Die Sch’tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen

Blu-ray Review

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Concorde Home Entertainment, 02.08.2018

OT: La ch’tite famille

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Gottverdaulischer

Dany Boon setzt seine gigantischen Sch’tis-Erfolg fort.

Inhalt

Valentin D. kommt eigentlich aus dem unter zivilisierten Franzosen etwas abfällig betrachteten Nordosten Frankreichs. Mit Mühe hat er sich deren eigentümliche Sprache abtrainiert und mit seiner Frau Constance eine erfolgreiche Karriere als Architekt und Designer gemacht. Doch dann kommt es ganz dicke. Seine Mutter wird 80 und beschließt, gemeinsam mit Valentins Bruder, dessen Frau und der Nichte nach Paris zu reisen. Dass Valentin sie dort verleugnet, weil sie ihm peinlich sind, wissen die Anverwandten nicht. Umso peinlicher wird das Aufeinandertreffen bei einer wichtigen Vernissage. Als die Familie wieder abreisen will, geschieht das Unglück: Valentin wird vom Schwiegervater angefahren und erleidet einen Hirnschaden. Als er aufwacht, hat er nicht nur eine Amnesie und kann sich nur noch an seine Jugend erinnern, sondern spricht wieder mit dem alten Dialekt …

Zehn Jahre ist es her, dass Dany Boon mit „Willkommen bei den Sch’tis“ eine der erfolgreichsten französischen Komödien aller Zeiten ablieferte. 20 Mio. Zuschauer sahen den Film in Frankreich, was bei einer Bevölkerungszahl von gut 66 Mio. Einwohnern beinahe einem Drittel aller Franzosen entspricht. Würde man das auf die deutsche Population umrechen, müsste ein Film hierzulande 25 Mio. Besucher anlocken – eine Zahl, die nicht einmal Titanic erreichte (18,8 Mio.). Das zeigt einerseits, wie gerne Franzosen ins Lichtspielhaus gehen, andererseits aber auch, dass am Phänomen der lingualen Akrobatik irgendwas dran sein muss. Nun legt Boon mit Die Sch’tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen nach – und das offenbar ganz bewusst nicht als Fortsetzung. Zwar gibt er selbst erneut die Hauptrolle, aber mit einer vollkommen anderen Figur. Macht aber nichts, denn die erste Geige spielt ohnehin wieder der Schabernack, den die sprachlichen Unverständlichkeiten auslösen. Jetzt muss man das natürlich schon mögen, wenn Witz vornehmlich daraus generiert wird, dasch die Leute schprechen alsch hätten schie einen feuchten Wosloppen im Mund. Der Kultur-Clash zwischen den rührigen Nordfranzosen und der Pariser Bohème funktioniert aber auch noch auf einer zweiten Ebene, die selbstverständlich mit der Quintessenz schließt, dass man seiner Familie nicht entkommen kann – und das auch nicht sollte. Es wird also durchaus auch rührig in Boons zweitem Sch’ti-Ausflug.

Ganz nett geraten auch die süffisanten Kommentare auf die Zweckmäßigkeit moderner Kunst sowie ein paar ironische Seitenhiebe auf berühmte Architekten wie Philippe Starck und die affektierte Kunstszene an sich. Die Szenen mit dem dreibeinigen Stuhl jedenfalls sind köschtlis. Weil Boon in Frankreich mittlerweile ein Superstar ist, den alle mögen, kamen natürlich nahezu alle, die Rang und Namen haben. Von toll besetzten Nebenrollen über Gastauftritte Kad Merads bis hin zu Line Renaud als Valentins Mutter und vor allem der famose Pierre Richard als Vater. Dessen (kurze) Auftritte zeigen nicht nur einen extrem fitten und gut aufgelegten 84-jährigen, sondern erinnern an die grandiose physische Komik, die Richard in den 70ern und 80ern zum Star machte. Wenn er mehrfach daran scheitert, sich ein Omelett zu machen oder sogar den Toast verbrennt, ist das einfach super witzig. Wesentlich witziger jedenfalls als die Weinkrämpfe Boons beim Anblick diverser Mofas, die ihn an den Unfall in der Jugend erinnern. Das wirkt doch arg wie ein Rückfall in die infantile Komödienzeit der Franzosen.
Gut, dass eine toll aufgelegte Laurence Arné als Constance das relativiert, wenn sie ihrerseits Sch’ti lernt und dem Charme der Sprache erliegt. Wenn sich Die Sch’tis in Paris köstlich über Benimm und Etikette lustig macht, schaut man auch über die albernen Ausbrüche Boons hinweg.
Am Ende ist das zwar nicht im Ansatz so originell wie das Original und die großen Lacher bleiben durchweg aus, aber die Moral von der Geschichte ist universell und die gut aufgelegten Nebendarsteller entschädigen für so einiges.

Bild- und Tonqualität

Die Sch’tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen hat ein klar kontrastiertes Bild, das nahezu rauschfrei daherkommt. Auch die Farben geraten prächtig und lebhaft. Die Schärfe ist in Close-ups hervorragend, passt aber auch gut in Halbtotalen – Randunschärfen sind zudem kein Thema. Erstaunlich gut ist auch der Schwarzwert, der tief hinunter reicht und das Bild stets gut durchzeichnet hält. Ab und an ist der Eindruck so gut, dass man es fast dreidimensional empfindet.
Akustisch darf man überrascht sein: Sowohl die Musik als auch viele Autogeräusche werden dynamisch und effektvoll ins Heimkino transportiert. Gerade der getunte Peugeot 205, bzw. dessen brutale Abgasanlage feuern ordentlich ein. Ab und an ist das ein bisschen übertrieben dröhnig. Für eine Komödie aber durchaus respektabel. Schön effektvoll gerät auch die Situation in der Dusche, wenn es aus jeder Ecke zischt und spritzt.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Die Sch’tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen gibt es neben entfallenen Szenen noch witzige Outtakes und Interviews mit drei Darstellern. Vor allem jenes mit Pierre Richard macht Spaß – bedenkt man, wie fit er mit seinen 84 Jahren rüberkommt.
Fürs deutsche Publikum vor allem witzig: „Mit Christoph Maria Herbst im Synchronstudio“. In mehrere Teil-Featurettes aufgesplittet erklärt uns Herbst die Sch’ti-Sprache und

Fazit

Sch’tis #2 kann den Erfolg des Vorgängers weder kommerziell noch künstlerisch wiederholen. Allerdings muss das ja auch nicht sein. Sieht man von ein paar albernen Momenten ab, bietet Die Sch’tis in Paris allerbeste Familien-Unterhaltung mit versöhnlichem Tenor.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 85%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 50%
Film: 60%

Anbieter: Concorde Home Entertainment
Land/Jahr: Frankreich 2017
Regie: Dany Boon
Darsteller: Dany Boon, Line Renaud, Pierre Richard, Laurence Arne, Valérie Bonneton, Guy Lecluyse, François Berléand
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, fr
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 107
Codec: AVC
FSK: 0

Trailer zu Die Sch’tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen

DIE SCH'TIS IN PARIS | Trailer | HD | Offiziell | Ab 2. August 2018 als DVD, Blu-ray und digital

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