Blu-ray Review
OT: Dope
Geeks tun, was Geeks tun
Frischer Wind in Sachen afroamerikanisches Kino.
Inhalt
Malcolm ist ein Nerd – und zwar so richtig. Was allerdings immer noch besser ist als Drogendealer zu sein. Denn das ist nahezu die einzige Karrierechance für junge Afroamerikaner, die aus der „The Bottoms“ genannten Gegend aus Inglewood/USA kommen. Weil Malcolm gut in der Schule ist, träumt er den Traum, aufgrund seiner Noten in Harvard angenommen zu werden. Das allerdings sieht sein Schuldirektor anders, der Malcolm für arrogant hält, wenn er denkt, dass er nur wegen seiner Beurteilungen an der Elite-Uni eine Chance hätte. Während er aber unbeirrt weiter gute Zeugnisse einfährt, probt er in seiner Freizeit mit seinen ebenso geekigen Freunden Jip und Diggy neue Songs für die gemeinsame Band Awreeoh. Eines Tages auf dem Heimweg fährt Malcolm mit seinem BMX dem Drogendealer Dom in die Arme. Der „bittet“ ihn darum, dass er führ ihn die coole Nakia von Gegenüber zu Doms Geburtstagsparty einlädt, imerhin der angesagtesten Fete überhaupt. Mit ein bisschen Glück schafft es auch Malcolm auf die Party und kommt dort sogar der heißen Nakia näher. Als die Sause jedoch durch eine wilde Schießerei gesprengt wird, findet sich unser Nerd mit einer Tasche voller Drogen und einer Knarre wieder, die Dom ihm im Getümmel überhängt. Da das noch nicht schlimm genug ist, beschließen die drei Kids irgendwann, das Dope selbst zu verkaufen …
Da spulen die afroamerikanischen Regisseure und Filmemacher Jahr für Jahr immer die gleichen Komödien ab, in denen wahlweise Ice Cube, Ice Cube oder auch Ice Cube mitspielt und die mittlerweile als zweiter, dritter oder x-ter Teil vorliegen und dann kommt mit Rick Famuyiwa ein Filmdebütant daher, der fast ausnahmslos vollkommen unbekannte junge Darsteller besetzt und sie in einer ebenso authentischen wie charmanten Krimikomödie agieren lässt. Dope will dabei gar nicht über die Maßen witzig sein, sondern funktioniert über die haarsträubenden Situationen, in denen sich Malcolm und seine nerdigen Freunde befinden, nachdem sie in die Klischeefalle der kriminellen Gang-Geschäfte ihrer „Bros“ getappt sind. Das erfrischende daran ist die vollkommen andere Perspektive, aus der Famuyiwas Film erzählt ist. Nicht die coolen Gangleader, die eine schwere Kindheit hatten und deshalb zum Dealer geworden sind, dürfen hier als Hauptfiguren agieren, sondern eben ein zwischen Naivität, Tollpatschigkeit und dem Wunsch nach Zugehörigkeit schwankender Jugendlicher mit Faible für die Musik und Mode von vor 25 Jahren. Dope spielt dabei zwar in der Gegenwart, nutzt aber, dem Musik- und Modegeschmack seiner drei Protagonisten entsprechend, eine stylische Früh-90er-Jahre Optik. Alleine die Cameo-Gedächtnis-Flat-Top-Frisur von Malcolm ist ein Fest – ganz abgesehen von den hochgezogenen Latzhosen, die Diggy ihr Eigen nennt sowie den coolen BMX-Fahrrädern und der originalen technischen 80ies Ausstattung in Malcolms Zimmer. Zum wieteren Gelingen trägt der coole Soundtrack bei, der eben nicht nur Hip-Hop-Songs beinhaltet, sondern auch die rockigen Rhythmen der Filmband sowie einige Crossover-Songs der 90er. Bei den Kompositionen für Awreeoh hatte kein geringerer als Pharrell Williams seine Finger im Spiel, der mit Sean Combs zusammen auch als ausführender Produzent wirkte und die Songs extra für den Film schrieb. Abseits der Musik gibt es zwar auch ein paar Peinlichkeiten (Kotzszene mit Lily) und ein paar eher belanglose Momente, doch wenn Malcolm, Jip und Diggy mit ihrem Weißbrot-Kumpel eine Strategie zur Verteilung der Drogen entwickeln und dabei auch die „Nigger-Diskussion“ führen, sind diese Szenen schon wieder vergessen. Gerade Kiersey Clemons (die Bianca aus der Amazon-Serie Transparent) als Diggy ist erfrischend authentisch und großartig geradeheraus. Zwischendurch wird der lockere Ton in Dope allerdings durchaus von ernsten Momenten unterbrochen, denn hier wird teilweise auch geschossen – und zwar mit echter Munition und nicht nur in die Luft. Drogen sind eben doch kein Spiel – auch dann nicht, wenn sie von Nerds unters Volk gebracht werden.
Bild- und Tonqualität
Dem Style seiner Hauptfiguren entsprechend erscheint auch das Bild von Dope etwas im frühen 90er-Jahre-Look. Der Kontrastumfang ist aufgrund relativ hoher Helligkeit nicht sonderlich groß und die Gesichter wirken flach und zweidimensional. Die Schärfe liegt auf mittlerem Niveau, reißt aber zu keiner Zeit Bäume aus. Sehr gut gelungen ist die Bildruhe, die sowohl vordergründig als auch auf Hintergründen für eine hohe Stabilität ohne Rauschen oder Körnung sorgt. Die Farben werden zumeist mit einer sehr angenehmen und warmen Tönung wiedergegeben, was dem Look des Films entgegenkommt und harmonisch wirkt.
Weil’s in Dope (auch) um Musik geht, fängt der Sound schon vom ersten Moment an dynamisch an. Das mag erst Mal kein Kunststück sein, denn immerhin wird hier zünftig an der Hip-Hop-Schraube gedreht. Die Dialoge gelangen dazu hervorragend verständlich ans Ohr und die Atmosphäre ist stets realistisch. Direktionale Effekte werden hier zwar nicht abgefeuert (es sei denn, es fällt mal ein Schuss), doch dafür entschädigt eben die Dynamik der Musiksequenzen.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Dope finden sich zwei Featurettes. Zum einen ist da ein „Making-of“ zur Musik von Dope und dann noch der Beitrag „Dope ist anders“. Ersteres läuft zwar nur knapp dreieinhalb Minuten, bietet aber einen netten Einblick in die Herangehensweise an die Songs der Filmband, die allesamt von Pharrell Williams komponiert wurden. „Dope ist anders“ weist in etwa die gleiche Laufzeit auf und stellt die Darsteller sowie die Geschichte an sich etwas näher vor. Allerdings hat das eher den Charakter eines aufgeblähten Promotion-Trailers.
Fazit
Dope ist eine Frischzellenkur fürs afroamerikanisch geprägte Kino und überzeugt aufgrund seiner unverbrauchten Gesichter und der ehrlichen Story – da kann man verschmerzen, dass nicht jeder Gag zündet.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 70%
Anbieter: Sony Pictures
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Rick Famuyiwa
Darsteller: Shameik Moore, Tony Revolori, Kiersey Clemons, Blake Anderson, Zoë Kravitz, Chanel Iman, Rakim Mayers, Kimberly Elise, Keith Stanfield, Quincy Brown
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 103
Codec: AVC
FSK: 16