Blu-ray Review
OT: The Wizard of Oz
Nicht mehr in Kansas
80 Jahre und (fast) gar nicht gealtert.
Inhalt
Ein Wirbelsturm bringt die 14-jährige Dorothy aus Kansas ins wundersame Zauberland Oz. Dort trifft sie auf eine gute und eine böse Hexe und muss den Zauberer von Oz finden, um wieder zurück zu ihrer Familie zu gelangen. Auf ihrer Reise zum Herrscher der Zauberwelt begegnet sie dem Zinnmann, der so gerne ein Herz hätte; dem ängstlichen Löwen, der so gerne Mut hätte und der Vogelscheuche, die so gerne Verstand hätte. Als sie dem Zauberer endlich gegenüberstehen, erscheint dieser als Trugbild in einer Wolke aus Rauch und Feuer. Er trägt Dorothy auf, den Hexenbesen der „Wicked Witch“ zu besorgen, denn erst dann könne er sie nach Kansas zurückbringen …
Schon 1937 gab es erste Planungen, die Frank Baums Vorlage von 1900 in einen Film zu transportieren. Nach einigen Drehbuchentwürfen war es letztlich eine Kooperation von Noel Langley, Florence Ryerson und Edgar Allan Woolf (neben weiteren Beteiligten), die zum Skript führte, dass Victor Fleming dann mit insgesamt vier Ko-Regisseuren realisierte, bevor er mit Vom Winde verweht einen weiteren Filmklassiker inszenierte.
Zwar mag die Adaption des Zauberers von Oz aus heutiger Sicht altertümlich wirken – immerhin haben sich die Sehgewohnheiten massiv geändert. Zeitlos jedoch sind seine Songs, die auch nach 80 Jahren noch ihre Magie und ihren Zauber behalten haben. Jeder einzelne davon ist ein Ohrwurm und nicht umsonst gab es zwei Oscars – einen für die Filmmusik generell und einen für den besten Titelsong. Die Nominierung zum Besten Film verlor er aber – ausgerechnet an Flemings zweiten Film des Jahres: Vom Winde verweht.
Doch im Gegensatz zum epischen Liebesdrama zwischen Scarlett und Rhett, der seinen Kultstatus durch die jeweiligen TV-Ausstrahlungen und den privaten Konsum von DVD oder Blu-ray festigt, ist der Zauberer von Oz präsenter. In unzähligen Theateraufführungen von Schulklassen wird er beständig einem neuen Publikum vorgeführt und die Songs sind ebenso unsterblich wie so manches Filmzitat. Dorothys „We’re not in Kansas anymore“, das sie nach der Ankunft im Zauberland zu ihrem Hund Toto sagt, dürfte zu den meist zitierten Sprüchen der Populärkultur gehören. Von Shutter Island über Sex and the City, Criminal Minds oder The Matrix bis hin zum Empfang der neuen Rekruten durch Colonel Miles Quaritch in Camerons Avatar reicht die Palette. Und sie könnte ergänzt werden um Musiksongs, Comic-Dialoge und und und. Tatsächlich dürfte The Wizard of Oz zu den einflussreichsten Filmen aller Zeiten gehören – auch was spätere Musicalfilme angeht. Denn in puncto fließende Übergänge und Erzählen einer Geschichte durch brillant choreografierte und gesungene Musikstücke macht dem Film auch 80 Jahre nach seinem Erscheinen so schnell keiner was vor. Erstaunlich, wie gut die gezeichneten Hintergründe und die offensichtlich im Studio entstandenen Setdesigns auch heute noch funktionieren. Natürlich entlarvt man sie als solche, aber der Charme, der davon ausgeht, ist unerreicht. Wenige – wirklich nur ganz wenige Filme – sind auf Dauer so zeitlos geblieben und begeistern auch heute noch jung und alt.
Bild- und Tonqualität BD
Der zu Beginn sepiafarben gehaltene Zauberer von Oz verändert seinen Charakter ganz bewusst von dem Moment an, in dem Dorothy ins Zauberland eintritt. Dort kommt der im Technicolor-Verfahren realisierte Film knallbunt und kontraststark daher. Die Körnung ist zwar durchgehend hoch, doch bleibt sie stets filmisch und authentisch. Das verdankt der Film seinem 2009er Transfer (mehr dazu im nächsten Kapitel), der ein Maximum aus dem 75 Jahre alten Material heraus holte und den man schon von den letzten Blu-ray-Releases kennt. Die Schärfe in den Close-ups ist deshalb bereits richtig gut und wird nur durch die optisch bedingten Randunschärfen etwas getrübt. Immer vor Augen, dass das Ausgangsmaterial von 1939 ist, hat man hier wirklich ganze Arbeit geleistet. Auch übrigens bei der Defektentfernung. Staub oder Blitzer bleiben vollständig aus.
Entgegen vieler Synchronisationen der 50er oder 60er ist die deutsche Fassung von Der Zauberer von Oz wirklich gut gelungen. Frauenstimmen überstrapazieren die Nerven nicht über die Maßen und bis auf ein hörbares Zischeln bei „s“-Lauten klingt die deutsche Spur angenehm. Die Mehrkanalabmischung lebt auf, wenn plakative Actionmomente wie der Wirbelsturm oder Musiksequenzen dominieren. Die auf dts-HD-Master-5.1 hochgemischte Originalfassung klingt gegenüber der deutschen Dolby-Digital-Version einen Hauch offener und hat die hörbar authentischeren Stimmen während der Dialoge. Hier wird dann auch deutlich, dass die Synchro nicht gerade das Maß aller Dinge in Sachen Lippensynchronität ist. Natürlich muss, bzw sollte man hier nicht nach übermäßiger Dynamik suchen. Der Center dominiert das Geschehen und die wenigen Surround-Situationen werden nur ganz dezent vom Subwoofer begleitet. Allerdings wird auch hier dann deutlich, wie viel voluminöser und lauter der Originalton ist.
Bild- und Tonqualität UHD
Im Vorfeld zur Veröffentlichung der UHD von Der Zauberer von Oz war vereinzelt die Frage zu lesen, wofür man eine 4K-Fassung eines so alten und noch dazu in 4:3 gefilmten Werks brauche. Zunächst einmal ist es sicherlich wünschenswert, jeden Film in der aktuell bestmöglichen Fassung zu Gesicht zu bekommen. Und auch rein technischer Sicht ist eine (native) 4K-Darstellung durchaus sinnvoll. Denn der Film wurde seinerzeit auf 35mm Filmmaterial aufgenommen. Und das liefert mindestens genug theoretische Auflösung für 4K oder mehr. Und weil „mehr“ nur besser sein kann, nahm man sich bereits 2009 für die 70th-Anniversary-Edition bereits die drei Original Technicolor-Negative (vgl. viertes Verfahren ab 1932) vor und scannte sie nicht in 4K, sondern gar in 8K – jeden einzelnen der drei Filmstrips, natürlich. Hält man sich vor Augen, welche gigantischen Datenmengen dies produzierte (jedes EINZEL-Bild des Scans lieferte ~40 MB), kommt man auf eine Menge von 4 x 40 MB pro Bild (drei für jeden Streifen plus eins von einer endgültigen Komposition aller drei Negative) – also ~160 MB pro Einzelbild. Addiert auf 24 Bilder/Sekunde und eine Laufzeit von knapp 102 Minuten kommt man hier auf ~23,5 TB (also Terabyte). Eine ganze Menge Daten, um jedes noch so kleine Detail einzufangen, das seinerzeit auf dem analogen Filmmaterial gelandet ist. Basierend auf diesem 8K-Scan wurde für die UHD ein 4K Digital Intermediate erstellt, was die UHD natürlich zur vollwertigen 4K-Scheibe werden lässt. Hinzu kam ein im Rahmen von Rec.2020 erweiterter Farbraum sowie die HDR-Formate HDR10, Dolby Vision und HDR10+ – volles Programm, also. Die Farbkorrektur wurde seinerzeit ebenfalls schon vorgenommen – und zwar von Janet Wilson (zuletzt auch für das Color Grading von Shining verantwortlich), die nicht nur die unterschiedlichen Restaurationen der letzten Veröffentlichungen des Zauberer von Oz erledigt hatte, sondern hier noch einmal von der moderneren Technik profitierte. Als Vorlage für größtmögliche Authentizität diente hier der 1939er Abzug vom Negativ, das im Archiv der Academy of Motion Pictures Arts and Sciences gelagert wird. Vor allem im Bezug auf die Farbgebung holte Wilson hier noch einmal mehr raus als bspw. beim 2005er Remaster für die Special-Edition-DVD. Da dieses Color-Grading auch schon die Basis für die bisherige Blu-ray bildete, unterscheidet sich der grundsätzliche Look von dieser nicht massiv. Im laufenden Bild fällt vor allem das noch feinere Korn auf, das auf der UHD dadurch noch analoger und weniger auffällig erscheint. Vor allem in der Tiefe des Bildes sorgt das für eine bessere Detaildarstellung homogenere Farbflächen. Denn was auf den ersten Blick bei der BD etwas knackiger aussieht als bei der UHD sind bei genauerem Hinsehen vor allem gröbere Körnungen mit vorhandenem Farbrauschen. Die Ultra-HD ist hier beständiger und durchweg gleichmäßiger. Beim Color Grading selbst fällt der Unterschied zur Blu-ray vor allem in den etwas weniger grünlichen Gesichtern und während der Sepiaszenen zu Beginn auffällig. Letztere kommen über die UHD tatsächlich in Sepia, während die Blu-ray einen deutlichen Stich ins Gelbliche hat. Der erweiterte Farbraum lässt vor allem Gelb, Rot sowie Pink oder Violett noch prägnanter erscheinen. Sowohl die späteren Farben als auch der monochrome Beginn liefert Dolby Vision im Vergleich zu HDR10 noch eindrucksvoller und echter ab. Dazu kann DV die Kontrastdynamik noch einmal etwas verbessern.
HDR10+ hingegen – wie bei bisher allen Titeln – zeigt erneut keinerlei Differenz zu HDR10 (getestet auf einem Panasonic TX-55GZW954).
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD ist durch die wesentlich feinere Auflösung des Korns deutlich ruhiger und gleichmäßiger in den Hautfarben. Außerdem fallen Letztere etwas authentischer rosig aus.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD restauriert den ursprünglich monochromen Sepialook eher in Rötliche, kommt aber insgesamt authentischer rüber.
UHD Dolby Vision (Slider ganz nach links): Dolby Vision nimmt wieder etwas rot weg und liefert vielleicht das authentischste Sepia.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die Yellow-Brick-Road kommt über die UHD deutlich satter gelb rüber.
UHD Dolby Vision (Slider ganz nach links): Die dynamische HDR-Variante kommt noch mal etwas kontraststärker, dunkelt die Schwarzwerte etwas ab und präsentiert das Gelb noch satter.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Während die UHD etwas softer erscheint. Wenn wir aber näher hinein zoomen, wird der Unterschied deutlich.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die feiner aufgelöste UHD und ihr weniger deutliches Korn bietet die bessere Detaildarstellung und die homogeneren Oberflächen.
Bonusmaterial
Auf der UHD ist ein Audiokommentar, sowie das Making-of enthalten. Die 2D-Filmdisk liefert neben dem identischen Audikommentar ein Märchenbuch, ein paar Featurettes und ebenfalls die isolierte Spur für die Filmmusik. Dazu kommen Songs zum Mitsingen und eine Musik-Jukebox. Das Making-of läuft „schlappe“ 70 Minuten und rollt die Geschichte des Films von Beginn an auf, streut aktuelle Interviews ein und ist im Gegensatz zum Audiokommentar untertitelt. Die zusätzliche Bonus-Blu-ray der 3D-Fassung von 2013 ist hier leider nicht enthalten.
Fazit
Der Zauberer von Oz ist ein Klassiker. Und er liegt nun mit voller Berechtigung in 4K-Auflösung vor. Die 8K-Basis liefert ein äußerst feines Korn, das den Film noch stimmiger und homogener, in der Tiefe detaillierter erscheinen lässt als die 2009er BD, die auf dem gleichen Master beruht. Die intensiveren Farben der HDR-/Rec.2020-Integration belohnen das Auge in den kunterbunten Musicalnummern mit hoher Brillanz, während Sepia seinen Gelbtouch glücklicherweise verliert.
Fans des Films können hier bedenkenlos zuschlagen.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 70%
Bildqualität UHD HDR10: 80%
Bildqualität UHD Dolby Vision: 85%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 50%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 80%
Film: 80%
Anbieter: Warner Home Video
Land/Jahr: USA/D 1939
Regie: Victor Fleming, Richard Thorpe, King Vidor, Bert Lahr, Frank Morgan
Darsteller: Judy Garland, Frank Morgan, Ray Bolger,
Tonformate BD: dts HD-Master 5.1: en // DD 5.1: de
Bildformat: 4:3 in 1,37:1
Laufzeit: 102
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-100
Real 4K: Ja (4K DI)
High Dynamic Range: HDR10, HDR10+, Dolby Vision
Maximale Lichtstärke: 2000
FSK: 0
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Warner Home Video)
Sehr schön! Den Film habe ich tatsächlich noch nie gesehen. Um so mehr freue ich mich auf die Zeitreise und ein Zelluloid-Bild zum Anfassen!