Ein Mann namens Ove

Blu-ray Review

Ein Mann namens Ove Blu-ray Review Cover
Concorde Home, seit 18.08.2016

OT: En man som heter Ove

 


Aus dem Leben kommt keiner lebend heraus

Die Hauptfigur in Ein Mann namens Ove ist verdammt schlecht im Sterben …

Inhalt

„Nönönönö … sie müssen sich schön hinten anstellen“ – Ove ist 59 und wenn er an der Reihe ist, lässt er andere Kunden das auch wissen. Da ist es nur logisch, dass er kaum nachvollziehen kann, dass er keine 35 Kronen Rabatt auf einen Strauß Rosen bekommt, wenn man in einer Aktion 70 Kronen für zwei Sträuße erhält. Ist ja nicht sein Problem, dass das eben nur beim Kauf von zwei Bünden gilt. Die Rosen sind für das Grab seiner Frau bestimmt, die er vor nicht allzu langer Zeit verlor und die ihm nun wirklich fehlt. Seitdem bleibt ihm nur die Beschäftigung, seine Wohnsiedlung zu kontrollieren und zu Unrecht verboten abgestellte Fahrräder wegzuschaffen oder den getrennten Müll noch besser zu trennen. Als man ihm nach über 40 Jahren auch noch den Job bei der Eisenbahn kündigt und ihm nur einen Spaten als Abschiedsgeschenk überreicht, sieht der unfreiwillige Rentner keinen Ausweg mehr, als dem Weg seiner Frau zu folgen. Er kündigt seinen Telefonanschluss, macht sich noch mal hübsch und … kann aus dem Augenwinkel gerade noch erkennen, wie eine iranische Familie nebenan einzieht und ihm dabei den Briefkasten rasiert. Da muss er sein Vorhaben, sich zu erhängen, doch glatt mal unterbrechen und das Vehikel der Neuankömmlinge korrekt einparken. Fortan wird er immer wieder gestört, wenn er sich die Schlinge um den Hals legt und muss noch dazu feststellen, dass die iranische Frau seiner Miesepetrigkeit mit beständiger Freundlichkeit begegnet. Dieses Verhalten geht an Ove nicht spurlos vorüber …

Seitdem die Monty Pythons nicht mehr als Gruppe unterwegs sind und ihre Einzelmitglieder nur noch selten in Erscheinung treten (oder gar verstorben sind), haben die Briten das Feld der schwarzen Komödie nach und nach den Skandinaviern überlassen. Zahlreiche bös-sarkastische oder triefend-zynische Filme sind in den letzten zwei Jahrzehnten aus Dänemark, Schweden und Norwegen gekommen und Ein Mann namens Ove fügt sich nahtlos in diese Reihe ein. Basierend auf dem Buch von Frederik Backmann liegt man als Zuschauer nach knapp fünf Minuten schon am Boden, wenn die Titelfigur sich eine ganz besondere Bezeichnung für den kleinen Hund der Nachbarin ausdenkt. Rolf Lassgård, den man aus den Wallander-Filmen kennt, spielt diesen Ove mit einer leidenschaftlichen Inbrunst und verkörpert so alle nur erdenklich bösen Klischees, die man über griesgrämige Rentner so kennt. Mit Lust und Wonne suhlt sich der Film in Vorurteilen, um sie in den skurrilsten Situationen ad absurdum zu führen. Wenn Ove das Umzugsgespann zielsicher einrangiert und den Schlüssel im Anschluss in einer „Du-kannst-mich-mal“-Geste zum eigentlichen Fahrer zurückwirft, dazu einen bissigen Kommentar ablässt – das ist sensationell witziges und entlarvendes Kino. Der teils groteske schwarze Humor erinnert mehr als nur einmal an Harold und Maude – auch wenn der Protagonist sich hier „wirklich“ umbringen möchte und nicht nur so tut. Dass aber nicht nur Rentner-Stereotypen aufgegriffen werden, sondern gleich auch noch Vorurteile gegenüber Immigranten integriert und gebrochen werden, zeichnet Ein Mann namens Ove, der einen tief liberalen moralischen Charakter hat, besonders aus. Wenn es möglich ist, einen derart misanthropischen Menschen positiv zu stimmen, sollte Völkerverständigung doch eigentlich kein Problem sein, oder? Doch es ist nicht nur der bissige Humor, der Hannes Holms Film so unwiderstehlich macht. Melancholische bis tragische Momente aus der Vergangenheit zeigen, dass Ove einst ein freundlicher und höflicher Mensch war, der seiner Frau jeden Wunsch erfüllte und der Momente der Freundschaft mit seinem Vater genoss, nachdem die Mutter früh verstarb. Der traurige Kommentar der Hauptfigur ertönt dabei aus dem Off und nimmt den Zuschauer vom ersten Moment an emotional mit. Dabei ist Ein Mann namens Ove selbstbewusst genug, um den dramatischsten Rückblick mit einer direkt darauffolgenden absurd-witzigen Szene zu kontern, in der unser Held mit Würgemalen am Hals der Baumarkt-Verkäuferin die Leviten liest, dass dieses „reißfeste“ Allzweckseil sein Geld nicht wert sei. Auf diese Weise ist auch keine einzige Minute der Spielzeit von knapp zwei Stunden zu viel, denn die Zeit vergeht wie im Flug. Sämtliche Darsteller, auch jene, die den jungen und heranwachsenden Ove sowie dessen Vater spielen, sind großartig besetzt und verleihen ihren Figuren Würde. Die Balance aus einfühlsamer Schilderung der Vergangenheit und famos-witziger Gegenwart sowie den sich lansam aufweichenden Krusten des Protagonisten ist stets perfekt ausgewogen. Und wenn dann, frei nach dem Motto: „Ein Mann, ein Saab“, noch eine Saab-Volvo-Fehde geführt wird, kann man Ein Mann namens Ove einfach nur mögen.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Ein Mann namens Ove ist beständig etwas dunkel und gerade an den unteren Bereichen nicht ganz scharf. Die Laufruhe ist dagegen recht hoch und offenbart kaum Rauschen oder Körnung. In Nahaufnahmen ist die Auflösung recht gut, Farben bleiben stets recht natürlich, während der Kontrastumfang noch etwas größer sein dürfte und Schwarz noch kräftiger.
In Sachen Raumakustik sollte man von einem dialogkonzentrierten Film wie Ein Mann namens Ove nicht erwarten, dass er das Heimkino mit einer Fülle an direktionalen Effekten oder gar Dynamik füllt. Hier und da gibt es dezente Stereo-Räumlichkeit und bisweilen etwas Atmosphäre über die Rearspeaker. Ansonsten liegt das Augenmerk auf der sauberen Stimmwiedergabe und der ausgewogen integrierten Filmmusik. Die einzige echte Effektszene hält der Film nach etwas über 90 Minuten parat – und sie verfehlt ihre schockierende Wirkung nicht (95’30).

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Ein Mann namens Ove finden sich leider nur die Trailer und Programmhinweise des Anbieters.

Fazit

Ein Film, der in einem Moment zu Tränen rührt und im nächsten die größten Brüller produziert, wann hat man das schon mal? Ein Mann namens Ove ist ganz starkes skandinavisches Kino mit glänzenden Schauspielern, zutiefst menschlicher Geschichte und entlarvend schwarzem Humor – brillant.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 10%
Film: 90%

Anbieter: Concorde Home
Land/Jahr: Schweden 2015
Regie: Hannes Holm
Darsteller: Rolf Lassgård, Bahar Pars, Filip Berg, Ida Engvoll, Tobias Almborg, Klas Wiljergård, Chatarina Larsson, Börje Lundberg, Stefan Gödicke
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 117
Codec: AVC
FSK: 12