Blu-ray Review
OT: The Hunger Games: Catching Fire
Jubel-Jubiläum
Teil II der Verfilmungen der dystopischen Romanreihe schlägt seinen Vorgänger in allen Belangen.
Inhalt
„Das muss ein brüchiges System sein, wenn eine Handvoll Beeren es zum Einsturz bringen kann“ – Katniss hat auch einige Monate nach ihrem und Peetas Sieg bei den Hungerspielen ihren zynischen Biss nicht verloren. Beim persönlichen Besuch von Präsident Snow entgegnet sie dessen Befürchtung, der „Trick“ mit den todbringenen Früchten würde in den Distrikten zu Unruhen führen, entsprechend schnippisch. Die Stipvisite von Snow hat aber vor allem einen bestimmten Grund: Er erpresst Katniss mit dem Leben ihrer Lieben, wenn sie und Peeta bei ihrer anberaunten Tour durch die anderen elf Distrikte nicht die Fassade des liebenden Pärchens wahren und die Massen beruhigen. Das gelingt eher schlecht als recht und Katniss kann kaum glauben, wie brutal schon der erste Funke von Solidarität unter den Distrikten niedergeschlagen wird. Um die aufkeimenden Straßenkämpfe und vor allem die Hoffnung in den Menschen zu zerstören – eine Hoffnung, die vor allem das Symbol von Katniss trägt – kommt dem neuen Spielleiter Plutarch Heavensbee eine perfide Idee: Zwischen der Installation neuer Furcht und Bestrafung will er das Bild der beiden Hoffnungsträger manipulieren und zerstören. Als auch das nicht fruchtet, greift Snow zur letzten Möglichkeit und ruft das Jubel-Jubiläum aus: Spiele, in denen die 24 Teilnehmer aus den Siegern der vergangenen Hungerspiele gelost werden – unabhängig von ihrem Alter. Kaum verwunderlich, dass Katniss unter den Auserwählten ist, immerhin ist sie die einzige lebende Teilnehmerin aus Distrikt 12. Peeta higegen meldet sich freiwillig und die Spiele beginnen von vorne. Allerdings ist das Gewinnen umso schwerer, denn die bisherigen Sieger sind Lieblinge des Kapitols und erfahrene Killer …
Ungleich dramatischer und ernster beginnt Catching Fire im Vergleich zum Vorgänger Die Tribute von Panem. Francis Lawrence (I am Legend) übernimmt von Garry Ross und nutzt die in der Vorlage implementierten Entwicklungen, um den Charakter von Panem deutlich düsterer anzulegen. Die Massen sind in Aufruhr, Präsident Snow sieht der sich entwickelnden Revolution ins Auge und die bevorstehenden Spiele sind alles andere als ein Zuckerschlecken. Folgt man der hin und wieder laut gewordenen Kritik, dass Catching Fire nur ein rasanteres Remake des Vorgängers sei, kann man nur konstatieren: Ein temporeicheres, intensiveres, schlüssigeres und dramatischeres Remake. Im Prinzip ist die Fortsetzung dem ersten Teil tatsächlich in allen Belangen überleben: Die Dramatik ist von der ersten Sekunde an spürbar, die Spannung ist schon während der ersten 45 Minuten greifbar (im Gegensatz zum mitunter kaugummizähen Beginn von Tribute von Panem) und die Charakterzeichnung funktioniert um Längen besser. Plötzlich haben auch die Gegner ein individuelles Gesicht und wirken nicht (zwei Figuren im ersten Teil ausgenommen) leichenblass und wie billiges Kanonenfutter. Das wiederum liegt auch an den gestandenen Akteuren, die mit in die Arena gehen. So ist Amanda Plummer großartig in der Rolle der irren Wiress und Jeffrey Wright als Beetee ergänzt sie hervorragend. Ebenso großartig: Jena Malone (Donnie Darko) als vor Wut überschäumende Johanna Mason, die schon im Aufzug vor der Präsentation eine höchst eigene Duftmarke hinterlässt. Was aber vor allem besser inszeniert, geschrieben und verkörpert wurde, sind die schon bekannten Figuren, die nun zu echten Charakteren reifen. Selbst die im ersten Teil noch grenznervige Effie Trinket packt es nun bei der Ehre und so entwickelt sie in all ihrer Überkandideltheit tatsächlich so etwas wie Emotionen. Haymitch hat gar den besten Satz des Films überhaupt, wenn er sich zu Katniss wendet und bemerkt, dass es bei den Hungerspielen „keine Sieger gibt, nur Überlebende!“.
Auch herausragend ist der Besetzungscoup mit Philip Seymour Hofman als neuem Spielleiter Plutarch Heavensbee. Während sein Vorgänger einfach nur ein schmieriger Fatzke war, ist Hofman in dieser Rolle ein widerlicher und hinterhältiger Intrigant mit Plan.
Dennoch ist nicht alles Gold, was glänzt: Erneut gibt’s ein paar Logikbrüche und einige angerissene Themen werden erst gar nicht weiterverfolgt. Das ist besonders auffällig bei Heavensbees Vorhaben, das saubere Image von Katniss und Peeta nachhaltig zu zerstören. Was sich in dem Moment, da er es ausspricht, für den Zuschauer bereits als besonders fiese und intrigante Idee unangenehm manifestiert, wird zum großen Erstaunen nicht ansatzweise umgesetzt – sieht man mal von einem erhöhten Brutalitätsfaktor der Wachen in den Distrikten ab. Zu keiner Zeit gerät Katniss‘ Image beim Volk ins Wanken, kein Indiz dafür, dass Heavensbees Plan überhaupt umgesetzt wird. Zu Recht fragt man sich in diesem Moment, warum es dann erst überhaupt zur Sprache gebracht wurde. Auch geht’s am Ende dann ein wenig zu abrupt mit der überraschenden Wendung und den vielen Fakten, die Katniss (und damit auch der Zuschauer) vor den Latz geknallt bekommt. Da wirkt Catching Fire trotz seiner 2,5 Stunden Laufzeit plötzlich gehetzt und getrieben. Lawrence ist allerdings Profi genug, um diese Unzulänglichkeiten zuvor mit rasanter Action in der Arena förmlich wegzupusten. Während dieser guten Dreiviertelstunde gibt es weder für die Tribute noch für den Zuschauer eine Atempause und gegenüber dem Vorgänger wird hier die Spannungs- und Rasanzschraube massiv angezogen. Ebenfalls gelingen Catching Fire ein paar erinnerungswürdige Szenen, wenn Snows Enkelin mehrfach äußert, sie wäre gerne später auch so eine taffe Heldin wie Katniss – hier wird im Subkontext klar, wie kurz das System vor dem Zusammenbruch steht.
Bild- und Tonqualität
Die Tribute von Panem – Catching Fire beginnt, ähnlich wie der erste Teil mit unterkühlter, blau-violetter Farbgebung und ansonsten mausgrauer Gestaltung in Distrikt 12. Sobald Katniss und Peeta im Kapitol ankommen, wird’s dann wieder typisch bunt und knallig. Dabei gelingt die Kontrastgebung bis auf wenige Ausnahmen zumeist hervorragend. Auch die Bildruhe beeindruckt und lässt auch in den dunklen Szenen nicht nach. Davon gibt’s allerdings ein paar zu viele und mitunter fehlt’s dabei etwas an Durchzeichnung. Ebenso könnte die Schärfe durchgängig etwas besser sein.
In punkto Tonqualität liegt Catching Fire ein wenig über Die Tribute von Panem, denn im späteren Verlauf gibt’s einfach häufiger Anlass für entsprechende Effektkapriolen. Sei es das Training mit den Hologrammen, das direktional aus allen Lautsprechern feuert, der große Auftritt im Kapitol oder die wummernden Sounds des Raumshuttles. Der Angriff der Schnattertölpel ist gar dermaßen heftig, dass man unweigerlich den Kopf einzieht und sich, wie Katniss auch, am liebsten die Ohren zuhalten würde.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial der Fan-Edition von Catching Fire befindet sich ein neunteiliges Making of über die Dreharbeiten, den Cast oder die Stunts. Dazu gesellt sich der Audiokommentar von Regisseur Francis Lawrence und Produzentin Nina Jacobson und diverse geschnittene Szenen. Des Weiteren klären Featurettes wie „Die Vision“, „Rückkehr der Verbündeten“ oder „Freund oder Feind“ über die Dreharbeiten zum zweiten Teil von The Hunger Games auf und obendrein gibt’s noch ein Booklet, ein Poster und (für aufmerksame Sucher) ein Easter Egg.
Fazit
Mehr Charaktertiefe, mehr Action, mehr Revolution – Die Tribute von Panem – Catching Fire erleidet nicht den Fluch anderer Fortsetzung und ist durchweg stärker als sein Vorgänger.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 75%
Film: 80%
Anbieter: Studiocanal
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Francis Lawrence
Darsteller: Jennifer Lawrence, Josh Hutcherson, Liam Hemsworth, Woody Harrelson, Elizabeth Banks, Lenny Kravitz, Philip Seymour Hoffman, Jeffrey Wright, Stanley Tucci, Donald Sutherland, Willow Shields, Jena Malone, Amanda Plummer,
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 145
Codec: AVC
FSK: 12