Der geilste Tag

Blu-ray Review

Der geilste Tag Blu-ray Review Cover
Warner Home, seit 25.08.2016

OT: –

 


Heute ist der erste Tag vom Rest deines Lebens

Die beiden beliebtesten deutschen Schauspieler der letzten Jahre in ihrem ersten gemeinsamen Film.

Inhalt

Benno, Gelegenheitsdieb und In-den-Tag-Leber kippt seit einiger Zeit gerne mal spontan um und verliert das Bewusstsein – die Diagnose: Krebs. Und zwar von oben bis unten. Die Chance stehen beschissen und eigentlich müsste er schon tot sein. Als er nach einer weiteren Ohnmacht in ein Hospiz kommt, trifft er auf den ebenfalls krebskranken Pianisten Andi. Der protokolliert seinen körperlichen Verfall über einen Youtube-Kanal und kontrolliert auch ansonsten gerne sein Leben. Als er sich vom Balkon stürzen will, fährt ihm Benno in die Parade, was den Beginn einer ungewöhnlichen Beziehung markiert, die keiner von beiden Freundschaft nennen würde, 17 Tage später aber doch so etwas in der Art ist. Bis dahin beschließen die Zwei, dem Hospiz den Rücken zu kehren und den Rest ihres Lebens so gut wie möglich zu genießen – Dinge zu tun, die man schon immer mal tun wollte. Dazu braucht’s natürlich ein bisschen Geld. Die zündende Idee kommt Benno, als er hört, dass sich Sterbende gerne Sachen bestellen, die sie eh nie bezahlen müssen. Also darf Andi, dessen Schufa eintragslos ist, seine Kredikarte zücken und die teuersten Gegenstände kaufen, die dann sofort zum Pfandleiher oder schlimmeren Gestalten gebracht und zu Geld gemacht werden. Mit der so ergaunerten Kohle geht’s erst Mal mit einem italienischen Flitzer auf Spritzfahrt. Das ganz große Abenteuer steht allerdings noch bevor, denn Benno möchte unbedingt mit dem Campingbus durch Afrika, verschweigt Andi aber den Grund dafür …

Die Geschichte von Der geilste Tag wirkt wie eine Mischung aus Das Beste kommt zum Schluss und Knockin‘ on Heaven’s Door und zieht seinen Reiz aus der totalen Gegensätzlichkeit seiner beiden Protagonisten. Fitz als raubeiniger Typ mit weichem Herz überzeugt in der Rolle des hyperaktiven Benno. Die Lacher aber hat Matthias Schweighöfer auf seiner Seite, der als hypochondrischer Kontrollfreak die beste Leistung der letzten Jahre abliefert. Vor allem aber entfernt er sich glücklicherweise mal etwas von seinem Image des etwas tollpatschigen Romantic-Lovers, das er mit seinen eigenen Filmen zuletzt gepflegt und aufgebaut hat. Wenn er beispielsweie im Michael-Jackson-Atemschutzmasken-Gedächtnislook auf seinem Elektroroller durch die Fußgängerzone surrt oder völlig panisch reagiert, wenn Benno bei 180km/h auf der Autobahn am Steuer ohmächtig wird, feuert der Regisseur Fitz ein Slapstickfeuerwerk ab, das vielleicht hier und da etwas übertrieben wirkt, aber eben auch unglaublich witzig ist. Der geilste Tag verliert sicher ein ums andere Mal die tragischen Aspekte der Geschichte aus dem Auge und nimmt alles ein wenig zu leicht aber man kann es beiden fast nicht übel nehmen, wenn sie im Anschluss an eine ziemlich alberne Sexszene mit brüllkomischen konsternierten Gesichtern auf dem Balkon sitzen. Da die humorvollen Elemente durchweg überwiegen und die melancholische Dramatik der Story nicht wirklich zum Tragen kommt, vergisst man zuweilen, dass man es hier mit Todeskandidaten zu tun hat, ertappt sich gar beim Gedanken, tauschen zu wollen, weil’s ja schon irgendwie cool ist, was die Zwei da erleben. Die Balance zwischen Drama und Komödie funktionierte bei Fitz‘ Vincent will Meer jedenfalls noch besser.

Schön wäre auch gewesen, wenn man die süßliche Ex-Beziehungskiste inkl. nicht wahrgenommener Vaterpflichten beiseite gelassen hätte. Die wirkt ziemlich aufgesetzt und dient lediglich dazu, dem Hallodri Benno eine sentimental-menschliche Note zu verpassen, die er gar nicht nötig gehabt hätte. Der geilste Tag hätte auch als reine Männer-Buddy-Tragikomödie funktioniert und wäre dann nicht in die typische Til-Schweiger-Wohlfühlromantik-Falle deutscher Kinofilme getreten. Dessen Klientel wird’s allerdings gefallen und weiter dafür sorgen, dass Fitz und Schweighöfer das Erbe des Kollegen antreten – zumal auch die beiden ziemlich viel Gespür dafür zeigen, perfekt abgestimmte Filmsongs zu integrieren. Und dann gibt’s ja noch genug witzige Situationen, die zeigen, dass im Gegensatz zum vorhersehbaren Kitsch zumindest deutscher Humor funktionieren kann. Wenn Benno immer wieder schlagartig und in den absurdesten Momenten ohnmächtig wird oder Andi mit geschminkten Backen in bester Rotbäckchen-Saft-Manier vor dem Bankangestellten sitzt, darf wirklich herzhaft gelacht werden. Ebenso übrigens wie über Andreja Schneider, die als resolute Hospiz-Pflegerin mit osteuropäischem Akzent Florian David Fitz gehörig die Leviten lesen darf. Dazu kommt mit Afrika eine für einen deutschen Film ziemlich ungewöhnliche (Postkarten)Kulisse, die ihre Reize voll ausspielen kann. Und während am Ende klar ist, dass die Plus-Mitgliedschaft eines Automobilclubs Leben retten kann, bleibt uns Der geilste Tag eine Erklärung dafür schuldig, wie lange eigentlich diese Sauerstoffflaschen halten …

Bild- und Tonqualität

Zwar hat in Der geilste Tag Florian David Fitz auf dem Regiestuhl Platz genommen und kein Herr Schweighöfer oder gar Til Schweiger, dennoch passt er sich mit seinem Look an deren Filmen an. Mit sichtbarer Braunfilterung bleibt das Geschehen stets warm, ohne die ganz krasse Sepianeigung eines Schweiger-Films anzunehmen. Negativ fallen bisweilen Randunschärfen auf (Fitz‘ Schuhe 1’53, Youtube-Logo 2’10, Bergidylle 87’19). Helle Bereiche auf Gesichtern überstrahlen schon mal, während Szenen in der Nacht oft besser kontrastiert sind und ausgewogener wirken. Die generelle Schärfe ist gut aber nicht herausragend. Ein leichtes Korn ist sichtbar, bleibt aber im Rahmen und wirkt angenehm analog.
Akustisch überwiegt die saubere Dialogwiedergabe aus dem Center, während selbst in Musikszenen („Happy“ – 19’30) der Subwoofer nur dezent ins Geschehen eingreift. Der Lamborghini allerdings saust mit geradezu infernalischem Sound durchs Heimkino und über die Rearspeaker hinweg. Auch die Atmosphäre in Afrika funktioniert gut, präsentiert Tiergeräusche stets effektvoll und authentisch. Natürlich ohne, dass aus Der geilste Tag nun ein Actionfeuerwerk würde. Das alte Wohnmobil knattert dafür schön urig aus den Lautsprechern und darf auch schon mal den LFE-Kanal mit Signalen speisen.

Bonusmaterial

Das Making-of von Der geilste Tag hat seinen Namen ausnahmsweise auch verdient. Denn die gut 52 Minuten führen wirklich hinter die Kamera und bieten den beiden Protagonisten sowie dem Team rundherum ausgiebig Anlass von den Dreharbeiten und der Idee hinter dem Film zu erzählen. Eins scheint im Anschluss an diese knappe Stunde klar: Schweighöfer und Fitz sind ein ziemlich gutes Team. „Der geilste Talk“ mit Joko Winterscheidt ist nur was für Fans des albernen Moderators und zeigt ein kurzes und ziemlich affiges Interview zwischen ihm und den beiden Hauptdarstellern – naja, wer’s witzig findet. Die vier unveröffentlichten Drehtagebücher blicken noch mal jeweils für knapp zwei Minuten hinter die Kulissen – unter anderem während der Dreharbeiten in Afrika. Hinter der „magischen Minute“ verstecken sich zwei Minuten, in denen Florian David Fitz und Matthias Schweighöfer ein bisschen rumblödeln und das Ganze als Teaser für den Film verkaufen.

Fazit

Etwas mehr Substanz in den tragischen Aspekten der Geschichte und Der geilste Tag wäre ein rundum gelungener Film geworden. So ist es eben „nur“ ein engagiert gespielter Mix aus Drama, Komödie und Roadmovie, dessen Gags allerdings wirklich zünden.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 50%
Film: 70%

Anbieter: Warner Home
Land/Jahr: Deutschland 2015
Regie: Florian David Fitz
Darsteller: Matthias Schweighöfer, Florian David Fitz, Alexandra Maria Lara, Rainer Bock, Tatja Seibt, Andreja Schneider
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 114
Codec: AVC
FSK: 12

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