Blu-ray Review
OT: Dolittle
Tierische Kumpels
Nach dem albernen 1998er Eddie-Murphy-Quatsch darf nun Iron-Man Robert Downey jr. in die Rolle des Tierarztes Dr. Dolittle schlüpfen.
Inhalt
Nachdem der junge Tommy unbeabsichtigt ein Eichhörnchen angeschossen hat, bringt er das verletzte Tier zu Dr. John Dolittle. Der Veterinär hat sich zwar nach dem Tod seiner Frau zurückgezogen, ist aber bekannt für seinen Umgang mit Tieren. Tatsächlich kann er sogar mit ihnen sprechen und erfährt manch unglaubliche Dinge. Mit Menschen jedoch hat er nichts mehr am Hut. Kein Wunder, dass er sowohl Tommy als auch die junge Lady Rose abweist. Lady Rose allerdings kommt von Queen Victoria, um diese von einer tödlichen Krankheit heilen zu lassen. Und das wiederum kann Dolittle eigentlich nicht abweisen. Denn sein gesamtes Anwesen und Refugium für die Tiere hängt davon ab, dass die Königin lebt. Als er sich von seinen pfiffigen Tieren zum Hausbesuch im Buckingham Palace überreden lässt, ist auch Tommy wieder mit dabei. Als Lehrling zwingt er Dolittle seine Dienste auf, was dem Tierflüsterer zunächst gar nicht passt. Doch während die zwei mitsamt ihrer halben Arche Noah eine waghalsige Reise zu einem Heilmittel für Queen Victoria unternehmen, lernt John langsam auch wieder menschliche Gegenwart zu schätzen …
Die Geschichte(n) rund um den Veterinär Dr. John Dolittle, von Hugh Lofting in den 1920ern in Romanform gebracht, wurden schon mehrfach fürs Kino adaptiert. Das Original, also die erste Verfilmung, stammt aus dem Jahr 1967 und wurde von Richard Fleischer (20.000 Meilen unter dem Meer) inszeniert. Kurz vor der Jahrtausendwende schlüpfte dann Eddie Murphy in die Rolle des Tierflüsterers und steigerte vor allem den Albernheitslevel. Nun darf also Robert Downey jr. seine Iron-Man-Maske ab- und einen Robinson-Crusoe-Bart auflegen, um seinerseits in die Rolle zu schlüpfen. Im Verbund mit modernster Tricktechnik werden natürlich gerade in der Interaktion mit den Tieren ganz neue Möglichkeiten offenbar, sodass Downey jr. bisweilen zur Nebenfigur degradiert wird. Erstaunlich, dass er sich darstellerisch charmant zurück nimmt und (abseits von seiner exzentrisch-verlotterten Optik) nicht in die Eddie-Murphy-Grimassen-Falle tappt. Noch erstaunlicher, dass man eben NICHT an die Schüler-Lehrling-Situation zwischen Iron man und Spider-Man denkt, wenn er mit seinem neuen Schüler Tommy eine ähnlich väterliche Beziehung aufbaut wie in den Avengers-Filmen.
Gut, dass es Michael Sheen gibt. Der als rechte Hand des möglichen Ersatzkönigs auf Dolittle angesetzte Ex-Kommilitone Johns ist ein großartiger Gegenspieler. Stetig schwankt er zwischen Hysterie und gezwungener Contenance, zwischen überheblicher Arroganz und unterwürfigem Kuscher-Verhalten. Zwischen “nach oben buckeln” und “nach unten treten”. Und das tut er mit einer gehörigen Portion Wahnsinn in seinen Augen und seiner Sprache. Die Szenen mit ihm gehören zu den besten des Films und sind auch schauspielerisch ein kleines Highlight. Dass Die fantastische Reise des Dr. Dolittle für Universal in den Kinos ein echter Flop wurde, mag auch an den Kritiken gelegen haben, die sich relativ einhellig auf den Film, sein schwaches Skript und die gegenüber der Buchvorlage vorgenommenem Änderungen stellten. Schaut man ihn im Original, kann man zumindest eine Kritik stützen: Downey jrs. Versuch, einen walisischen Akzent zu intonieren, geht mitunter schrecklich schief. Auch die Tieranimationen dürfen kritisiert werden, da sie nicht durchgängig überzeugend sind. Dass der Film aber durchweg langweilig und missraten sei, noch dazu maximal für Kinder wirklich witzig, wirkt wie eine beleidigte Kritik an einer Adaption, deren Buchvorlage man vielleicht auf einen zu hohen Sockel gehievt hat. Denn unterhaltsam ist Stephen Gaghans Film durchaus geworden. Dass man ihn bereits zwei Tage später wieder vergessen hat, weil nichts nachhaltig bleibt, steht auf einem anderen Blatt.
Bild- und Tonqualität BD
Die fantastische Reise des Dr. Dolittle liefert schon über die Blu-ray eine absolut prächtige Vorstellung. Ohne jeden Anflug einer Körnung besticht das Bild mit absoluter Rauschfreiheit und großartiger Laufruhe. Nur selten kommt es mal ganz kurz aus dem Tritt wie in der Nachtszene auf Johns kompliziert gemustertem Hemd (38’22). Farben sind jederzeit kräftig und variantenreich – und es gibt eine Menge Farben. Das Dunkelbraun von Chee-Chee, das Cyan-Orange von Poly oder das Türkis des Meeres. Dazu hat man selten schärfere und detailliertere Close-ups von menschlichen Darstellern gesehen. Ob es Jim Broadbent ist, Michael Sheen oder eben Robert Downey jr. – sie alle werden äußerst plastisch und in allen Details abgebildet. Natürlich fallen einige der CGI-Shots qualitativ etwas ab, was nicht verwundert, wenn man in 2K rendert, die realen Szenen aber mit einer 8K-Kamera einfängt.
Die fantastische Reise des Dr. Dolittle ist zwar hauptsächlich dialogzentriert, bietet aber immer wieder Anlässe für die aktive Nutzung der Surround-Speaker und die Einbindung des LFE-Channels. Um das so gut aufgelöst und detailliert wie möglich zu gestalten, liefert Universal Pictures schon bei der Blu-ray verlustfreie und mit True-HD-kodierte Dolby-Atmos-Spuren. Die Auflösung ist ein gutes Stichwort, denn die atmosphärischen Geräusche der Tiere und der Natur werden sehr fein und präzise dargestellt – ob es Flügelschläge von Poly sind oder ein Grunzen von Eisbär Yoshi. Beim Tiefbass bleibt man zwar ein bisschen familienfreundlicher, doch der Sub packt immerhin ganz ordentlich zu, wenn die Flucht auf (oder besser an) der Giraffe Fahrt aufnimmt und deren Hufe satt auf den Boden schlagen (ab 31’30). Auch die Kanonen nach 59’30 geben dem Tiefbass etwas zu tun. Das mag nicht zwingend dem Vergleich mit Brachialwundern wie Godzilla II standhalten, fügt sich aber ordentlich ins Gesamtgeschehen ein. Noch etwas zackiger pumpt es bei 63’12, wenn eine weitere Kanonenkugel abgefeuert wird. Der Auftritt des Wals nach knapp 41 Minuten ist ein weiteres Highlight, das alle Lautsprecher sehr aktiv mit einbezieht. Beziehen wir die Höhen-Ebene mit ein, bekommt diese erstmalig etwas Chorgesang nach 1’40 während des animierten Intros. Nach drei Minuten gibt’s dann quakende Frösche, herrlich vertonte und über die Kamera fliegende Enten und einen wie Donnerhall verklingenden Gewehrschuss. Wenn Poly dann oberhalb von Dolittle ein “Folge mir” spricht und kurz darauf die Falle zuschnappt, um den jungen John in die Höhe zu katapultieren, sind das ebenfalls tolle und dedizierte 3D-Sounds.
Taucht Dolittle im Aquarium ab gluckst es um ihn herum wunderbar (24’47) und Flaschenzug samt Mechanik des schwingenden Holzkorbs sorgen für ein weiteres Highlight (33’10). Fünf Minuten später taucht dann ein Chor von oben auf und die Stimme in Johns Kopf kommt sehr griffig aus den Heights (38’25). Dass es zwischendurch immer mal wieder relativ ruhig ist, liegt thematisch begründet in den vielen Dialogszenen, in denen es schlicht keinen Anlass für 3D-Sounds gibt. Während der Szenen auf den Schiffen gibt es allerdings immer mal wieder vereinzelte Höhen-Informationen, teils mit erstaunlicher Dynamik und eine ausgedehnte Unterwasser-Szene mit viel Gluckserei gibt’s ebenfalls noch mal. Nach 50’15 surrt dann eine Libelle über den Köpfen, die neun Minuten sogar innerhalb ihrer Facetten-Augen zu hören ist, wenn sie zu Poly spricht. Und im Finale gibt’s dann noch mal ein rotierendes Geräusch, während man Plimpton und Dolittle sieht (81’40).
Bild- und Tonqualität UHD
Die Voraussetzungen für eine hochwertige UHD-Umsetzung sind bei Die fantastische Reise des Dr. Dolittle von Beginn an gegeben. Aufgenommen mit einer Red Monstro 8K sagt schon deren Name, welche Auflösung diese bei der Aufzeichnung liefert. Leider hat man von den 8K-Aufnahmen ein 2K-DI gezogen, was sicherlich auch am hohen Anteil der (aller Wahrscheinlichkeit nach) in 2K gerenderten CGIs liegt. Universal packte der UHD dafür sämtliche HDR-Formate auf die Scheibe (HDR10, HDR10+ und Dolby Vision) und spendierte einen im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum. Eins vorweg und dieses Mal auch ohne erklärende Screenshots: HDR10+ zeigt erneut keine Differenz zum statischen HDR10. Am Ende der Screenshot-Vergleiche gibt’s ein paar HDR10-vs-HDR10+-Bilder, die das deutlich offenbaren. Gegenüber der Blu-ray zeigt sich die UHD durchweg mit den satteren Kontrasten und kräftigeren Farben. Und das wird schon in normalen Helligkeiten deutlich. Noch sichtbarer sind aber die Unterschiede bei den vereinzelten, sehr hellen Shots, die über die BD schon mal etwas trüb wirken. Hier punktet die UHD mit mehr Zeichnung im Himmel, dramatischeren Wolkengebilden und besseren Schattierungen. Die Farbgebung selbst ist nur geringfügig anders. Gesichter werden etwas weniger gelblich, dafür etwas harmonischer bräunlich wiedergegeben. Die Bildruhe ist gleichermaßen hoch. Während man in Close-ups die Schärfeunterschiede nur bedingt sieht, wird’s deutlicher, wenn man Weitwinkelaufnahmen/Totale von Objekten wie dem Blenheim Palace betrachtet und die Säulen, Fensterbereiche und anderen Details deutlicher herausgearbeitet werden. Probleme in dunkleren Szenen gibt es praktisch nicht, Versumpfungen sind kein Thema, sodass die UHD zwar aufgrund des fehlenden nativen 4K-Masters zwar das letzte Quäntchen an Auflösung vermissen lässt, ansonsten aber zu den besten 2K-DI-UHDs überhaupt gehört. Dolby Vision liefert im Vergleich zu HDR10 noch mal kräftiger grüne Wiesen und etwas besser durchzeichnete Schwarzflächen. Die Differenzen sind weitestgehend gering und in der Farbintensität etwas Geschmackssache.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Hier hat die UHD einfach mehr Dreidimensionalität und Kontrastumfang in der Waagschale.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Auch hier zeigt die UHD mehr Dynamik und zeichnet die Wolken im Himmel besser durch.
UHD Dolby Vision (Slider ganz nach links): DV intensiviert die Farben, zeigt das Grün kräftiger und saftiger. Bisweilen ist das fast schon mal etwas “too much”.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD zeigt das Bild deutlich weniger trüb und mit satteren Kontrasten.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … kann die UHD auch hier noch einen drauf setzen.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Man sieht dann doch deutlich, dass trotz (nur 2K DI) die UHD Details und Architektur besser aufgelöst und klarer abbildet.
Bonusmaterial
Insgesamt sechs Featurettes finden sich im Bonusmaterial von Die fantastische Reise des Dr. Dolittle. Diese lassen sich auch am Stück abspielen. “Mit den Tieren sprechen” stellt die einzelnen (Tier)Charaktere sowie ihre Sprecher vor. “RDJ & Harry”: Lehrmeister und Lehrling” kümmert sich etwas intensiver um Tommy, den jungen Lehrling von Dolittle. “Ein guter Arzt werden” fokussiert sich dann für drei Minuten auf Robert Downey jr. als Titelfigur, die er auf ideale Weise verkörperte. “Piratenkönig” kümmert sich dann um den Bösewicht der Geschichte, der von Antonio Banderas schön böse dargestellt wird. “Der böse Dr. Müdfly” stellt klar, dass Michael Sheen von vornherein der Wunschkandidat für die Rolle des alten Gegners von Dolittle gewesen ist. Außerdem zeigen die zwei Minuten, dass er schlicht ein genialer Improvisateur am Set ist. “Ein äußerst ungewöhnliches Haus” nimmt sich dann noch mal vier Minuten Zeit, das von Tieren bevölkerte Heim von Dolittle vorzustellen – inklusive der notwendigen CGI-Effekte. Alles in allem sind das knapp 20 Minuten Bonusmaterial – nicht gerade viel.
Fazit
Der große Wurf ist Die fantastische Reise des Dr. Dolittle nicht geworden. Er ist aber auch bei Weitem nicht so schlecht wie ihn seine Kritiker gemacht haben. Über weite Strecken funktioniert der Humor zwischen Tier und Mensch erstaunlich gut und die positive Botschaft ist ohnehin allgemeingültig und verständlich. Da darf man dann am Ende auch mal über die dünne Story und ein paar abrupte Handlungsereignisse hinweg sehen.
Technisch gefallen Blu-ray und vor allem die UHD mit einem wunderbar kontrastreichen und farbkräftigen Bild, das mitunter Referenzcharakter aufweist.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 95%
Bildqualität UHD: 95%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (dt. Fassung): 85%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 85%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 60%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 40%
Film: 60%
Anbieter: Universal Pictures Germany
Land/Jahr: USA 2020
Regie: Stephen Gaghan
Darsteller: Robert Downey Jr., Michael Sheen, Jessie Buckley, Antonio Banderas, Ralph Ineson, Jim Broadbent
Tonformate BD/UHD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 101
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-100
Real 4K: Nein (2K DI)
High Dynamic Range: HDR10, HDR10+, Dolby Vision
Maximale Lichtstärke: 1000 Nit
FSK: 6
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Universal Pictures Germany)
Trailer zu Die fantastische Reise des Dr. Dolittle
Wie ist es eigentlich zu erklären, dass man keinen Unterschied zwischen HDR10 und HDR10+ sieht? Gibt es eine technische Erklärung dafür oder eine Stellungnahme der Produzenten bzw. Entwickler?
Was als Erklärung derzeit fungiert, wird nur hinter vorgehaltener Hand kommuniziert.
Es gibt Aussagen von einem Hollywood-Koloristen, nach denen ziemlich lächerlich ist, was bei HDR10+ tatsächlich an Einstellmöglichkeiten offeriert, bzw. genutzt wird.
Es gibt eine semi-offizielle Aussage, nach der HDR10+ offenbar nur als “Fallback-System” für schwächere LCD-TVs gedacht ist, die nicht die HDR-Qualität von besseren Modellen erreichen. Sprich: Die leistungsschwächeren LCDs werden über HDR10+ auf das Niveau eines Mittelklasse-TVs gehievt. Dort ist möglicherweise ein Effekt sichtbar. Bei den Mittel- bis Oberklasse-TVs (und bei OLEDs ohnehin) jedoch zeigt HDR10+ keinerlei Wirkung. Bisher ist mir aber selbst von Nutzern weniger hochklassiger LCD TVs mit HDR10+ bekannt, dass diese auf ihren Geräten einen Unterschied gesehen hätten.
Also der Journalist vom HDTV Magazin scheint durchaus einen Unterschied zu sehen:
https://www.digitalfernsehen.de/tests/samsung-gq65q95t-im-hdtv-test-teil-3-557011/
Oha. Ich möchte keinem Journalisten zu nahe treten. Aber ein Magazin, das sich auch durch Werbung der Herstellerfirmen finanziert, sollte man zumindest kritisch sehen.
Mittlerweile ist sich die Fachwelt eigentlich ziemlich einig, dass HDR10+ auf Mittelklasse- und Oberklassegeräten keinerlei Unterschiede zeigt.
Auf gleich drei Panasonic-TVs (LCD und OLED) jedenfalls hat noch keine einzige HDR10+-Scheibe einen Unterschied zu HDR10 geliefert, wie du auch sämtlichen Screenshot-Vergleichen der HDR10+-Disks bei mir entnehmen kannst.
Mich würde es aber auch nicht wundern, wenn Samsung an seinen TVs selbst dreht, damit man endlich einen Unterschied zwischen HDR10 und HDR10+ sieht. Wäre technisch ja sehr einfach umzusetzen. Das ist dann aber nichts, was auf der Disk selbst drauf ist (denn gerade ALITA zeigte auf meinem Panasonic NULL Unterschied zwischen HDR10+ und HDR10), sonder etwas, was der Fernseher nachträglich reinfummelt.
Es stimmt schon, dass es in diesem Magazin ziemlich viel Werbung gibt. Aber die Tests von Christian Trozinski halte ich für sehr gut und kompetent. Mein Eindruck ist eigentlich immer eher der, dass er Fernseher noch mehr auseinander nimmt als andere Magazine und noch mehr auf Details eingeht. Letztlich ist es natürlich auch eine Vertrauenssache, schließlich stehe ich nicht neben ihm und kann ihm bei seinen Tests zu schauen. Gekommen bin ich auf dieses Magazin bzw. diesen Journalisten weil ich die Video Tests auf Youtube sehr detailliert und informativ fand:
Hier ist z.B. der Samsung 8K Q900 QLED im Test:
https://www.youtube.com/watch?v=a9VpOarWwi0
oder der Sony 75ZF9:
https://www.youtube.com/watch?v=DikkMagcuE0
Und hier sind alle Videos des Kanals:
https://www.youtube.com/user/digitalfernsehende/videos
Und ja ich weiß, die Tests auf Youtube sind schon etwas älter…
Gehen wir davon aus, dass er das WIRKLICH gesehen hat (also die Differenz zwischen HDR10 und HDR10+ bei “Alita”), dann fummelt Samsung in seine neuen TVs elektronisch eine Dynamisierung rein, die anderen Fernseher nicht vornehmen.
Rein auf der Disk ist kein Unterschied zu sehen. Dafür habe ich einfach zu viele Screenshots bei allen bisherigen HDR10+-Disks gemacht (und nur selten veröffentlicht, weil man halt eben keinen Unterschied sehen kann) und miteinander verglichen.
Die Aussage des Hollywood-Koloristen, der für Panasonic arbeitet, passt dazu. Mich wundert es aber nicht, dass Samsung da jetzt ansetzt und sich sagt: Wir müssen endlich mal was “abliefern”, um die Glaubwürdigkeit in puncto HDR10+ nicht vollständig zu verlieren. Meines Erachtens aber ein aussichtsloser Kampf – vor allem, wenn man betrachtet, wie sehr Dolby Vision hier schon seine Machtposition innehat. Und über Amazon gibt’s immer noch keine HDR10+-Inhalte, obwohl es so vollmundig propagiert wurde. Also ist auch im Streamingbereich der Kampf aktuell völlig gegen Dolby Vision verloren gegangen.
Sollte Samsung da mit seinen neuen TVs intern etwas reinrechnen, wäre das ein Grund, diesen Geräten eher skeptisch gegenüber zu stehen. Persönlich möchte ich immer die Möglichkeit haben, so gut wie es eben geht, sämtliche Bild”optimierer” zu deaktivieren, um das REINE und intendierte Bild der Disk zu sehen – zumindest soweit es möglich ist und TVs nicht ohnehin schon im Hintergrund spezielle Bildalgorithmen laufen haben.
Haben Sie mal eine Amazon Serie mit HDR10+ getestet?
Wenn’s mal welche geben würde :/
Stand Mai war nicht eine einzige Serie mit HDR10+ zu finden. Amazon schweigt sich aus (bzw. hat bei den dt. Ansprechpartnern keine Ahnung) und selbst die aktuellsten Titel wiesen kein HDR10+ auf.
Also ich habe den Journalisten Christian Trozinski nun mal per Leserbrief angeschrieben und er war so freundlich sehr schnell zu antworten. Hier ist meine Frage an ihn:
“Ich finde die ganze Sachlage zu HDR10+ ziemlich verwirrend. In Ihrer Zeitschrift steht das man einen Unterschied zwischen HDR10 und HDR10+ sieht bei aktuellen TVs gewisser Hersteller, aber viele andere Journalisten berichten das sie überhaupt keinen Unterschied festellen können. Könnten Sie das vielleicht mal erklären? Wer hat denn nun Recht? Und wo liegt das Problem? ”
Und hier ist seine Antwort:
“Einen Unterschied sieht man immer dann, wenn ein Fernseher das HDR10-Tone-Mapping nicht korrekt vornimmt und daraus beispielsweise Überbelichtungen und Detailverluste entstehen können. Das passiert dann mit HDR10+ nicht. Ist die gleiche Geschichte wie mit HDR10 und Dolby Vision. Wenn ein Hersteller eine optimale HDR10 Abstimmung bietet, wird man so gut wie keine Unterschiede feststellen, allerdings können Nachbearbeitungen des TVs für Kontraste und Farben mit HDR10+ Signalen besser funktionieren. Ein aktuelles Beispiel ist der von uns getestete Samsung Q95T: Samsungs Nachbearbeitung (Dimming-Stufe Standard) funktioniert mit HDR10+ Signalen deutlich besser (bessere Kontrastoptimierung, keine Detailverluste) als mit HDR10 Signalen. Das kann man mit HDR10+ Discs ganz leicht nachprüfen. Bei Herstellern, die sich extrem genau an die Signalvorgaben halten, wie z.B. Panasonic OLEDs, sind die Unterschiede meist zu vernachlässigen. Am Ende hängt es aber auch immer vom Content selbst ab: Jeder HDR-Inhalt kann anders gemastert sein und sich dementsprechend unterschiedlich im Zusammenspiel mit dem Tone-Mapping des TVs verhalten.”
Klingt doch sehr interessant.
Christian Trozinski hat mir nun noch mehr geschrieben:
“Wir besprechen das immer im jeweiligen TV-Test. Wie bereits gesagt: Es kommt darauf an, wie TV-Hersteller das interne Tone-Mapping abstimmen und wie der Content selbst abgestimmt ist. Neben Filmen und Serien in HDR gibt es ja auch noch Videospiele: da kann man das Tone-Mapping oftmals direkt über die Quelle beeinflussen und dann ist es besser, komplett auf das Tone-Mapping des TVs zu verzichten – dafür gibt es neue Standards wie HGiG. Was andere berichten interessiert uns in diesem Zusammenhang nicht, denn wir haben nicht die Zeit, alles zu kommentieren, was im Internet die Runde macht. Dass HDR10+ und HDR10 unter Umständen zum gleichen Ergebnis kommen, kann bei Dolby Vision und HDR10 genauso passieren. Was viele nicht verstehen: Wenn Sie eine UHD Blu-ray kaufen, dann ist die Mastering-Quelle die gleiche, egal ob Sie HDR10, HDR10+ oder Dolby Vision ausgeben. Das was sich ändert sind Metadaten, mit denen Quelle und Display die Anpassungen vornehmen und das kann sehr hilfreich sein, um bessere Kontraste zu erzielen oder Detailverluste zu vermeiden. Auf den Discs sind aber nicht drei HDR-Master (HDR10, HDR10+ und Dolby Vision) drauf, sondern nur eins. Und was am Ende besser aussieht, ist auch wieder ein Streitfall: Uns gefällt z.B. Alita Battle Angel mit einem Q95T in HDR10+ Qualität mit Samsungs Nachbearbeitung besser als die normale Darstellung, weil der Film meist bei 300 Nits aufhört, HDR-Qualität zu liefern – das macht mit leistungsstarken Displays dann nur wenig Spaß. Über HDR10 bevorzugen wir da die Nachbearbeitung mit LG OLEDs (Dynamic HDR) oder Sonys Kontrastoptimierung bei leistungsstarken LCDs (Farbbrillanz hoch). Diese Tricks klappen aber nicht, wenn Sie Dolby Vision aktivieren. Es wird aber wieder Leute geben, die bei diesem Film Dolby Vision bevorzugen, weil es unverfälschter ist. Allein mit einem Film, 3 unterschiedlichen HDR Formaten und 3 TV Herstellern könnten wir den ganzen Tag über dieses Thema diskutieren und würden vermutlich nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Deshalb: Nutzen Sie einfach das, was Ihnen am besten gefällt!”
Ich fasse mal zusammen:
Man aktiviert die jeweiligen HDR-Optimizer, um (bspw. mit HDR10+) ein gutes Bild zu bekommen.
Gute TVs, die sich an Signalvorgaben halten (wie Panasonic OLEDs) zeigen bei HDR10 und HDR10+ keine Differenz, weil sie HDR10 schon gut hinbekommen.
Samsung scheint sich also dementsprechend nicht gut an die Signalvorgaben zu halten, wenn HDR10 dort nicht wie gewünscht funktioniert. HDR10+ zeigt dann dort deshalb eine Differenz, weil in der Signalverarbeitung des TVs eine “Nachbearbeitung” vorgenommen wird.
Das klingt am Ende halt schon wie eine herbeigeholte Erklärung, warum der Samsung bei HDR10 kein gutes HDR-Bild macht.
Was die Erklärungen aber nicht beantworten, ist die Frage nach dem, was auf der DISK ist. Hier geht’s nur darum, was der TV macht. Wenn ich aber HDR10 und HDR10+ auf identisch kalibrierten Eingängen OHNE Bildoptimizier laufen lasse, ist es bisher schlicht so, dass keine Differenz zu sehen ist.
Nicht ganz korrekt ist übrigens, dass auf den Disks nicht mehrere Master drauf sind. Es ist etwas unglücklich formuliert, vielleicht.
Denn Dolby Vision liefert sehr wohl eine Art Differenz-Signal, das Huckepack auf dem HDR10-Stream hängt (in Full-HD, übrigens) und dann die entsprechenden Metadaten für die TVs liefert.
Und weil bei DV gut das 5-6fache an Einstellmöglichkeiten der unterschiedlichen Parameter möglich ist (im Vergleich zu HDR10+) und zusätzlich das Zertifizierungsprogramm von Dolby deutlich strenger ist (Dolby guckt sich bspw. an, wie das Ganze auf den TVs aussieht und zertifiziert erst dann die Geräte, was bei HDR10+ bspw. niemanden interessiert), kann man hier einfach auf wesentlich mehr Parametern auch entsprechende Unterschiede feststellen. Bei HDR10+ funktioniert das Ganze eher nach dem Muster eines gesetzten oder nicht gesetzten Flags.
Die Beeinflussung des Tone-Mappings bei Videogames ist bisher übrigens ein Witz.
Ich denke, dass Herr Trozinski das für den Test des TVs durchaus stichhaltig argumentiert (auch wenn es hier und da nicht so 100% korrekt oder detailliert geschrieben ist), aber es geht bei meinen Reviews ja um das, was auf den Disks vorhanden ist. Und nicht um das, was ein HDR-Optimizer draus zaubern kann.