Die Schöne und das Biest 3D

Blu-ray Review

Die Schöne und das Biest 3D Blu-ray Review Cover
©Walt Disney, 10.08.2017

OT: Beauty and the Beast

 


Die Schönheit kommt von Innen

Hier kommt der erfolgreichste Film des Kinojahres 2017.

Inhalt

Belle ist ein intelligentes und pfiffiges, sehr emanzipiertes Mädchen, das mit dem Vater ein gemütliches Dorfleben führt. Sie liest für ihr Leben gerne und wird von den Bewohnern deshalb für etwas eigentümlich gehalten – immerhin ist Lesen doch quasi Teufelswerk. Das hält Gaston, den etwas einfältigen Schönling der Gegend, allerdings nicht davon ab, ihr immer wieder Avancen zu machen. Das gerät jedoch ohnehin ins Hintertreffen, als Belle erfährt, dass ihr Vater während einer Reise aus der Not heraus in einem Schloss Unterschlupf fand, in dem ein großes Ungeheuer wohnt, das ihn nun festhält, weil er eine Rose aus dem Garten klauen wollte. Belle ahnt nicht, dass die Rosen für den Hausherren von größter Bedeutung sind. Denn der monströse Kerl wurde einst von einer Zauberin verwunschen. Sollte er nie die Liebe einer Frau erfahren, bevor die letzte Rose verblüht ist, muss er auf ewig in seinem Ungeheuer-Körper verweilen. Belles Hartnäckigkeit ermöglicht ihr den Austausch, weshalb sie von nun an an ihres Vaters statt im Schloss leben muss. Dort trifft sie nicht nur auf das Biest selbst, sondern auch auf zahlreiche andere verwunschene Bewohner wie Herrn von Unruh, der als Tischuhr sein Dasein fristet oder den schnippischen Lumière, der als Kerzenständer schon mal Licht ins Dunkel bringt. Zunächst nicht gewiss, was ihr Schicksal für sie bereithält, nähern sich Belle und das Ungeheuer immer mehr an und das Biest lernt von ihr, was es heißt, menschliche Gefühle (wieder) zu entdecken …

Als (bisher) zehnterfolgreichster Film aller Zeiten fehlen der Live-Action-Adaption von Die Schöne und das Biest nur noch knapp 15 Mio. Dollar, um an einem weiteren Disney-Megahit vorbeizuziehen: Die Eiskönigin – Völlig unverfroren hat dabei aber in den USA knapp 100 Mio. Dollar weniger eingespielt. Und so sind die 500 Mio. Dollar Box-Office in Amerika (plus 760 Mio. im Rest der Welt) für die Realverfilmung des 1991er Zeichentrickfilms ein sensationeller Wert. Natürlich kann man Bill Condons Film aber nicht auf die Zahlen reduzieren. Auch nicht darauf, dass (erstmals in einem Disney-Film) ein schwules Techtelmechtel als Randerscheinung integriert wurde (was prompt zum Verbot in Kuwait und – nicht ganz überraschend – einem Kino in den USA führte, dem Film zudem eine 16er-Einstufung in Russland einbrachte). Vielmehr fängt seine Adaption des französischen Märchenklassikers alle vier Themen hervorragend ein. Denn Die Schöne und das Biest ist zugleich Fantasy, Komödie, Romanze und Musical – und das in eigentlich perfekter Besetzung. Emma Watson emanzipiert sich mehr und mehr aus ihrer Hermine heraus und verzaubert hier durch ihr Wesen und nicht mit einem Stab in der Hand. Denn in der Tat zieht ihre Belle den Betrachter von Beginn an in ihren Bann. Sie ist schon einfach liebenswert und lebt ihre Figur von der Zehenspitze bis zum Haaransatz. Das leicht Zickige, das man ihr angedichtet hab, passt im Übrigen gut zur Rolle, die man für heutige Sehgewohnheiten ein wenig modernisiert hat. Moderner ist auch der Humor geworden, der einen Großteil der Beziehungen und Begebenheiten im Schloss ausmacht. Gerade Lumière und Herr von Unruh liefern bisweilen tolle Gags.

Ein weiterer Pluspunkt des Films sind Ausstattung und Kostüme, die ein Fest für die Sinne sind. Auch die Sets (allesamt in den Shepperton-Studios errichtet) sind an Opulenz und Detailvielfalt kaum zu übertreffen. Man mag kaum glauben, dass sie alle innerhalb kurzer Zeit eigens gebaut wurden. Dass im Zeitalter der CGIs auch die Real-Adaption eines 2D-Zeichentrickfilms nicht ohne Computereffekte auskommt, ist natürlich klar. So sind die sprechenden Requisiten in Die Schöne und das Biest selbstverständlich am Rechner entstanden und auch das „Biest“ wurde per Motion-Capturing zum Leben erweckt. Das übrigens sehr beeindruckend, denn seine Mimik ist extrem realistisch von seinem Darsteller Dan Stevens adaptiert worden. Ohnehin gebührt der Figur großes Lob, denn seine stolpernden Annäherungsversuche sind charmant unbeholfen.
Bleiben wir aber noch für einen Moment bei den computergenerierten Effekten, denn (nicht ganz ohne kritische Anmerkung): Die verwunschenen Gegenstände im Schloss besitzen teilweise mehr Leben und Seele als ihre realen Gegenüber. Die heimlichen Hauptdarsteller sind deshalb Lumière und Herr von Unruh, die noch dazu die besten Songs haben. Ganz im Kontrast zu Le Fou, dessen Lied (und Darbietung) in der Kneipe grenzwertig lächerlich und ziemlich albern geraten ist. Auch Luke Evans überdreht seinen Charakter ein wenig, wenn er den mangelnden Intellekt Gastons mit dummem Grinsen zu kompensieren sucht. Da bleibt man lieber im Schloss, das mit zu Klassikern gewordenen Szenen und Musical-Nummern lockt.

Inhaltlich hält sich Condon fast gänzlich an der Zeichentrickvorlage, dramatisiert aber stärker. So ist der Prolog schon wesentlich opulenter und das potenziell drohende Schicksal der verwünschten Schlossbewohner ist düsterer. Dazu gibt’s drei neue Songs und wesentlich stärkere Hintergründe für die Figuren – ach ja. Der „schwule Moment“ zwischen Le Fou und einem an dieser Stelle nicht benannten Gegenüber (Spoiler-Vermeidung) wurde ankündigungsgemäß auch integriert. Hier zeigt sich zwar, dass Disney (ganz allmählich) in der Realität ankommt und sich über die Einstellung des Firmengründers (der wahrlich kein weltoffener Liberaler war) langsam hinwegsetzt, doch für Homosexuelle muss das im-Vorhinein-Getue um diese Momente ein Faustschlag ins Gesicht sein – man muss schon sehr genau hinschauen und aufpassen, um es nicht unbeabsichtigt zu versäumen. Ein schlechter Witz, dass es deshalb wirklich eine 16er-Freigabe in Russland hagelte.
Bei den Liedern selbst gibt es für den deutschen Zuschauer durchaus ein Manko. Zum einen sind die Texte weit entfernt davon, lippensynchron wiedergegeben zu werden, zum anderen wirken die Songs im Original einfach authentischer und nicht ganz so schwülstig – leider auch ein „Verdienst“ der nicht ganz geglückten Gesangsstimmen im Deutschen. Was aber über diesen Mangel und ein paar andere Kleinigkeiten hinwegtröstet: In den romantischen Begegnungen zwischen Belle und dem Biest stimmt das Timing perfekt. Wenn das Ungeheuer sich für einen von Belle geworfenen Schneeball rächt, ist das witzig und anrührend zugleich. Selbst wenig romantische Filmschauer werden merken, dass Die Schöne und das Biest hier geradezu auflebt und wirklich begeistert – selbst wenn es nicht ganz ohne Kitsch auskommt. Ein Grund, auf die Originalspur zu wechseln sind übrigens auch die prominenten Stimmen von Lumière (Ewan McGregor), Herr von Unruh (Sir Ian McKellen) und Madame Pottine (Emma Thompson). Gerade Letztere ist eine Offenbarung und spielt … sorry: spricht ihre (schon hervorragend aufgelegten) Kollegen glatt an die Wand. Hier hat die Synchro deutlich das Nachsehen.

Bild- und Tonqualität

Dem Bild von Die Schöne und das Biest kann man eigentlich gar nichts ankreiden. Die Farben und Details sind absolut kräftig und vermitteln eindrucksvoll, wie prachtvoll es im Schloss zugeht. Auch die erdigen Farben im Dorf erscheinen sehr authentisch und geben der Szenerie eine warme Stimmung. Sehr gut gestaltet sich zudem die Bildruhe, die lediglich ein ganz geringes Korn offenbart, das gleichbleibend unauffällig ist. Die Details auf den tollen Kostümen kommen äußerst plastisch rüber und die Einzelheiten Unruhs sind sensationell (27’40). Lediglich die leicht übergesunde, rötliche Einfärbung der Gesichter in dunklen Szenen gibt ein wenig Anlass zur Kritik.
Auch der Sound gibt sein Bestes. Obwohl Disney auch hier den üblichen Weg geht, die deutsche Fassung mit einem auf 2Mbit/s reduzierten dts-HD-High-Resolution-Ton zu versehen, steht die hiesige Fassung der unkomprimierten Originalspur in dts-HD-Master (und 7.1 Spuren) in Nichts nach. Schon das Unwetter, das den Raum füllt, wenn die alte Frau das Schloss betritt, sorgt für Dynamik und weit reichende Surround-Effekte. Gleiches gilt für die im Chor gesungenen Anteile der Songs, die den Zuschauer komplett umhüllen. Und selbst, wenn es mal nicht von überall her singt oder scheppert, weil Belles Papa im Wald von Wölfen angegriffen wird, sorgen atmosphärische Waldgeräusche für viel Stimmung. Apropos Stimmung, bzw. Stimme: Das Organ des Biests ist im Deutschen arg tief und leider etwas dumpf geraten. Im Gegensatz zum Originalsound, bei dem die Sprache deutlicher und klarer bleibt, wurde hier arg auf die Resonanz gedrückt – ein bisschen zu viel des Guten. Wenn er mit donnerndem Getöse in seinem Schloss umherstapft, kann man das Wummern noch gelten lassen, sorgt es doch für immensen Druck im Heimkino. Der entsteht übrigens auch, wenn Blütenblätter von der Rose fallen (46’28) oder das Gewitter einen heftigen Donner ins Heimkino schickt (79’40).

3D-Effekt

Obschon Die Schöne und das Biest nicht mit stereoskopischen Kameras gedreht wurde und somit zu den „Fake“-3D-Titeln gehört, gelingen viele Szenen erstaunlich gut. Die Partikel, die in der Luft herumschweben, während die Kamera auf das Schloss zufliegt, kann man förmlich in der Luft riechen (4’25) und auch die anfängliche Ball-Szene weist eine schöne Tiefenstaffelung auf. In Bewegungen gesellen sich allerdings Unruhen und Ruckler hinzu, die man nur mit einem größeren Sitzabstand vermeiden kann. Leider sind viele Szenen innerhalb und außerhalb des Schlosses sehr dunkel gehalten, was bei nicht ganz potenten TVs oder Beamern in 3D zu zusätzlichem Verlust an Durchzeichnung führt. CGI.Hintergründe erscheinen in der 3D-Fassung zudem noch etwas weicher als ohnehin schon und man vermutet deutlich stärker, dass es sich um Sets und nicht um Originalschauplätze handelt, wenn man den Film dreidimensional schaut. Hintergründe haben stets einen etwas artifiziellen Look. Das gilt auch für das Antlitz des Biests, der in 2D weniger künstlich erschaffen und realer wirkt. Spätestens im rasanten Finale auf dem Schloss nach gut 100 Minuten sind solche Mankos aber (fast) vergessen, wenn es Pop-out-Effekte wie fliegende Untertassen und Klaviertasten hagelt.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Die Schöne und das Biest finden sich ingesamt vier Featurettes. Dazu gibt’s acht zusätzliche Szenen, eine Erweiterung zum Filmsong „Days in the Sun“, einen neuen Filmsong von Céline Dion sowie das „Beauty & the Beast“-Musikvideo und das Making-of dazu. Bei den Featurettes beginnt es mit einer Drehbuchlesung, die bei so einem großen Projekt auch schon mal was umfangreicher ausfallen kann. Hier wurde gar getanzt und ein bisschen Live-Action-Musical vollzogen. In „Ein zeitloses Märchen in einem neuen Gewand“, dem eigentlichen Making-of, wird für gut eine halbe Stunde erzählt, wie es zur Real-Version des Films kam und was man sich davon versprach. Viel Augenmerk wird dabei auf die Wichtigkeit der Musik gelegt. Wunderbar sind die Einsichten in die Arbeiten innerhalb der extra angefertigten Sets in Shepperton – es gab nur zwei echte Außenszenen. „Die Frauen hinter Die Schöne und das Biest“ gibt Emma Watson die Möglichkeit, die Damen vorzustellen, die in den verantwortlichen Positionen im Hintergrund wirkten (von der Casting-Direktorin bis zur Kostümbildnerin und Cutterin. In „Vom Song zur Filmszene“, das in vier Teile aufgesplittet ist, werden diese vier Songs in ihr Umfeld gesetzt und wir sehen, wie sie realisiert wurden – inklusive der aufwändigen Sets, die gebaut (und wieder abgebaut) werden mussten.
Übrigens lässt sich der Film wahlweise auch mit einer dreiminütigen Ouvertüre abspielen, die schon mal die wichtigsten Musik-Themen zusammenfasst.

Fazit

Die Schöne und das Biest führt den Weg fort, den Disney mit Jungle BookCinderella und Alice im Wunderland begann (und mit zahlreichen anderen Realverfilmungen der eigenen Zeichentrick-Klassiker fortführen wird). Die Live-Action-Adaption des 1991er Klassikers strotzt vor tollen Songs (im Original), bietet fantastische Kostüme und Sets und ein paar überzeugende Darsteller. Dass das Timing vor allem in den romantischen Szenen stimmt, lässt darüber hinwegsehen, dass nicht jeder Charakter gelungen (neu)interpretiert wurde. Wer’s möglichst authentisch möchte, sollte hier definitiv den Originalsound wählen, der noch dazu etwas homogener bei der Stimm-Einbindung klingt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 60%
Film: 70%
3D-Effekt: 60%

Anbieter: Walt Disney Studios
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Bill Condon
Darsteller: Emma Watson, Dan Stevens, Luke Evans, Kevin Kline, Josh Gad, Hattie Morahan, Haydn Gwynne, Ewan McGregor, Sir Ian McKellen, Emma Thompson, Audra McDonald, Stanley Tucci, Gerard Horan, Ray Fearon, Nathan Mack
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 129
Codec: AVC
Real 3D: Nein (konvertiert)
FSK: 6

Trailer zu Die Schöne und das Biest

Die Schöne und das Biest - offizieller Trailer (deutsch | german) | Disney HD

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