Die Hexe – Sie war vor euch hier

Blu-ray Review

Die Hexe - Sie war schon vor euch hier Blu-ray Review Cover
Tiberius Film, 03.05.2018

OT: The Inhabitants

 


Das alte Kutscher-Haus

Wenn günstig produzierte Gruselfilme durch Atmosphäre überzeugen.

Inhalt

Jess und Dan haben sich soeben einen offenbar lang ersehnten Wunsch erfüllt und von einer etwas merkwürdigen und senil wirkenden älteren Dame ein Bed & Breakfast gekauft. Natürlich muss das Ganze jetzt noch renoviert werden, bevor man damit entsprechende Reservierungen anvisieren kann. Im Keller findet man dabei ein paar seltsame Möbel und die Tatsache, dass die Vorbesitzerin eines Nachts mitten im Schlafzimmer der neuen Besitzer auftaucht, lässt ebenfalls Unbehagen aufkommen. Dann findet Jess ein altes Buch, in dem die Geschichte des Anwesens dargestellt wird. So stammt das Haus aus dem 17. Jahrhundert und die Frau des Erbauers wurde seinerzeit der Hexerei bezichtigt und gehängt. Als Dan geschäftlich weg muss, bleibt Jess zurück und ist dem knarzenden und ächzenden Bau alleine ausgesetzt. Was keiner ahnt: Der Fluch lastet noch auf dem Haus und hat sich nun Jess als Opfer gesucht …

Michael und Shawn Rasmussen haben 2010 für John Carpenter das Drehbuch zu The Ward geschrieben und inszenierten 2013 mit Dark Feed ihren ersten eigenen Langfilm. Nun schreiben sie sich selbst als Autoren- und Regieduo eine Geisterhaus- und Spukgeschichte, um sie mit atmosphärischen Bildern und spannenden Sounds anzureichern.
Ja, es gibt viele ähnlich gelagerte Filme. Die meisten sind nicht nur billig, sondern vor allem lieblos runtergekurbelt. Für Die Hexe – Sie war vor euch hier (der im Original The Inhabitants betitelt ist) gilt das aber keineswegs. Günstig produziert ja. Aber lieblos ist das nicht, was der Zuschauer hier zu Gesicht bekommt und auf den Armen als Gänsehaut zu spüren kriegt. Denn obwohl im Prinzip gängige Klischees genutzt werden, gelingt es den Rasmussen-Brüdern mit geschickten Kamera-Perspektiven und dem gezielten Einsatz von gruseliger Filmmusik im ansonsten sehr stillen, nur von einem Grundrauschen lebenden Ton, äußerst spannende Akzente zu setzen. Ein wehender Vorhang hier, knarzende Holzdielen dort und eine Gestalt, die plötzlich neben dem Bett auftaucht – nichts Wildes und schon gar nichts Blutiges. Wer die letzten Jahre aber nicht nur die zahlreichen Slasher- und Zombie-Splattereien gesehen hat, wird genau diese Art von Thrill herzlich willkommen heißen. Natürlich empfiehlt es sich, Die Hexe im dunklen Heimkino anzuschauen, um mit Jess mitzufiebern, wenn sie Nachts alleine durch das knackende Gemäuer streift und ihre Taschenlampe plötzlich den Geist aufgibt.

Es ist gerade die zurückhaltende Inszenierung, die bis zur 37. Minute für Spannung sorgt, bis sie sich durch die ersten offensiven Schockmente für einen Moment lösen kann. Schön, dass auch die dann zu sehenden praktischen Masken funktionieren und nicht billig wirken.
Da Die Hexe – Sie war vor euch hier weitgehend von zwei Darstellern getragen wird, müssen diese natürlich mit Leidenschaft bei der Sache sein – und das sind sie. Während viele kleine Genre-Grusler wenig talentierte oder gar hölzerne Akteure zeigen, funktionieren Elise Couture Stone und Michael Reed schon als Paar aufgrund ihres erstaunlich natürlichen Verhaltens. Wenn Jess dann eine Wandlung vollzieht, ist das nicht mehr in jeder Sekunde so glücklich wie zuvor, wo sie noch ängstlich agiert, aber für ihren ersten vierten Langfilm macht sie das wirklich gut. Reed ist da schon erfahrener und gibt den besorgten Freund nachvollziehbar. Beiden fremd ist das hysterische Gehabe vieler Darsteller in ähnlichen Filmen.
Selbst wenn zu Beginn des letzten Drittels und vor dem eigentlichen Showdown der Erzählfluss ein wenig ins Stocken gerät, sich auch nicht alle Elemente so ganz schlüssig integrieren wollen (Stichwort: Videoüberwachung); und selbst wenn der Spannungsaufbau im Finale durchaus auf sich warten lässt, so wirken die finalen Bilder in Die Hexe durchaus genauso nach, wie das Fiepen in den Ohren.

Bild- und Tonqualität

Ob es Absicht war oder nicht: Ziemlich oft wurde die Schärfe der Kameras auf einen Fixpunkt gesetzt, obwohl sich die Figuren diesem erst nähern mussten. So kommt es in Die Hexe häufiger mal vor, dass Charaktere aus der krassen Unschärfe heraus erst in einen fokussierten Bereich treten, wenn sie sich im Raum bewegen. Wie gesagt: Das könnte ein Stilmittel sein, auch wenn es sehr ungewohnt ist. Ebenfalls ungewohnt ist die deutliche Körnigkeit. Überall wuselt und rauscht es – egal, ob auf Gesichtern oder uniformen Hintergründen. Außerdem ist der Kontrastumfang sehr gering, da die meisten Szenen viel zu hell sind und kaum Schwarzwert liefern. Insgesamt wirkt der blass-körnige Look ein bisschen wie eine Folge der britischen TV-Serie Der Doktor und das liebe Vieh. Wenn das Licht langsam gedimmt wird, gibt’s auch noch Banding-Effekte (31’36) und Farben bleiben zudem relativ blass.
Akustisch macht’s der Film besser. Für eine kleine Horrorproduktion ist sogar die deutsche Synchronspur gelungen und wurde von versierten Stimmprofis eingesprochen. Das beständige Rauschen im Hintergrund kündet vom Unheil und ist bewusst gesetzt. Jump-Scares werden hingegen sehr dynamisch, fast schon etwas zu laut, wiedergegeben. Gleichermaßen schwillt die Filmmusik in solchen Szenen ziemlich an. Das angesprochene, fast dauerhafte leichte Grundrauschen und Grummeln sorgt für erstaunlich viel Atmosphäre in Die Hexe und intensiviert den Grad der Spannung. Selbst wenn das nicht immer perfekt detailliert oder gar herausragend differenziert ist, verfehlt es seine Wirkung nicht. Beispielsweise auch in den oben angesprochenen Momenten, in denen Dan von einem schrecklichen Pfeifen im Ohr terrorisiert wird.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Die Hexe gibt’s die beiden Originaltrailer sowie vier weitere Programmtipps des Anbieters.

Fazit

Ganz wenig Blut, dafür ziemlich viel Atmosphäre – Die Hexe – Sie war vor euch hier hat zwar einen wenig originellen deutschen Titel, überzeugt aber mit oldschool Grusel-Elementen, zwei guten Darstellern und einem ziemlich schaurigen Tonsektor. Echter Tipp für Freunde des Spukfilms, die keine Orgie an Schnitten und Rasanz brauchen, um sich zu unterhalten und zu gruseln.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 45%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 10%
Film: 70%

Anbieter: Tiberius Film
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Michael Rasmussen, Shawn Rasmussen
Darsteller: Elise Couture Stone, Michael Reed, Judith Chaffee, Rebecca Whitehurst, India Pearl, Vasilios Asimakos
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 90
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Die Hexe – Sie war vor euch hier

DIE HEXE I Offizieller Trailer I Deutsch

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