Blu-ray Review
OT: Vargur
Unausweichlicher Abgrund
Kleines, atmosphärisches und ziemlich kaltes Thriller-Highlight aus Island.
Inhalt
Eigentlich schien alles so einfach: Sofia sollte nur die Drogen schlucken, um sie aus Island heraus zu schmuggeln. Ihre Begleitung, der etwas abgehalfterte Atli, bewacht das Ganze aus gebührendem Abstand. Dumm, dass Sofia während des Flugs schlecht wird und drei der Drogenzäpfchen wieder ausspuckt. Noch dümmer, dass eins davon auf dem Flugzeugboden landet und vom Personal gefunden wird. Während Atli den Deal eigentlich nutzen wollte, um selbst aus der Scheiße zu kommen und seinem Bruder zu helfen, dem man den Verlust von 30 Mio. Euro anlastet, kommt die Polizei dem Trio ziemlich fix auf die Spur. Ein weiteres Problem ist, dass es Sofia immer schlechter geht und die Drogen-Kokons einfach nicht ausscheidet …
Wow! Die ersten sechs Minuten von Die Frau im Eis sind bereits so packend, dass es keiner großen Worte bedarf, um zu erklären, was passiert. Die Bilder und Spielkraft von Anna Próchniak reichen aus, um gebannt auf den Bildschirm zu schauen. Dabei ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal viel passiert und man kann auch nur ahnen, wie tief es für die Protagonisten noch hinab gehen wird. „Ahnen“ auch deshalb, weil der Film ganz bewusst keine positive Stimmung erzeugen will. Das Island, das man hier sieht, ist nicht jenes aus Natur- und Landschafts-Dokumentationen. Wahlweise regnet oder schneit es, die Straßen wirken schmutzig, der Himmel ist dauerhaft verhangen und selbst die schickeren Wohnungen werden von grauem Beton dominiert. Schauplätze sind eher die Müllhalden des Landes als die Natur rund um Geysire und Seen. Und weil Sofia die meiste Zeit damit verbringt, ihren Magen umzukrempeln, sieht es auch im gebuchten Hotelzimmer bald nicht mehr sauber aus.
Regisseur Börkur Sigþórssons auf dessen Vita die Island-Serie „Trapped – Gefangen in Island“ steht, gibt mit Die Frau im Eis sein Langfilmdebüt und wartet zunächst beobachtend ab. Genial, wie er während der ersten 20 Minuten einen Kniff anwendet, um mehr Hintergrund zum Geschehen zu geben.
Nach den ersten 45 Minuten und mit Einsatz der Polizei-Ermittlungen verflacht das Tempo von Die Frau im Eis allerdings ein bisschen und die Geschichte beginnt, sich im Kreis zu drehen. Die zusätzlich auftauchende Bedrohung, die sich zunächst der Mutter von Eric und Atli annimmt, wird vielleicht etwas spät in die Geschichte eingeflochten. Aber selbst dann bleibt die Konzentration auf dem unwillkürlichen Abstieg der beiden Brüder in die Abgründe ihrer eigenen Seele und die Niederungen des menschlichen Verhaltens. Unaufhörlich stolpern sie von einem üblen Ereignis ins nächste und bald dominieren Verzweiflungstaten. Dass der Film dabei zunehmend gewaltvoll und blutig wird, ist nur konsequent – und zwar bis zum bitteren Ende, in dem es einem durchaus mal den Magen zuschnürt.
Bild- und Tonqualität
Die Frau im Eis liefert ein digital gefilmtes Bild, das recht rauschfrei daherkommt und selbst in dunklen Szenen ruhig und stabil bleibt. Um die Thematik des Films zu unterstützen, wurden Farben stark entsättigt. Die Kolorierung bleibt nüchtern, kalt und eher einer Grau- und Blaupalette verpflichtet. Damit das Ganze noch etwas matter wirkt, hat man die Schwarzwerte ebenfalls etwas entkräftet – sie erscheinen deshalb eher im mittelgrauen Bereich.
Akustisch setzt Die Frau im Eis auf sehr ruhige Töne. Selbst die Filmmusik bleibt stets dezent und eher bedrohlich wirkend im Hintergrund. Der Center gibt die Stimmen klar und sauber wieder, echte Action findet praktisch nicht statt.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Die Frau im Eis finden sich nur die Trailer zum Film.
Fazit
Wenn man sich auf das eher gemächliche Erzähltempo einlassen kann, ist Die Frau im Eis ein ebenso atmosphärischer wie nüchtern-kalter Thriller über die Abgründe, in die Menschen nach und nach versinken können – Tipp für Freunde des unterkühlten nordischen Krimis.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 10%
Film: 70%
Anbieter: Koch Films
Land/Jahr: Island/Dänemark/Schweden 2018
Regie: Börkur Sigþórsson
Darsteller: Anna Próchniak, Ingvar Eggert Sigurðsson, Marijana Jankovic, Steinunn Ólína Þorsteinsdóttir, Gísli Örn Garðarsson
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 91
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Koch Films)