Easy Rider 4K UHD

Blu-ray Review

Sony Pictures Germany, 19.12.2019

OT: Easy Rider

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’ne riesen Nummer, Baby!

Zum 50. Jubiläum darf wieder mal von Freiheit geträumt werden.

Inhalt

Mit dem Geld aus dem Drogen-Geschäft geht’s ab nach New Orleans

Wyatt und Billy sind mit ihren Motorrädern extra nach Mexiko gefahren, um ein bisschen Kokain nach Los Angeles zu schmuggeln. Dort verkaufen sie das Zeug für ein hübsches Sümmchen und verstecken das Geld im Tank von Wyatts umgebauter Harley. Ihr nächstes Ziel ist New Orleas, wo sie pünktlich zum Mardi Gras eintreffen wollen – ein Traum von Billy. Auf ihrer Reise von West nach Ost treffen sie auf einen Hippie-Anhalter und nehmen ihn ein Stück mit. Zum Dank lädt er sie in die Kommune ein, in der er lebt und die das Motto freier Liebe lebt. Nach ein bisschen LSD machen sie sich weiter gen Osten und treffen bald auf den alkoholabhängigen Anwalt George Hanson. Während der sie aus dem Knast holt, in den sie irrtümlich gesteckt wurden, fahren sie zu Dritt weiter Richtung New Orleas. Doch je näher sie ihrem Ziel kommen, desto feindlicher begegnen ihnen die Einheimischen. Die Südstaaten-Rednecks halten nur wenig von der Freiheitsliebe Wyatts und Billys …

Zwei Ikonen des New Hollywood

Welcher Film kann schon von sich behaupten, dass er gleich mehrere Generationen in Sachen Lebenseinstellung beeinflusst und inspiriert hat und gleichzeitig den Startschuss für eine ganz neue Art von Hollywoodfilmen lieferte? Nicht ganz zufällig scheint Easy Rider am gleichen Tag auf 4K UHD zu erscheinen, an dem Quentin Tarantino mit Once Upon a Time in Hollywood eben genau jener Ära des „New Hollywood“ seine Liebe erklärt und man sie ins Heimkino entlässt (zugegeben: Easy Riders 50. Jubiläum könnte auch ein Anlass sein). Immerhin aber war Dennis Hoppers‘ fatalistischer Bikerfilm der erste finanziell wirklich erfolgreiche Beitrag zum New Hollywood und gilt noch heute als Startschuss für damals junge Regisseure wie Martin Scorsese, George Lucas oder Francis Ford Coppola, sich von den bisherigen Kino- und Studio-Konventionen zu lösen. Wo zuvor in der „Goldenen Ära“ Handlungsabläufe schematisiert und ein Happy End vorprogrammiert war(en), durften nun auch mal die Bösewichte mit dem Leben davon kommen (oder wahlweise – wie in Bonny & Clyde – als Helden gefeiert werden) oder die Titelfiguren ihr Leben lassen. Dass Easy Rider letztlich überhaupt das Licht der Welt erblickte, grenzt dabei schon an ein kleines Wunder. Zum einen hatten Hopper mit Die teuflischen Engel, Nicholson mit Die wilden Schläger von San Francisco und Fonda mit Die wilden Engel seinerzeit gerade jeweils Bikerfilme gemacht und sich geschworen, nicht in diesem Subgenre verheizt zu werden, zum anderen wäre wohl kein Studio bereit gewesen, den Film vorzufinanzieren. Doch Fonda hatte diese spontane Idee, eine Art Western auf Motorrädern zu inszenieren (kein Wunder, dass die beiden Helden des Films Wyatt und Billy heißen). Damit wollte er gegen die gängigen Konventionen verstoßen und dem Thema Sex, Drugs & Rock ’n‘ Roll treu bleiben. Seine Grundidee zu Easy Rider trug er Hopper vor. Gegen dessen Bedenken, das ihnen das keiner finanzieren würde, führte Fonda zu Felde, dass sie beide das Drehbuch schreiben, als Hauptdarsteller fungieren und Hopper Regie führen sollte, was in Summe die Kosten drücken würde. Zwar holte man sich Terry Southern noch einen echten Drehbuchautoren an Bord, doch das Budget blieb mit unter 400.000$ dennoch im überschaubaren Rahmen. Mit den Testaufnahmen beim Karneval von New Orleans (die im späteren Film enthalten sind), ging man dann an das später produzierende Studio Columbia Pictures, die letztlich das Geld freigaben. Der Rest ist Geschichte. Und dieser Rest wurde im Nachhinein zum Kultfilm für eine Generation, die fast schon wieder im Herbst ihrer Blütezeit angekommen war. Denn wo die Hippies sich schon Mitte der 60er befanden, um mit ihrer Lebenseinstellung gegen das Establishment und den Vietnamkrieg zu protestieren, vermied Hollywood lange Zeit jede Art der thematischen Auseinandersetzung mit ihnen (oder dem Krieg). Easy Rider lieferte Ende der 60er dann nicht nur den Soundtrack zur Hippie-Zeit, sondern gleich auch noch ein Statement für die freie Lebensweise ab.

Knastbekanntschaft George Hanson

Dass ausgerechnet ein paar Südstaaten-Rednecks die beiden Biker als Feinde auffassen, wo gerade die Südstaaten immer die Fahne des „Land of the Free“ hochhalten – das war vielen Zuschauern durchaus ein Dorn im Auge. Dass Hopper und Fonda mit ihrem Film der US-Gesellschaft den Spiegel vorhielten und anzweifelten, dass man als Individuum in den Staaten sich wirklich seine Freiheit nehmen kann – nein, was war so gar nicht im Sinne des Establishment. Easy Rider kritisierte die US-Gesellschaft als intolerant und scheinheilig.
Die Solidarisierung zwischen Biker und Hippies missfiel seinerzeit sogar dem Motorrad-Hersteller Harley Davidson, der sich weigerte, Motorräder für die Dreharbeiten zur Verfügung zu stellen. Dass der Film selbst im Nachhinein Harley Davidson sogar massiv half und eine regelrechte Nachfrage (und späteren Hype) nach Custom Bikes generierte, dürfte dem US-Motorrad-Hersteller dann wiederum sehr recht gewesen sein.
Abseits aller Produktions- und gesellschaftlicher Umstände ist Easy Rider aber auch heute vor allem noch eins: Ein unglaublich entspanntes, toll bebildertes, kraftvolles und authentisch gespieltes Stück Film-Freiheit – trotz, oder vielleicht gerade wegen seiner teils fragmentarischen und (sagen wir mal freundlich) unglücklich geschnittenen Struktur.

Ein Stinkefinger zu viel

Bild- und Tonqualität BD

George fährt einen Teil des Weges mit Billy und Wyatt mit

Die bisherige Blu-ray datiert auch schon aus dem Jahr 2009 und kam damals zum 40. Jubiläum des Films. In Anbetracht dessen, was das Filmmaterial hergibt (und das ist leider nicht viel), schlägt sie sich ganz gut. Die Körnung wirkt halbwegs filmisch und scheint nur selten aufgrund der Kompression etwas aus dem Tritt zu geraten. Farben kommen recht natürlich rüber, was vor allem für die erdigen Töne der Landschaften und der Haut gilt. Schwarzwerte sind okay, wobei Details bisweilen etwas in dunklen Bereichen versumpfen. Lässt man die Sequenz vom Mardi Gras in New Orleans beiseite, die noch auf dem ursprünglichen 16mm-Demomaterial beruht und tatsächlich gruselig schlecht aussieht, ist die Schärfe dennoch das größte Manko des Films. Praktisch keine Einstellung ist wirklich knackig. Details wie Schriften sind nur gut zu lesen, wenn sie riesig groß sind und lediglich ein paar Close-ups wirken ansprechend aufgelöst. Dies ist aber, wie oben erwähnt, kein Problem der Blu-ray, sondern schlicht eins des Ausgangsmaterials. Die bisherige Blu-ray von Easy Rider lieferte für beide Sprachen eine verlustfreie Dolby-True-HD-Kodierung – für eine 2009er Veröffentlichung eines 1969er Films durchaus respektabel. Jetzt macht eine verlustfreie Mehrkanal-Abmischung natürlich noch keinen bombastischen Sound. Und wer den für Easy Rider erwartet, der dürfte auch enttäuscht sein. So klingen die im O-Ton gehaltenen ersten Szenen bei der Kokain-Übergabe ziemlich dünn und eher nach 50er-Jahre-Western. Erstaunlich hingegen (und eins der akustischen Highlights) sind die landenden Flugzeuge kurz darauf. Gegenüber der dort kreischend klingenden (ebenfalls enthaltenen Original-Mono-Spur) wird hier erstaunlich viel Druck und Räumlichkeit erzeugt. Natürlich ist das immer noch nicht vergleichbar mit aktuellen Titel und im Mitteltonbereich etwas unterversorgt, aber insgesamt geht das in Ordnung. Die spärlichen Dialoge sind bei der Synchro etwas präsenter/lauter, während die englische Fassung sie stärker im Hintergrund, dafür aber etwas homogener eingebettet hat. In den leiseren Szenen artikulieren sich beide sehr gut, wobei die Synchro hier doch noch etwas die Nase vorn hat, was die reine Sprachverständlichkeit angeht. Nicht ganz so authentisch tönt das Knistern des Feuers während der abendlichen Szenen. Das klingt dann doch eher nach kleinen Knallfröschen. Ganz anders der teils sehr griffige Sound der Harleys, der schön knatternd zum Ohr gelangt. Insgesamt ist die Tonspur frei von Knacksern, Kompressionsproblemen, Rauschen oder anderen Fehlern. Die manchmal nervige deutsche Synchro muss man halt mögen.

Bild- und Tonqualität UHD

Lagerfeuerromantik unter freiheitsliebenden Kerlen

Easy Rider ist 1968 natürlich noch analog gedreht worden. Für die hauptsächlichen Sequenzen kam eine Arriflex 35 zum Einsatz, während die vorab gedrehten New-Orleans-Szenen mit einer Bolex-16mm-Kamera aufgenommen wurden.
Sony Pictures hat das Material zum 50. Jubiläum des Films noch einmal neu in 4K scannen und danach restaurieren lassen. Anlass dazu war eine geplante Vorführung beim Festival von Cannes innerhalb der „Cannes Classics“. Peter Fonda selbst sollte das Material dort vorstellen und den Film noch einmal aufleben lassen. Leider kam es dazu nicht mehr, da Fonda gesundheitlich bereits nicht mehr auf der Höhe war und kurz darauf, im August 2019, verstarb.
Ausgehend vom 4K-Scan wurde in Zusammenarbeit mit Cineteca di Bologna das digitalisierte Material von Immagine Ritrovata restauriert (Quelle). Das finale Color Grading wurde dann wiederum von Roundabout Entertainment vorgenommen und von Grover Crisp, Sonys Mastermind in Sachen Filmrestauration und Digital Mastering, überwacht.  Nicht zuletzt fiel bspw. auch das Mastering von Lawrence von Arabien unter seine Obhut.
Jetzt muss man natürlich festhalten: Auch mit einem nativen 4K-Scan und -DI wird Easy Rider nicht zu einem mustergültig scharfen und höchstaufgelösten Film. Dass aus dem vorhandenen Material nicht die Welt heraus zu holen ist, zeigt die UHD dann auch sehr deutlich. Denn gegenüber der Blu-ray sind zwar Vorteile bei Schriften (bspw. Werbeschildern, Leuchtreklamen etc.) zu erkennen, doch es ist nicht so, dass einem plötzlich wie Schuppen von den Augen fällt, was zuvor auch nicht sonderlich gut lesbar war. Der größere Vorteil der höheren Auflösung betrifft eher das analoge Filmkorn, das authentischer und weniger gefiltert aussieht. Hier trumpft der native 4K-Scan auf und liefert Easy Rider in der bisher bestmöglichen Rekonstruktion dessen, was damals in den Kinos lief.
Selbstredend ausgenommen auch hier: Die New-Orleans-Szenen, deren 16mm-Basis schon dermaßen schlecht ist, dass keine UHD und kein Remastering hier noch etwas rausholen würden.
In Sachen Farbgebung sind die Veränderungen gar nicht so gravierend, wie man vermuten könnte – wohl auch, weil die bisherige Blu-ray so schlecht gar nicht gewesen ist. Insgesamt wirkt Grün satter, Hautfarben haben etwas mehr Bräune und einzelne Farbtupfer sind kräftiger. Am deutlichsten hat man die Szene der Parade in Kapitel 8 bearbeitet, die nun mit wesentlich satter leuchtenden roten Uniformen glänzt. Die statische Kontrastdynamik HDR10 sorgt für etwas besser durchzeichnetes Schwarz und egalisiert damit das leichte Versumpfen der Blu-ray. Außerdem hellt sie die besser ausgeleuchteten Szenen noch etwas auf, was insgesamt für ein strahlenderes Bild sorgt.

Blu-ray (50’08): (Slider ganz nach rechts): Die alte Blu-ray lieferte in Halbtotalen und Totalen kaum Schärfe.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD ist hier auch nicht mustergültig, kommt in den Schriften aber klarer rüber, hat das intensivere Rot und vor allem die bessere Kontrastdynamik – gut ablesbar an den Vorhängen des Fenster im ersten Stock, die viel differenzierter erscheinen.

Blu-ray (07’04): (Slider ganz nach rechts): Eine der wenigen schärferen Einstellungen des Films.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD präsentiert wärmeren Teint ohne zu übertreiben und die Kontrastierung der Sonnenbrille wirkt kräftiger.

Blu-ray (43’10): (Slider ganz nach rechts): Eine der wenigen Szenen, in denen die Farbintensität deutlich unterschiedlich ist.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD geht hier ein bisschen an die Grenze dessen, was man als gelungen bezeichnen würde. Das Rot strahlt doch sehr um die Wette.

Blu-ray (61’59): (Slider ganz nach rechts): Ein weiterer sichtbarer Unterschied zwischen BD alt und UHD.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die Ultra-HD differenziert die Farben auf der Sandoberfläche besser, lässt die Wolken deutlicher am Himmel stehen und liefert auch den neutraler und kräftiger grauen Asphalt.

Blu-ray (61’59): (Slider ganz nach rechts): Obiges Bild in einem Ausschnittsvergleich.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Auch wenn die UHD ebenfalls nicht bis ins letzte Detail geht, wirken Oberflächen durch das feinere und nicht gefilterte Korn plastischer. Die kleinen Büsche auf dem Sand erkennt man erst hier richtig und auch die farbigen Streifen in Wyatts Lederjacke erkennt man besser als über die BD. Das Gleiche gilt dann auch für die Stars auf der Jacke, wobei man hier sicherlich auch nicht alle 50 Stück erkennen kann.

Blu-ray (64’32): (Slider ganz nach rechts): Noch ein weiterer Ausschnitsvergleich.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Auch hier muss man die Unterschrift etwas raten. Allerdings sind die Buchstaben insgesamt besser definiert und der Coca-Schriftzug zeigt mehr rote Fläche zwischen den weißen Schriften, ist deutlicher lesbar.

Hier das Bild zum obigen Ausschnitt in voller Größe
Die UHD tauscht den True-HD-Ton gegen eine dts-HD-Master-Kodierung aus – verlustfrei gegen verlustfrei also.
Und weil sich die dts-HD-Master-Fassungen von den True-HD-Varianten nicht hörbar unterscheiden, gilt hier das Gleiche wie oben bei der Beschreibung der Blu-ray.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial der UHD von Easy Rider ist schnell beschrieben: Es ist keins vorhanden.
Das ist vor allem deshalb schade, weil die bisherige Blu-ray eben nicht enthalten ist und damit der launische Audiokommentar von Hopper sowie die kurzweilige, gut einstündige Dokumentation „Rebellion auf Rädern“ fehlt.

Fazit

Easy Rider ist einer der wenigen Filme, auf die das Wort „Kult“ in seiner Reinkultur zutrifft. Als Beeinflusser ganzer Generationen von Menschen und einer komplett neuen Ära in Hollywood geht die Independentproduktion von Hopper und Fonda nun frisch 4k-gestärkt in ihre zweite Hälfte auf dem Weg zum hundertjährigen Jubiläum.
Die UHD bietet in Anbetracht des schwachen Ausgangsmaterials nun das bestmögliche Bild. Das bedeutet zwar immer noch nicht, dass man es hier mit Referenzmaterial zu tun hat, aber es schlägt die alte Blu-ray deutlich.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität BD: 60%
Bildqualität UHD: 70%

Tonqualität BD (2009) (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD (2009) (Originalversion): 70%

Tonqualität UHD (dt. Fassung): 70%
Tonqualität UHD (Originalversion): 70%


Bonusmaterial: 0%
Film: 80%

Anbieter: Sony Pictures Entertainment Deutschland
Land/Jahr: USA 1969
Regie: Dennis Hopper
Darsteller: Peter Fonda, Dennis Hopper, Jack Nicholson, Robert Walker jr., Karen Black, Antonio Mendoza, Phil Spector, Mac Mashourian
Tonformate BD (2009): Dolby True HD: de,en
Tonformate UHD: dts-HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 95
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66
Real 4K: Ja (4K DI)
High Dynamic Range: HDR10
Maximale Lichtstärke: 3991  Nit
FSK: 16

(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots: © 1969, renewed 1997 Columbia Pictures Industries, Inc. All Rights Reserved.)

Trailer zu Easy Rider

Easy Rider (1969) ORIGINAL TRAILER [HD 1080p]

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