Die letzte Schlacht am Tigerberg

Blu-ray Review

Die letzte Schlacht am Tigerberg Blu-ray Review Cover
Koch Media, seit 03.12.2015

OT: Zhì qu weihu shan

 


Einer gegen 2000

Tsui Hark kümmert sich um ein historisches Ereignis im Nachkriegs-China.

Inhalt

Nordost-China 1946: Knapp ein Jahr nach der Kapitulation der Japaner zum Ende des Zweiten Weltkriegs versinkt China in einem Bürgerkrieg aus kommunistischer Volksarmee und den Nationalisten der Kuomintang. Dazu ziehen Banditen marodierend durchs Land und unterdrücken die Bevölkerung der kleinen Dörfer. Warlord „Falke“ ist einer der mächtigsten unter ihnen und erzieht seine Gefolgschaft mit drakonischen Strafmaßnahmen. Als die Kuomintang einen entscheidenden Vorstoß gegen die Volksarmee unternehmen will, beschließen sie, Lord Falke das Kommando über diese Truppe zu übergeben. Allerdings ohne diesem eine von drei wichtigen Wegkarten auszuhändigen, denn wird Falke zu mächtig, könnte er selbst die Kuomintang beherrschen. Um dem Lord das Handwerk zu legen, befehligt die Regierung Captain Chao. Der hat jedoch vor allem mit Nahrungsmittelknappheit zu kämpfen und muss sich nun auch noch um Kundschafter Yang kümmern. Der Rotarmist wurde Chao als Unterstützung geschickt, doch so ganz geheuer scheint ihm der bullige Kerl nicht zu sein. Als Yang den Vorschlag macht, sich selbst als Bandit beim Warlord einzuschleusen, zieht Chao dennoch notgedrungen mit. Yang muss sich das Vertrauen Falkes allerdings erst hart erkämpfen und einige Prüfungen bestehen, bevor er den Truppen der Volksarmee die entscheidenden Hinweise für den Angriff auf die Festung am Tigerberg übermitteln kann …

Tsui Hark, chinesischer Schauspieler, Produzent und Regisseur, inszeniert mit Die letzte Schlacht am Tigerberg einen wilden Genremix aus Kriegsfilm, Abenteuer und gesellschaftspolitischem Drama. Basierend auf dem Buch Tracks in the Snowy Forest, das Qu Bo 1957 veröffentlichte und das mit 1,5 Mio. verkauften Exemplaren gerade im fernen Osten den Ruf eines Klassikers hat, nutzt Hark die volle epische Breite der 163 Minuten Laufzeit und landete beim heimischen Publikum einen sensationellen Erfolg. Mit 150 Mio. Dollar ist sein aufwändig in Szene gesetzter Film der zehnterfolgreichste in China überhaupt. Das liegt sicherlich nicht zuletzt daran, dass das patriotische Werk (unterstütz von pathetischer Filmmusik) vollkommen unkritisch mit der politischen Stimmung im Land umgeht. Hark lässt keinen Zweifel an den wohlwollenden Taten der Volksarmee, während die Warlords in aller Ausführlichkeit abscheuliche Taten gegen Mann, Frau und Kind verüben dürfen. Abseits politischer Konformität ist Die letzte Schlacht am Tigerberg aber auch ein ziemlich packender Actionfilm geworden, der zwar etwas kürzer hätte ausfallen dürfen, dessen kriegerische Auseinandersetzungen aber höchst effekvoll im Heimkino landen. Auch das Setting in einem von massivem Schnee bedeckten Areal überzeugt. Mit größtmöglicher Authentizität beschießt man sich mit den zeitgenössischen Waffen und lässt in der Knappheit der menschlichen und materiellen Ressourcen auch mal improvisierte Kanonenfässer zum Einsatz kommen. Da das chinesische oder fernöstliche Kino gerne plakativ arbeitet, kommt auch Die letzte Schlacht am Tigerberg 46,30 nicht ohne Übertreibungen und/oder bildnishafte Szenen aus. So wirkt Yangs Kampf mit dem Tiger wie ein Symbol für den bevorstehenden Kampf mit dem Warlord am Schicksalsberg. Dass Tsui Hark hier nicht ohne visuelle Effekte auskommt, sollte jedem Genrekenner klar sein – allerdings wirken die Bewegungen der Wildkatze bisweilen ebenso hakelig wie Yangs Flucht auf den Baum – digitale Perfektion sieht anders aus. Augenscheinlich Spaß hatte der Filmemacher bei der Verwendung von Zeitlupen- oder Still-Sequenzen, die er ausgiebig nutzt, um für optische Aha-Effekte zu sorgen. Der Brutalitätsfaktor beschränkt sich auf teils plastisch spritzendes Blut verursacht durch die Projektile verschiedenster Feuerwaffen – auch hier digital erzeugt, wie man es von Asia-Filmen kennt.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Die letzte Schlacht am Tigerberg zeigt zu Beginn, während der Rahmenhandlung in der Gegenwart, deutliche Unruhen und Rauschen auf farbigen Hintergründen. Das lässt im späteren Verlauf etwas nach und ist nur bei dunkleren Szenen noch stärker sichtbar. Grund dafür könnte eine Überschärfung sein, wie man sie oft bei Filmen aus Asien beobachten kann. Die Schärfeparameter sind bisweilen derart aufgerissen, dass man während der Close-ups das Make-up der Darsteller erkennen kann. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen. Farben und Kontrastierung liegen auf einem guten Niveau, dunklere Bereiche bekommen schon mal einen kleinen Grünstich. Die grundsätzliche Auflösung und Tiefe gefällt, was man exemplarisch gut in den zahlreichen Vogelperspektiven der Schneelandschaft sehen kann.
Akustisch beginnt es im New York der Jetztzeit ein wenig dünn. Das ändert sich jedoch in dem Moment, in dem die Szenerie ins Jahr 1946 wechselt und Die letzte Schlacht am Tigerberg seinem Kriegsfilm-Anteil alle Ehre macht. Während des ersten Scharmützels mit den Banditen werden die Zeitlupenaufnahmen mit einer Fülle an direktionalen Effekten unterstützt – ob nun eine Kugel durch die Luft fliegt oder zwei Granaten explodieren. Beim gescheiterten Angriff der Falke-Soldaten auf das unterrichtete Dorf fliegen dem Zuschauer Geschosse, Granatensplitter und aufgewühlter Schnee im Sekundentakt um die Ohren (Kapitel 8) und beim Angriff des Panzers auf den Berg sowie den Auswirkungen des Beschusses darf man auch schon mal in Deckung gehen (120’00). Die Stimmen der ausnahmsweise gut gelungen Synchronisation (das hat man bei fernöstlichen Filmen auch schon anders gehört) könnten ein wenig mehr Fundament haben. Das jedoch bringt die Filmmusik genauso mit wie der Einsatz schwerer Waffen.

Bonusmaterial

Im gut 20-minütigen Interview mit Tsui Hark, das das Bonusmaterial von Die letzte Schlacht am Tigerberg enthält, erzählt der Regisseur, wie sich die Art des Geschichtenerzählens über die letzten Jahrzehnte verändert hat aber auch wie sich die Menschen seitdem verändert haben. Sie seien verletzlicher geworden, weil sie aufgrund der modernen Komfortmöglichkeiten nicht mehr abgehärtet sein müssen wie eben die Figuren im Film.

Fazit

Die letzte Schlacht am Tigerberg ist zwar politisch gefärbt und bisweilen etwas zu lang geraten, liefert aber mit epischer Ausstattung und einem ebensolchen Setting viel fürs Auge. Die zahlreichen Scharmützel sind rasant in Szene gesetzt und knallen in einem potenten Heimkino mächtig.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 30%
Film: 65%

Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: China 2014
Regie: Tsui Hark
Darsteller: Zhang Hanyu, Kenny Lin, Tong Liya, Tony Leung Ka Fai, Han Geng
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 162
Codec: AVC
FSK: 16

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