Blu-ray Review
OT: Designated Survivor
Der kleinste Fisch im ganzen Teich
Präsident Kirkman geht in sein zweites Amtsjahr.
Inhalt
Ein Jahr ist Tom Kirkman nun Präsident. Der Anschlag von Patrick Lloyd konnte vereitelt werden und liegt nun ein halbes Jahr zurück. Doch weil der immer noch flüchtig ist, wirft die Öffentlichkeit Kirkman Schwäche vor. Die Umfragewerte sind im Keller und sein Beraterstab setzt alles daran, dies zu ändern. Während Kirkman eine Krise mit einem entführten Flugzeug auf amerikanischem Boden lösen muss, stellt Emily ihm deshalb den jungen Lyor Boone vor. Der soll als politischer Leiter das Image des Präsidenten aufmöbeln. Dies tut er fortan mit äußerst ungewöhnlichen Methoden, die auch Aaron und Seth mal vor den Kopf stoßen. Während Kirkman im Land also versucht, seine Bevölkerung wieder hinter sich zu bekommen, ist Hannah Wells weiterhin unterwegs, um Lloyd ausfindig zu machen. Dies immerhin gelingt ihr bald und der Staatsfeind kann unschädlich gemacht werden. Doch das bedeutet nicht, dass Kirkman und seiner Präsidentschaft nun ohne Gegner dastehen würden. Denn Lloyd hat ein „Vermächtnis“ hinterlassen, das die Präsidentenfamilie in arge Bedrängnis bringen wird …
Als die erste Staffel der ABC-Serie Designated Survivor Ende 2016 hierzulande über Netflix abrufbar war, sah man Kiefer Sutherland noch mit den Augen seiner Rolle in 24. Sein Präsident Kirkman allerdings ist praktisch die Antithese des vogelfreien CTU-Agenten. Wo Letzterer des Öfteren Recht bricht und moralisch zweifelhaft entscheidet, muss der Präsident wider Willen zwar ähnliche Anschläge verhindern, bleibt dabei aber immer moralisch auf der sicheren Seite. Während der ersten 21 Episoden wurde aus der spannenden Ausgangsidee, dass ein unerfahrener Abgeordneter plötzlich Präsident ist, nach und nach eine Verschwörung epischen Ausmaßes, das immer wieder zu fesselnden (manchmal aber übertriebenen) Cliffhangern führte.
Dennoch: Die Serie reflektierte, dass der echte Feind tief im Inneren des eigenen Landes sitzt und die Gesellschaft spaltet. Das Misstrauen der gesellschaftlichen Lager wurde während der Ausstrahlung von Staffel I von der Realität eingeholt, als Donald Trump Präsident wurde. Fortan erwies sich der Inhalt von Designated Survivor fast als prophetisch – nur eben mit einem Anti-Trump als Präsident.
Was der Serie aber trotz der teils aktuellen inhaltlichen Bezüge angelastet werden kann, sind ihre mitunter arg konstruierten Einzelfälle. Jede Folge verhandelt neben dem großen umspannenden Bogen auch immer eine prekäre, scheinbar ausweglose Situation. Das ist manchmal derart zugespitzt, dass die Auflösung oftmals erzwungen wirkt. Und diese Phänomen kann auch Season 2 nicht ablegen. Eher im Gegenteil: Schon in der ersten Episode, in der eine Flugzeug-Geiselnahme thematisiert wird, kommt die Lösung arg plötzlich daher. Und je mehr Folgen man schaut, desto öfter geht einem das sanft flüsternde „es muss einen anderen Ausweg geben“ des Präsidenten auf die Nerven. Immer wieder werden Konstrukte dermaßen hastig aufgebaut und dann genauso schnell wieder gelöst, dass man sich ein Augenrollen nicht verkneifen kann. Selbst wenn Kirkman zwischendurch auch mal die Hutschnur platzt, so reicht das nicht aus, um zu verhindern, dass man sich irgendwann denkt, er möge doch auch mal vor die Wand fahren. Genauso ärgerlich anstrengend wird im Übrigen die von Natasha McElhone Gespielte Rolle der Präsidenten-Gattin. Zwischen hauchzart-devot und befangen-herrisch findet sie in der zweiten Staffel nie so richtig den Ton.
Warum es dennoch immer wieder Spaß macht, der Show zu folgen? Weil Kirkmans Gefolge grandios ist – nach wie vor. Über das zum Quartett angewachsene Team aus Beratern, Pressesprecher und (neu) politischer Leiter (sprich: Imagepolierer) wird man immer wieder daran erinnert, wie witzig, charmant und bisweilen auch skurril die Serie ist. Gerade Paulo Costanzo (Royal Pains) als hyperintelligenter Lyor Boone ist eine echte Bereicherung für die zweite Staffel. Er eckt mit seinen Meinungen an, er hat nicht nur einen Spleen (bspw. das Spielen eines MMORPGs) und sein Sarkasmus sorgt für echte Brüller. Die Tatsache, dass er stets die Wahrheit ausspricht und soziale Interaktionen so gar nicht seins sind, nimmt bisweilen Züge eines Asperger Syndroms an. Im Zusammenschluss mit Emily, Aaron und Seth bildet er aber dennoch ein effektives Team, das zahlreiche Probleme vom Präsidenten fernhält.
Inhaltlich fehlt der Folgestaffel aber einfach der rote Faden. Echte politische Gegner gibt es nicht und das zentrale Element der „Präsidentschaft wider Erwarten“ ist abgearbeitet. Etwas mühsam wirkt deshalb auch der übergeordnete Handlungsbogen mit der Präsidenten-Schwiegermutter. Natürlich hängt dieses Thema wie ein Damokles-Schwert über dem Geschehen, kommt aber zu schleppend in Fahrt und bereitet die Bühne für eben sehr anstrengende Momente von McElhone.
Wesentlich besser wird die zweite Staffel von Designated Survivor, wenn man mal die hopplahop-Dramatiken außer Acht lässt und betrachtet, wie teils deutlich die Serie Bezug auf aktuelle Politik nimmt. Ob das die direkten Bezüge auf die Unruhen von Charlottesville sind, die aufgrund der Diskussion um eine Bürgerkriegs-Statue entbrannten oder die vierte Episode, in der unmittelbar die Problematik mexikanischer Einwanderer/Gastarbeiter angeschnitten wird. Bei beiden Folgen kommt ein (irgendwie im Hintergrund als Motivator für die Serie wirkender) Donald Trump alles andere als gut weg. Weiterhin funktionieren diese Themen auch auf internationaler Ebene in der (etwas kurz abgehandelten) Episode des nie enden wollenden Kriegseinsatzes in Afghanistan sowie der akuten Nato-Problematik um Bündnispartner, die mit dem Austritt drohen. Ebenso bekommt der eine oder andere Despot sein Fett weg und am Ende sind die USA unter Kirkman wieder die Retter der Welt, die sie gerne wären.
Während die Themen durchaus spannend verhandelt und reflektiert werden, hat man es in der zweiten Staffel mit dem Patriotismus hingegen doch übertrieben. Wenn Kirkman immer mal wieder salutierend vor seinen Soldaten oder einer übergroßen Flagge steht und der Score dazu die pathetischsten Melodien anstimmt, wirkt das wie der sprichwörtliche Dampfhammer.
Bild- und Tonqualität
Designated Survivor gehört auch in der zweiten Staffel zu den Serien mit einer sehr guten Bildqualität. Nach wie vor sind die Kontraste wirklich hervorragend und arbeiten die schwarzen Anzüge plastisch aus dem Hintergrund heraus. Hauttöne geraten mit ihrer meist etwas wärmeren Gestaltung sehr angenehm und die Schärfe sucht im Serienbereich auch immer noch ihresgleichen. Gerade Close-ups sind nach wie vor richtig plastisch. Insgesamt wurde die zweite Season etwas dunkler abgestimmt, was aber kein Manko ist und auch nicht zu Durchzeichnungsproblemen führt.
Beim Ton von Designated Survivor muss man trotz dts-Spur (im Original sogar dts-HD-Master) damit rechnen, dass hier hauptsächlich gesprochen wird. Wirkliche Surround-Effekte oder gar Dynamik ist selten. In Episode acht gibt’s mal eine Scharmützel mit großen Waffen und es explodiert in der Ferne etwas. Das sorgt dann mal für ein wenig Druck. Ansonsten konzentriert sich das Geschehen auf die Dialoge, die natürlichen Umgebungsgeräusche und den eingesetzten Score. Trotz etwas dünner Synchronisation sind die Stimmen gut verständlich und ein wenig Räumlichkeit entsteht durch die angesprochene Musik. Dazu baut die Serie eine sehr gute Stereo-Bühne auf, was zu authentischer Stimmvielfalt in den Besprechungsräumen führt.
Bonusmaterial
im Bonusmaterial von Designated Survivor gibt’s für die zweite Staffel vier Featurettes. So werden beispielsweise die neuen Figuren ausgiebig vorgestellt und ein besonders charmantes Extra kümmert sich um die Fans der Serie.
Fazit
Designated Survivor lässt in der zweiten Staffel leider spürbar nach, wirkt arg konstruiert und auf Teufel komm raus dramatisch zugespitzt. Kiefer Sutherland passt sich dem leider darstellerisch an und ist die mit Abstand schwächste Figur von Season 2. Ein Glück, dass es die Nebendarsteller und eine leidlich spannende Rahmenhandlung gibt, die dann doch wieder einige Folgen sehenswert machen. Ansonsten kann man für die von Netflix exlusiv produzierte dritte Staffel nur wünschen, dass sie sich wieder fängt.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 60%
Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: USA 2017
Regie: Diverse
Darsteller: Kiefer Sutherland, Natascha McElhone, Maggie Q, Kal Penn, Italia Ricci, Adan Canto, LaMonica Garrett, Paulo Costanzo
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 900
Codec: AVC
FSK: 16
„….wirkt arg konstruiert und auf Teufel komm raus dramatisch zugespitzt. …“
Ich muss sagen, dass ich das schon bei der ersten Staffel nach ein paar Episoden so empfand.
Schade, das eigentlich spannende Thema wirkte auf mich dann doch zu sehr nach einem häßlichen Kind von Homeland und House of Cards, um weiterzuschauen…. 😉