Der Tod weint rote Tränen

Blu-ray Review

OT: L’étrange couleur des larmes de ton corps

 


Alles so GELB hier!

Mit Der Tod weint rote Tränen bekommt die Gattung des „Giallo“-Films ein kleines Update.

Inhalt

Als Dan von einer Geschäftsreise nach Hause kommt, fehlt etwas Endscheidendes: seine Frau. Und das, obwohl das Appartement von innen verschlossen war. Erste Nachforschungen führen ihn zu den Nachbarn, die aber außer verwirrenden Aussagen nichts zum Wiederauffinden der Verschwundenen beitragen können. Am nächsten Tag taucht der Polizist Vincentelli bei Dan auf, der schon mehr zu wissen scheint, als Dan bisher überhaupt kundgetan hat. Während Dan selbst Nachforschungen anstellt, dringt er immer tiefer ein in die Psyche der Beteiligten und vor allem in sein eigenes Ich …

Während der 60er und 70er kam aus Italien durch Regisseure wie Bava, Argento oder Fulci eine ganz besondere Gattung Film ans Licht, die Gewalt und Sex durch eine extrovertierte Optik und kunstvolle Aufnahmen darstellter – der sogenannte „Giallo“. Während sich die Sehgewohnheiten änderten und die entsprechenden Regisseure allesamt in Einfallslosigkeit versanken, verschwand auch der Giallo wieder von der Bildfläche. Doch gerade während der letzten zwei Jahre gab es immer wieder Beiträge, die sich an die visuell einzigartigen Filme anlehnten, wie es jetzt auch Hélène Cattet und Bruno Forzani tun. Der Tod weint rote Tränen entzieht sich einer üblichen Betrachtungsweise und fordert den Zuschauer: Die Handlung ist kaum vorhanden, setzt sich aus fragmentarischen Versatzstücken zusammen und wirkt vor allem durch die in jeder Szene durchkomponierten Bilder. Was improvisatorisch aussieht, ist von vorne bis hinten perfekt durchchoreographiert und bis ins kleinste Detail geplant. Das Regieduo Cattet/Forzani scheint nicht nur eine Vorliebe für den Giallo zu haben, sondern lässt den Film in jeder noch so kleinen Szene den Geist dieser Vorlagen atmen: Immer wieder Großaufnahmen von Augen, aufgerissenen Mündern, dazu Multiple-Split-Screens, rasante Abfolgen von Schnitt und Gegenschnitt oder Negativ-Images – Der Tod weint rote Tränen ist sicher einer der ungewöhnlichsten Genre-Beiträge der letzten Zeit und genau das, was Argento schon seit 30 Jahren nicht mehr hinbekommt. Das wird demjenigen, der seinerzeit schon nichts mit diesen visuellen Ausschweifungen anfangen konnte, nicht die Spur gefallen. Alle Freunde des Giallo bekommen erstmals seit Jahren wieder einen gelungenen Beitrag zum Genre. Ein Beitrag, der auch mit intensiven Gewaltszenen aufwartet, die aber (ganz Giallo) so stilisiert sind, dass sie sich von der Brutalität des 08/15-Horrorgenres deutlich unterscheiden. So schneidet in einer zweiminütigen Sequenz diverse Male ein Rasiermesser in Haut, dringt durch sie hindurch, lässt sie klaffend zurück. Doch durch die starken Nahaufnahmen und die detaillierte Darstellung wirkt das eben genauso wie gewünscht: Als Kunstwerk. Und ein Gesamtkunstwerk ist Der Tod weint rote Tränen dann auch geworden – wenngleich ein ziemlich kalkuliertes.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Der Tod weint rote Tränen ist stark stilisiert: Während in den Szenen, die in der Gegenwart spielen, die Schärfe eher schwach ist, der Rauschfaktor sichtbar und die Konturen relativ weich daherkommen, sind die schwarz-weiß-Flashbacks zu Beginn extrem scharf, perfekt kontrastiert und aufsehenerregend plastisch. Im Zuge der Bildkompositionen gesellen sich dann noch überrissene Farben und bewusste Bildfehler (Störstreifen, verbranntes Filmmaterial, Drop-Outs) dazu.
Noch durchgestylter als das Bild präsentiert sich hingegen der Ton, der die Bilder von Der Tod weint rote Tränen mit beeindruckenden Geräuschen begleitet. Bewusst direktional fallen die Sounds aus, übertrieben heftig die Geräusche. Da pumpt ein Herz, dass es dem Subwoofer Angst und Bange wird, da wird der Einsatz eines Stethoskops zum brutalen Rumoren sämtlicher Lautsprecher und beim Anstrengen der Halssehnen, scheint ein meterlanges Papier zu zerreißen. Beim Gespräch mit dem Polizisten, wird zudem exzessiv vom Stereo-Effekt Gebrauch gemacht.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Der Tod weint rote Tränen besteht aus ein paar vor dem Hauptmenü ablaufenden Programmtipps und den beiden Originaltrailern zum Film.

Fazit

Für Nicht-Fans dieser Gattung Film ist Der Tod weint rote Tränen eine furchtbar anstrengende, sinnlose, handlungsarme Qual – für Freunde des Giallo schlicht eine Offenbarung. Dazwischen gibt’s vermutlich nichts.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonsumaterial: 10%
Film: 60%

Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: BE/F/LUX 2013
Regie: Hélène Cattet, Bruno Forzani
Darsteller: Klaus Tange, Ursula Bedena, Joe Koener, Birgit Yew, Hans de Munter
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 102
Codec: AVC
FSK: 16

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