Der Mann aus dem Eis

Blu-ray Review

Der Mann aus dem Eis Blu-ray Review Cover
Ascote Elite Home Entertainment, 18.05.2018

OT: –

 


Tineka

Urwüchsig gefilmtes und gespieltes Survival-Drama über die letzten Tage des Ötzi.

Inhalt

Vor etwa 5000 Jahren: Kelab ist gerade auf der Jagd, als seine Familie und sein Klan von drei Fremden überfallen werden. Das Trio bringt sämtliche Mitglieder der Gemeinschaft brutal um und zündet die Hütten an. Nur Kelabs Sohn kann sich schwer verletzt mit einem Neugeborenen in eine Höhle retten. Dort findet Kelab ihn allerdings nur noch tot wieder. Das Baby hingegen lebt. Nachdem er für seine vergewaltigte und getötete Frau das Bestattungsritual abgehalten hat, nimmt er den Säugling und mach sich auf den Weg, die Mörder zu verfolgen und zu stellen …

Am 19. September 1991 finden zwei Wanderer eine mumifizierte Leiche im Eis beim über 3000 Meter hohen Tisenjoch in den Öztaler Alpen. Der Rest ist Geschichte. In der Folge stellt man fest, dass der bald nur noch Ötzi genannte Mann vor über 5200 Jahren gelebt hat und durch äußere Gewalt (einen Pfeil in der linken Schulter, der die Arterie verletzte) zu Tode kam. Die Analysen gingen soweit, dass sogar letzte Mahlzeiten herausgefunden wurden. Was aber GENAU passierte und warum der Mann vom Tisenjoch sterben musste, das kann auch kein hochbezahlter Profiler deuten.
Felix Randau (Die Anruferin) wollte das ändern – wenngleich auch fiktiv. Als Drehbuchautor und Regisseur in Personalunion schrieb er für Der Mann aus dem Eis eine Geschichte, die vor allem die letzten Tage des Menschen aus der Jungsteinzeit beleuchten. Eine Rachestory ist es geworden, die zwar vollkommen vorhersehbar bleibt, aber dafür äußerst stimmungsvolle Aufnahmen liefert. Für die Hauptrolle konnte Randau Deutschlands Mimen für die anspruchsvollen und extrovertierten Rollen engagieren: Jürgen Vogel. Der musste zunächst, wie alle anderen Darsteller auch, eine frühe Form der rätischen Sprache lernen, die von allen Figuren im Film gesprochen wird und nicht untertitelt ist. Man sollte also hinschauen, wenn man dem Film folgen möchte, wobei es dann nicht sonderlich schwer fällt. Immerhin sind die Ereignisse durchweg nachvollziehbar und wenig kompliziert.Packender Survival-Actionfilm, das einem „Am Anfang war das Feuer“ mindestens ebenso viel schuldet wie „The Revenant – Der Rückkehrer“. Denn Authentizität spielt eine ebenso große Rolle wie die Lust an einem rastlosen Actionfilm, wobei die radikalste Entscheidung der Produktion war, die wenigen Dialoge in einer Ursprache nicht zu untertiteln. Felix Randau („Die Anruferin“) kehrt mit „Der Mann aus dem Eis“ nach sieben Jahren als Regisseur zurück und hat mit Jürgen Vogel einen aufopferungsvollen Hauptdarsteller gewonnen.

Nicht kompliziert, sondern wunderschön und erhaben sind die Landschafts-Hintergründe, vor denen Der Mann aus dem Eis spielt. Gemeinsam mit der sensationellen und wirklich authentisch wirkenden Ausstattung (Pfeil und Bogen, Werkzeuge, Webvorrichtung, Kleidung) fühlt man sich als Zuschauer tatsächlich in jene Zeit zurück versetzt. Dass es dort auch archaisch und ziemlich brutal zuging, verschweigt Randau nicht. Die gewalttätigen Szenen kommen unvermittelt und sind hart – zu hart für Zwölfjährige, so viel darf man festhalten. Jeder Erziehungsberechtigte sollte sich vorher gut überlegen, ob er den Film seinen unter 16-jährigen Kindern zugänglich machen will – zumal die Gewaltmomente nicht durch Humor oder Leichtigkeit gekontert werden. Schon rein von der Stimmung und musikalischen Untermalung her ist Der Mann aus dem Eis eher düster und gleicht des Öfteren von der Struktur her einem Western – nur konsequent, dass Django-Darsteller Franco Nero hier zu einem beachtenswerten Gastauftritt kommt. Einzig die Bindung an seine Figuren will dem Mann aus dem Eis nicht so recht gelingen, was aber nicht an Jürgen Vogel liegt, der seine physisch anspruchsvolle Rolle extrem glaubwürdig meistert und dabei nie ins Overacting abdriftet. Es scheitert eher an der nur gering beleuchteten Familiengeschichte Kelabs und auch daran, dass Randaus Film noch besser funktioniert hätte, wenn man die Verbindung zum eher sachlich-wissenschaftlichen Thema des Ötzis während des Films nicht immer wieder ziehen würde. Ohne diesen Hintergrund würde man sich noch mehr von der wunderbar fotografierten Rachestory vereinnahmen lassen.

Bild- und Tonqualität

Der Mann aus dem Eis wurde praktisch ausschließlich bei verfügbarem Licht gedreht, um die Authentizität noch weiter zu steigern und keinen künstlichen Look durch entsprechende Lichtquellen zu verursachen. Das ist zum einen zwar löblich, weil es viel Atmosphäre erzeugt und sehr filmisch wirkt, kommt aus technischer Sicht aber natürlich nicht an moderne Hochglanz-Produktionen heran. So kann man beispielsweise kaum von Kontrastumfang reden, sobald es etwas dunkler wird. Schwarz ist immer eher mittelgrau, manchmal auch bräunlich oder grünlich eingefärbt. Während der hellen Szenen gibt es hingegen kaum Farben. Selbst das Grün der Wiese wurde sichtbar entsättigt. Die Schärfe geht in Naheinstellungen noch in Ordnung, aufgrund der verwendeten Objektive setzt es aber bisweilen leichte Unschärfen an den oberen und unteren Randbereichen (39’35). Im späteren Verlauf gibt es dann öfter mal sehr knackige Szenen – beispielsweise, wenn Kelab in der Gletscherspalte sitzt und viel Licht hinunter dringt.
Während das Bild stark stilisiert ist, erreicht der Sound von Der Mann aus dem Eis durchweg das Niveau von Hollywood-Produktionen. Da sich der Film sehr stark auf die Geschehnisse konzentriert und Dialoge nur spärlich gesät sind, wird die Umgebung umso stärker in den Vordergrund gemischt. Das sorgt für einen extrem lebhaften und unmittelbaren Ton, dessen Naturkulisse den Zuschauer direkt ins Geschehen versetzt. Geräusche wie das Schnitzen eines Pfeils sind äußerst direkt und sehr präsent. Auch das Knistern des Feuers und das Gewitter nach gut einer halben Stunde nutzt sämtliche Lautsprecher effektiv (28’05). Der Donner nach etwas über 35 Minuten nimmt es dann spielend mit Big-Budget-Filmen auf und fordert den Subwoofer für einen Moment aufs Äußerste (36’30).

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Der Mann aus dem Eis gibt’s fünf Interviews und ein alternatives Filmende. Dazu kommen kurze Probeaufnahmen der Kampfszene sowie ein Making-of, das eher ein zweiminütiger Trailer ist. Hinter „Am Set von …“ versteckt sich der eigentliche Hintergrundbericht zum Film. Der läuft gut eine halbe Stunde und zeigt viele Aufnahmen der Dreharbeiten sowie der unterschiedlichen Drehorte/Locations.

Fazit

Der Mann aus dem Eis ist ein spannender und stark gespielter Mix aus Survival-Drama und Rache-Action, der von seiner authentischen Atmosphäre lebt, die emotionale Bindung an die Figuren aber vermissen lässt.
Für Blu-ray-Freunde gibt es einen vorzüglich atmosphärischen Ton mit einem sehr archaisch anmutendem Bild.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (Ursprache): 85%
Bonusmaterial: 70%
Film: 70%

Anbieter: Ascot Elite
Land/Jahr: Deutschland/Italien/Österreich 2017
Regie: Felix Randau
Darsteller: Jürgen Vogel, Franco Nero, André M. Hennicke, Sabin Tambrea, Martin Schneider, Susanne Wuest, Violetta Schurawlow, Axel Stein, Anna F.
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 96
Codec: AVC
FSK: 12

Trailer zu Der Mann aus dem Eis

DER MANN AUS DEM EIS Blu-ray Trailer Deutsch German (2018)

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