El Bar – Frühstück mit Leiche

Blu-ray Review

El Bar - Frühstück mit Leiche Blu-ray Review Cover
Koch Media, 24.08.2017

OT: El bar

 


8+1=Tod

Álex de la Iglesian hat wieder zugeschlagen.

Inhalt

Eine Bar irgendwo in Madrid: Eines Morgens treffen hier vom Geschäftsmann über die Hausfrau von Nebenan und einen Studenten bis hin zu Israel, dem Obdachlosen der Gegend und einer hübschen jungen Dame einige sich vollkommen unbekannte Menschen aufeinander. Der Tag könnte völlig normal verlaufen, wenn nicht einer der Gäste nach dem Bezahlen und beim Hinausgehen direkt vor der Tür erschossen wird. Während draußen die Panik ausbricht, fragt man sich drinnen, von wo der Schuss kam. Weil der Angeschossene noch zu leben scheint, geht ein weiterer Gast vor die Tür, um seine Hilfe anzubieten. Doch viel kann er nicht ausrichten, liegt er doch im nächsten Moment mit durchlöchertem Schädel neben ihm. Die verbliebenen acht Menschen verschanzen sich zunächst in der Bar. Weil weder Medien noch Polizei davon erfahren zu haben, bleibt man zunächst in der Bar und registriert verwundert, dass die Toten irgendwann verschwunden sind. Doch auch dort scheint man nicht sicher, als man einen infizierten Kerl im WC findet, von dem man nicht weiß, ob seine mysteriöse Erkrankung eventuell hoch ansteckend ist. Kurz darauf finden sich fünf der acht im Keller wieder, weil die übrigen drei fürchten, diese könnten bereits ebenfalls infiziert sein. Dann entdeckt man einen Zugang zur Kanalisation im Boden – ein Fluchtweg …?

Mit Aktion Mutante debütierter er, mit El día de la bestia und Perdita Durango festigte er seinen Ruf als Enfant terrible des Spanischen Kinos und mit El Bar – Frühstück mit Leiche beweist er, dass er weder leise, noch weniger angriffslustig oder anarchisch geworden ist. Die Rede ist von Álex de la Iglesia, der zuletzt mit Witching & Bitching von sich reden machte und auch als Produzent tätig wurde (Shrew’s Nest). Nun lässt er acht Menschen in einer Bar aufeinandertreffen, die sich nicht die Spur kennen. Während die einen dort frühstücken und die anderen einfach die Zeitung lesen oder einen Kaffee trinken, bricht der Horror über sie herein und sie müssen innerhalb der engen Räumlichkeit der Bar miteinander unter extremen Bedingungen auskommen. Weil die anwesenden Charaktere kaum unterschiedlicher sein könnten, geht es aber bald nicht nur um den Terror von Draußen, sondern vor allem um die Dynamiken zwischen den Überlebenden. Bald schon geht man sich auch in der Bar an den Kragen, wenn die junge Dame das Etablissement „unter ihrem Niveau“ befindet oder der Barkeeper einen auf Aluhut-Träger und Verschwörungstheoretiker macht.

El Bar macht dabei keine Gefangenen. Weder in Sachen Gewaltdarstellung, noch bei den gesellschaftspolitischen Bezügen über die er sich genüsslich lustig macht. Von den Chemtrails-Witzbolden über den Schönheitswahn bis hin zur Angst vor dem Terror bekommt hier so ziemlich alles und jeder sein Fett weg. Selbst die vorher so freundlichen Zeitgenossen verwandeln sich plötzlich in egoistische Typen ohne soziales Gewissen, die nur einem am nächsten stehen: Sich selbst. Wie es sich für einen de-la-Iglesia-Film gehört, wird dabei praktisch ohne Unterlass geredet und lamentiert. Geschwätzig sind seine Werke immer und hier passt natürlich das hysterische Treiben zum den Geschehnissen vor der Bar. Dass El Bar hierzulande während der Berlinale seine Premiere hatte, wirkt dabei wie ein bewusster Störenfried im ansonsten so beschaulichen Arthaus-Dramen-Bereich. Der Regisseur schert sich nach wie vor einen feuchten Kehricht um Konventionen und bricht Tabus auf seine, stets pechschwarze Art und Weise. Ab der Hälfte des Films reduziert sich das Setting allerdings etwas simpel auf ein reines Überlebensthema, was die zuvor gestreuten zwischenmenschlichen Unterschiede ein wenig auf ein Szenario im Stile eines [•REC] reduziert. Das erhöht zwar Spannung und Horrorszenario, verliert sich dann aber etwas in Genre-Klischees und lässt auch zu viele Fragen offen. Zur Kompensation gibt’s eingeölte Körper von (immerhin) einem hübschen Darsteller.

Bild- und Tonqualität

Das leicht gelb gefilterte Bild von El Bar hat leicht überzogene, harsche Kontraste mit steiler Hell-Dunkel-Flanke. Nahaufnahmen verlieren ab und an die Schärfe und weisen auf den Gesichtern dann auch leichte Farbverfälschungen auf (7’41). Die Bildruhe ist hingegen recht gut. Rauschen, Körnung oder Artefakte sind kein Thema. Farben, wenn nicht durch die harten Kontraste beeinflusst, wirken natürlich, ohne zu übertreiben. Bei der Schärfe schwankt der Eindruck je nach Position der fokussierten Darsteller ein wenig.
Beim Sound sorgt der unheilvolle Score für Räumlichkeit, während die Dialoge auf den Center konzentriert bleiben. Die abgegebenen Schüsse sorgen für echte direktionale Effekte, bleiben aber zunächst die Ausnahme. Echte Dynamik oder Bassgewalt bleibt (auch aufgrund der Thematik) aus. Nochmals räumlich wird es, wenn Elena schließlich in der Kanalisation landet und es dort schön verhallt tropft und die Stimmen sich überall widerspiegeln.

Bonusmaterial

Das knapp 50-minütige Making-of, das neben dem Trailer im Bonusmaterial von El Bar enthalten ist, zeigt relativ hautnah, wie die Schauspieler in der Maske und Garderobe für den Dreh fertig gemacht werden. Außerdem gibt’s zahlreiche Aufnahmen von den Probelesungen des Skripts und wirklich spannende Einblicke in die Dreharbeiten selbst. Álex de la Iglesia outet sich dabei immer wieder als echter Spaßvogel.

Fazit

In der zweiten Hälfte nicht ganz so aufregend wie seine früheren Werke, aber immer noch ungewöhnlich, dreckig und grenzensprengend – El Bar ist genau das Richtige für Horrorfans, die über den Tellerrand schauen wollen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 50%
Film: %

Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: Spanien 2017
Regie: Álex de la Iglesia
Darsteller: Blanca Suárez, Mario Casas, Carmen Machi, Secun de la Rosa, Jaime Ordonez, Terele Pávez, Joaquin Climent, Alejandro Awada
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 102
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu El Bar

El Bar - Frühstück mit Leiche - Trailer

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