Der Vater meiner besten Freundin

Blu-ray Review

Der Vater meiner besten Freundin Blu-ray Review Cover
Universum Film/Weltkino, ab 26.02.2016

OT: Un moment d’égarement

 


Versuchung wider besseren Wissens

Nicht nur das US-Kino verfilmt alte Klassiker gerne neu.

Inhalt

Louna und Marie fahren mit ihren jeweiligen Vätern Antoine und Laurent in das alte Ferienhaus Antoines nach Korsika. Dass dieses für die Mädels viel zu weit weg vom Meer ist und auch noch ohne Handyempfang wiegt die Freude über Sonne und Strand allerdings ziemlich auf. Noch dazu können die minderjährige Louna und Marie sich am Abend nicht entfalten, weil ihre Väter sie ständig mit Auflagen und Kontrolle konfrontieren. Als sie dann doch später (und noch dazu alkoholisiert UND auf Motorrollern) nach Hause kommen als abgemacht, sind die beiden Papas natürlich stinksauer. Dennoch geht man am nächsten Tag gemeinsam auf einen Ausflug und dabei kommen sich Louna und Laurent, den sie von Beginn an ziemlich cool fand, zunächst zufällig näher. Dann jedoch legt die Minderjährige es drauf an und verführt den besten Freund ihres Vaters. Während der sich daraufhin für sein Verhalten schämt und seinen Fehler bereut, lässt sie nicht locker und behauptet, ihn zu lieben. Noch schlimmer allerdings wird es, als Antoine Wind von einem älteren Freund seiner Tochter bekommt und sich in den Kopf setzt, den Kerl ausfindig zu machen. Dabei soll ihm ausgerechnet Laurent helfen, was für zahlreiche absurde Situationen sorgt …

„Könnt ihr nicht mal aufhören, euch wie ein bescheuertes Klischee eurer Generation zu benehmen?“ – Einer der ersten Sätze, der Laurent über die Lippen kommt, zeigt, dass französisches Kino in den letzten Jahren aus dem Schatten der Albernheiten des letzten Jahrtausends durchaus herausgetreten ist. Um das zu verdeutlichen, bräuchte es nicht einmal die (gekünstelte) Titelnähe zu Ziemlich beste Freunde, die der Anbieter dem Film gegeben hat. Der Vater meiner besten Freundin heißt eigentlich „Ein Moment der Verwirrung“ und basiert auf dem gleichnamigen Original von Claude Berri aus dem Jahr 1977. Dessen Tiefgründigkeit mag Richets Neuverfilmung nicht erreichen, doch die gut besetzten Figuren (allen voran Vincent Cassel als Laurent) und die malerische Atmosphäre machen einiges wieder wett. Auch der Moment, in dem die verbotene Liaison ihren Lauf nimmt, gelangt mit sicherer Hand inszeniert auf die Leinwand. Kein Anflug von Fremschämen, sondern eine Situation, die ihre zwei Protagonisten ernst nimmt und ihr Verhalten nachvollziehbar macht. Von dem Moment an wechselt die Stimmung natürlich und es geht nicht mehr um einen unbeschwerten Sommerurlaub, sondern um betrogene Freundschaften. Richet denkt allerdings nicht daran, das Drama zu sehr die Kontrolle übernehmen zu lassen. Vielmehr ist es erneut Cassel, der in Extremsituationen für komische Momente sorgt. Beispielsweise wenn Louna seine Hand rustikal auf ihren Hintern zieht, als er sie gerade eincremt. Cluzet bleibt in diesen Momenten lediglich die Rolle des anhungslosen Papas, der sich und seine Tochter in guter und sicherer Hand weiß – vermeintlich. Dafür macht er gute Miene zum bösen Spiel und sorgt für komische Momente, wenn er emotional hochgeputscht den schwulen DJ in der Annahme vermöbelt, es sei der Schurke, der seine Tochter „beschmutzt“ hat. Oder wenn er mit dem Gewehr Jagd auf das resolute Wildschwein macht – ihn diesem selbstredend den „Freund“ Lounas sehend. Der Vater meiner besten Freundin bleibt bis zum Ende nur oberflächlich dramatisch und verlässt sich ganz auf seine charmanten Darsteller, die das von ihnen Verlangte mit Verve darstellen. Ohnehin können Cassel und Cluzet nur wenig dafür, dass das Drehbuch die dramatischen Zwischentöne etwas stiefmütterlich behandelt. Im Zusammenspiel von Lola Le Lann und Alice Isaaz wird dies schon deutlicher. Während Erstere vornehmlich verführerisch dreinschauen muss, ist es Isaaz als Marie, die für die nachvollziehbare Gefühle sorgt. An ihr ist es darzustellen, wie krass das Fehlverhalten des Vater ist und das tut sie mit Nachdruck. Im Gegensatz zum Film, der das nicht gerade einfache Thema vielleicht etwas zu sehr auf die leichte Schulter nimmt.

Bild- und Tonqualität

Mit kräftigen Farben und guten Kontrasten kommt das Urlaubsfeeling in Der Vater meiner besten Freundin zunächst greifbar rüber. Die Tiefendarstellung ist okay, wird aber von den scharfen Naheinstellungen übertroffen. Die leicht erdig-warme Filterung passt gut zum Flair des korsischen Sommers. Später leiden Innenraumaufnahmen aber auch schon mal unter einem leicht milchigen und etwas (Beginn von Kapitel 6) kontrastschwächeren Eindruck. Auch Halbtotale und Totale fallen ein wenig hinter die Close-ups zurück.
Während Der Vater meiner besten Freundin die meiste Zeit eher frontal bleibt und sich auf die homogene Wiedergabe der Stimmen konzentriert, zirpen hin und wieder ein paar Grillen über alle Speaker. Wirklich effektvoll wird’s, wenn Antoine des Nächtens einen Gewehrschuss auf die verhassten Wildschweine abgibt. Der verhallt hübsch und reicht aus für einen anständigen Hallo-Wach-Effekt. Während der Diskobesuche gesellt sich zudem eine anständige Dynamik dazu, die dafür sorgt, dass die Bässe der Beats druckvoll ins Wohnzimmer gelangen.

Bonusmaterial

Ein knapp vierzigminütiges Interview mit Cassel und Cluzet bildet das Bonusmaterial von Der Vater meiner besten Freundin. Das erweist sich als ziemlich entspannt wenngleich es nicht übermäßig gehaltvoll geraten ist.

Fazit

Der dramatische Anstrich des Originals weicht in Der Vater meiner besten Freundin einem humorvollen Touch mit Buddy-Charakter. Cassel und Cluzet sind dafür die Idealbesetzung, wenngleich ihre Figuren an der Oberfläche verweilen. Sei’s drum: Die Geschichte um Vertrauen und Ehrlichkeit unterhält.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 70%

Anbieter: Universum/Weltkino
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Jean-François Richet
Darsteller: Vincent Cassel, François Cluzet, Lola Le Lann, Alice Isaaz
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en // dts HD-Master 2.0: de
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 106
Codec: AVC
FSK: 12

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