös und teils wortgenau zitiert der Film aus den Obduktionsberichten und lässt genauso wenig Zweifel daran, dass der Tod nicht natürlich eingetreten ist, wie die eigentlichen Geschehnisse auch, die bei objektiver Lesart unglaubliche justiziale und medizinische Lücken aufwiesen. Mit Daniel Auteuil als André Bamberski und Sebastian Koch als Krombach quasi perfekt besetzt, fängt Der Fall Kalinka auch atmosphärisch ein, was damals geschehen ist.

Mit einer Zeitspanne von knapp 35 Jahren geht es Mitte der 70er mit Schlaghosen los, führt über die Mitt-Achtziger mit entsprechender Mode und den damaligen Fahrzeugen weiter und führt bis ins neue Jahrtausend mit aktueller Optik. 86 Minuten sind dabei erfrischend kurz und lassen kaum Längen aufkommen. Nach und nach arbeitet der Film chronologisch die wichtigsten Ereignisse ab und fokussiert sich auf Auteuil, der die Wut und Trauer des André Bamberski authentisch vermittelt und nachvollziehbar macht, wie die entsprechenden Gefühle zur Obsession werden und das eigene Leben bestimmen können. Bamberski überschritt schon früh Grenzen, verteilte Flugblätter, in denen er Kromberg gegenüber quasi Rufmord beging und manövrierte sich privat dabei immer weiter ins Abseits. Eine neue Beziehung mit einer verständnisvollen Frau ging in die Brüche, da sich für ihn das Leben einzig darum drehte, seinen Frieden im Überführen des vermeintlichen Mörders zu finden. Für viele Außenstehende war Bamberski bald der Verrückte, derjenige, der sich in seine Verdächtigungen hineingesteigert hatte und sich unberechenbar verhielt. Kritisch anzumerken bleibt, dass Der Fall Kalinka die persönliche Note nur streift (Entfremdung vom Sohn, Scheitern der neuen Beziehung) und gerade im späteren Verlauf verliert man als Zuschauer aufgrund der hastigen Abarbeitung der Ereignisse auch die emotionale Verbindung zu Bamberski. Als Rekonstruktion eines dramatischen und Jahrzehnte überspannenden Falles ist Garengs Film allerdings ziemlich fesselnd.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Der Fall Kalinka passt ziemlich gut zur jeweiligen Zeit. Während der Aufnahmen, die in den 70ern spielen, sind die Farben reduziert und Gesichter wirken in Außenaufnahmen fahl. Ein leichtes Korn gesellt sich dazu und lässt die Szenerie filmisch erscheinen. Von TV-Optik ist man hier weit entfernt. Der Kontrastumfang lässt aufgrund des relativ hellen Looks und der reduzierten Farben ein wenig zu Wünschen übrig. Auch die Schärfe ist nur bedingt gut, kann aber in Nahaufnahmen durchaus überzeugen.
Der Fall Kalinka ist vornehmlich ein dialogzentrierter Film, dessen Konzentration auf dem Center liegt. Direktionale Effekte und Räumlichkeit sind dem Film aber kein Fremdwort. Wenn Krombach nach gut einer Stunde auf dem Bahnhof in Gewahrsam genommen wird, ist die Kulisse allgegenwärtig und der anschließende Regen in Frankreich kommt sehr authentisch rüber. Auch die Filmmusik kann zum Finale hin Akzente setzen und ertönt dann schon mal unheilvoll aus allen Lautsprechern.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Der Fall Kalinka stehen ein Interview mit Regisseur Garenq und Hauptdarsteller Sebastian Koch zur Verfügung.

Fazit

Der Fall Kalinka beschreibt den fast unglaublichen Fall eines Vaters, der den Tod seiner Tochter gesühnt wissen will und dafür 25 Jahre lang den eigentlichen Täter verfolgt. Das ist durchaus spannend und interessant, allerdings emotional etwas unausgegoren.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 20%
Film: 60%

Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: Frankreich/Deutschland 2016
Regie: Vincent Garenq
Darsteller: Daniel Auteuil, Marie-Josée Croze, Sebastian Koch, Christelle Cornil, Emma Besson
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, fr
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 86
Codec: AVC
FSK: 12

Trailer zu Der Fall Kalinka

IM NAMEN MEINER TOCHTER - DER FALL KALINKA | Trailer [HD]

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen!