Blu-ray Review


OT: Miss Peregrine’s Home for Peculiar Children
21:06:32 Uhr
Wo Tim Burton drauf steht, ist auch Tim Burton drin.
Inhalt
Jacob ist ein 15-jähriger Außenseiter, der sich lieber von Großvater Abes Geschichten faszinieren lässt als von der Welt vor seiner Tür. Eines Abends findet er Abe sterbend im Wald. Bevor er seinen letzten Atemzug machen kann, erzählt ihm der Großvater, dessen Augäpfel bizarrerweise fehlen, aber noch von von einer Insel in Wales, auf der eine gewisse Miss Peregrine während des Zweiten Weltkriegs auf Kinder wie Jacob aufgepasst hat. Trotz der Widerstände des Vaters kann der Junge seine Eltern dazu überreden, die Insel aufzusuchen. Leider hat eine Fliegerbombe das Anwesen von Miss Peregrine zerstört. Doch der Zufall will es, dass er über die junge Emma stolpert, die ihn in eine Zeitschleife mitnimmt, in der jener Tag im Jahr 1943 vor dem Fall der Bombe beständig wiederholt wird. Miss Peregrine hat die Macht über diesen Zeit-Loop. Gleichzeitig beschützt und bildet sie Kinder mit besonderen Fähigkeiten aus, damit sie gemeinsam den Kampf gegen den Bösewicht Barron aufnehmen können. Der hetzt immer wieder die sogenannten “Hollows” auf die Kids – Wesen, die es vor allem auf die Augäpfel ihrer Opfer abgesehen haben. Jacob wird in der Auseinandersetzung zur Schlüsselfigur, denn nur er kann die Hollows sehen …
Um es mit Helge Schneider zu sagen: “Ein Burton ist ein Burton ist ein Burton”. Da kann der Tim im Regisseur noch so sehr nach neuen Stoffen suchen, erkennen wird man den Burton immer. So ist es auch bei seiner Adaption des Fantasy Romans Miss Peregrine’s Home for Peculiar Children von Ransom Riggs. Der im Deutschen mit Die Insel der besonderen Kinder betitelte Roman/Film basiert auf der frischen Idee, die Riggs’ Lektor dem Autor eines Tages unterbreitete. Ransom war schon immer ein Sammler alter Fotos, die mittlerweile mehrere tausend Bilder umfasst. Als er diese eines Tages seinem Lektor zeigte, brachte der ihn auf die Idee, eine Geschichte rund um diese Abzüge zu schreiben. 2011 veröffentlicht und mit mittlerweile zwei Fortsetzungen fortgeführt, entbrannte früh ein Bieterstreit um die Filmrechte, die Fox für sich entschied und mit Regisseur Tim Burton kreativ umsetzen ließ. Dass der Filmemacher, dessen Heimat die bizarren und skurrilen Märchengeschichten sind, hier anbeißen würde, lag auf der Hand. Konnte er doch seine eigene düstere Version einer Mischung aus Harry Potter und dem X-Men-Franchise inszenieren. Nicht von ungefähr entschied man sich dann auch für Jane Goldman als Autorin des Drehbuchs – immerhin hatte diese zuvor auch die Vorlagen zu X-Men: Zukunft ist Vergangenheit und X-Men: Erste Entscheidung geschrieben. Die hat zwar ein paar der Superkräfte umgeschrieben, sich ansonsten aber an den Geist der Vorlage gehalten.
Die Geschichte vermischt Fabel mit Märchen und unterlegt sie mit tragischen Untertönen der Judenverfolgung im Zweiten Weltkrieg. Dass Burtons Film ohnehin eher ein Märchen für Erwachsene ist, merkt man schon in der Sterbeszene des Großvaters. Die dürfte für den einen oder anderen Zwölfjährigen durchaus noch ein bisschen zu krass sein. Auch die Hollow-Gestalten (die nicht von ungefähr an ein paar der optischen Spielereien eines Beetlejuice erinnern) sind ziemlich schaurig. Dennoch ist die Geschichte gerade wegen ihres Anteils an Vergangenheitsbewältigung und Erwachsenwerden durchaus lehrreich für Heranwachsende. Was Die Insel der besonderen Kinder zusätzlich so außergewöhnlich macht, ist die Melancholie der Figuren. Sicher, jede einzelne von ihnen ist mit Superkräften ausgestattet. Aber die damit verbundene Andersartigkeit würden viele der Kinder lieber eintauschen gegen ein normales Leben ohne spezielle Kräfte. Das wohnt zwar im Grunde auch den Charakteren der X-Men inne, doch dort wird es auf einer viel globaleren Ebene diskutiert. Burtons Film (und Riggs’ Vorlage) brechen es auf die Mikroebene herunter – also auf die Schilderung des individuellen Verhaltens, der direkten Beziehungen und Kontakte der Menschen zueinander. Dargestellt ausnahmslos von sehr guten Schauspielern verbindet man sich als Zuschauer sofort mit Jacob und verfällt genau wie er sofort der zuckersüßen Emma.
Und obwohl die Kinder- und Jugenddarsteller allesamt klasse sind, ist es doch Eva Green, die man cooler und lässiger noch nicht gesehen hat. Wie sie mit sarkastischem und schwarzem Humor und Pfeife im Mundwinkel völlig souverän über den Dingen steht – das muss ihr erst einmal einer nachmachen. Ob durch ihre Trennung bedingt oder aufgrund anderer Umstände: Es ist ein Glück für den Film, dass Burton nicht in sein altes Schema verfiel und zum x-ten Mal Helena Bonham Carter besetzte – Eva Green ist schlicht die perfekte Besetzung. Spätestens wenn sie den Streit der Zwillinge um einen Teddybär schlichtet, indem sie das Stofftier in der Mitte auseinander reißt und die zwei Hälften mit einem wissenden Lächeln zurückgibt, hätte das niemand mit mehr Witz machen können. Asa Butterfield, der schon in Hugo Cabret oder Den Sternen so nah überzeugte, stellt sich erneut als ebenso talentierter wie vor allem natürlicher Schauspieler heraus. Kein geschniegelter Muskelprotz, kein cooler Metrosexueller – schlicht einer, der das Schauspielen ernst nimmt und dabei stets authentisch rüberkommt. Viel besser als er könnte kaum jemand seine Generation repräsentieren. An seiner Seite ist Ella Purnell (Kick-Ass 2) mit ihren großen runden Augen und dem engelsgleichen Haar schlicht großartig. Die Chemie zwischen den beiden stimmt und sorgt immer wieder für bewegende Momente.
Natürlich unterstreicht auch die Musik mal wieder das Geschehen kongenial – und das, obwohl dieses Mal nicht Haus- und Hof-Komponist Danny Elfman am Werk war. Aber auch Michael Higham, mit dem Burton schon in Big Eyes und Frankenweenie zusammenarbeitete sowie Matthew Margeson (Kingsman, Eddie the Eagle) machen ihre Arbeit hervorragend. Einerseits orientieren sie sich am Elfman’schen Musikschema und nutzen zusätzlich sinfonische Aspekte wie das Geräusch der Uhr, um den Zeitschleife-Aspekt zu integrieren. Während der märchenhaften Szenen wird der Score luftiger, leichter und schwebender, was gerade in der wunderschönen Szene zur Geltung kommt, in der Jacob Emma mit einem Seil sichern muss. Natürlich gibt’s auch wieder typisch-morbide Elemente, die zur Filmsprache Burtons gehören wie das Salz in der Suppe: Wenn Enoch zwei notdürftig aus allem Möglichen zusammengeflickte Puppen zum Leben erweckt und sie gegeneinander kämpfen lässt, wüsste man, dass man in einem Burton sitzt, ohne dass es einem jemand erzählt haben muss.
Apropos Burton: Der Regisseur hat einen witzigen Gastauftritt auf dem Jahrmarkt im Finale, wo ihm ein treffenderweise ein Skelett zum Verhängnis wird.
Weitere Aspekte, die für Atmosphäre sorgen, sind die tollen Schauplätze sowie die vorzüglichen visuellen Effekte. Gänsehaut pur ist beispielsweise angesagt, wenn Emma Jacob auf das alte Schiffwrack entführt und dort eine gigantische Luftblase erzeugt. Aber auch das Waisenhaus-Anwesen selbst liefert eine tolle Stimmung. Genutzt wurde hier das Kasteel Torenhof, das in der Nähe von Antwerpen steht und der ehemalige Wohnsitz eines gewissen Keks-Magnaten namens De Beukelaer ist.
Bild- und Tonqualität BD
Tim Burton bleibt sich auch beim Bildformat treu, das er meist mit 1,78:1 oder 1,85:1 wählt und nicht im Breitbildformat. Bei Die Insel der besonderen Kinder nutzt er die 1,85:1-Variante und stattet die Szenen zu Beginn in der Gegenwart mit einem eher schwachen Kontrast aus. Gerade die abwechselnden Einstellungen von Jacob und seiner Therapeutin sind zusätzlich zum eher flauen Dynamikumfang von geringer Schärfe. Was schade ist, denn andere Sequenzen – insbesondere Close-ups des Großvaters – punkten mit hoher Detailauflösung. Im späteren Verlauf sind Innenraumszenen in der Regel kontrastreicher – vor allem, wenn die Farben etwas reduziert werden. Burton nutzt, wie schon öfter bei seinen Filmen, auch hier eine leichte Absoftung, die Umrisse von Figuren etwas überstrahlen und ausfransen lässt. Das gehört bei ihm mittlerweile einfach zur Optik, wenngleich es technisch gesehen nicht optimal ist. Ebenfalls nicht optimal sind die leichten Artefakte, die sich einschleichen, wenn ein Hollow durch das hohe Gras schleicht und sich die Halme im Wind wiegen – hier wuselt es insgesamt ein bisschen zu unruhig (ab 68’58). Ansonsten ist der Film nahezu frei von Korn und sehr rauscharm.
Beim Ton von Die Insel der besonderen Kinder geht Anbieter 20th Century Fox den bekannten Weg, der englischen Fassung eine dts-HD-Master-Kodierung (7.1) zu spendieren und den deutschen Ton mit einer regulären dts-Fassung (5.1) auf die Disk zu pressen. Grundsätzlich ist aber auch die hiesige Version sehr gut gelungen. Von Beginn an präsentiert sich der Score sehr räumlich und die gruselige Sequenzen werden mit vielen direktionalen Effekten unterstützt. Die Synchron-Dialoge dürften ein kleines bisschen homogener eingebettet sein. Oft sind sie etwas zu laut beigemischt. Dafür bleiben sie natürlich beständig gut verständlich und neigen nicht zum Übersteuern. Beim Thema Effekte muss sich die dts-Spur ebenfalls nicht verstecken. Ob das die Sounds während der Zeitschleifen sind oder der Angriff der deutschen Bomber – stets werden alle Lautsprecher einbezogen und die Dynamik sorgt für einen adäquaten Einsatz des Subwoofers. Nicht nur deshalb ist der Sound der Blu-ray bereits richtig gut. Wer noch mehr möchte, der liest weiter unten die Tonbewertung der UHD,
Bild- und Tonqualität UHD






Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Die Insel der besonderen Kinder liegt komplett auf der Blu-ray vor und enthält vier Featurettes sowie das Musikvideo “Wish that you were here” von Florence & The Machine. Im ersten der Featurettes, “Eine besondere Geschichte” erzählt der Autor der Vorlage, wie er auf die Idee zum Buch kam und dass er vor Freude ausflippte, als er hörte, Tim Burton würde sie verfilmen. In “Die außergewöhnlichen Kinder” werden über eine Laufzeit von gut 65 Minuten alle Charaktere des Films ausführlich vorgestellt – ein sehr erschöpfendes Featurette, das sich um die Figuren und deren Darsteller kümmert. In “Die Hollows & ehemalige Hollows” werden die bösen Charaktere des Films erklärt und “Reise durch die Zeit” seziert die Szenen, in denen Ms. Peregrine die Zeit zurückdreht.
Fazit
Die Insel der besonderen Kinder ist unverkennbar ein Burton. Gleichzeitig ist er ein düsteres Märchen für Heranwachsende und Erwachsene, dessen Effekte den Film nicht zumatschen. Ganz im Gegenteil: Die Figuren berühren und die universellen Elemente von Trauer und Akzeptanz sind nachvollziehbar und bewegend. Dazu funktioniert der Humor und optisch ist’s eh eine Augenweide.
Glückwunsch zudem an die UHD, die das deutlich bessere Bild und einen hervorragenden Atmos-Ton (in Englisch) mitbringt.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 75%
Bildqualität UHD: 85%
Tonqualität BD (dt. Fassung): 85%
Tonqualität BD (Originalversion): 85%
Tonqualität UHD (dt. Fassung): 85%
Tonqualität UHD (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 70%
Film: 85%
Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Tim Burton
Darsteller: Eva Green, Asa Butterfield, Samuel L. Jackson, Chris O’Dowd, Allison Janney, Dame Judi Dench, Terence Stamp, Ella Purnell, Rupert Everett, Finlay MacMillan, Lauren McCrostie, Pixie Davis, Georgia Pemberton, Raffiella Chapman
Tonformate BD: dts-HD-Master 7.1: en // dts 5.1: de
Tonformate UHD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 127
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Real 4K: Jein (4K DI von 2,8K Master)
FSK: 12
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: 20th Century Fox)
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(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: 20th Century Fox)