Blu-ray Review
OT: The Hunger Games: Mockingjay, Part 1
Symbol der Revolution
Der Krieg gegen das Kapitol scheint unausweichlich …
Inhalt
Als Katniss ihren Pfeil in die Kuppel der Arena geschossen hat, hatte das zur Folge, dass in sieben Distrikten Aufstände entbrannten. Alma Coin, Präsidentin von Distrikt 13 will gemeinsam mit Plutarch Heavensbee diese Energie nutzen und Katniss als Gallions- und Identifikationsfigur einer übergreifenden Revolution gegen das Regime installieren. Der Hungerspiele-Gewinnerin ist jedoch viel wichtiger herauszufinden, was mit Peeta in der Arena geschehen ist und ob er noch lebt. Erst als man ihr zeigt, dass Snows Truppen als Vergeltung für die Aufstände Katniss‘ Heimatdistrikt 12 in Schutt und Asche gelegt haben, lässt sie sich vor den Karren der Revolution spannen. Vor allem, da Peeta sich im Fernsehen zeigt und (ob instruiert oder nicht) irgendetwas von Waffenstillstand faselt. Katniss will wissen, was dahintersteckt, ringt Präsidentin im Gegenzug Coin einige Forderungen ab und macht mit. Allerdings bedeutet das zunächst einmal, sich in gekünstelten Medien-Werbeclips zu inszenieren – Propagandavideos für den Aufstand. Als Plutarch merkt, dass seine Heldin keine gute Schauspielerin ist, bleibt nur noch eine Möglichkeit: Katniss muss in die reale Welt und dort spontan vor der Kamera agieren. Gemeinsam mit einem jungen Team aus Regisseurin und Kameraleuten landet sie in den Kriegsgebieten und nimmt kurze Werbetrailer auf, die den Menschen Mut zum Widerstand machen sollen. Dabei sieht sie, was das Regime bereits angerichtet hat und wie schlecht die Menschen dran sind. Als Snow davon Wind bekommt, reagiert er noch unbarmherziger als bisher schon und hat außerdem ein Druckmittel: Peeta …
Da ist er nun, der erste Teil der abschließenden zwei Filme von Tribute von Panem. Mockingjay Teil 1 fordert vom Zuschauer ein Umdenken. Im Gegensatz zu Catching Fire und Hunger Games gibt’s hier keine Arena und keine Kämpfe unter den Tributen. Vielmehr stellt Mockingjay 1 die Hinführung auf das actionreiche Finale dar und hat deshalb die etwas undankbare Rolle des „Zwischenfilms“. Die erste Dreiviertelstunde zieht sich deshalb schon mal spürbar. Wer jedoch etwas für die Faszination der medialen Kriegsführung übrig hat, der bekommt mit den Mechanismen, die Plutarch in Gang bringt, eine ganze Menge Futter. Es mag befremdlich wirken, dass eine in zwei Filmen zur Hauptfigur stilisierte Heldin erst Mal nichts weiter tun soll, als möglichst emotional in die Kamera zu brüllen, dass das Kapitol seinen Krieg bekommen wird, doch auch das ist letztlich nur die Hinführung zur finalen Auseinandersetzung. Der Ton und die optische Gestaltung sind bei weitem düsterer als in den beiden Vorgängerfilmen von Die Tribute von Panem – Mockingjay 1, und das nicht nur deshalb, weil es kein quietschbuntes TV-Happening gibt. Trümmer, brennende Lazarette, Menschen in Lumpenklamotten – selbst Effie Trinket trägt dieses Mal nur einen grauen Overall und muss ohne Schminke auskommen. Das, im Übrigen, steht ihr nicht nur ganz gut, sie wächst als Figur auch über sich hinaus – eine tolle Leistung von Elizabeth Banks. Ohnehin sind es die Nebendarsteller, die dieses Mal stärker im Fokus stehen. Woody Harrelson als Haymitch Abernathy muss zwar von nun an ohne Alkohol auskommen, liefert aber immer noch die besten (sarkastischen) Sprüche. Liam Hemsworth als Gale übernimmt Peetas Part an Katniss Seite und darf voller Inbrunst von der Revolution schwärmen und Julianne Moore ist als Präsidentin Alma Coin eine prominente (allerdings etwas gelangweilt agierende) Ergänzung. Natalie Dormer, die als junge Filmemacherin Cressida dafür sorgt, dass Katniss ins rechte Licht gerückt wird, hätte sogar noch mehr Screentime verdient – sie ist nicht nur optisch ein Gewinn. Dass Josh Hutchersons Rolle in den Hintergrund rückt, liegt in der Geschichte begründet. Es funktioniert im Prinzip sogar sehr gut, dass Peeta die Rolle auf Seiten des Kapitols übernimmt, die Katniss auf der Seite der Rebellen innehat. So werden die beiden zu den kontrastierenden Gesichtern des bevorstehenden Kriegs – auch wenn man als Zuschauer natürlich ahnt, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zu geht.
Inszenatorisch und inhaltlich ist Mockingjay 1 der bisher nicht nur düsterste, sondern auch erwachsenste Teil der Serie geworden. Hier geht es nicht mehr um eine junge Frau, die zwischen zwei Männern hin- und hergerissen ist und dabei gefährliche Abenteuer überstehen muss, sondern um eine echte Revolution. Es geht um Unterdrückung, brutale Niederschlagung von Aufständen und um den Sturz eines dikatorischen Regimes. Francis Lawrence, der schon Catching Fire inszenierte, lässt sich im ersten der beiden finalen Teile Zeit, um die Geschichte aufs Finale zuzusteuern – vielleicht hin und wieder etwa zu viel Zeit. Das in Mode gewordene Splitting in zwei Finalteile (Twilight-Serie, Harry Potter etc.) mag zwar aus finanzieller Sicht des Studios nachvollziehbar sein, führt jedoch gerade bei Mockingjay 1 zu Längen und einem etwas unentschlossenen Hin- und Herschwanken zwischen Trauer, Tragik und (ein bisschen) Action. Was fehlt, sind die emotionalen Momente, die Berührungspunkte mit dem Volk, gemeinsame Faust-Hochrecken-Momente. Da soll Katniss zwar als Identifikationsfigur dienen, doch dann zeigt man das Volk, das letztlich die Revolution in der Masse vollziehen muss, nur am Rande. Eine einzige Szene, in der Arbeiter sich gegen ihre bewaffneten Bewacher auflehnen, steht vollkommen isoliert in der Mitte des Films und hat keinerlei Bindung zum Geschehen. Die einzige Sequenz, die man hätte mit Spannung und Action umsetzen können, findet gar im Off statt – hier wirft Mockingjay Teil 1 tatsächlich die Frage auf, warum man die Befreiungsaktion von Peeta & Co. nicht mal im Nachgang als Rückblick zeigt. Man wird immer mal wieder das Gefühl nicht los, das man auf dem Weg zur finalen Auseinandersetzung (Teil 2) etwas lieblos mit der Hinführung (Teil 1) umgegangen ist. Jennifer Lawrence trägt zwar auch diesen Panem-Teil locker auf ihren Schultern, hat jedoch kaum die Möglichkeit zu zeigen, was an Kampfesgeist in ihr steckt und, so viel Häme sei erlaubt: flennt über die Maßen viel rum. Da der Film abzüglich Abspann nicht mal 110 Minuten Laufzeit hat und die beiden Vorgänger deutlich über zwei Stunden liefen, hätte man mit einigen Kürzungen durchaus einen stringenten, unterhaltsamen und rasanten 180 Minuten-Einteiler als Finale veröffentlichen können, der dann nicht wieder Monate des Wartens auf den dann wirklich letzten Teil gekostet hätte. Natürlich hätten dem produzierenden Studio und allen finanziell Beteiligten dann gut 700 Millionen Dollar in den Kassen gefehlt.
Bild- und Tonqualität
Die Bildqualität von Mockingjay Teil 1 liegt auf dem Niveau der beiden Vorgänger, ist in den dunkleren Szenen allerdings ein kleines bisschen matschiger/softer. Gerade frontale Aufnahmen und die Lichtspiegelungen auf der Stirn der Protagonisten sind etwas weich. Da Mockingjay fast ausschließlich im Dunklen spielt, ist es mit einem großen Kontrastumfang, knalligen Farben oder knackigen Schwarzwerten auch nicht sonderlich weit her.
Akustisch dominieren in Mockingjay Teil 1 die meiste Zeit der ersten Stunde die Dialoge, die sehr gut verständlich sind. Kaum wechselt das Geschehen ins Kriegs- und Krisengebiet, hagelt es indes deutlich mehr Effekte, als in Catching Fire oder Hunger Games. Extrem beeindruckend gerät die Bombardierung von Distrikt 13, die man praktisch an der Seite derer, die in den Bunkern sitzen, praktisch selbst miterlebt und am eigenen Leib spürt. Subwoofer und Effektlautsprecher werden dann bis aufs Äußerste gefordert.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1 ist randvoll gefüllt mit Featurettes. „Der Mockingjay lebt“ ist ein achtteiliges, knapp zweistündiges Making-of, das nicht nur umfassend über die Dreharbeiten informiert, sondern auch Beiträge zum Cast oder den Stunts bereithält. Auch, und das ist besonders schön, hat sich eine Hommage an Philip Seymour Hoffman ins Extramaterial eingefunden. Der Darsteller hat mit Mockingjay 1 und 2 seine letzten Filme produziert, bevor er viel zu früh gegangen ist. Des Weiteren gesellt sich ein Featurette über die Entstehung des Soundtracks dazu, sowie das Musikvideo zu „Yellow Flicker Boat“ von Lorde. Einige geschnittene Szenen und die Kurzfeaturettes „Schutt und Asche“, „Utilitaristischer Chic“, „Das Propos-Team“ und „Kampfzone: Stunts“ runden das Angebot gemeisam mit dem Audiokommentar ab.
Fazit
Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1 ist ein vollkommen anderer Film als seine beiden Vorgänger. Macht ihn das deshalb schlecht? Nicht wirklich. Aber er ist als alleinstehendes Werk eben unvollständig und sitzt irgendwo zwischen den Stühlen der ersten beiden Panems und dem kommenden Finale. Wer die Serie mag, wird natürlich zuschlagen. Wer sich noch gedulden kann, dem sei empfohlen, Mockingjay Teil 1 erst dann zu schauen, wenn der zweite Teil auch auf Blu-ray vorliegt. Oder aber kurz vor dem Kinobesuch des Folgefilms.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 80%
Film: 70%
Anbieter: Studiocanal
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Francis Lawrence
Darsteller: Jennifer Lawrence, Josh Hutcherson, Liam Hemsworth, Woody Harrelson, Elizabeth Banks, Julianne Moore, Donald Sutherland, Philip Seymour Hoffman, Jefrey Wright, Stanley Tucci, Robert Knepper
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 118
Codec: AVC
FSK: 12