Elstree 1976

Blu-ray Review

Elstree 1976 Blu-ray Review Cover
Busch Media/AL!VE AG, 01.09.2017

OT: Elstree 1976

 


Nostalgie pur

Ebenso witzige wie anrührende Dokumentation, die ein paar der kleineren Rollen und ihre Darsteller aus Star Wars vorstellt.

Inhalt

Sommer 1976: Die Elstree Studios an der Shenley Rd. in Borehamwood am Stadtrand von London waren eigentlich aufgrund von finanziellen Problemen schon kurz vor der Schließung, als ein junger Filmemacher namens George Lucas aus den Staaten kam, um dort einen Science-Fiction-Film zu drehen, unter dem sich die meisten noch nichts vorstellen konnten: Star Wars. Den Dreharbeiten zu dieser Trilogie folgten dann Steven Spielberg mit seinen Indiana-Jones-Filmen oder auch Jim Henson mit seinen Werken. Für die größtenteils britischen Darsteller, die für die kleineren Rollen der Star-Wars-Filme gecastet wurden und die ihre Szenen meist als skurril maskierte Wesen ablieferten, war es damals kaum abschätzbar, dass ihre Figuren mal legendär würden und man Actionfiguren von ihnen kaufen könnte.
Dokumentarfilmer Jon Spira (Anyone Can Play Guitar) nahm sich das 40. Jubiläum der Krieg-der-Sterne-Ursprünge zum Anlass, um einige der damaligen Komparsen oder Nebendarsteller zu suchen und ihnen Ram vor der Kamera zu geben. Zehn davon hat er aufgespürt und lässt sie erzählen, wie es damals war und wie es heute ist. Der Grundtenor ist dabei von Beginn an durchaus nicht nur locker und witzig, sondern immer wieder auch melancholisch. Ergänzt um großartige und bis heute ungesehene Aufnahmen von auf ihren Einsatz wartenden Sturmtrupplern oder Rebellen-Piloten, die hinter der Kamera witzelten, macht Estree 1976 vor allem für Nostalgiker und Fans der Sci-Fi-Trilogie zu einem Fest. Aber auch solche, die mit den Filmen nicht allzu viel anfangen können, werden von den interessanten und bewegenden Geschichten der Darsteller fasziniert sein.

Spira nutzt dabei die Actionfiguren der jeweiligen Charaktere, die von den Schauspielern verkörpert wurden, um sie vorzustellen. Allerdings ist dem Film selbst zunächst nicht so wichtig, die Verknüpfung zur jeweiligen Figur herzustellen. Viel wichtiger ist Estree 1976 die Geschichte hinter den Akteuren. Teilweise handelte es sich zwar schon um echte Schauspieler, teilweise waren es aber auch Laien. Gerade die britischen Darsteller wuchsen oft in den mieseren Industriegegenden auf und hatten bereits ein bewegtes Leben hinter sich, bevor sie ans Set von George Lucas‘ Film kamen. So mancher war Musiker, einer war Autoverkäufer, ein anderer (David Prowse) eigentlich professioneller Bodybuilder. Prowse, der als Darth Vader in die Filmgeschichte eingehen sollte, wurde damals überraschenderweise von Stanley Kubrick gefragt, ob er in Clockwork Orange mitwirken wolle. So kam es, dass er der kräftige Hüne war, der Malcolm McDowell die Treppen hinunter zu Mr. Alexander trug. Sein Vorsprechen bei Lucas für Star Wars endete damit, dass er sich zwischen Chewbacca und Vader entscheiden musste und den Bösen wählte, da man diesen immer in Erinnerung behält. Wer einen der legendärsten Filmfehler der Trilogie (und vielleicht sogar der Filmgeschichte) kennt, von dem Stormtrooper, der sich beim Durchschreiten einer soeben geöffneten Luftschleuse den Helm stößt, der weiß nun auch endlich, welcher Schauspieler unter der Montur steckte und wie er das damals wahrgenommen hat.

Wirklich charmant sind die Szenen, in denen die Darsteller kurz (oft in einem kleinen Loop) in ihren (manchmal sehr kleinen) Rollen gezeigt werden. Es ist schon ein ganz besonderer Mix aus Nostalgie und Stolz, der einen erfüllen muss, wenn man sich ansieht, dass man als kleines Rädchen im Wagen zu einem der legendärsten Filme aller Zeiten beigetragen hat. Vielleicht kommt auch ein bisschen Wehmut dazu, denn finanziell hat sich das Mitwirken natürlich für die meisten nicht ausgezahlt. Geradezu grandios sind die Anekdoten von den Dreharbeiten. Ob das die Schilderung ist, wie man die Szene gedreht hat, in der Han Solo Greedo erschießt oder die Selbstverliebtheit eines Rebellenpiloten-Komparsen, der während der finalen Ordensverleihung in Reih und Glied steht und als einziger sein Visier nicht runterklappen wollte, damit man ihn im Film erkennt. Grandios auch die Schilderung von Angus MacInnes, der seinen Text als Gold Leader nur mit Stichworten lernte und ihn dann aber am Stück aufsagen musste. Da er das nicht konnte, legt er sich auf beide Beine einen Spickzettel und las ihn vor – man sieht, dass die Augen immer wieder deutlich weiter nach unten wandern als es die Schiffsinstrumente erfordern würden. Schön, dass Elstree 1976 auch aufzeigt, was die Darsteller nach Star Wars so alles machten. So erfährt man beispielsweise, dass Angus MacInnes viel später eine Rolle in Judge Dredd hatte und Pam Rose als Stand-in und Komparsin mit vielen bekannten Darstellern Freundschaft schloss und mit Christopher Reeves sogar mal „was hatte“.

Bild- und Tonqualität

Das Bild der Blu-ray von Elstree 1976 ist abhängig davon, welche Aufnahmen gerade gezeigt werden. Die in der Gegenwart gefilmten Interviews sind recht ruhig, rauscharm und ohne Körnung. Die Schärfe geht in Ordnung, ohne exorbitant heraus zu stechen. Auch der Kontrastumfang passt. Die Archivaufnahmen sind dann von gut bis miserabel. Aber darum geht’s bei einer Dokumentation natürlich auch nicht. Ganz im Gegenteil: Die schlechtere Qualität der Archivbilder führt nur zu noch mehr Authentizität.
Beim Sound liegen zwar beide Tonspuren (Englisch mit Untertiteln oder deutsches Voice-Over) in 5.1 vor, allerdings bleiben die rückwärtigen Lautsprecher praktisch komplett still. Der Center dominiert, das deutsche Voice-Over kommt saubermaus den Hauptlautsprechern – mehr gibt’s über den Ton eigentlich nicht zu sagen.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Estree 1976 hat man noch zwei Bonusclips abgelegt. Die erweiterten Interviews laufen noch mal gut eine Dreiviertelstunde, sind aber nicht untertitelt. In „Return to Elstree“ begleiten wir die Darsteller aus der Dokumentation in das titelgebende Studio und sehen ihnen dabei zu, wie sie vor ihrem geistigen Auge den Millennium Falken visualisieren.

Fazit

Estree 1976 ist eine Hommage an die Schauspieler, die unscharf im Hintergrund stehen; an die Rotjacken-Träger und Komparsen – aber auch an eine Filmtrilogie, der man nie zugetraut hatte, die Popkultur derartig zu verändern. Von einem Fan für Fans, eine Dokumentation, die nicht nur jeder Star-Wars-Fan haben muss.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 40%
Film: 80%

Anbieter: Busch Media/AL!VE AG
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Jon Spira
Darsteller: David Prowse, Jeremy Bulloch, Garrick Hagon, Paul Blake, John Chapman, Laurie Goode, Pam Rose, Angus MacInnes, Derek Lyons, Laurie Goode
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de (Voice-Over), en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 101
Codec: AVC
FSK: 0

Trailer zu Elstree

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