Eddie the Eagle – Alles ist möglich

Blu-ray Review

Eddie the Eagle - Alles ist möglich Blu-ray Review Cover
20th Century Fox, seit 08.09.2016

OT: Eddie the Eagle

 


Bo Derek

Wie ein milchtrinkender Brite zur Sensation der Olympischen Spiele in Calgary wird.

Inhalt

Mitte der 70er ist sich Michael „Eddie“ Edwards sicher, dass er irgendwann mal bei Olympia mitmachen wird. Also versucht er sich zunächst im Luftanhalten in der Badewanne, steigert sich dann über Hürdenlauf- und Stabhochsprungversuche bis zum Speerwerfer. Dass sämtliche Sportarten kläglich scheitern und sein Vater ihm immer wieder einbläut, er soll etwas vernünftiges lernen, kann Eddie nicht abhalten. Dann entdeckt er den Wintersport für sich und zeigt tatsächlich Talent als Skifahrer. Doch das britische Team ist zu stark und Michael wird nicht in den Kader aufgenommen. Anders vielleicht beim Skispringen, denn der letzte britische Teilnehmer wurde 1929 verzeichnet und dessen Rekord lag bei gerade mal knapp unter 30 Meter. Michael schnappt sich also Sack und Pack und fährt auf eigene Faust ins Trainingslager nach Deutschland. Dort trifft er auf den abgehalfterten Ex-Springer Bronson Peary, der seinen Frust über das eigenen Unvermögen seit Jahren in der Flasche ertränkt. Nun sieht Bronson in Eddie aber die Hartnäckigkeit und den unbändigen Willen, was ihn annehmen lässt, der Junge könnte es tatsächlich bis nach Calgary schaffen. Dumm, dass der britische Verband mirnichtsdirnichts eine erforderliche Qualifikationsweite auf den Plan bringt – und die erscheint mit 61 Meter praktisch unerreichbar für Edwards …

Jeder Sportinteressierte, der spätestens in den 70er geboren wurde, wird sich an diese Bilder erinnern. Bei den Olympischen Winterspielen in Calgary 1988 sitzt neben so namhaften Skispringern wie Matti Nykänen oder Jens Weißflog ein Brite auf dem Balken, der mit dicker Brille und den dahinter riesig erscheinenden Augen so gar nicht wirkt wie ein Überflieger. Er ist es auch nicht, was ihn allerdings nicht davon abhält seine Sprünge von den Schanzen unter dem tosenden Beifall der Zuschauer zu vollziehen. Längst hat sich die Geschichte um den britischen Underdog, der unbedingt mal zu Olympia wollte und dafür zuvor zahlreiche Sportarten durchprobierte, herumgesprochen. Dass er mit 73,5 Metern auf der Großschanze zwar persönliche Bestleistung und britischen Rekord springt und dennoch abgeschlagen Letzter wird, ist dem Publikum egal – sie feiern ihn als moralischen Sieger. Was sind da schon die 45 Meter Unterschied, die Olympiasieger Matti Nykänen aufs Schneeparket legt? Eddie the Eagle – Alles ist möglich setzt dem „Adler“ nun ein filmisches Denkmal. Weit davon entfernt, sich über ihn lustig zu machen (etwas, das Regisseur Fletcher wichtig war, da er die öffentliche Diskussion seinerzeit in England so auffasste, dass man genau das tat), ist die Geschichte über Michael Edwards, wie Eddie wirklich heißt, das schönste Feel-Good-Sportmovie seit Cool Runnings. Und in der Tat hat der Film zwar seine slapstickartigen Comedy-Elemente aber er nimmt seine Figur eben auch ernst und zeigt, was er für ein mutiger und grundoptimistischer Kerl war. Weder sein sportlerisches Unvermögen, noch die Kommentare der Bekannten und des eigenen Vaters (großartig: Keith Allen) konnten ihn stoppen, seinen Traum zu verfolgen. Michael Edwars lebte praktisch das Paradebeispiel des Olympischen Geists vom „Dabeisein ist Alles“. Dass Eddie the Eagle so wunderbar funktioniert liegt vor allem an Hauptdarsteller Taron Egerton. Der smarte Engländer, der noch in Kingsman: The Secret Service so gut angezogen war und in Legend als psychopathischer Mad Teddy Smith auftrat, hätte rein äußerlich sicher kaum weiter weg vom Michael Edwards des Jahres 1988 sein können. Doch mit Brille und wilden Haaren sowie seiner ausgeprägten mimischen Fähigkeit schafft er es, Eddie zu spielen, ohne ihn der Lächerlichkeit preiszugeben. Dabei hat er den Blick und das leichte Vorschieben des Unterkiefers sowie die krause Stirn drauf wie das Original.

In all der durchaus vorhandenen Komik schafft er es vor allem aber auch, seiner Figur Seele und Überzeugung einzuhauchen. Während alle um ihn herum entweder nicht an ihn glauben, ihn für verrückt halten oder ihn überfordern, bleibt Egerton in der Spur. Mit dem Auftritt Hugh Jackmans als dessen (fiktivem) Trainer Bronson Peary könnte man zunächst fürchten, dass der Film einen allzu amerikanischen Touch bekommt, doch das Zusammenspiel und die gegenseitigen Frotzeleien treffen stets den Ton. Der Subplot mit der vergeigten und im Alkohohl ertränkten Karriere Pearys (Jackman) ist allerdings bisweilen überflüssig und rührselig – selbst den Auftritt des immer großen Christopher Walken hätte man sich schenken können. Hier weicht Eddie the Eagle auch am deutlichsten von der Biografie ab. Denn tatsächlich trainierte Edwards mit der norwegischen Mannschaft hatte keinen eigenen Coach. Dass er jedoch aufgrund akuter Geldnot sein Equipment von unterschiedlichen Mannschaften lieh oder zur Verfügung gestellt bekam, entspricht der Wahrheit. Schade, dass der Film den porträtierten Sport selbst nicht besser recherchierte, denn weder Eddie noch Matti Nykänen sprangen seinerzeit im V-Stil. Der Filmfreund wird über solche etwas ärgerlichen Details hinwegsehen und darf sich zudem über einen tollen 80er-Jahre-Soundtrack freuen, der im Finale mit keinem besseren Song hätte enden können als dem bekanntesten Titel von Van Halen: Jump! Bleibt abschließend zu sagen, dass sich das IOC diesen Film unbedingt mal ansehen sollte, denn deren Unsportlichkeit und peinliche Berührung durch die damaligen Ereignisse sorgte durch die sogenannte „Eddie-the-Eagle-Rule“ und entsprechende Qualifikationsvorgaben dafür, dass es heute für einen anderen Michael Edwards nicht mehr möglich wäre, an den Spielen teilzunehmen – Eddie the Eagle wird deshalb neben den jamaikanischen Bobfahrern wohl eine einzigartige Geschichte bleiben.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Eddie the Eagle kommt nicht ohne Randunschärfen aus, die immer wieder am unteren Bildrand zu sehen sind. Das ist zwar eine zuletzt häufiger anzutreffende Problematik, was es aber nicht erträglicher oder besser macht. Die Farben gelingen recht kräftig, haben einen dezent warmen Anstrich und wirken aufgrund der verwendeten Kleidungsstile und -colorierungen authentisch 80er-Jahre-mäßig. Auf hellen Bilbereichen übestrahlen die Kontraste schon mal etwas, dafür ist die Bildruhe hoch und man nimmt kaum Körnung oder Rauschen wahr.
Akustisch hält der Film immer mal wieder Effekte bereit, wenn Eddie rauschend die Schanze hinuntersaust und über die Kamera hinwegfegt. Dazu kommt der tolle 80er-Jahre-Soundtrack, der überraschend dynamisch und wuchtig daherkommt. Die Stimmen sind jederzeit hervorragend verständlich und kommen klar aus der Mitte. Der englische O-Ton ist noch etwas weiträumiger, da er mit acht Kanälen aufwartet und im dts-HD-Master-Gewand noch ein wenig mehr Feinzeichnung mitbringt.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Eddie the Eagle findet sich neben dem Trailer und einer Galerie auch das mehrteilige Featurette „Let the Games Begin: Soaring with Eddie the Eagle“. Das läuft gut 45 Minuten und stellt heraus, dass man einfach endlich mal wieder ein richtiges Feel-Good-Movie drehen wollte. Produzent Vaughn gibt zu Protokoll, dass seine Kinder ihn angeregt haben, ein schon seit 15 Jahren existierendes Drehbuch über die Story von Eddie the Eagle zu realisieren, nachdem man gemeinsam Cool Runnings gesehen hatte. Michael Edwards selbst kommt ebenfalls zu Wort und wenn man nicht genau hinsähe, würde man den damaligen Brillenträger im smart wirkenden aber immer noch witzigen und lebensbejahenden Kurzhaarträger gar nicht mehr wiedererkennen.

Fazit

Neben Cool Runnings und Mit Herz und Hand ist Eddie the Eagle ein Paradebeispiel für einen Gute-Laune-Film. Noch dazu bekommt man eine der tollsten Geschichten der Sporthistorie nähergebracht oder kann sie noch mal nachempfinden und sich an die Zeit erinnern, als der Olympische Geist noch über den Wettbewerben schwebte.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 60%
Film: 80%

Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: GB/USA 2016
Regie: Dexter Fletcher
Darsteller: Taron Egerton, Hugh Jackman, Christopher Walken, Keith Allen, Jim Broadbent
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 106
Codec: AVC
FSK: 0

Trailer zu Eddie the Eagle

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