Die Todeskarten des Dr. Schreck

Blu-ray Review

Die Todeskarten des Dr. Schreck Blu-ray Review Cover Regulär
Wicked Vision, seit 30.11.2015

OT: Dr. Terror’s House of Horrors


Karten der Zukunft

Ein Horrorepisodenklassiker der Amicus-Studios erblickt das Licht der HD-Welt – und zwar in außerordentlich gut restaurierter Fassung.

Inhalt

Eine Bahnfahrt von London nach Bradley führt fünf Reisende mit dem mysteriösen Dr. Sandor Schreck zusammen. Der hat seine Tarot-Karten dabei und legt jedem der Anwesenden ein Kartenbild, um ihnen die Zukunft vorauszusagen. In seinen Weissagungen erleben die Mitreisenden unterschiedliche Geschichten: Ein Architekt erlebt bei der Begutachtung eines herschaftlichen Anwesens sein blaues Wunder, als er von einem Werwolf heimgesucht wird …
Der Privatier Bill Rogers kommt mit seiner Familie aus dem Urlaub und findet wild gewachsenen Wein an seiner Hauswand. Eine Pflanze, die ganz spezielle und ziemlich fesselnde Eigenschaften zu entwickeln beginnt …
Ein Jazztrompeter wird auf Haiti mit einem Voodoo-Fluch belegt, weil er einen traditionellen Rhythmus für seine eigenen kommerziellen Zwecke nutzt …
Der Kunstkritiker Franklyn March, der nicht an den Hokuspokus der Tarot-Karten glaubt, wird Opfer einer Verspottung, als er das Bild eines Affen lobt, ohne zu wissen, wer es gemalt hat. Als er den Künstler, der für diesen Streich verantwortlich ist, überfährt und ihm dabei eine Hand abtrennt, entwickelt diese ein erstaunliches Eigenleben …
Dr. Bob Carroll hat sich gerade frisch vermählt, als sein Arztkollege ihm offenbart, dass seine hübsche Angetraute ein Vampir ist. Er soll sie töten, damit nicht noch mehr Opfer zu beklagen sind …

Amicus Productions, ursprünglich von zwei Amerikanern gegründet, war eine britische Filmfirma, die als einziger „Konkurrent“ zu den Hammer Studios Gruselwerke mit ähnlicher Atmosphäre schuf, sich allerdings hauptsächlich auf den Horror-Episodenfilm konzentrierte und die Storys meist in der Gegenwart verortete. Mit Die Todeskarten des Dr. Schreck, der ersten echten Gruselproduktion des Studios, schuf man seinerzeit einen modernen Klassiker, der (nicht ganz zufällig) auch ein Wiedersehen mit zwei der meist beschäftigten Darsteller der Hammer-Filme bot: Peter Cushing und Christpher Lee. Cushing, der einzig in der Rahmenhandlung auftritt und Lee, den man in der Disassembled-Hand-Geschichte beobachten darf, waren seinerzeit Ikonen des Genrefilms, was Filmwissenschaftler Dr. Rolf Giesen in seinem optional anwählbaren Vorwort betont. Dass der Klassiker das Licht der HD-Welt erblickte, ist Wicked-Vision, dem Magazin für Phantastischen Film zu verdanken, deren erster in Eigenregie überwachter Output als Label die Blu-ray von Dr. Schreck darstellt. Wichtig war dem Team von Wicked-Vision, den Film nicht nur lustlos auf den Markt zu schmeißen, sondern massiv an der Qualität von Bild und Ton zu schrauben, um das Ganze dann limitiert zu veröffentlichen. Zum einen gibt es nämlich die mit zwei unterschiedlichen Covern auf je 750 Exemplare verknappten Mediabooks und zum anderen die Standard-Amaray, die ebenfalls nicht unendlich verfügbar sein wird. Wie gut die Neuabtastung geworden ist, steht im nächsten Abschnitt – ebenso wie ein Überblick über die reichhaltigen Extras unter „Bonusmaterial“.

Mit dem typischen Stil und der Atmosphäre der Gruselfilme der 60er-Jahre gehört Die Todeskarten des Dr. Schreck zu den gelungensten Episdengruselfilmen seiner Zeit. Es ist auch heute immer noch erstaunlich und nötigt höchsten Respekt ab, mit wie viel Fantasie und Einfallsreichtum die äußerst gering budgetierten Grusler der Studios das Maximum aus ihren Kulissen (teils aus anderen Filmen noch übrig) und den Studioaufbauten herausholten. Natürlich ist das aus heutiger Sicht manchmal albern (gerade während der Schreckszenen), doch mit dem richtigen Gespür für Licht und Schatten, das noch heute viele Genreregisseure nicht haben, macht Francis einiges wett. Dazu kommen die genannten Schauspielgrößen Lee und Cushing, die ihre Rollen souverän (unbedingt vorzuziehen ist der englische Originalton) meistern sowie ein gerade mal 30-jähriger Donald Sutherland, dessen junger Arzt wohl nicht damit gerechnet hatte, so eine kurze Ehe zu führen und sie derart blutig zu beenden.

Bild- und Tonqualität

Sommer 2015: In den britischen Pinewood-Studios setzte sich ein Team zusammen, um Die Todeskarten des Dr. Schreck vom Original-Kamera-Negativ in 4K-Auflösung neu abzutasten. Ziel war es, nicht weniger als die bestmögliche Bildqualität aus dem 50 Jahre alten Material herauszuholen. Und wo viele Filmverleihe gerne mit solchen Fakten klotzen, um am Ende doch nur eine mies hochgerechnete HD-Fassung zu präsentieren, hat man hier absolut herausragende Arbeit geleistet. Mal abgesehen von den Außenaufnahmen (Bahnhof, vorbeifahrender Zug etc.), die eine sichtbare Körnung aufweisen (was allerdings nie störend wirkt), sind die Innenraumsequenzen gerade im Zugabteil fast auf dem Niveau sehr guter heutiger Produktionen. Das Korn ist minimal, die Bildstabilität ist extrem hoch und der in Technicolor gefilmte Horrorstreifen liefert absolut kräftige Farben und sensationell saubere Kontraste (Lee im Zugabteil 6’44). Nur ganz vereinzelt schleicht sich mal ein Blitzer ein, während Schmutz vollständig eliminiert wurde. Die Schärfe ist dermaßen gut, dass man den (ungewohnten) Bart Cushings in allen Einzelheiten erkennen kann. Lediglich beim Zoom auf seinem Gesicht wird’s etwas softer, was aber auch an der verwendeten Optik liegen könnte. Während der Geschichten wird es schon mal etwas rauschiger, dennoch ist es erstaunlich, was man mit guter und leidenschaftlicher Arbeit in Sachen Remastering erreichen kann.
Akustisch darf man jetzt natürlich keinen effektvollen Actionreißer erwarten, doch der unkomprimierte 2.0-dts-HD-Master-Sound, den man von der deutschen Kinokopie erstellte, liefert hervorragend verständliche Dialoge, die nur ein kleines bisschen auf den „S“-Lauten zischeln. Da es eine Fehlstelle in Sachen deutscher Vertonung der Kinofassung gab, nutzte man dort die alternative TV-Synchro. Auf diese Weise wurde es möglich, den Film erstmalig komplett in einer synchronisierten Fassung zu genießen, wenngleich die gebuchten Synchronsprecher dann andere waren. Übrigens lässt sich diese TV-Synchro auch als alternative Tonspur anwählen. Einzige Kritikpunkte des ansonsten ebenfalls sehr gut restaurierten Tons sind wenige etwas abgehackte Stellen (hier wird das Original Kinomaterial verantwortlich sein) sowie ein etwas stärkeres Rauschen und leichtes Knacksen in der finalen Geschichte. Da die deutsche Kinofassung von Die Todeskarten des Dr. Schreck ebenfalls mit an Bord der Blu-ray ist (abzurufen über das Bonus-Menü), lässt sich wunderbar vergleichen, WIE gut die Restauration geworden ist, denn hier knackt es permanent aus den Speakern und das Bild ist dunkel, kontrastarm, vollkommen durchsetzt von Störpartikeln und Blitzern und noch dazu flau in der Farbe.

Bonusmaterial

Kernstück des lobenswerterweise komplett untertitelten Bonusmaterials von Die Todeskarten des Dr. Schreck ist das eigens für die Blu-ray-Veröffentlichung hergestellte Making-of „House of Cards“. Mit knapp einer Stunde Laufzeit wird aufgerollt, wie die Amicus-Studios ins Leben gerufen wurden und wie die fünf Geschichten von Dr. Terror’s House of Horrors umgesetzt wurdne. Diverse gut aufgelegte Autoren, Filmproduzenten und Archivisten führen durch die von Jake West (ABCs of Death) inszenierte Dokumentation,  die außerordentlich aufschlussreich und unterhaltsam geriet. Zu dieser Dokumentation gesellt sich die angesprochene 35mm-Kinofassung sowie diverse Trailer und eine Bildergalerie. Ebenfalls mit an Bord sind eine deutsche Anfangs- und Endsequenz sowie zum Vergleich eine italienische Anfangs- und Endsequenz und ein niederländischer Vorspann. Im Setup-Bereich findet sich dann noch der (arg fachsimpelnde) deutsche Audiokommentar von Filmwissenschaftler Giesen und Uwe Sommerlad sowie der für die ursprüngliche DVD-Fassung eingesprochene Kommentar von Regisseur Francis und Jonathan Sothcott. Auch dieser wurde deutsch untertitelt und für jenen von Giesen/Sommerlad sind sogar englische Subskripte anwählbar. Francis plaudert in „seinem“ Regiekommentar aus dem Nähkästchen und gibt die eine oder andere amüsante Anekdote zum Besten – so zum Beispiel, dass er die meisten Werwolffilme für wenig gelungen hält und er immer sagte, man müsse solche Storys kurz halten. Wer zu den glücklichen 1500 gehört, die eines der beiden limitierten Mediabooks ergattern kann, der darf sich nicht nur über die hübschere Aufmachung und einige Postkarten, sondern auch über die ebenfalls integrierte DVD-Fassung des Films sowie ein 24-seitiges Booklet freuen.

Fazit

Wenn sich ein Label, das leidenschaftlich hinter dem Genre steht, sich eines Klassikers des 60er-Jahre-Gruselfilms annimmt, dann darf man bereits gespannt sein. Wenn die Umsetzung dann derart gut gelingt und das Bild so herausragend wird, dann gilt für Die Todeskarten des Dr. Schreck: Pflichtkauf!
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 55%
Tonqualität (Originalversion): 55%
Bonusmaterial (Amaray Case): 80%
Bonusmaterial (Mediabook): 100%

Film: 65%

Anbieter: Wicked Vision
Land/Jahr: GB 1965
Regie: Freddie Francis
Darsteller: Christopher Lee, Peter Cushing, Roy Castle, Max Adrian, Michael Gough, Neil McCallum, Peter Madden, Kenny Lynch, Donald Sutherland
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 99
Codec: AVC
FSK: 16

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