Blu-ray Review
OT: Dogman
Seine besten Freunde
Caleb Landry Jones erneut in oscarreifer Darstellung.
Inhalt
„Je mehr ich von den Menschen sehe, desto lieber habe ich meine Hunde“ – Douglas wurde soeben von der Polizei aufgegriffen. Auf der Ladefläche seines Trucks mehr als ein Dutzend Hunde. Nun sitzt er der Psychologin Evelyn gegenüber, die den hinter Drag-Klamotten und blutverschmiertem Körper versteckten Menschen analysieren und einschätzen soll. Immerhin wäre es möglich, dass er ein Verbrechen begangen hat. Douglas zeigt sich den Gesprächen mit Evelyn gegenüber erstaunlich offen. Umso erstaunlicher, weil er eigentlich jedem Menschen misstraut und lediglich Zuneigung zu „seinen Kindern“, den Hunden verspürt. Als er von einer durch die Brutalität des Vaters geprägten Kindheit erzählt, aus der Douglas nur langsam und unter Verletzungen jeder Art entfliehen konnte, sieht sich Evelyn erstaunlich berührt. Doch Douglas‘ Leben hält noch einige Überraschungen parat …
Ja, Dogman ist von Luc Besson. Und ja, Luc Besson galt mal als Garant für qualitativ hochwertige Filme aus europäischer Produktion. Mit Im Rausch der Tiefe, Nikita, Léon, der Profi und Das fünfte Element erschuf er in drei sehr unterschiedlichen Genres vier Filme, die auf unterschiedlichen Ebenen neue Maßstäbe setzen konnten. Danach wurde es allerdings etwas stiller um ihn und während der Jahre 2006 bis 2010 widmete er sich vor allem seiner Minimoys-Serie. Heute ist eben nicht mehr jeder Film, der von ihm kommt, gleich ein Highlight, in das die Massen stürmen. Und es ist auch nicht der Hintergrund, für diese Einleitung. Dieser zielte vor allem auf einen weiteren Beteiligten von Dogman ab: Caleb Landry Jones. Meiner Meinung nach gibt es derzeit keinen talentierteren (noch) Jungdarsteller in den USA. Nahezu ausnahmslos hätte er für sämtliche Nebenrollen (die er meistens spielt) einen Oscar verdient gehabt. Wer seine Leistung in Three Billboards Outside Ebbing, Missouri oder zuletzt noch in The Outpost gesehen hat, der weiß, wovon die Rede ist. Alleine diese atemlose mehrminütige Sequenz in The Outpost, die besonders tragisch endet und in der er Rotz, Wasser, Schweiß und Blut spuckt, gehört zum beeindruckendsten, was ich seit langer Zeit darstellerisch sehen durfte. Wer Landry Jones mal in Interviews gesehen hat, weiß, dass er sicherlich nicht der einfachste Typ ist, um mit ihm einen Film zu drehen. Aber es sind diese nonkonformen und gegen den Strich gebürsteten Typen, die den Unterschied machen. Dass Caleb Landry Jones bisher fast ausschließlich in Nebenrollen zu sehen war, liegt sicherlich daran, dass er für einen Standardhelden oder romantischen Lover nur bedingt taugt.
War er mal Protagonist, dann in kontroversen Rollen wie dem Virusverkäufer Syd March in Antiviral. Als kontrovers dürften nicht wenige nun auch seine jüngste Verkörperung eines Filmcharakters empfinden. In Bessons Dogman gibt er den im Rollstuhl sitzenden Douglas Munrow, der vom Leben kaum begünstigt wurde und nun als Verdächtiger einer Mordserie festgenommen wurde – in Frauenklamotten und mit greller Schminke im Gesicht. Und wenn er beginnt, der Psychologin seine Lebensgeschichte zu erzählen, sitzt man gebannt vor der Leinwand und lauscht seinen unfassbaren Schilderungen über die Gewalt und Unbarmherzigkeit seines Vaters. Die ersten gut 50 Minuten vergehen dabei wie im Flug, während sich langsam das Heranwachsen und Leben von Douglas vor dem Zuschauer entfaltet. Doch wie es oft ist: Sobald Romantik Einzug hält, wird’s langatmig. Der Subplot mit Salma wirkt gewollt und bisweilen etwas holprig. Und man weiß ziemlich genau, worauf es hinauslaufen wird – was aber am Ende auch keine Relevanz für die Geschichte hat. Es wäre nicht nötig gewesen, diesen Winkelzug auch noch zu machen, um zu verstehen, dass Douglas ein von den Menschen geschundener, von der Liebe enttäuschter Mann ist, der in der Zuneigung zu seinen Hunden Wahrheit und Wahrhaftigkeit erfährt, welche ihm Menschen niemals gegeben haben. Während nicht alle Storywendungen zwingend nötig oder glaubhaft sind, muss man konstatieren, dass es Besson gelingt, fernab von oberflächlichem SciFi oder Action auch Tiefgang in eine Geschichte und seine Figuren zu bringen. Und das ganz ohne die titelgebenden Hunde entweder verniedlicht oder diabolisiert darzustellen. Tatsächlich funktionieren die Hunde perfekt. Und das ganz ohne sie vordergründig oder effektheischend einzusetzen – klasse! Das Zusammenspiel zwischen Landry Jones und den Vierbeiner auf der einen und zwischen ihm und Jojo T. Gibbs auf der anderen Seite ist es, was Dogman am Ende trotz gewisser Zähigkeiten im Mittelteil sehenswert werden lässt.
Bild- und Tonqualität BD
Die Blu-ray von Dogman zeigt sich auf den ersten Blick erstaunlich ruhig und rauscharm. Die Gespräche zwischen Douglas und Evelyn offenbaren zwei sehr krispe Gesichter, ohne dass man je einen Anflug von Rauschmuster sieht. Auch die Rückblenden werden nahezu rauschfrei wiedergegeben. Die Helligkeit und Kontrastdynamik wissen ebenfalls zu überzeugen. Während die Flashbacks in monochromer Farbgebung gehalten sind, werden die Szenen in den Bars umso kräftiger dargestellt. Die Hautfarbe von Evelyn könnte etwas weniger gelbbetont sein. Ansonsten werden neutrale Oberflächen weitgehend authentisch abgebildet. Was zu wünschen übrig lässt, sind die Totalen von diversen Einstellungen. Der Überblick über die Zuggleise und Häuser bei 27’25 zeigt auf den Objekten fast wachsige Oberflächen. Ob hier eine gewisse Rauschfilterung am Werke war oder das Encoding nicht perfekt ist, sei dahingestellt. Aber es sieht wahrlich nicht sehr schön aus. Ähnlich stellt es sich dar bei der Ansicht des Gefängnisses. Hier verschwinden sogar die kleinen Antennen am Mast auf der linken Seite – und das dürfte nicht nur auflösungsbedingt sein. Ganz vereinzelt gibt es allerdings auch mal deutliches Rauschen, was in jener Szene aber an der Dunkelheit und der schwierigen roten Beleuchtung liegen dürfte (64’26). Kompliment an Capelight Pictures, da man bereits die Blu-ray mit Dolby Atmos für beide Sprachfassungen ausstattet. Und die hat es zunächst schon mal in sich, wenn man auf der regulären Ebene bleibt. Das bedrohliche Gewitter zu Beginn atmet direkt reichlich Tiefbass und füllt den Raum mit Frequenzen aus dem unteren Bereich. Der Regen prasselt beeindruckend und der Score sägt atmosphärisch dazu. Sobald Dialoge das Zepter übernehmen, werden diese prägnant in den Raum gestellt und bleiben jederzeit gut verständlich. Bei der späteren Actionszene setzt es dann räumliche Querschläger und recht wuchtige Schüsse. Da Dogman aber nicht nur die reguläre Ebene bedient, hören wir uns auch mal obenrum um. Und dort beginnt’s direkt zum Start ebenfalls mit dem rauschenden Regen, der noch intensiver wird, wenn die Kamera ins Innere der Fahrzeuge wechselt. Dazu gesellt sich auch der bedrohliche Score aus den Heights. Selbst im Schlafzimmer von Evelyn und den Innenräumen generell bleibt es dabei, dass die Atmosphäre sich auch gedämpft die Dialoge und den leichten Nachhall der Räumlichkeiten zunutze macht. Das öffnet die generelle Akustik durchaus, selbst wenn’s keine dedizierten 3D-Sounds sind. In der Verhörsituation sind Dialoge vielleicht einen Hauch zu klar und laut von oben hinzugespielt worden, was dann eher auf die deutsche Synchro zutrifft, während die Original-Tonspur ein bisschen dezenter im Hintergrund bleibt. Es ist aber keine Erfindung der deutschen Fassung, denn auch der O-Ton begleitet die Dialoge aus den Heights. In Summe gibt es außerhalb dieser atmosphärischen Stimm- und Filmmusikergänzung auch nicht wirklich viel anderes von oben. Nach etwas über 50 Minuten hört man mal ein Flugzeug leise und entfernt dröhnen und bei 56’35 werden die Plastikvorhang-Lamellen hörbar beiseitegeschoben. Bei 70’37 hört man ein Gewitter bedrohlich grollen und während der Schießerei nach über 97 Minuten bröckelt mal ein wenig Putz von der Fassade. In Summe sind die Höhenkanäle also zwar nie wirklich still, aber zu 95 Prozent mit Signalen belegt, die auf den regulären Speakern ebenfalls zu hören sind – eine reine akustische Erweiterung für mehr Atmosphäre, keine Ergänzung durch explizite 3D-Sounds.
Bild- und Tonqualität UHD
Dogman wurde digital fotografiert. Zum Einsatz kamen Kameras vom Typ Sony Venice, die mit 6K aufzeichnen. Davon ausgehend wurde ein 4K-DI gezogen, das die UHD Blu-ray zu einer nativen 4K-Disk werden lässt. Capelight Pictures gradete das Ganze mit HDR10 und Dolby Vision sowie einem im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum. Gegenüber der zeitweise auf Oberflächen sehr detailarmen und fast wachsigen Blu-ray zeigt sich die 4K-Disk durchweg detailfreudiger. Backsteingebäude erhalten plötzlich wieder Struktur, Totale erhalten eine Detailtiefe, die man über die BD nicht bekam und Close-ups liefern sichtbar mehr Einzelheiten auf den Gesichtern. So erkennt man die kleineren Unebenheiten auf der Stirn und den Wangen der beiden „Verhörteilnehmer“ und auch das Fellkleid der Vierbeiner zeigt sich souveräner und mit mehr Details. Das Encoding geht souveräner mit den Szenen um, die unter dezentem Digitalrauschen leiden, wobei die UHD Blu-ray generell noch feiner und homogener wirkt. Erstaunlicherweise ist die HDR-Disk kaum dunkler gemastert als die Blu-ray, zeigt sich bei Mischkontrasten aber noch etwas dynamischer. Auch die monochromer gehaltenen Rückblenden in Douglas‘ Kindheit wirken kontrastreicher. Farben sind grundsätzlich sehr ähnlich gemastert, allerdings etwas weniger rotbetont und dafür etwas grünlicher bei Hauttönen. Allerdings spielt sich das im Bereich von Nuancen ab.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … ist die UHD Blu-ray etwas weniger gelb.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die 4K-Disk ist hier deutlich feiner in der Detaildarstellung.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … minimal intensiver.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … bei der 4K-Disk souveräner.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die 4K-Disk ist hier weit souveräner und filmischer.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD Blu-ray arbeitet die Oberfläche der Fassade überhaupt erst raus.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Man achte auf die Antennenstäbe links.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Anders die UHD Blu-ray, die hier Einzelheiten offenbart.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … zeigt die UHD Blu-ray sichtbar mehr Details und glaubhaftere Abstufungen.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Dogman liefert in Summe fünf Featurettes. Dazu noch ein Musikvideo („Autumn Star“ von Sateen) sowie zwei unterschiedliche Kinotrailer. Das Mediabook enthält außerdem noch ein 24-seitiges Booklet mit Interview-Schnipseln von Besson und Berichten über die Filmmusik und die Besetzung. Die Featurettes sind mitunter sehr kurz (Interview mit Besson mit einer Laufzeit von 1’39), halten aber gerade in „Das Rudel“ ein paar interessante Hintergrundinfos über die Hunde und ihre entsprechenden Dressuren.
Fazit
Dogman ist vornehmlich Erzählkino. Manchmal fast ein Kammerspiel zwischen Caleb Landry Jones und Jojo T. Gibbs. Die Thrilleraspekte wirken am Ende gar etwas aufgesetzt und passen nicht so ganz perfekt zum eigentlichen Gedanken, das Porträt eines Mannes mit geschundener Seele zu zeichnen, der Freundschaft nur gegenüber seinen Vierbeinern entwickeln kann. Dennoch ein wirklich guter Besson-Film, der zeigt, dass der Regisseur auch noch Geschichten erzählen kann. Visuell schlägt die UHD Blu-ray die Blu-ray aufgrund der deutlich besseren Detaildarstellung und der krisperen Oberflächen. Akustisch gibt’s eine in Teilen überraschend lebhafte Atmos-Tonspur.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 75%
Bildqualität UHD: 85%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (dt. Fassung): 80%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (dt. Fassung): 10% (echte 3D-Sounds) / 90% (permanente Atmosphäre-Begleitung)
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 80%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 10% (echte 3D-Sounds) / 90% (permanente Atmosphäre-Begleitung)
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 50%
Film: 70%
Anbieter: Capelight Pictures
Land/Jahr: Frankreich 2023
Regie: Luc Besson
Darsteller: Caleb Landry Jones, Jojo T. Gibbs, Clemens Schick, Christopher Denham
Tonformate BD/UHD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): de, en
Untertitel: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 114
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-100
Real 4K: Ja (4K DI)
High Dynamic Range: HDR10, Dolby Vision
Maximale Lichtstärke:
FSK: 16
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Capelight Pictures)
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Trailer zu Dogman
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Immer schön wenn es Filme gibt bei denen die Szenen nicht dunkler werden mit HDR. Meine Hypothese ist ja das viele Filme HDR künstlich durch Abdunklung der ganzen Szene pushen. Siehst du das auch so Timo?