Ein Hologramm für den König

Blu-ray Review

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Warner Home, seit 20.08.2016

OT: A Hologram for the King

 


Terra Incognita

Nach Cloud Atlas kommt nun der neue Film von Tom Tykwer.

Inhalt

Alan Clay hat sowohl beruflich als auch privat schon bessere Zeiten gesehen. Der Vertriebsmanager hat sich von seiner Frau getrennt, muss irgendwie das College für die Tochter finanzieren und die weltweite Finanz- und Immobilienkrise hat auch ihn fest im Griff. Da er offenbar seine angeblichen „Beziehung“ zum Neffen des saudischen Königs etwas ausgeschmückt dargestellt hat, soll er im Auftrag seines Arbeitgebers dorthin reisen, um dem Staatsoberhaupt ein holografisches Telekonferenzsystem zu verkaufen. Dumm, dass sich König Abdullah nicht blicken lässt und die Arbeitsbedingungen in einem Wüstenzelt alles andere als prickelnd sind. Auch die Tatsache, dass das fremde Land mit öffentlichen Hinrichtungen und Alkoholverbot so gar nicht in sein Weltbild passen, sorgen für Verwirrung. Je länger Alan vor Ort ist, desto größer wird der Druck und desto verlorener fühlt sich Clay in der Fremde. Dann jedoch muss er wegen einer unangenehmen Hautgeschwulst zum Arzt und lernt dort die etwas schroffe Ärztin Zarah kennen. Die ist zwar ein wenig kühl, aber eben auch ziemlich interessant. Sollte der Saudi-Arabien-Tripp für Alan trotz geschäftlicher Probleme vielleicht zum romantischen Erfolg werden …?

Knapp vier Jahre hat sich Tom Tykwer nach seinem epischen Episodenfilm Cloud Atlas Zeit gelassen, um mit einem neuen Film aufzuwarten. Erneut schnappt er sich dafür eine literarische Vorlage und ebenso erneut engagierte er Tom Hanks für seine Verfilmung. Dieses Mal nahm er sich Dave Eggers‘ Roman Ein Hologramm für den König vor und macht daraus ein ebenso kurzes (nimmt man Cloud Atlas als Maßstab) wie kurzweiliges Vergnügen. Witzigerweise ist die Buchvorlage gerade einmal so alt wie Tykwers letzter Film, wodurch man vermuten kann, dass sich der Regisseur vom Buch offenbar spontan hat umhauen lassen. Ähnlich schnell wurden zuletzt nur die Rechte an Shades of Grey verkauft und zum Film gemacht. Mit BDSM hat Ein Hologramm für den König allerdings nichts zu tun. Vielmehr geht es um die Selbstfindung der Hauptfigur. Denn was vordergründig eine Geschäftsreise sein soll, deren Ziel ein riesiger Deal ist, ist eigentlich eine Reise in die Einsamkeit und die Selbstkonfrontation eines Mannes, der beruflich und privat länger schon glücklos ist. Und diese Reise beginnt höchst schwungvoll. Zu den Klängen von Talking Heads „Once in a Lifetime“ träumt Alan Clay gerade noch davon, wie sein Leben in die Brüche ging, um im nächsten Moment vom Gebetsgesang in einem Flugzeug voller arabischer Mitflieger aufzuwachen. Ein Hologramm für den König beginnt wie eine klassische Culture-Clash-Komödie und macht sich genüsslich über Vorurteile lustig, die ein europäischer Filmgucker gegenüber dem arabischen Raum hat. Köstlich, wenn Allans Fahrer Yousef seinem Gast zu erklären versucht, warum er fürchtet, dass man seinen Wagen „zündet“ und zu den Klängen von Chicagos „You’re the Inspiration“ durch die Wüste braust – weniger klischeehaft könnte es kaum sein. Und auch weniger amüsant. Zwar bleiben gesellschaftspolitische Kommentare zunächst eine Randnotiz, dennoch bleibt einem das Lachen schon ein wenig im Hals stecken, wenn Yousef ganz beiläufig meint: „Wir haben keine Gewerkschaften, wir haben Filipinos“. Auch sein Kommentar, dass der Trubel rund um eine Moschee am Vorabend deshalb stattfand, weil dort die öffentlichen Hinrichtungen abgehalten werden, taugt für einen Gag, enthält aber einen unbequemen Hintergrund. Im weiteren Verlauf werden diese Elemente zwar einerseits subtiler, andererseits bekommen sie mehr Raum: Das Verhältnis zu Frauen wird ebenso thematisiert wie die chaotischen Verhältnisse bei großen Bauvorhaben. Wenn sich dies nach 75 Minuten mit Romantik vermischt, dann gelingt Tykwer das tatsächlich fließend und charmant. Es wirkt weder bruchstückhaft noch fremd, sondern fügt sich erstaunlich gut zusammen.

Ein Hologramm für den König könnte inszenatorisch ohnehin kaum anders sein als Tykwers Vorgänger Cloud Atlas. Wo der eine episch und schwer war, ist dieser hier luftig, locker und leicht. Tykwer hat seit Lola rennt nicht mehr so kurzweilig und beschwingt inszeniert und mit Tom Hanks auch die Idealbesetzung an seiner Seite. Der Schauspieler zeigt auch hier, dass er vor allem den Durchschnittsamerikaner perfekt geben kann. Hanks scheint den „kleinen“ Vertriebsmanager nicht zu spielen – vielmehr ist er Alan Clay. Man muss den Darsteller nicht mal sonderlich mögen, um ihm zu attestieren, dass er ein großes Talent für diese Art von Rollen hat, in denen er irgendwie ein wenig neben der Spur wirkt und irritiert auf das reagieren muss, was ihn umgibt. Ebenfalls großartig ausgewählt ist Alexander Black als Yousef, den man bisher erstaunlicherweise nur in TV-Serien sehen konnte und der hier in seinem erstem Langfilm zeigt, dass er unglaublich witzig ist – wohlgemerkt, ohne zum bloßen albernen Sidekick zu verkommen. Hanks Love Interest wird von Sarita Choudhury (Mira Berenson aus Homeland) gespielt, die souverän die nicht allzu einfache Rolle der Frau in einem arabischen Land verkörpert. Zur luftigen Inszenierung und den vortrefflichen Darstellern gesellen sich noch fantastische Aufnahmen der Landschaft, Wüste und des Ozeans des in Marokko und Saudi-Arabien gefilmten Hologramm für den König. Man könnte Tykwers Film vorwerfen, dass er irgendwann ein wenig das Ziel aus den Augen verliert, weil man nicht mehr weiß, wohin die Reise eigentlich geht. Wenn das aber so charmant passiert, wie es hier der Fall ist, darf man auch darüber hinwegsehen, dass die letzte Viertelstunde nicht ganz das Niveau der ersten 75 Minuten hält.

Bild- und Tonqualität

Ein Hologramm für den König dürfte grundlegend etwas kontraststärker sein. Die Außenaufnahmen wirken leider ein wenig blass und Umrisse von Figuren und Objekten reißen etwas aus. Das intensiviert die Atmosphäre der staubigen Gegend zwar, sieht aber nicht so hübsch aus. Die Farbdarstellung ist gut und wirkt angesichts der warmen Stimmung passend umgesetzt. Sehr gut ist die Bildruhe, die nur ein leichtes Korn offenbart. Dieses jedoch wirkt stets filmisch und nie störend.
Akustisch funktionieren vor allem die anfänglichen Songs hervorragend. Sie kommen leichtfüßig und schön räumlich aus allen Lautsprechern. Dazu gesellen sich die vorzüglich verständlichen Dialoge, die jederzeit Herr über die Lage sind. Effekte gibt’s kaum welche. Hier und da herrscht reges Treiben auf den Straßen, was zu authentischem Geschäftlichkeitslärm führt. Da weder geschossen noch explodiert wird, müssen die beiden Tonspuren keine Höchstleistungen erfüllen, tun das, was man von ihnen verlangt, aber mustergültig gut.

Bonusmaterial

Im Making-of, dass sich im Bonusmaterial von Ein Hologramm für den König befindet, wird augenblicklich klar, warum Tykwer Eggers‘ Roman verfilmten MUSSTE: Die beiden sehen aus wie Zwillingsbrüder. Außerdem scheinen die beiden Toms (Tykwer und Hanks) spätestens seit Cloud Atlas dicke Buddies zu sein. Zusätzlich zum Making-of gibt’s noch ein kurzes Featurette zur Premiere in Berlin.

Fazit

Ein Hologramm für den König ist allerbeste Unterhaltung mit hervorragend aufgelegten Darstellern, exotischem Schauplatz, viel Witz, etwas Tragik und ein bisschen Romantik – was will man mehr?
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 80%

Anbieter: Warner Home/X-Verleih
Land/Jahr: USA/Deutschland 2015
Regie: Tom Tykwer
Darsteller: Tom Hanks, Alexander Black, Sarita Choudhury, Sidse Babett Knudsen, Tom Skerritt, David Menkin, Megan Maczko, Christy Meyer, Ben Whishaw
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 98
Codec: AVC
FSK: 6

Trailer zu Ein Hologramm für den König

EIN HOLOGRAMM FÜR DEN KÖNIG | Offizieller Trailer

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