Blu-ray Review
OT: El Ángel
Gesandter des Himmels
Auf wahren Begebenheiten beruhender Film über einen argentinischen Serienmörder.
Inhalt
Carlitos ist 17. Und er glaubt nicht an das Konzept von Besitz. Deshalb stiehlt er. Und das nicht gerade selten. Bei seinen Raubzügen sucht er sich gerne die besseren Häuser aus und streift gerne durch die Zimmer. Er selbst stammt aus einer stabilen aber nicht sehr reichen Arbeiterfamilie und hält sich bei seinen Diebstahl-Unternehmen für einen „Spion Gottes“. Als er einen Mitschüler im Werkunterricht kennen lernt, ist er angetan von dem dominant wirkenden und viel erwachsener scheinenden Typen. Ramón kommt aus gutem Hause und vor allem sein Vater scheint die Welt schon gesehen zu haben. Von ihm lernt Carlitos das Schießen und er ist es auch, der „seine“ zwei Jungs dann zu Komplizen im Verbrechen macht. Allerdings bleibt es nicht bei Raubzügen durch Waffengeschäfte oder feine Villen. Denn eines Nachts werden die zwei Jungs von einem Mann überrascht. Carlitos schießt. Und es wird nicht das einzige Mal bleiben …
Elf Morde, ein versuchter Mord, 17 Raubüberfälle, eine Vergewaltigung, eine versuchte Vergewaltigung, zwei Kidnappings und zwei Diebstähle – Carlos Eduardo Robledo Puchs Liste an Verbrechen ist lang. Der argentinische Serienmörder brauchte nicht einmal ein Jahr, um mit zwei unterschiedlichen Komplizen diese erschreckende Reihe an Verbrechen zu begehen, bevor man ihn im Februar 1972 im Alter von 20! Jahren in Gewahrsam und verurteilen konnte. Noch immer sitzt Robledo Puch im Gefängnis. Mehrere Versuche, auf Bewährung rauszukommen sowie ein Verfahren, bei dem er sich die Todesstrafe vor Gericht erstreiten wollte, scheiterten. Seit nunmehr 47 Jahren lebt Puch hinter Gittern.
Unter der Produktion vom spanischen Filmemacher Pedro Almodóvar nahm sich Regisseur Luis Ortega die Geschichte vor und inszenierte einen altmodisch anmutenden Krimi, der den Fokus auf ein bestimmtes Element des Killers legt: In der Öffentlichkeit war Carlos als „Engel des Todes“ oder „Der schwarze Engel“ bekannt. Der Grund für das „Engel“ entstammt seinem jungenhaften und jugendlichen Gesicht sowie den blonden Locken. Möglicherweise sah noch nie ein Serienkiller harmloser, schüchterner und hübscher aus als Robledo Puch.
Diese Dynamik aus dem unschuldigen Äußeren und dem mörderischen Inneren der Hauptfigur macht den Reiz von Der schwarze Engel aus, der sich allerdings mit knapp zwei Stunden ziemlich viel Zeit lässt, seine Geschichte zu erzählen.
Und obwohl sich Ortega einige Freiheiten nimmt und sich nicht eng an den realen Geschehnissen entlang hangelt, gibt es fesselnde und bedrückende Momente. Während die erste halbe Stunde schon fast unbeschwert von zwei cool wirkenden Jungs erzählt, gerät der erste Gewaltausbruch ziemlich unangenehm. Vor allem, weil er vollkommen unerwartet passiert und noch unerwarteter verläuft. Am Ende fragt Carlitos den Getroffenen, ob bei ihm „alles gut wäre“ – ein eindringlicher Moment, durch den klar wird, dass der Junge praktisch kein Unrechtsbewusstsein hat.
Es sind neben solchen Szenen auch die Bilder die nachhaltig wirken. Wenn Carlitos Nachts bei Ramón zur Toilette möchte und sein Geschäft neben dessen Vater verrichten muss, während der sich dort gerade eine Heroinspritze setzt, dann ist das ebenso beiläufig wie unangenehm.
Leider hängt Der schwarze Engel im Mittelteil doch arg durch und verliert sein anfängliches Erzähltempo spürbar.
Etwas deplatziert wirken zudem die erotischen Anspielungen, die das Geschehen seltsam romantisieren, wo man es in Wahrheit mit einem Typen zu tun hatte, dem echte Emotionen offenbar völlig fremd waren.
Bild- und Tonqualität
Um der Zeit gerecht zu werden, in der Der schwarze Engel spielt (Anfang der 70er), taucht Regisseur Ortega seinen Film in gelbliche Bilder mit einer relativ schwach ausgeprägten Kontrastdynamik. Ein leichter Grauschleier liegt über dem Bild und Farben wirken grundsätzlich etwas ausgewaschen. Natürlich dominieren ohnehin die typischen Farben der Zeit: Braun, Grün, Gelb und Orange. Die Schärfe ist dauerhaft nicht sonderlich gut, was ebenfalls gewollt wirkt. Nicht gewollt ist das bisweilen drastische Kantenflimmern bei Schwenks der Kamera oder in Totalen (86’44).
Beim Ton liefert die Blu-ray dts-HD-Master für beide Tonspuren. Aktiv werden diese vor allem während des Filmscores, der sich auch auf die Surroundspeaker legt. Während der 70er-Jahre Rocksongs gibt’s sogar schon mal etwas Druck vom Sub und die Schüsse knallen recht realistisch durchs Heimkino. Die Dialoge kommen sehr gut verständlich aus dem Center und sind überdies professionell eingesprochen.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Der schwarze Engel gibt es neben den Trailern ein 15-minütiges Making-of, das die Geschichte hinter der Geschichte sowie jene der Produktion etwas näher beleuchtet und die Darsteller und Macher zu Wort kommen lässt.
Fazit
Bei Der schwarze Engel geht Stil ein bisschen über Substanz. Regisseur Ortega verliert sich bisweilen etwas selbstverliebt in seine Bilder und die erotische Aufladung der Story. Das Schauspiel des jungen Lorenzo Ferro allerdings beeindruckt – eben weil er es schafft, diese Leere in seiner Figur nach außen zu tragen.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 65%
Anbieter: Koch Films
Land/Jahr: Argentinien/Spanien 2018
Regie: Luis Ortega
Darsteller: Lorenzo Ferro, Cecilia Roth, Luis Gnecco, Malena Villa, Sofia Inés Torner
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, sp
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 114
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Koch Films)