Der Richter – Recht oder Ehre

Blu-ray Review

Der Richter Recht oder Ehre Blu-ray Review Cover
Warner Home, seit 26.02.2015

OT: The Judge

 


Familienrecht

Der Richter – Recht oder Ehre ist Schauspielkino auf ganz hohem Niveau.

Inhalt

Hank Palmer, der durchaus selbstverliebte Star-Rechtsanwalt hat gerade einen wichtigen Prozess, als seine Mailbox ihm vom Tod der Mutter berichtet. Also macht er sich auf in das Provinznest, in dem er geboren wurde, um dort mit seinen beiden Brüdern Glen und Dale sowie dem seit langer Zeit ungeliebten Vater, Richter Joseph Palmer, der Beerdigung beizuwohnen. Selbstredend gibt’s Streit zwischen Hank und seinem Dad und so ist der Sohnemann nur froh, dass er wieder auf dem Weg nach Hause im Flugzeug sitzt. Die Maschine ist praktisch startbereit, als Glen anruft und berichtet, dass man Joseph aufs Revier bestellt hat. Ein Mann kam durch einen Autounfall zu Tode und Josephs alter Wagen weist verdächtige Spuren auf. Hank übernimmt zunächst die Verteidigung, muss von seinem Vater aber delikate Details und vor allem die Wahrheit erfahren. Das wiederum ist schwerer als erwartet, denn der Richter erinnert sich nicht mehr an die Fahrt. Da alsbald Blut des Opfers im Kühlergrill gefunden wird und der Getötete noch dazu ein Ex-Verurteilter des Richters ist, stehen die Chance für Joseph und Hank schlecht – zumal Daddy seinen Sohn nicht als Verteidiger haben will und einen unerfahrenen Dorfjuristen anheuert. Als der zurückzieht, ist der Weg frei für Hank, doch die Verteidigungsstrategie ist brüchig, da der Richter seine Krebserkrankung nicht als Argument zulassen will. Immerhin könnte man dann dessen gesamte Urteile der letzten Monate revidieren …

„Ich wünschte, ich würde dich mehr mögen!“ Joseph und Hanks Verhältnis ist grundlegend zerrütet und selbst im Moment der größten Bedrohung für die Familie augenscheinlich nicht zu kitten. Das jedenfalls macht Der Richter – Recht oder Ehre von Beginn an klar und schon nach einer guten halben Stunde kommt man um ein ehrlich empfundenes „Wow“ nicht rum. Denn da kommt ein Regisseur, der bisher mit seichten Komödien wie Die Hochzeits-Crasher oder Die Gebrüder Weihnachtsmann „brillierte“ und führt ein hervorragendes Ensemble zu einem durch die Bank gandenlos gutem Film zusammen. Mit scheinbarer Leichtigkeit gelingt es ihm, Thriller-Elemente von grisham’scher Qualität mit innerfamiliärer Dramatik zu verknüpfen und zu einem zweieinhalbstündigen Erlebnis zu machen. Einerseits fiebert man gespannt mit, was die Frage angeht, ob Joseph den Unfall absichtlich verursacht hat, andererseits funktioniert Der Richter – Recht oder Ehre auch auf der Ebene des Konflikts zwischen Vater und Sohn. Dies gelingt vor allem, weil Robert Duvall seiner langen Vita erneut eine Meisterleistung (nominiert für den Oscar in einer Nebenrolle) hinzufügt. Wie er zunächst grummelnd-zynisch seinem Sohn gegenüber auftritt, sich dann in pragmatischem Realismus übt, was die Einschätzung seiner Situation angeht, nur um seiner Enkelin gegenüber herzallerliebst aufzutreten – das ist großes Schauspiel bis in die Nuancen Und wenn man denkt, da kommt nichts mehr, muss Duvall wortwörtlich durch den Dreck waten und in dem Moment, wenn sich der Darmkrebs in seiner unangenehmsten Form den Weg bahnt, das Intimste seiner Figur preisgeben – Respekt!

An seiner Seite agiert Robert Downey jr., der nur ganz bedingt und dezent seine Tony-Stark-Nummer abzieht. Klar, ein wenig Grundarroganz wohnt seinen Figuren immer inne, doch schon nach einer Viertelstunde hat er die Zuschauer als Advokat mit Hang zum Sarkasmus auf seiner Seite. Dass er ein großer Charmeur ist, weiß und kennt man schon lange, weshalb die gemeinsamen Szenen mit Vera Farmiga (zuletzt charmant in Ein Tag in Middleton) vor Harmonie und Leidenschaft knistern. Übrigens muss mittlerweile etwas an der Hardrock-Leidenschaft von Downey jr. dran sein. Nach diversen AC/DC-Motiven in Iron Man, trägt er hier ein olles Metallica-Shirt. Dass auch die weiteren Nebenrollen mit Vincent D’Onofrio und Billy Bob Thornton prominent und hervorragend besetzt sind, schadet dem Richter – Recht oder Ehre kaum, sondern fügt weitere interessante und authentische Figuren hinzu. Schön auch, dass man die Rolle des etwas zurückgebliebenen Dale nicht dazu nutzt, sich über ihn lächerlich zu machen, sondern eher im Gegenteil, liefert gerade Dale ein paar wichtige Hinweise. Trotzdem wohnt dem Film ein charmanter Humor inne, den nicht nur Downey jr transportiert, sondern eben auch Dales Leidenschaft für Super-8-Filme. Da die Dialoge durch die Bank geschliffen sind und zunächst von den Gefechten zwischen Hank und Joseph, später von jenen zwischen Joseph und Dwight leben, gelingen selbst die ruhigeren Momente und wirken nicht gedehnt. All diese Faktoren begründen, dass Der Richter ein außergewöhnlich gutes Stück Kino ist. Das einzige Manko, das man dem Film vorwerfen kann, ist, dass die Figur des Richters nur allmählich Sympathiewerte vor Gericht einheimsen kann. Man fragt sich als Zuschauer, ob man, wäre man einer der Geschworenen, für oder gegen ihn stimmen würde – vielleicht ist aber gerade das auch eine weitere Stärke, denn so wird noch intensiver spürbar, wie die Ereignisse auf die gesamte Familie einwirken. Dass am Ende eine andere sensible Frage (Old Boy lässt grüßen) nicht noch zusätzlich bestätigt wird, mag inkonsequent sein, hätte dem Film aber an der Stelle zu konstruiert wirken lassen und für zu viel Ablenkung gesorgt.

Bild- und Tonqualität

Die Blu-ray von Der Richter – Recht oder Ehre liefert ein farblich warm abgestimmtes, meist bräunlich gefiltertes Bild, bleibt fortlaufend ein wenig zu dunkel und säuft in schwarzen Bereichen gerne mal ab. Das auffällig sichtbare Korn nimmt in den dezent ausgeleuchteten Innenraumaufnahmen und vor allem in Halbtotalen noch einmal zu und flirrt regelrecht vor der Mattscheibe. Da vor hellen Hintergründen die Details im Vordergrund auch noch ausreißen und Doppelkonturen sichtbar werden, kann man hier nur sagen, dass ein aktueller Film ein besseres Bild verdient hätte.
Akustisch bleibt das Geschehen grundlegend frontal, öffnet sich nur beim Sturm nach 90 Minuten und während der Filmmusik etwas auf die rückwärtigen Lautsprecher. Die deutsche Fassung muss erneut mit einer Dolby-Digital-Spur auskommen, während die Originalversion unkomprimiert in dts-HD-Master daherkommt. Dieses Mal sind die Unterschiede allerdings eher marginal. Ein Quäntchen mehr Feinzeichnung beim Filmscore von Der Richter, ein wenig mehr Präsenz während der Dialogwiedergabe, das war’s auch schon.

Bonusmaterial

Ein ungewohntes und äußerst entspanntes Feature befindet sich im Bonusmaterial von Der Richter. Unter „Inside The Judge“ versteckt sich ein 20-minütiges Treffen der Hauptdarsteller in entspannter Atmosphäre eines Lofts, resümierend über die Dreharbeiten. In „Getting Deep with Dax Sheppard“ nimmt sich Spaßvogel Sheppard seine Co-Stars vor und improvisiert ein paar Blödelei-Interviews. Des Weiteren warten insgesamt 18 Minuten an geschnittenen, wahlweise kommentierbaren Szenen und ein Audiokommentar des Regisseurs auf den Zuschauer.

Fazit

Der Richter – Recht oder Ehre bietet 140 Minuten Unterhaltung auf dem allerhöchsten Niveau mit Schauspielern, die kaum besser agieren könnten. Robert Duvalls Performance ist absolut oscarwürdig. Allerdings sah das die Academy anders und bevorzugte den ohne Zweifel großartigen J.K. Simmons in Whiplash.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 50%
Film: 90%

Anbieter: Warner Home
Land/Jahr: USA 2014
Regie: David Dobkin
Darsteller: Robert Duvall, Robert Downey jr., Vera Farmiga, Vincent D’Onofrio, Dax Sheppard, Jeremy Strong, Billy Bob Thornton
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 141
Codec: AVC
FSK: 6

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